Hanseatisches OberlandesgerichtAz.: 15 Kap 1/21 Beschluss– Jochen Schwarz, Ravensberger Straße 18 a, 10709 Berlin – Musterkläger –Prozessbevollmächtigte: gegen
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– Musterbeklagte –Prozessbevollmächtigte zu 1 – 6: Prozessbevollmächtigte zu 7: Nebenintervenientin zu 7: Prozessbevollmächtigte: – beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 15. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Korte, die Richterin am Oberlandesgericht Ellerbrock und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Hewicker am 17.06.2024: – Nach erneuter Beratung in veränderter Besetzung sowie unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des BGH erteilt der Senat folgende – vom Hinweisbeschluss vom 03.06.2021 teilweise abweichende – Hinweise: I. Hinsichtlich der Musterbeklagten (MB) 2 bis 6 dürfte der Vorlagebeschluss gegenstandslos sein. Die MB 2, 3 und 6 haften nicht aus spezialgesetzlicher Prospekthaftung. Zwar sind die MB 2, 3 und 6 als Gründungsgesellschafterinnen der Beteiligungsgesellschaft (s. dazu S. 42ff. und 105 des Prospekts gem. Anlage MK2, im Folgenden „Prospekt“) als Prospektverantwortliche im Sinne des § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG in der bis zum 31.05.2012 gültigen Fassung (von nun an: „BörsG a.F.“) anzusehen (vgl. zur Prospektverantwortlichkeit von Gründungsgesellschaftern: BGH, Beschl. v. 05.03.2024 – XI ZB 17/22, BeckRS 2024, 9052, Rn. 48). Etwaige Ansprüche aus den §§ 13 VerkProspG, 44 ff. BörsG a.F. wären indes gemäß § 46 BörsG a.F. verjährt. Auch eine Haftung der MB 2, 3, und 6 nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne scheidet aus. Im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung ist eine Haftung unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung allein aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB ausgeschlossen (BGH, a.a.O., Rn. 49). Dies gilt auch für eine auf diesen Aspekt gestützte Haftung als Treuhandkommanditistin (BGH, a.a.O., Rn. 49), mithin vorliegend im Hinblick auf die MB 2 (zu deren Stellung als Treuhandkommanditistin vgl. S. 45 des Prospekts). Damit entfällt zugleich eine Haftung der MB 4 und 5, da diese – soweit ersichtlich – lediglich als Komplementärinnen der MB 2 und 3 in Anspruch genommen werden. II. Hingegen dürfte der Vorlagebeschluss hinsichtlich der MB 1 nur dann als gegenstandslos anzusehen sein, wenn keine Prospektfehler festgestellt werden sollten. Zwar unterfällt gem. § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG a.F. auch die MB 1 als Gründungsgesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft (s. dazu S. 44 des Prospekts) sowie zusätzlich als Prospektverantwortliche (s. dazu ebenfalls S. 44 des Prospekts) im Sinne des § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG a.F. der spezialgesetzlichen Prospekthaftung. Gleichwohl dürfte aber für sie daneben auch eine Haftung nach den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB in Betracht kommen, da sie Vertriebsverantwortung übernommen hat. Zur Haftung des Vertriebsverantwortlichen hat der BGH jüngst ausgeführt (Beschl. v. 05.03.2024 – XI ZB 17/22, BeckRS 2024, 9052, Rn. 50):
Vorliegend hat die MB 1 den Vertriebsauftrag offenbar selbst übernommen. Ausweislich S. 44 des Prospekts fungierte sie als „Kapitalbeschafferin“. Die MB 1 bis 6 haben dementsprechend vorgetragen, die MB 1 sei von der Beteiligungsgesellschaft sowie den Schifffahrtsgesellschaften mit der Einwerbung des Kapitals beauftragt gewesen und habe zur Erfüllung dieser Verpflichtung ihrerseits Vermittlungsunternehmen eingeschaltet (vgl. dazu S. 6 des Schriftsatzes vom 17.07.2020, Bl. 243 d.A.). Für die MB 1 wird es daher darauf ankommen, ob einer oder mehrere der gerügten Prospektfehler vorliegen (vgl. zu einer insoweit