Beschluss
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In der Sache
Karl Dieter Kück, Am Trieb 15, 63263 Neu-Isenburg
– Musterkläger – |
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin Dr. Tamara Knöpfel, Ackerstraße 3/1, 10115 Berlin, Gz.: 2019/0303-TK
gegen
1) |
Bremer Bereederungsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch den Geschäftsführer Joachim Zeppenfeld, Martinistraße 61, 28195 Bremen
Prozessbevollmächtigte: |
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2) |
Conti Reederei Management GmbH & Co. Konzeptions KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin Conti Reederei Management GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Josef Obermeier, Bleichenbrücke 10, 20354 Hamburg
Prozessbevollmächtigte: |
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3) |
CONTI Beteiligungsverwaltungs GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, Bleichenbrücke 10, 20354 Hamburg
Prozessbevollmächtigte: |
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beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner am 26.06.2020 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2020:
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Die Feststellungsanträge des Musterklägers werden zurückgewiesen.
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Gründe:
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I.
Das vorliegende KapMuG-Verfahren bezieht sich auf den am 19.11.2009 veröffentlichten Prospekt zur Schiffsbeteiligung MS „CONTI Selenit“. Die Musterbeklagten zu 1 und 2 waren Gründungsgesellschafterinnen der Beteiligungsgeschaft CONTI 154. Schifffahrts-GmbH & Co. Bulker KG MS „CONTI Selenit“ (bzw. der Emittentin vor Prospektlegung beigetreten).
Bei der MS „CONTI Selenit“ handelte es sich um einen nach den Angaben im Prospekt (Anl. KM 1) voraussichtlich zum 30.04.2010 von einer chinesischen Werft abzuliefernden 75.200 tdw Panamax-Bulker, der mit Werftablieferung eine 7-jährige Festcharter bei der koreanischen Reederei Korea Line Corporation zu einer Tagescharter von 17.825 $ antreten sollte (und auch tatsächlich angetreten hat). Bei dieser Reederei handelte es sich seinerzeit um ein großes, überwiegend in der Bereederung von Tankern und Bulker tätiges Unternehmen, mit einem bereederten Bestand von ca. 130 Schiffen.
Mit Beschluss vom 03.04.2019 hat das Landgericht Hamburg dem Senat die folgenden Feststellungsziele vorgelegt:
1. Der am 30.10.2009 von der Beklagten zu 2) für die Beteiligung an der CONTI 154. Schifffahrts-GmbH & Co. Bulker KG MS „CONTI Selenit“ veröffentlichte Prospekt ist in folgenden Punkten unrichtig, unvollständig und fehlerhaft: |
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(1) |
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Die Markterwartungen für Bulker sind fehlerhaft dargestellt, da |
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(a) der Emissionsprospekt keinen Hinweis auf die beginnende Überkapazität auf dem Bulker-Markt enthält, |
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(b) die Behauptung auf Seite 20 des Prospekts, dass „zusammenfassend (…) das hohe Verschrottungspotential der aktuellen Flotte, mögliche Orderstornierungen und eine Erholung der Weltwirtschaft mit einer Zunahme des Welthandels mittelfristig für ein positives Marktumfeld für die Bulker-Flotte“ sprechen würden, aufgrund der tatsächlichen Marktlage unvertretbar war, |
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(c) die Behauptung auf Seite 21 des Prospekts, dass von einem „lukrativen Marktumfeld für die MS „CONTI Selenit“ auszugehen sei, aufgrund der beschränkten Einsatzfähigkeit eines Panamax-Bulkers mit unter 80.000 tdw ab November 2009 unvertretbar war, |
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(d) die Behauptung auf Seite 7 des Prospekts, dass die Bulkerschifffahrt ein „Wachstumsmarkt“ sei, aufgrund der tatsächlichen Marktlage im November 2009 falsch ist, |
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(e) nicht mitgeteilt wird, dass das prognostizierte Flottenwachstum von 5,5 % p.a. bis 2013 für das Segment der Panamax-Bulker im Vergleich zum Gesamtwachstum der Bulkerflotte von 24,16 % p.a. bis 2012 nur deshalb so gering ist, weil die Durchschnittsgröße von Neubauaufträgen bei Bulkern bereits im Jahr 2009 bei über 80.000 tdw lag, |
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(f) nicht mitgeteilt wird, dass durch den Neubau des Panamakanals der Wettbewerbsvorteil der Panamax-Bulker mit einer Breite von < 32,3 m wegfällt, |
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(g) nicht mitgeteilt wird, dass sich das prognostizierte weitere Kapazitätswachstum der Bulker Flotte aufgrund der beginnenden Überkapazität auf den Bulker Markt negativ auswirkt. |
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(2) |
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Die Risiken der Beteiligung sind falsch dargestellt, da |
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(a) der Prospekt nicht auf den drohenden Preisverfall der Charterraten durch die beginnenden Überkapazitäten auf dem Bulker-Markt hinweist, |
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(b) der Prospekt nicht darauf hinweist, dass die beginnende Überkapazität auf dem Bulk-Carrier-Markt den Wert des Schiffes und damit den Verkaufspreis negativ beeinflusst. |
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2. Die Beklagten zu 1) und zu 2) waren nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB bezüglich der in Ziffer 1 genannten Kapitalanlage verpflichtet, über die unter Ziffer (1 a) bis (2 b) genannten Prospektmängel aufzuklären. |
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3. Es wird festgestellt, dass die unter Ziffer (1 a) bis (2 b) aufgeführten Prospektmängel für die Beklagten zu 1) und zu 2) bei der gebotenen sachkundigen Prüfung mit üblicher Sorgfalt erkennbar waren und diese schuldhaft nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gehandelt haben. |
II.
Der Musterkläger ist der Auffassung, dass der streitgegenständliche Prospekt diverse Mängel aufweise, für die die Musterbeklagten zu 1 und 2 einzustehen hätten, der Senat folgt dem nicht.
Feststellungsziel 1(1a):
Die Markterwartungen für Bulker sind fehlerhaft dargestellt, da der Emissionsprospekt keinen Hinweis auf die beginnende Überkapazität auf dem Bulker-Markt enthält.
a) Der Musterkläger meint, dass die Darstellung des Prospektes zum „Markt für Bulker“ (S. 16 – 21, Anl. KM 1) unzureichend sei, da sich dort kein Hinweis auf die sich bei Veröffentlichung des Prospektes schon abzeichnende künftige Überkapazität an Bulkern finde.
