Das Auswärtige Amt verzeichnet einen deutlichen Anstieg bei der Vergabe von Arbeitsvisa für Deutschland. Im ersten Halbjahr 2024 wurden über 80.000 solcher Visa ausgestellt, wie das Ministerium heute mitteilte. Diese Zahl markiert einen neuen Rekord und unterstreicht die wachsende Attraktivität des deutschen Arbeitsmarktes für internationale Fachkräfte.
Besonders bemerkenswert ist, dass etwa die Hälfte der Visa-Empfänger als hochqualifizierte Fachkräfte eingestuft werden. Dies entspricht den Bemühungen der Bundesregierung, den akuten Fachkräftemangel in verschiedenen Schlüsselbranchen zu lindern.
Die im Juni 2023 eingeführte „Chancenkarte“ zeigt bisher allerdings nur verhaltene Wirkung. Dieses neue Instrument, das Arbeitssuchenden aus Nicht-EU-Staaten die Einreise nach Deutschland ermöglicht, wurde bislang in knapp 200 Fällen genutzt. Experten sehen darin ein Indiz dafür, dass das System noch Anlaufschwierigkeiten hat und möglicherweise Anpassungen benötigt.
Wirtschaftsverbände kritisieren in diesem Zusammenhang die hohen Zugangshürden für die Chancenkarte. „Die Voraussetzungen sind schlichtweg zu restriktiv“, erklärt Dr. Sabine Müller, Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). „Wir riskieren, wertvolle Talente an andere Länder zu verlieren, die flexiblere Einwanderungsregeln haben.“
Das Bundesarbeitsministerium zeigt sich dennoch optimistisch. Staatssekretär Hans-Jürgen Becker betont: „Die Zahlen sind ermutigend. Wir sehen, dass Deutschland als Arbeitsstandort international an Attraktivität gewinnt. Die Chancenkarte ist ein neues Instrument, dessen Potenzial sich erst noch entfalten wird.“
Unternehmen wie die Siemens AG begrüßen die Entwicklung. Personalvorständin Lisa Schmidt erklärt: „Für uns ist die internationale Rekrutierung von Fachkräften essentiell. Die erhöhte Zahl der Arbeitsvisa erleichtert uns die Besetzung wichtiger Positionen.“
Gewerkschaften mahnen jedoch zur Vorsicht. „Wir müssen sicherstellen, dass die Arbeitsbedingungen für alle fair bleiben und keine Lohndumping-Effekte entstehen“, warnt Verdi-Chef Frank Werneke.
Während die Debatte über die optimale Gestaltung der Arbeitsmigration weitergeht, zeigen die aktuellen Zahlen deutlich: Deutschland öffnet sich zunehmend für internationale Arbeitskräfte. Ob dies ausreicht, um den prognostizierten Fachkräftemangel von bis zu 5 Millionen Arbeitskräften bis 2030 zu decken, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Die Entwicklung wird von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aufmerksam verfolgt werden.
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