vergleichbaren Konstellation: BGH, Beschl. v. 05.03.2024 – XI ZB 17/22, BeckRS 2024, 9052, Rn. 40). III. Auf die Frage, ob einer oder mehrere der gerügten Prospektfehler vorliegen, dürfte es auch im Hinblick auf die MB 7 ankommen. Der dem Senat vorliegenden Anmeldung gemäß § 10 Abs. 2 KapMuG des Anmelders Karl Richter vom 07.06.2019 (dort S. 10) ist zu entnehmen, dass er sich an der vorliegend in Rede stehenden Beteiligungsgesellschaft infolge eines Beratungsgesprächs mit einem Mitarbeiter der MB 7 beteiligt habe, dem der streitgegenständliche Prospekt zugrunde gelegen habe und in dem er nicht über Prospektmängel aufgeklärt worden sei. Sollten ein oder mehrere Prospektfehler vorliegen, käme daher eine Haftung der MB 7 nach den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB in Betracht. Diese Haftung würde auch nicht durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F. verdrängt, denn eine Prospektverantwortung der MB 7 gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG a.F. ist nicht ersichtlich. IV. Aus der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ergeben sich hinsichtlich der vorstehenden Feststellungen unter Ziffern I. bis III. keine Abweichungen, denn die Rechtsprechung des II. Zivilsenats steht mit der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats im Einklang (s. dazu: BGH, Beschl. v. 05.03.2024 – XI ZB 17/22, BeckRS 2024, 9052, Rn. 130). V. Vor dem Hintergrund der obigen Feststellungen beabsichtigt der Senat, den Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 16.10.2018 (309 OH 2/18) antragsgemäß um die nachfolgenden Feststellungsziele zu erweitern. Auf Antrag des Munsterklägers (MK) vom 14.04.2020 (Bl. 208 d.A.) um das
Auf Antrag der Beigeladenen Oppel vom 28.07.2020 (Bl. 335 d.A.), dem sich der MK und die von den RAe von Ferber Langer vertretenen Beigeladenen mit Schriftsatz vom 17.03.2021 (Bl. 436ff. d.A.) angeschlossen haben, um das
Die Zulässigkeit der Erweiterung eines Musterverfahrens um weitere Feststellungsziele richtet sich nach § 15 Abs. 1 KapMuG. Hinsichtlich der Auslegung der darin enthaltenen Tatbestandsmerkmale schließt sich der Senat der vom MK in seinem Schriftsatz vom 25.02.2021, S. 5f. (Bl. 440f. d.A.) zitierten Rechtsprechung des 13. ZS des HansOLG sowie der Rechtsprechung des OLG Köln (Beschl. v. 15.01.2019 – 24 Kap 1/18, abrufbar bei Juris) an. Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG ist danach bereits dann gegeben, wenn zumindest plausibel erscheint, dass die Klärung des Feststellungsziels für den Ausgang des Verfahrens erheblich werden kann, auch wenn der Erfolg der Klage noch von weiteren Voraussetzungen abhängig ist (OLG Köln, a.a.O., Rn. 3). Für die Bestimmung des „gleichen Lebenssachverhalts“ im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG kommt es nicht auf die einzelnen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen an, sondern auf die den Schadensersatzanspruch unmittelbar auslösende Handlung oder Unterlassung des Schuldners, wie sie etwa in der Veröffentlichung eines Emissionsprospektes liegen kann (a.a.O., Rn. 4). Sachdienlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG ist i.d.R. bereits dann zu bejahen, wenn die Feststellung des weiteren Feststellungsziels potentiell über das Verfahren des Antragstellers hinaus Bedeutung hat (a.a.O., Rn. 5). Danach dürften vorliegend die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG im Hinblick auf die beantragten Erweiterungen zu Nr. 10 und Nr. 11 erfüllt sein. VI. Zu den obigen Hinweisen besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen. Im Anschluss beabsichtigt der Senat, einen Beschluss hinsichtlich der o. g. Erweiterungsanträge zu erlassen sowie einen Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.
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