Insbesondere die Darstellung zur Flottenentwicklung (S. 19/20 Anl. KM 1) sei unzureichend; so habe das Institute of Shipping Economics and Logistics (im Folgenden ISL) in seinem im April 2009 veröffentlichten „Shipping Statistics and Market Review (Anl. KM 2 – im Folgenden: ISL Report) auf S. 5 festgestellt, dass die Bulker-Flotte im Verlauf des Jahres 2008 ihren seit 2004 bestehenden außergewöhnlichen Wachstumskurs fortgesetzt habe. Ausweislich der Tabelle 1.3.7 auf S. 28 des ISL-Reports sei bis 2012 mit einem Zuwachs von 72,5% des per 1.1.2009 bestehenden Flottenvolumens, entsprechend mehr als 24% p.a. gerechnet worden, was zu einer großen Überkapazität am Bulker- Markt habe führen müssen.
Auch die Firma Drewry Shipping Consultants Ltd. (im Folgenden: Drewry) habe in ihrem Dry Bulk Forecaster 2Q09 (Anl. KM 3) festgestellt, dass ein Flottenwachstum von 12% p.a. bis 2012 jede ernsthafte Erholung des Marktes verzögern werde.
Nach Feststellung des ISL-Reports würde die Expansion der Tonnage auch nicht durch das Abwrackpotenzial ausgeglichen; vielmehr sei zu erwarten, dass der Flottenausbau sich deutlich beschleunigen werde (Anl. KM 2, S. 1).
Konkret habe Drewry (Anl. KM 3, S. 33, Tabelle 3.10 eine Übertonnage von 2009 bis 2014 von 95.300.000 tdw auf 254.800.000 tdw steigende Übertonnage vorhergesagt.
Diese für eine informierte Anlageentscheidung wesentlichen Informationen seien den Anlegern vorenthalten worden.
b) Die Musterbeklagten halten den Vorwurf eines Verschweigens einer bestehenden bzw. sich aufbauenden Überkapazität am Bulker-Markt schon für nicht hinreichend bestimmt.
Auch inhaltlich sei er falsch. Der massive Verfall der Charterraten sei auf S. 20 des Prospektes zutreffend dargestellt; dass die Angaben zur Flottenentwicklung S. 19/20 des Prospektes sachlich falsch seien, behaupte auch der Musterkläger nicht. Damit aber sei das massive Angebotswachstum für den Leser erkennbar gewesen, dass diese Erhöhung des Angebots für die Anbieterseite grundsätzlich negativ sei, gehöre zu den elementarsten Grundtatsachen des Marktes und habe nicht explizit hervorgehoben werden müssen. Dies umso mehr, als sich auf S. 10 ein klarer Hinweis finde, dass es vorliegend um eine unternehmerische Beteiligung gehe und Prognosen bei veränderten Rahmenbedingungen nicht zutreffen müssten.
Weiter bestreiten sie, dass tatsächlich 2009 eine Überkapazität am Bulker-Markt bestanden habe, schließlich seien die Charterraten von 2009 auf 2010 gestiegen.
Die Ausführungen des Musterklägers zu einem prognostizierten Wachstum der Flotte von ca. 24% seien irrelevant, da die zitierten Zahlen des ISL-Reports sich auf die Gesamt-Flotte und nicht auf das hier entscheidende Segment der Panamax-Bulker bezögen. Tatsächlich sei die Bulker-Flotte 2009 ausweislich des im April 2010 veröffentlichten ISL-Reports Anl. KB 6 nur um 8,9% gewachsen und habe das ISL im Oktober 2009 unter Berücksichtigung erwarteter Verschrottungen auch nur mit einem Anwachsen der Gesamtbulkerflotte um 11,1% und bei Panamax-Bulkern sogar nur um 5,5% p.a. bis 2013 gerechnet.
Tatsächlich sei der Markt im 2. Quartal 2009 in eine Phase der Stabilisierung eingetreten, wie sich auch aus dem vom Kläger vorgelegten Drewry Forecaster 2Q09 (dort S. 1) ergebe. Auch der Drewry Dry Bulk Forecaster 3Q09 (Anl. KB 7) titele „Recovery in Sight“.
Dass im Oktober 2009 auch mit einem Rückgang an Neubestellungen und einem Anstieg der Verschrottungen habe gerechnet werden können, zeige die entsprechende Feststellung im ISL-Report aus dem April 2010 (Anl. KB 8), der im Übrigen auch eine „starke Marktentwicklung im Bulk-Bereich“ festgestellt habe.
Dem Drewry Forecaster 2Q09 (Anl. KM 3, S. 44) sei zu entnehmen, dass Drewry für das Segment der Panamax-Schiffe 2014 Ein-Jahres-Charterraten von 20.720 $/täglich erwartet habe; im folgenden Forecaster 3Q2009 (Anl. KB 9, S. 43) habe Drewry einen niedrigsten Tagessatz von 18.580 $ für 2012 und für 2014 20.000 $/täglich prognostiziert, also Charterraten, die durchgängig über dem mit dem Charterer der CONTI Selenit vereinbarten Tagessatz von 17.825 $ liegen sollten.
c) Der gerügte Prospektfehler liegt nach Auffassung des Senats nicht vor, es war nicht erforderlich, in dem streitgegenständlichen Prospekt explizit darauf hinzuweisen, dass im Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung bereits ein – gemessen an der Nachfrage nach Transportleistungen für Massengüter – Überangebot an Bulkern existierte und dieses Überangebot sich voraussichtlich verschärfen würde.
Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Anlageprospekt dem Anleger alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen richtig und vollständig zu liefern, wobei es nicht nur auf die korrekte und hinreichend vertiefte Darstellung der einzelnen Umstände des Anlageprojektes ankommt, sondern insbesondere dem Anleger auch ein zutreffendes Gesamtbild von Chancen und Risiken der Anlage vermittelt werden muss. Soweit – wie regelmäßig – in einem Prospekt Prognosen über die künftige Entwicklung der Anlage enthalten sind, müssen diese – was auch praktisch nicht zu leisten wäre – nicht „richtig“ in dem Sinne sein, dass sie ex post betrachtet die tatsächliche Entwicklung zutreffend vorhergesagt haben, sie müssen vielmehr aus der ex ante Sicht „vertretbar“ und auf eine hinreichende Tatsachengrundlage gestützt sein.
Ausgehend hiervon hat der Musterkläger schon nicht dargelegt, dass ein expliziter Hinweis auf Überkapazitäten im streitgegenständlichen Prospekt, insbesondere in der Passage zum „Markt für Bulker“ (Anl. KM 1, S. 16 – 21) erforderlich gewesen wäre.
Allerdings hat der Musterkläger durchaus tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass im Herbst 2009 ein Angebotsüberhang am Markt für Bulker-Transportleistungen vorhanden gewesen sein könnte, der sich erwartbar künftig auch noch ausweiten konnte.
