Genossenschaften – aufgepasst es gibt auch Gauner

Published On: Sonntag, 14.04.2019By

Gute Rendite und bezahlbarer Wohnraum – der Kauf von Genossenschaftsanteilen klingt nach einem guten Geschäft. Doch nicht alle Wohnungsbaugenossenschaften sind seriös. Wie Sie schwarze Schafe erkennen.

Gerade in Ballungsräumen ist bezahlbarer Wohnraum knapp, die Wohnungssuche schwierig. Eine Alternative können Genossenschaftswohnungen sein.

Diese werden nicht von Privatpersonen oder gewinnorientierten Unternehmen, sondern von Wohnungsbaugenossenschaften gebaut und ihren Mitgliedern zum Mieten angeboten.

Um eine Genossenschaftswohnung zu bekommen, müssen Sie also selbst Genosse werden und zu einem festgelegten Preis Anteile erwerben. Sie investieren Ihr Geld damit in eine unternehmerische Beteiligung und werden zum Anteilseigner – mit allen damit verbundenen Risiken. Wie viel ein Genossenschaftsanteil kostet, legt dabei jede Genossenschaft selbst fest.

Geldanlage: Genossenschaftsanteile

Der Kauf von Genossenschaftsanteilen kann neben dem Wunsch nach einer genossenschaftlichen Wohnung aber auch einen anderen Grund haben: Gerade in Zeiten niedriger Zinsen wittern einige Anleger darin die Chance einer gewinnbringenden Geldanlage. Denn wenn eine Genossenschaft – zum Beispiel mit gebauten und betriebenen Wohnungen – Überschüsse erwirtschaftet, kann sie die Rendite wiederum an die Mitglieder auszahlen.

Vorteile von Beteiligungen an Wohnungsbaugenossenschaften

    • Preis
      Seriöse Wohnungsbaugenossenschaften wirtschaften vorrangig für ihre Mitglieder und sind nicht primär gewinnorientiert. Aus diesem Grund zahlen Sie für Genossenschaftswohnungen in der Regel eine vergleichsweise niedrige Miete, die oftmals unter dem lokalen Mietpreisspiegelwert liegt.
    • Mitsprache
      Innerhalb einer Genossenschaft können Sie sich als Mitglied engagieren und bei Entscheidungen mitsprechen.
    • Sicherheit
      Als Mitglied einer Genossenschaft unterschreiben Sie teilweise einen Dauernutzungsvertrag – Sie können also ein lebenslanges Wohnrecht haben. Lesen Sie die genauen Mietbedingungen in der geltenden Satzung der Wohnungsbaugenossenschaft nach.

Nachteile von Beteiligungen an Wohnungsbaugenossenschaften

  • Späte Rückzahlung
    Treten Sie aus der Genossenschaft aus, erhalten Sie das Geld, das Sie in Genossenschaftsanteile investiert haben, zurück. Bis Sie das Geld aber tatsächlich auf dem Konto haben, können einige Monate, teilweise sogar Jahre vergehen. Kündigen können Sie zudem häufig nur mit einer Frist zum Jahresende. So vergeht in der Regel von der Kündigung bis zu Ihrem tatsächlichen Ausscheiden mehr als ein Jahr.
  • Mindestanlagezeit
    Bei einigen Genossenschaften gilt eine Mindestanlagezeit. Investieren Sie Geld also nur, wenn Sie im Zweifelsfall darauf warten können.
  • Finanzielles Risiko
    Die Investition in Genossenschaften birgt finanzielle Risiken. Den verlockend klingenden Versprechungen der Anbieter steht die Gefahr gegenüber, das eingezahlte Vermögen komplett zu verlieren. Geht die Genossenschaft Pleite, kann alles Geld, das Sie in Genossenschaftsanteile investiert haben, verloren sein.

Schwarze Schafe bei Wohnungsbaugenossenschaften

Nicht alle Genossenschaften sind seriös. Dubiose Anbieter nutzen das gute Image von Wohnungsbaugenossenschaften sowie fehlende staatliche Kontrollen, um mit Mitgliedschaften Geld zu machen.

Durch den Genossenschaftsstatus können Unternehmen von Ausnahmeregelungen für diese besondere Organisationsform profitieren. So sind Genossenschaften von der Prospektpflicht für Vermögensanlagen ausgenommen. Im Prospekt müsste sonst auf Risiken der jeweiligen Geldanlage hingewiesen werden. Zudem gelten für Genossenschaften besondere Prüfverfahren. Jede Genossenschaft muss gemäß dem Genossenschaftsgesetz Mitglied in einem Prüfungsverband sein und sich von diesem prüfen lassen.

Unseriöse Genossenschaften erkennen – vier Kriterien

Immer wieder verstecken sich dubiose Wohnungsbaugenossenschaften hinter den privilegierten Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes. Diese fünf Kriterien können auf ein unseriöses Angebot hindeuten:

  • Verdächtig hohe Renditen
    Lockt die Genossenschaft mit verdächtig hohen Renditen, vermögenswirksamen Leistungen oder Wohnungsbauprämien? Steht die Geldanlage im Vordergrund der Werbung einer Wohnungsbaugenossenschaft? Dann seien Sie skeptisch.
  • Fragwürdige Vertriebsstrategien
    Vorsicht ist geboten, wenn Genossenschaften auf fragwürdige Vertriebsmethoden wie offensive Call-Center-Anrufe setzen, um für Mitgliedschaften zu werben.
  • Anlagezweck
    Prüfen Sie, ob aus der Satzung oder dem Jahresabschluss klar hervorgeht, wofür die Mitgliedsbeiträge verwendet werden. Wird das Kapital einer Wohnungsbaugenossenschaft tatsächlich in Immobilien investiert, in denen Mitglieder wohnen?
  • Relation von Genossen und Wohnungen
    Die Zahl der Mitglieder einer Genossenschaft sollte in einem gesunden Verhältnis zur Zahl der Wohnungen stehen. Kommen auf viele Mitglieder nur sehr wenige Genossenschaftswohnungen, sollten Sie eine Anlage kritisch hinterfragen.

Gericht weist Wohnbau-Genossenschaft in die Schranken

Das Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale Hessen hat erfolgreich gegen nachteilige Klauseln in den Vertragsbedingungen der Genossenschaft Nova Sedes geklagt und in der ersten Instanz Recht bekommen.

Nova Sedes erhebt ein Eintrittsgeld in Höhe von sieben Prozent der gezeichneten Genossenschaftseinlage und hat dies mit Vertriebskosten und allgemeinen Verwaltungskosten der Genossenschaft verrechnet. Diese Kosten dürfen aber nicht zu Lasten der Mitglieder gehen.

Durch die Verrechnung des hohen Eintrittsgeldes zahlten Kunden so monatelang in die Genossenschaft ein, ohne dabei Anteile zu erwerben und Rendite zu erwirtschaften.

Darüber hinaus hatte die Genossenschaft versucht, ein Mitglied länger im Vertragsverhältnis festzuhalten, als es die zweijährige Kündigungsfrist in der Satzung vorsieht. Auch diese Vorgehensweise untersagte das Gericht.

Gegen das Urteil kann das Unternehmen derzeit noch Rechtsmittel einlegen. Es ist daher noch nicht rechtskräftig.

Vertrieb und Genossenschaftsanteile

Problematisch sind Genossenschaften, die Vertriebsprovisionen für den Vertrieb von Anteilen zahlen. Diese verstoßen gegen den Grundsatz: ohne Prospekt, darf eine Genossenschaft keine Provisionen bezahlen.

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