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Mit Einführung des Lebensversicherungsreformgesetzes im Jahre 2014 haben viele Versicherer die Bewertungsreserven von Versicherungskunden gekürzt, deren Verträge abgelaufen oder gekündigt worden sind. Teilweise betrugen die Kürzungen mehrere Tausend Euro. Die Kürzungen erfolgten möglicherweise jedoch zu Unrecht. Denn das Landgericht Stuttgart hat in einem Streitfall (Az.: 16 O 157/17) zwischen einem Versicherungskunden und einem Versicherer entschieden, dass eine Kürzung unberechtigt ist, wenn das Unternehmen gleichzeitig Gewinne an den Mutterkonzern abführt.

Das wichtigste in Kürze
  1. Die Kürzung der Bewertungsreserven bei ausgezahlten Lebens- und Rentenversicherungsverträgen aufgrund des Lebensversicherungsreformgesetzes ist unwirksam, wenn der Versicherer Gewinne an den Mutterkonzern abgeführt hat. Die Entscheidung des LG Stuttgart ist noch nicht rechtskräftig. Am 11. Oktober 2018 wird hierzu die Entscheidung des OLG Stuttgart im Berufungsverfahren erwartet.
  2. Die meisten Lebensversicherer führen ihre Gewinne an Mutterkonzerne ab. Daher sollten Verbraucher, deren Verträge ab 2015 ausgezahlt worden sind, die zu Unrecht einbehaltenen Bewertungsreserven schriftlich einfordern.
  3. Kunden, deren Verträge in 2015 ausgezahlt worden sind, müssen schnell handeln. Die Ansprüche drohen zum 31. Dezember 2018 zu verjähren. Um die Verjährung zu hemmen, sollte bei einer vorhandenen Rechtsschutzversicherung eine Klage in Betracht gezogen werden.
Massiv gekürzte Bewertungsreserven

Das am 7. August 2014 in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) hatte zum Ziel, die Lebensversicherer im Niedrigzinsumfeld zu stabilisieren. Versicherungskunden und Eigentümer der Lebensversicherer sollten hierzu gemeinsam beitragen. Die Versicherungskunden mussten auf einen großen Teil ihrer Bewertungsreserven verzichten. Im Gegenzug sollte die Gewinnausschüttung an die Eigentümer begrenzt werden.

Teilweise wurden bei den Versicherungskunden die Bewertungsreserven um mehrere Tausend Euro gekürzt. Die Eigentümer sind jedoch fein raus gewesen. Die meisten Lebensversicherer führten ihre Gewinne an den Mutterkonzern ab. Der Mutterkonzern kann dann wiederum regulär an die Aktionäre ausschütten. Eine gemeinsame Stabilisierung der Lebensversicherer durch Versicherungskunden und Eigentümer fand nicht statt. Der Versicherungskunde musste bisher die Zeche zahlen.

Kürzung unzulässig

Das Landgericht Stuttgart hat entschieden (Az: 16 O 157/17), dass die Kürzung der Bewertungsreserven in einem solchen Fall unzulässig ist. Hat ein Lebensversicherer im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages Gewinne an den Mutterkonzern abgeführt, so ist eine Kürzung der Bewertungsreserven auf Seiten des Versicherungskunden unrechtmäßig. Der Versicherer muss in einem solchen Fall die unrechtmäßig einbehaltenen Bewertungsreserven auszahlen.

Viele Lebensversicherer haben in der Vergangenheit versucht, das Dividendenausschüttungsverbot durch Gewinnabführungsverträge zu umgehen. Dadurch wurde der Gesetzeszweck des LVRG vereitelt. Wir begrüßen daher die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart.

Kerstin Becker-Eiselen, Abteilungsleiterin Geldanlage, Altersvorsorge, Versicherungen

Was sollten Betroffene Verbraucher jetzt tun?

Relevant könnte die Entscheidung des LG Stuttgart für Sie werden, wenn Sie Ihren Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag bei einem Versicherungsunternehmen in der Gesellschaftsform einer Aktiengesellschaft (AG) abgeschlossen haben. Dann besteht die Möglichkeit, dass im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages Gewinne abgeführt worden sind.

Wenn Ihr Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag in 2015 oder später ausgezahlt worden ist, sollten Sie dann von Ihrem Versicherer die zu Unrecht einbehaltenen Bewertungsreserven schriftlich einfordern. Die meisten Versicherer führen ihre Gewinne ab und haben in der Vergangenheit die Bewertungsreserven gekürzt.

Schreiben Sie Ihren Versicher an und fordern Sie ihn zur Nachzahlung der Bewertungsreserven auf. Hierzu können Sie unseren Musterbrief (Download 90 Cent) nutzen.

  • Achtung: Wenn Ihr Vertrag 2015 ausgezahlt worden ist, ist Eile geboten. Ihre Nachzahlungsansprüche würden zum 31. Dezember 2018 verjähren. In diesem Fall müssten Sie über eine Klage nachdenken, um die Verjährung zu hemmen. Dies können wir aber derzeit nur empfehlen, wenn Sie rechtsschutzversichert sind, denn die Entscheidung des LG Stuttgart ist noch nicht rechtskräftig.Nachzahlungsansprüche aus Verträgen, die bereits in 2014 ausgezahlt worden sind, sind leider bereits verjährt.

Quelle:VZHH

 

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