Die von der Musterkläger in Bezug genommenen Veröffentlichungen des ISL und von Drewry – wie aus zahlreichen Musterverfahren zu Schiffsbeteiligungen gerichtsbekannt verlässliche Quellen – geben durchaus her, dass im Herbst 2009 das Angebot an Bulkertonnage die Nachfrage schon überstieg bzw. künftig mit einer Überkapazität zu rechnen war: Der ISL Report (Anl. KM 2), Tabelle 1.3.7. zu einem bis 2012 erwarteten Zulauf von 72,5% der am 1.1.2009 bestehenden Tonnage, und noch deutlicher die sehr konkreten Schätzungen der Überkapazitäten im Drewry Forecaster 2Q2009 (Anl. KM 3, dort S. 33) lassen erkennen, dass eine Verschärfung des Angebotsüberhanges durch in den nächsten Jahren neu in Dienst zu stellende Schiffe zu erwarten war.
Gleichwohl war ein expliziter Hinweis auf diese Situation aufgrund der Besonderheiten des hier zu beurteilenden Anlageprojektes nicht erforderlich. Denn tatsächlich konnten die vom ISL und Drewry geschilderten Kapazitätsprobleme sich nicht unmittelbar auf die Einnahmen der Emittentin aus der Beschäftigung der CONTI Selenit auswirken, da diese für sieben Jahre fest an die Reederei Korea Line Corporation verchartert und damit den Entwicklungen am Markt jedenfalls nicht direkt ausgesetzt war.
Zwar waren die bei ISL und Drewry geschilderten Überkapazitäten geeignet, Druck auf die Charterraten auszuüben, dies konnte jedoch nur einen Eigner betreffen, der jeweils kurzfristig für sein Schiff Beschäftigung am Markt suchen und dabei dann die jeweils aktuellen Raten akzeptieren musste.
Diese Notwendigkeit bestand für die Emittentin jedoch gerade nicht, sie konnte für die ersten sieben Jahre des Betriebs der CONTI Selenit mit festen Einnahmen von täglich $ 17.825,- (abzüglich 1,25% Kommission – vgl. S. 42 des Prospektes) rechnen; aus ihrer Sicht war die Einnahmesituation der CONTI Selenit für die Dauer der Festcharter vom Markt entkoppelt.
Vor dem Problem, diesen Betrag durch konkrete Einsätze des Schiffes zu erwirtschaften, stand nicht die Ein-Schiffs-Gesellschaft (bzw. deren Geschäftsführung und wirtschaftlich gesehen die Anleger), sondern vielmehr die Reederei/der Charterer.
Dies würde sich nach Auffassung des Senats nur dann anders darstellen, wenn aus der ex-ante-Sicht des Herbstes 2009 erkennbar gewesen wäre, dass es über lange Zeiträume zu massiven Überkapazitäten kommen könnte, die auf lange Sicht Charterraten in der vereinbarten Höhe als deutlich übersetzt erscheinen lassen würden, da sich dann die Gefahr aufgedrängt hätte, dass der Charterer in absehbarer Zeit in Probleme geraten würde, womit die tatsächliche Leistung der Festcharterrate gefährdet gewesen wäre.
Dies aber hat der Musterkläger gerade nicht dargelegt. Vielmehr ist den von den Parteien (teils nur auszugsweise) vorgelegten Drewry Forecastern 2Q2009 und 3Q2009 (Anl. KM 3 und Anl. KB 9) zu entnehmen, dass für den dort angegebenen Prognose-Zeitraum für die Zeit ab 2014 (Forecaster 2Q2009) oder sogar durchgängig (Forecaster 3Q2009) mit Tagescharterraten oberhalb des von der Korea Line Corporation an die Emittentin zu zahlenden Betrages gerechnet wurde, womit Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Reederei unter diesem Aspekt von vornherein nicht aufkommen konnten, vielmehr stand danach bei Prospekterstellung zu erwarten, dass die Reederei in der Lage sein würde, die an die Emittentin zu zahlende Charterrate zu erwirtschaften.
Feststellungsziel 1(1b):
Die Markterwartungen für Bulker sind fehlerhaft dargestellt, da die Behauptung auf Seite 20 des Prospekts, dass „zusammenfassend (…) das hohe Verschrottungspotential der aktuellen Flotte, mögliche Orderstornierungen und eine Erholung der Weltwirtschaft mit einer Zunahme des Welthandels mittelfristig für ein positives Marktumfeld für die Bulker-Flotte“ sprechen würden, aufgrund der tatsächlichen Marktlage unvertretbar war.
a) Der Musterkläger hält die angegriffene Aussage insbesondere vor dem Hintergrund für unvertretbar, dass die Weltbulkerflotte absehbar bis 2012 um 72,5% anwachsen würde; dies ergebe sich aus dem ISL Report Anl. KM 2, S. 13/14.
Auch sei dem ISL-Report Anl. KM 2 bezogen auf die Gesamt-Bulker-Flotte zu entnehmen, dass weder ein Anstieg der Verschrottungen, noch ein Rückgang der Neubestellungen dieser Entwicklung hinreichend entgegenwirken könnten; vielmehr sei das ISL lediglich davon ausgegangen, dass Verschrottungen die Auswirkungen des Marktabschwunges auf die Charterraten nur etwas dämpfen könnten. Unvertretbar sei auch die Annahme (S. 20, l. Sp., 1 Absatz des Prospektes), dass die Hälfte der mindestens 25 Jahre alten Panamax-Bulker in den nächsten vier Jahren verschrottet werden könnte.
Die Angabe im Prospekt (Anl. KM 1, S. 19, r. Sp. unten), dass 2009 38 Schiffe verschrottet worden seien, sei falsch, Drewry habe im Forecaster 1Q10 (Anl. KM 6) nur 29 Verschrottungen ausgewiesen, womit auszuschließen sei, dass es bis Ende Oktober 38 gewesen seien.
Vor diesem Hintergrund sei die Aussage zu einem „mittelfristig positiven Marktumfeld“ auf S. 20 des Prospektes unvertretbar gewesen.
b) Die Musterbeklagten halten die gerügte Aussage für vertretbar.
Die Darstellung auf S. 20 des Prospektes sei zutreffend – insbesondere sei sie im Zusammenhang mit der Darstellung zur Entwicklung der Weltwirtschaft und des Seehandels ab S. 16 des Prospektes zu sehen, die zutreffend darauf verweise, dass ab 2010 wieder mit einer deutlich anziehenden Weltwirtschaft und damit auch steigendem Welthandel zu rechnen gewesen sei (Anl. KM 1, S. 16, r. Sp.).
Damit sei in der Tat mittelfristig mit einem positiven Marktumfeld für die CONTI Selenit zu rechnen gewesen.
Der Hinweis auf zunehmende Verschrottungstätigkeit sei gleichfalls sachgerecht; der ISL Report aus dem April 2010 (Anl. KB 8) weise auf S. 12 explizit auf die stark zunehmenden Verschrottungen hin.
Dass 2009 auf 2010 tatsächlich eine Markterholung stattgefunden habe, lasse sich daran ablesen, dass die Charterraten für Panamax-Bulker im Jahre 2009 um ca. 100%, der Baltic Panamax Index sogar von ca. 500 auf ca. 2.000 Punkte gestiegen sei (Anl. KM 3, S. 41) und Anfang 2010 sogar 3.000 Punkte erreicht habe.
Die Angabe zur Zahl der 2009 verschrotteten Schiffe sei korrekt.
c) Auch hier liegt ein Fehler des Prospektes nicht vor, die gerügte Angabe im Prospekt ist weder sachlich falsch, noch – soweit sie prognostische Elemente enthält – unvertretbar.
Wiederum ist der Klägervortrag schon nicht schlüssig, soweit der Musterkläger meint, dass die fragliche Passage inhaltlich falsche Informationen enthalte bzw. von falschen Voraussetzungen ausgehe.
Tatsächlich enthalten auch die vom Kläger herangezogenen Publikationen Informationen zu erheblichen Verschrottungsaktivitäten, die bereits liefen bzw. bevorstünden.
Allerdings misst der ISL-Report (Anl. KM 2) auf S. 13 der Verschrottung von Bulkern im Jahre 2008 nur „minor importance“ zu, aber schon der ISL-Report aus dem April 2010 (Anl. KB 8) berichtet, dass im Jahre 2009 mehr Bulker-Tonnage abgewrackt worden sei, als jemals seit dem Jahr 2000.
Drewry (Anl. KM 3) erwartete Mitte 2009, dass die Zahl der in die Verschrottung gehenden Schiffe, die im 1. Quartal 2009 einen Höchststand erreicht hatte, hoch bleiben würde (aaO., S. 32,) und berichtete, dass China zunehmend ältere Schiffe verschrotte und auch Indien Abwrackungen fördere.
Damit war der Hinweis auf das hohe Verschrottungspotential der aktuellen Flotte (Anl. KM 1, S. 20) objektiv nicht falsch und es kann auch offenbleiben, ob im Jahre 2009 38 (so der Prospekt S. 19) oder 29 Panamax/Post-Panamax-Schiffe (so der Kläger unter Berufung auf Drewry Forecaster 1Q2010, Table. 3.9, S. 31) verschrottet wurden – neben dem zutreffenden Hinweis auf ein erhebliches Verschrottungspotential (s.o.), fällt die exakte Zahl der in einem Jahr verschrotteten Schiffe aus Sicht eines verständigen Anlegers nicht ins Gewicht.
Dies umso mehr, als auch die Annahme, dass in den nächsten vier Jahren die Hälfte der mindestens 25 Jahre alten Schiffe verschrottet werden könnte (S. 20 r. Sp. des Prospektes) vertretbar ist. Der Flottenbestand der Panamax/Post-Panamax-Bulker lag zum 1. Quartal 2010 bei 1.687 Schiffen (Drewry Forecaster 1Q2010, S. 39, Table 5.1), womit ca. 236 (14% der Flotte, so die vom Kläger nicht beanstandete Angabe im Prospekt) mindestens 25 Jahre alt waren – auch bei einer Verschrottung von nur 29 Schiffen im Jahre 2009 würde sich bei einer Fortschreibung dieser Rate für die vier Folgejahre 2010 – 2013 eine Verschrottung von 116 Schiffen und mithin ca. 50% von 236 Schiffen ergeben.
Dass auf S. 16/17 des Prospektes zutreffend auf eine erwartete Erholung von Weltwirtschaft und Welthandel hingewiesen wurde, womit auch diese Teilaussagen der von dem Kläger beanstandeten Passage nicht objektiv falsch sind, bestreitet auch der Kläger nicht.
Damit kann zugleich auch nicht davon die Rede sein, dass die Prognose eines „mittelfristig günstigen Marktumfeldes“ für die CONTI Selenit unvertretbar gewesen wäre, zumal zu Beginn des Kapitels „Risiken“ im Prospekt (Anl. KM 1, S. 10) klar darauf hingewiesen wird, dass die im Prospekt enthaltenen Prognosen nicht verbindlich seien, vielmehr die Beteiligung auch einen anderen Verlauf nehmen könne.
In ihrer Unbestimmtheit kann der von dem Musterkläger gerügten Aussage – wenn man sie denn überhaupt als echte Prognose und nicht bloß werbliche Aussage qualifizieren will – letztlich nicht mehr entnommen werden, als dass in einigen Jahren das wirtschaftliche Umfeld für den Betrieb eines Bulkers wohl günstig sein werde.
Dies aber wird auch durch den Inhalt der Anl. KM 2 und KM 3 durchaus gestützt.
Beide vom Kläger zur Begründung seines Antrages herangezogenen Quellen zeichnen gerade nicht nur ein düsteres Bild der künftigen Marktentwicklung, sondern verweisen zwar auf aktuelle Probleme, verbinden dies aber mit durchaus positiven Aussagen: So wenn der ISL-Report (Anl. KM 2, dort S. 51, Tabelle 1.6, Spalte „World Trade“) für die Zeit ab dem 3. Quartal 2009 bis Ende 2010 ein kräftiges Wachstum des Welthandels (über die ausgewiesenen Perioden steigend von 2,5 % auf robuste 7,3%) erwartet und Drewry (Anl. KM 3, S. 1) von einer Stabilisierung des Bulker-Marktes, Hinweisen auf eine wirtschaftliche Erholung in den meisten entwickelten Ländern (aaO., S. 2 unten) und konkret von einem „robust increase“ von 9,7% des dry bulk trades berichtet (aaO., S. 3, l. So., drittletzter Absatz).
Feststellungsziel 1(1c):
Die Markterwartungen für Bulker sind fehlerhaft dargestellt, da die Behauptung auf Seite 21 des Prospekts, dass von einem „lukrativen Marktumfeld für die MS CONTI Selenit“ auszugehen sei, aufgrund der beschränkten Einsatzfähigkeit eines Panamax-Bulkers mit unter 80.000 tdw ab Oktober 2009 unvertretbar war.
a) Der Musterkläger hält diese Aussage wiederum vor allem im Hinblick auf die im Herbst 2009 schon bestehende und sich ausweitende Überkapazität an Bulkern für unvertretbar; zudem sei die Marktlage gerade für einen relativ kleinen Panamax-Bulker wie die CONTI Selenit zunehmend kritisch gewesen. Als Transporter von major bulks wie Kohle und Eisenerz komme sie nicht in Betracht, diese Güter seien den Postpanamax- und Capesize-Bulkern vorbehalten, damit sei sie auf den Transport des „major bulks“ Getreide beschränkt gewesen und habe dabei mit der zunehmenden Zahl von Handymax- und Supramax-Bulkern konkurrieren müssen. Damit habe sie vom Hauptantrieb des steigenden Welthandels – der Nachfrage Chinas nach Eisenerz und Kohle – nicht profitieren können.
Dieser Wettbewerbsnachteil des relativ kleinen Panamax-Bulkers mache die gerügte Aussage unvertretbar.
b) Die Musterbeklagten verweisen insbesondere darauf, dass – wie schon ausgeführt (s.o.) – Drewry bis 2014 durchgängig Charterraten unterhalb der vom Charterer Korea Line Corporation zu zahlenden Rate ausgewiesen habe.
Die Behauptung, dass Panamax-Schiffe weder Kohle noch Eisenerz transportieren würden, sei falsch (unter Bezugnahme auf Anl. KB 11 und 12).
c) Ein Prospektfehler liegt nicht vor.
Die Aussage zum „lukrativen Marktumfeld“ ist im Zusammenhang mit den vorherigen Ausführungen zu sehen, da sie sich in der mit „Fazit“ überschriebenen Passage findet, die den Abschnitt „Markt für Bulker“ (S. 16 – 21) abschließt, in dem sich zunächst eine Darstellung zur Entwicklung der Weltwirtschaft, zu den von Bulkern beförderten Gütern und sodann zu den Panamax-Schiffen sowie zur Entwicklung der Flotte und des Chartermarktes finden, die jeweils keine sachlich falschen Informationen liefern (wie oben ausgeführt).
Im „Fazit“ wird sodann betont, dass langfristig mit einer Rückkehr der Weltwirtschaft auf den Wachstumspfad zu rechnen sei – eine Aussage, die auch nach den von dem Musterkläger vorgelegten Quellen (ISL-Report und Drewry Forecaster (Anl. KM 2 und 3 – s.o. zu Feststellungsziel 1b), aber auch nach der von den Musterbeklagten vorgelegten Einschätzung des IWF aus dem Januar 2010 (Anl. KB 13) nicht falsch war.
Der Behauptung des Musterklägers, dass die CONTI Selenit als relativ kleiner Panamax-Bulker vom Transport der major bulks Kohle und Eisenerz praktisch ausgeschlossen gewesen sei, ist nicht nachzugehen: Dass das Schiff technisch für den Transport dieser Güter geeignet ist, ist unstreitig, die Behauptung, dass im Herbst 2009 erkennbar gewesen sei, dass es am Markt nicht für solche Transporte eingesetzt werden würde, ist erkennbar ins Blaue hinein aufgestellt, der Kläger liefert hierfür keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte; i.Ü. ist aus zahlreichen Verfahren zu Schiffsfonds gerichtsbekannt, dass es durchaus Häfen gibt, die von Post-Panamax- oder gar Capesize-Schiffen nicht angelaufen werden können, aber durchaus auch major bulks umschlagen.
Damit kann im Ergebnis nicht davon ausgegangen werden, dass die Prognose eines „lukrativen Marktumfeldes“ für die CONTI Selenit unvertretbar gewesen wäre – es handelt sich vielmehr um eine mit Rücksicht auf die Risiken, die gerade aus der Entwicklung des Bulkerflotte folgen (s.o.) wohl optimistische, mit ihrer Betonung der positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung aber plausible Schlussfolgerung.
Feststellungsziel 1(1d):
Die Markterwartungen für Bulker sind fehlerhaft dargestellt, da die Behauptung auf Seite 7 des Prospekts, dass die Bulkerschifffahrt ein „Wachstumsmarkt“ sei, aufgrund der tatsächlichen Marktlage im Oktober 2009 falsch ist.
a) Der Musterkläger ist der Auffassung, dass diese Aussage nur dann zuträfe, wenn die Nachfrage nach Bulkerkapazität tatsächlich höher sei als das Angebot, dies aber sei im Herbst 2009 aufgrund der bestehenden und noch anwachsenden Überkapazität nicht der Fall gewesen. Mit dem Hinweis auf einen „Wachstumsmarkt“ sei es auch nicht vereinbar, dass der Baltic Dry Index sich nach der Darstellung im ISL-Report Anl. KM 2, sich nach einem dramatischen Rückgang in 2008 im Jahre 2009 nur leicht erholt habe.
Auch dass Drewry (Forecaster 2Q09, Anl. KM 3, S. 44) bis 2012 sinkende und erst dann wieder steigende Frachtraten prognostiziert habe, zeige, dass von einem Wachstumsmarkt nicht die Rede habe sein können.
b) Die Musterbeklagten verweisen darauf, dass der gerügte Begriff nach allgemeinem Verständnis nur auf ein wachsendes Marktvolumen verweise – und ein solches sei im Sommer 2010 tatsächlich erwartet worden.
Der BDI sei von 2009 auf 2010 trotz eines Angebotsüberhanges tatsächlich deutlich gestiegen; im Übrigen handele es sich hierbei um einen Preisindex, der zum Umsatzvolumen keinerlei Aussagen treffe.
c) Der Begriff des „Wachstumsmarktes“, der sich im Übrigen zum Ende der „Einleitung“ im Prospekt, also bevor überhaupt Detailinformationen gegeben wurden findet, womit sein Aussagegehalt aus Sicht des verständigen Lesers ohnehin begrenzt ist, ist hier nicht fehlerhaft verwandt worden.
Er kann ohne Weiteres als Hinweis auf ein steigendes Marktvolumen im Sinne eines steigenden Umsatzes verstanden werden, die Aussage, dass steigende Gewinne oder steigende Raten zu erwarten seien, kann ihm nicht zwingend entnommen werden.
Dass im Herbst 2009 tatsächlich mit wachsenden Volumina gerechnet werden konnte, ergibt sich zwanglos aus der prognostizierten Erholung der Weltwirtschaft. Konkret berichtete etwa das ISL (Anl. KM 2, S. 10) von einem „increasing demand for raw materials“ seitens Chinas, insbesondere nach Kohle und Eisenerz (aaO., S. 8 )
Es kann hier dahinstehen, ob der BDI aufgrund seiner Struktur als reiner Preisindex für die Frage, ob ein „Wachstumsmarkt“ vorliegt, überhaupt herangezogen werden kann, da er gerade nicht umsatzbezogen ist, jedenfalls kann ihm hier nicht entnommen werden, dass im Herbst 2009 kein „wachsender“ Markt vorlag – nach der von dem Kläger selbst vorgelegten Darstellung in Anl. KM 2 (dort S. 12, l. Sp. unten, 1. Bullet-point) war der BDI schon seit Anfang 2009 jedenfalls leicht gestiegen.
Feststellungsziel 1(1e):
Die Markterwartungen für Bulker sind fehlerhaft dargestellt, da nicht mitgeteilt wird, dass das prognostizierte Flottenwachstum von 5,5 % p.a. bis 2013 für das Segment der Panamax-Bulker im Vergleich zum Gesamtwachstum der Bulkerflotte von 24,16 % p.a. bis 2012 nur deshalb so gering ist, weil die Durchschnittsgröße von Neubauaufträgen bei Bulkern bereits im Jahr 2009 bei über 80.000 dwt lag.
a) Der Musterkläger meint, die Angabe auf S. 20 des Prospektes, dass „gemäß ISL mit einem Kapazitätswachstum von rd. 5,5% p.a. gerechnet“ werde, sei fehlerhaft und irreführend; tatsächlich habe der prognostizierte Zuwachs bei 24,16% p.a. gelegen.
Falsch sei auch schon die Bezugnahme nur auf das Segment der Panamax-Bulker, da diese im Wettbewerb sowohl mit kleineren, als auch größeren Schiffen stünden. Dies zeige sich auch daran, dass die Panamax-Bulker seinerzeit gem Anl. KM 2, S. 6, Tab. 4 nur einen relativ kleinen Anteil an den Neubestellungen von Bulkern von ca. 5,2% ausgemacht hätten; insbesondere größere Schiffe seien gerade für Transporte von Kohle und Eisenerz immer wichtiger geworden.
Andererseits sei aber auch die Größenklassifizierung auf S. 17 des Prospektes falsch, Panamax-Bulker seien nach Drewry und ISL nur Schiffe mit 60.0000 – 80.000 tdw, nicht bis 85.000 tdw, weshalb auch die Angabe im Prospekt (ANl. KM 1, S. 19) zu einer Flottengröße von 1.480 Panamax-Bulkern falsch sei.
Der Musterkläger behauptet, zutreffender hätte ein durchschnittliches jährliches durchschnittliches Flottenwachstum von 7,5% ausgewiesen werden müssen.
b) Die Musterbeklagten verteidigen die Angabe im Prospekt, sie sei zutreffend sowohl bezogen auf die Gesamtbulkerflotte, als auch hinsichtlich des Segments der Panamax-Schiffe. Entgegen der Behauptung des Musterklägers seien auch keineswegs überwiegend größere Schiffe bestellt worden, tatsächlich habe der Schwerpunkt der Neubestellungen bei kleineren Schiffen, insbesondere des Supramax-Typs gelegen.
Der Vortrag des Klägers, dass Panamax-Schiffe seinerzeit absehbar zunehmend an Bedeutung verlören, sei unsubstantiiert und durch nichts belegt.
c) Ein Prospektfehler liegt nicht vor.
Die Zahlen zum Flottenbestand nach Zahl der Schiffe und Gesamttonnage sowie dementsprechend zum Orderbuch sind auf S. 19 – unstreitig – zutreffend dargestellt; eine Umrechnung auf einen durchschnittlichen jährlichen Zuwachs war nach Auffassung des Senats schon nicht erforderlich, da zum einen dieser Wert ohnehin nur begrenzte Aussagekraft hätte, da vollkommen offen ist, ob die Verteilung auf die Jahre 2010 – 2013 tatsächlich regelmäßig sein würde und zum anderen jeder Leser diese Zahl durch einen einfachen Rechenschritt selbst ermitteln konnte.
Auch die Angabe eines Kapazitätszuwachses von 5,5% p.a. im Segment der Panamax-Bulker ist entgegen der Auffassung des Musterklägers nicht untersetzt: Nach Anl. KM 2, S. 5, Table 4, belief sich die Panamax-Flotte per 01.01.2009 auf 1381 Schiffe mit 99.000.000 tdw und standen im Orderbuch 221 Schiffe mit 15.700.000 tdw; unter der Prämisse, dass im Orderbuch die Zuläufe bis 2013 abgebildet waren und diese sich gleichmäßig verteilen, wären jährlich nur etwa 45 Schiffe zugelaufen – deutlich weniger als 5,5% p.a. des Gesamtbestandes per 01.01.2009.
Schließlich ist auch die Angabe auf S. 17 des Prospektes, wonach Panamax-Schiffe eine Tragfähigkeit von 60.000 – 85.000 tdw auswiesen, nicht fehlerhaft: Allerdings klassifizierte das ISL den Panamax-Typ seinerzeit von 60.000 – 80.000 tdw, die (geringfügige) Abweichung ist jedoch im Ergebnis ohne Bedeutung, da eine wirklich trennscharfe Einordnung in der Praxis auch seinerzeit nicht stattfand, wie schon der Umstand zeigt, dass Drewry (Anl. KM 3, S. 40) Panamax- und Post-Panamax-Shiffe mit Tragfähigkeiten von 60.000 – 109.999 tdw als ein Marktsegment behandelte und in den einzelnen Auswertungen die Schiffsklassen nach mittleren Größen (Panamax = 75.000 tdw; Post-Panamax = 95.000 tdw) einteilt, während der Baltic Dry Index wiederum mit etwas abweichenden Klassifizierungen arbeitet (https://de.wikipedia.org/wiki/Baltic_Dry_Index).
Feststellungsziel 1(1f):
Die Markterwartungen für Bulker sind fehlerhaft dargestellt, da nicht mitgeteilt wird, dass durch den Neubau des Panamakanals der Wettbewerbsvorteil der Panamax-Bulker mit einer Breite von <32,3 m wegfällt.
a) Der Musterkläger sieht einen Mangel des Prospektes im Fehlen eines Hinweises auf die seinerzeit für 2014 erwartete Fertigstellung des Ausbaus des Panamakanals; denn diese musste den bis dahin gegebenen Wettbewerbsvorteil der CONTI Selenit entfallen lassen, dass sie zu den größten Bulkern gehörte, die den Kanal noch passieren konnten.
b) Die Musterbeklagten sind der Auffassung, dass ein solcher Hinweis entbehrlich gewesen sei: Wie schon der Umstand, dass die Korea Line Corporation das Schiff für sieben Jahre fest gechartert habe, handele es sich um keinen wesentlichen Faktor, weshalb sich im Prospekt auch nur ein einziger Hinweis darauf finde, dass das Schiff diesen (Größen-) Vorteil aufweise (S. 18, r. Sp.).
c) Das Vorliegen eines Prospektfehlers ist nicht schlüssig dargelegt. Nach Auffassung des Senats wäre ein Hinweis auf den beschlossenen Ausbau des Panama-Kanals bezogen auf die CONTI Selenit nur dann eine für den Anleger wesentliche Information, wenn der Nutzung des Panama-Kanals im beabsichtigten Betrieb des Schiffes eine besondere Bedeutung zugekommen wäre.
Der Prospekt enthält zur beabsichtigten Nutzung des Schiffes keine näheren Angaben. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass es sich um ein flexibel nutzbares Schiff handele und dass der Festcharterer KLC um 73% seines Umsatzes in der Trampschiffahrt und 27% im „Dedicated Carrier Service“ für drei Koreanische Industrieunternehmen (tätig im Energie- und Stahlbereich) erwirtschafte. Damit aber liegt es nicht nahe, dass KLC sich zur Charter entschlossen habe, weil die CONTI Selenit „gerade noch“ durch den Panama-Kanal „passte“. Dass bei Nutzung in der Trampschifffahrt häufig Passagen des Kanals anfielen, hat der Musterkläger ebensowenig dargelegt, wie dass die genannten regelmäßigen Dienste durch den Kanal führen würden, was im Übrigen auch eher fernliegt, da typischerweise die Versorgung Südkoreas mit Kohle und Eisenerz nicht via Panama stattfinden wird, da Hauptlieferant (insbesondere für Südostasien) insoweit Australien ist. Damit lag kein Anlass für die Annahme vor, dass KLC sich etwa durch den Wegfall des genannten Vorteils von der Ziehung der dreijährigen Verlängerungsoption des Chartervertrages hätte abschrecken lassen können.
Auch im Übrigen hat der Musterkläger gerade nicht dargelegt, dass die Möglichkeit der Passage des Panamakanals nach dem Fondskonzept für die CONTI Selenit ein besonderer Vorteil gewesen wäre. Im Gegenteil wird ausgeführt (S. 26 unten des klägerischen Schriftsatzes vom 22.11.2019), dass die Panamax-Bulker ohnehin ein Auslaufmodell seien, da für Minor Bulks die kleineren Supramax-Bulker bevorzugt würden, während für Major Bulks, vor allem Eisenerz und Kohle, die (teils weit) größeren Capesize-Bulker eingesetzt würden Dies unterstellt, wäre der Verlust des Vorteils den Panama-Kanal gerade noch passieren zu können, weitgehend ohne Belang: Mit Minor Bulks würde dieser Typ ohnehin nicht befrachtet, Major Bulks würden weiterhin nicht durch den Kanal gehen (den Capesize-Schiffe weiterhin nicht passieren könnten).
Feststellungsziel 1(1g):
Nicht mitgeteilt wird, dass sich das prognostizierte weitere Kapazitätswachstum der Bulker Flotte aufgrund der beginnenden Überkapazität auf den Bulker Markt negativ auswirkt.
a) Der Musterkläger vermisst einen ausdrücklichen Hinweis im o.g. Sinne.
Da das Nachfragewachstum deutlich unter dem Kapazitätswachstum liegen sollte, habe etwa Drewry im Forecaster 2Q2009 (Anl. KM 3, S. 26, 33) auf dieses erhebliche Ungleichgewicht und seine negativen Auswirkungen auf den Markt hingewiesen.
c) Die Musterbeklagten erwidern, dass auf S. 17 – 20 des Prospektes die fraglichen Daten zutreffend wiedergegeben worden seien. Auch Drewry habe zudem im Forecaster 2Q2009 und auch 3Q2009 ab 2013 ein ausgeglichenes Wachstum prognostiziert.
c) Das Klägervorbringen ist erneut unschlüssig.
Dass die Darstellung S. 16 – 21 keine objektiv unrichtigen Angaben enthalten, wurde oben bereits ausgeführt.
Damit ist schon fraglich, ob es einer ausdrücklichen Schlussfolgerung in dem Sinne, wie sie der Musterkläger vermisst, in einem auf eine unternehmerische Beteiligung ausgerichteten Prospekt überhaupt bedarf, oder ob nicht von jedem verständigen Anleger erwartet werden kann, selbst den Schluss zu ziehen, dass der Zulauf weiterer Kapazität sich negativ auswirken könnte.
Jedenfalls aber wirkt sich hier wiederum aus, dass die CONTI Selenit für die ersten sieben Jahre ihrer Beschäftigung aus Sicht der Fondsgesellschaft (und wirtschaftlich gesehen auch der Anleger) den Unwägbarkeiten des Marktes weitgehend entzogen war und die auch vom Kläger bemühte Quelle Drewry (Forecaster 2Q2009, Anl. KM 3, S. 23 – Table 2.12 – und S. 28 – Table 3.4) schon ab 2013 ein deutlich höheres Wachstum der Nachfrage nach Bulklerleistungen als das Wachstum der Angebotsseite prognostizierte (2013: 2,2 zu 5,5%; 2014: 1,7 zu 5,4%).
Feststellungsziel 1(2a):
Die Risiken der Beteiligung sind falsch dargestellt, da der Prospekt nicht auf den drohenden Preisverfall der Charterraten durch die beginnenden Überkapazitäten auf dem Bulker-Markt hinweist.
a) Der Musterkläger ist der Auffassung, dass ein ausdrücklicher Hinweis auf das Risiko eines Verfalls der Frachtraten aufgrund bestehender und sich noch verstärkender Überkapazitäten an Bulker-Tonnage in den Prospekt hätte aufgenommen werden müssen.
Das ISL deute dies an (Anl. KM 2, S. 12), indem es im April 2009 ausgeführt habe, dass es im Verlaufe des vergangenen Jahres zu einer drastischen Verschlechterung der Frachtraten gekommen sei, der Baltic Dry Index habe von 3/2008 – 3/2009 95% seines Wertes eingebüßt. Drewry (Anl. KM 3, Table 5.7) habe einen weiteren Verfall der Frachtraten für Panamax/Post-Panamax-Bulker prognostiziert – auf diese Auswirkungen der am Markt vorhandenen und weiter zulaufenden Überkapazität habe hingewiesen werden müssen.
b) Die Musterbeklagten erwidern, dass die Darstellung der Charterraten auf S. 20 des Prospektes nicht zu beanstanden sei: Tatsächlich sei dem Chart S. 20, r. Sp. die Entwicklung ohne Weiteres zu entnehmen; im Übrigen habe Drewry (Forecaster 3Q2009, Anl. KM 3, Table 5.7.) schon im Herbst 2009 (Anl. KB 9, S. 43, Table 5.7) von deutlich erholten Raten berichtet und vor allem (wie auch schon im Forecaster 2Q2009, Table 5.7) deutlich höhere Raten in den Folgejahren erwartet.
c) Ein Prospektfehler liegt nicht vor.
Die Darstellung der Entwicklung der Charterraten auf S. 20 ist sachlich richtig, auch der Musterkläger zeigt inhaltliche Fehler nicht auf.
Dass ein für die CONTI Selenit relevanter Verfall der Charterraten drohte, war bei Erstellung des Prospektes auch nach dem Klägervortrag nicht ersichtlich: Drewry – also die Quelle, die (s.o.) auch auf das weitere Kapazitätswachstum hinwies, in dem der Kläger die Gefahr für ein weiteres Absacken der Charterraten begründet sah (s.o.) – prognostizierte zum Schluss des 2. Quartals 2009 (Anl. KM 3, Table 5.7, S. 44) – für Panamax-Schiffe für 2014 eine Charterrate von 20.720 $/p.d. und im Forecaster 3Q2009 (Anl. KB 9, Tab. 5.7, S. 43) sogar deutlich bessere Werte zwischen 18.580 (2012) und 20.000 (2014) $/p.d., also Beträge, die nicht erst ab 2014 sondern sogar laufend deutlich über der Charterrate lagen, die der Festcharterer KLC bis 2017 an die Emittentin würde leisten müssen.
Bei dieser Sachlage war es jedenfalls vertretbar, bei Veröffentlichung des Prospektes anzunehmen, dass die Charterraten nicht auf ein kritisches Niveau, insbesondere auf einen Wert sinken könnten, der den Charterer KLC in ernsthafte Schwierigkeiten würde bringen können – der vom Kläger vermisste explizite Hinweis auf ein solches Risiko war damit entbehrlich.
Feststellungsziel 1(2b):
Die Risiken der Beteiligung sind falsch dargestellt, da der Prospekt nicht darauf hinweist, dass die bestehende Überkapazität auf dem Bulk-Carrier-Markt den Wert des Schiffes und damit den Verkaufspreis negativ beeinflusst.
a) Der Musterkläger meint, es fehle ein Hinweis darauf, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospektes Abschlüsse über gebrauchte Bulker am Zweitmarkt nicht mehr stattgefunden hätten.
Irreführend sei in diesem Zusammenhang auch die Darstellung zu den Neubaupreisen für Bulker auf S. 21 des Prospektes, denn hier werde der falsche Eindruck vermittelt, dass in erster Linie fallende Stahlpreise der Grund für zurückgehende Neubau- und Secondhandpreise gewesen seien. Daraus müsse der Leser den falschen Schluss ziehen, dass ein Anstieg der Stahlpreise auch einen Anstieg der Secondhandpreise bewirken könne, während der Preisverfall tatsächlich auf die bestehende und steigende Überkapazität zurückzuführen gewesen sei.
b) Die Musterbeklagten treten dem entgegen. Zunächst enthalte der Prospekt auf S. 11 einen sehr deutlichen Hinweis darauf, dass der mit 20% der Beschaffungskosten kalkulierte Verkaufspreis des Schiffes nach 20,5 Jahren niedriger liegen könne und von den Marktverhältnissen zum Zeitpunkt des Verkaufs abhänge.
Der Vortrag des Klägers zur Darstellung S. 21 des Prospektes und dem angeblichen Einfluss der Stahlpreisentwicklung auf den Wiederverkaufspreis gehe an der Sache vorbei, da auf S. 21 Aussagen zum Stahlpreis nur bezogen auf die Entwicklung der Neubaupreise getroffen würden.
c) Ein Prospektfehler ist nicht festzustellen.
Neben dem deutlichen Hinweis (S. 11 des Prospektes), dass der mit 20% der Anschaffungskosten prognostizierte Verkaufspreis nach 20,5 Jahren von den dann gegebenen Marktverhältnissen abhänge und auch niedriger liegen könne, ist ein expliziter Hinweis, dass der Verkaufspreis auch von der 2009 gegebenen und noch steigenden Überkapazität negativ beeinflusst werden könne, nicht erforderlich.
Es ist ausreichend klargestellt, dass es sich hierbei um eine Prognose handelt, die zudem schon wegen des langen Zeithorizontes offenkundig besonders unsicher ist, das genügt zur Unterrichtung eines verständigen Lesers.
Ob das weitere Vorbringen des Klägers zu einem Zusammenbruch des Zweitmarktes, den Ausführungen zum Stahlpreis auf S. 21 des Prospektes mit Rücksicht auf die Formulierung des Feststellungszieles überhaupt relevant ist, kann offenbleiben, jedenfalls ist die Darstellung im Prospekt insoweit nicht falsch.
Zunächst ist schon nicht ersichtlich, weshalb bei einem Fonds, nach dessen Konzeption das Schiff erst in 20 Jahren verkauft werden sollte, ausdrücklich auf einen Zusammenbruch des Zweitmarktes im Jahre 2008/09 hingewiesen werden sollte; dies könnte allenfalls dann von Belang sein, wenn man hierauf die Befürchtung stützen wollte, dass es wiederholt zu längeren Phasen kommen würde, in denen der Markt Gebrauchtschiffe überhaupt nicht aufnehmen würde. Dass hierauf im Herbst 2009 irgendetwas hingedeutet haben könnte, hat der Kläger nicht dargelegt.
Die Darstellung auf S. 21 des Prospektes zum Einfluss der Stahlpreise bezieht sich eindeutig auf die Entwicklung der Neubaupreise und ist damit nicht relevant im Sinne des hier zu beurteilenden Feststellungsziels.
Feststellungsziel 2:
Die Beklagten zu 1) und 2) waren nach den Grundsätzen der Propspekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB bezüglich der in Ziffer 1 genannten Kapitalanlage verpflichtet, über die unter Ziffer 1(1a) bis 1 (2b) genannten Prospektmängel aufzuklären.
Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen, da der Prospekt nach Auffassung des Senats keinen der zu Feststellungszielen 1(1a) bis 1(2b) genannten Mängel aufweist.
Feststellungsziel 3.
Es wird festgestellt, dass die unter Ziffer 1(1a) bis 1(2b) aufgeführten Prospektmängel für die Beklagten zu 1 und 2 bei der gebotenen sachkundigen Prüfung mit üblicher Sorgfalt erkennbar waren und diese schuldhaft nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gehandelt haben.
Auch diese Feststellung ist nicht zu treffen, da der Prospekt nach Auffassung des Senats keinen der zu Feststellungszielen 1(1a) bis 1(2b) genannten Mängel aufweist.
Damit ist der Musterfeststellungsantrag des Musterklägers insgesamt zurückzuweisen
–
Panten | Löffler | Dr. Tonner |
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht |
Richterin am Oberlandesgericht |
Richter am Oberlandesgericht |
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