Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Heilmittel-Richtlinie: Behandlung von eingewachsenen Nägeln mittels Nagelkorrekturspangen durch Podologinnen und Podologen

Published On: Donnerstag, 07.04.2022By

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Heilmittel-Richtlinie:
Behandlung von eingewachsenen Nägeln mittels Nagelkorrekturspangen
durch Podologinnen und Podologen

Vom 17. Februar 2022

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 17. Februar 2022 beschlossen, die Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) in der Fassung vom 20. Januar 2011/​19. Mai 2011 (BAnz. S. 2247), die zuletzt am 21. Oktober 2021 (BAnz AT 21.01.2022 B1) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:

I.

Die Richtlinie wird wie folgt geändert:

1.
In § 2 Absatz 1 Satz 2 Spiegelstrich 2 wird der Klammerzusatz wie folgt gefasst:
„(§ 27a Absatz 4 sowie § 28b)“.
2.
In § 6a Absatz 4 wird die Angabe „§ 29“ durch die Angabe „§ 27b“ ersetzt.
3.
In § 7 Absatz 2 Satz 4 werden nach dem Wort „Therapie“ die Wörter „bei Fußschädigungen durch Diabetes mellitus (Diabetisches Fußsyndrom) und vergleichbaren Schädigungen“ eingefügt.
4.

Vor § 27 wird folgende Zwischenüberschrift eingefügt:

„a)
Podologische Therapie bei Fußschädigungen durch Diabetes mellitus (diabetisches Fußsyndrom) und vergleichbaren Schädigungen“.
5.

§ 27 wird wie folgt geändert:

a)

Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„§ 27 Behandlungsziel und Verordnungsvoraussetzungen“.

b)
In Absatz 3 Satz 2 werden die Wörter „sowie von eingewachsenen Zehennägeln“ durch die Wörter „sowie die Nagelbearbeitung im Sinne von § 27a Absatz 4 Nummer 2 und 3 bei eingewachsenen Zehennägeln“ ersetzt.
6.

§ 28 wird § 27a und die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„§ 27a Inhalt der Podologischen Therapie bei diabetischem Fußsyndrom und vergleichbaren Schädigungen“.

7.
§ 29 wird § 27b.
8.

Nach § 27b werden die Überschrift „b) Podologische Therapie bei Unguis incarnatus: Behandlung mit Nagel­korrekturspangen (Orthonyxiespangen)“ und folgende Paragraphen eingefügt:

„§ 28

Behandlungsziel und Verordnungsvoraussetzungen

(1) Die Behandlung mit einer Nagelkorrekturspange (im Folgenden: „Nagelspangenbehandlung“) dient der Therapie des Unguis incarnatus in den Stadien 1, 2 und 3 an den unteren Extremitäten:

Stadium 1: Der Nagel beginnt seitlich in die Haut einzuwachsen. Die Haut schmerzt und beginnt sich zu entzünden.
Stadium 2: Am Rand des eingewachsenen Nagels hat sich neues, entzündetes Gewebe (Granulationsgewebe) gebildet. Das Gewebe nässt und eitert.
Stadium 3: Der betroffene Nagelbereich ist chronisch entzündet und eitert immer mal wieder. Das Granulationsgewebe wächst bereits über den Nagel.

(2) Ziel ist die Entlastung des Weichteilgewebes, Förderung oder Wiederherstellung eines physiologischen Nagelwachstums und Rückführung in eine natürliche Nagelform, um ein Fortschreiten des Einwachsens in das um­liegende Gewebe oder des Entzündungsprozesses zu verhindern. Im Stadium 2 und im Stadium 3 sind zusätzliche Ziele der Nagelspangenbehandlung, eine Zunahme der Verletzung der Hautoberfläche durch das weitere Einwachsen des Zehennagels zu verhindern sowie einer Chronifizierung der Entzündung entgegenzuwirken oder eine solche zu lindern.

(3) Voraussetzung für die Verordnung einer Nagelspangenbehandlung ist, dass die Befestigung einer Nagelkorrekturspange an der Nagelplatte möglich ist. Eine sehr starke Deformität der Nagelplatte, eine weit fortgeschrittene Onychomykose oder ein absoluter Wachstumsstillstand können im Einzelfall eine Verordnung und Behandlung ausschließen. Insbesondere im Stadium 2 und Stadium 3 muss die Befestigung einer Nagelkorrekturspange ohne weitergehende Verletzung der geschädigten Haut oder des umliegenden, entzündlich veränderten Weichteilgewebes möglich sein.

(4) Die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt prüft mögliche Kontraindikationen für die Verordnung der Nagelspangenbehandlung. Kontraindikationen für eine Nagelspangenbehandlung können insbesondere sein:

Tumoren im Bereich des betroffenen Nagels und seiner Umgebung
Onycholysen
Abszedierungen/​Nekrosen im Bereich des betroffenen Nagels und seiner Umgebung.

Bei Patientinnen und Patienten mit einer klinisch manifesten Neuropathie, bei denen bereits ausgeprägte Sensibilitätsstörungen oder autonome Störungen in Form trophischer Störungen im Bereich der unteren Extremitäten vorliegen, ist eine Nagelspangenbehandlung grundsätzlich möglich. Bei der Verordnung ist ein erhöhtes Risiko von Komplikationen, beispielsweise durch unbemerktes Verrutschen oder unbemerkte Druckausübung auf das umgebende Weichteilgewebe oder die Haut, zu berücksichtigen.

§ 28a

Zusammenarbeit und Qualitätssicherung

(1) Die über die podologische Befunderhebung hinausgehende Diagnostik, die Wundversorgung und weitere Therapien, einschließlich konservativer oder invasiver Maßnahmen der Wundbehandlung (z. B. Anwendung lokaler Therapeutika, Eröffnung eitrigen Gewebes), bleiben für alle Stadien ärztliche Leistung.

(2) Die Behandlung des Unguis incarnatus im Stadium 2 und im Stadium 3 kann nur in enger Abstimmung mit der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt erbracht werden. Bei Verschlechterung des Krankheitsbildes oder Auftreten von Komplikationen, wie offenen Wunden, neu aufgetretenen oder zunehmenden Entzündungs­zeichen oder Eiterbildung, ist eine ärztliche Behandlung notwendig. Die Podologin oder der Podologe informiert in diesen Fällen unverzüglich die verordnende Ärztin oder den verordnenden Arzt und weist die Patientin oder den Patienten auf die Notwendigkeit einer Wiedervorstellung bei der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt hin.

(3) Im Stadium 2 und im Stadium 3 ist vor Beginn der Nagelspangenbehandlung, bei einer Verschlechterung des Krankheitsbildes sowie nach Abschluss der Behandlung eine Fotodokumentation zu führen. Die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt kann im Rahmen des Therapieberichts gemäß § 16 Absatz 7 die Fotodokumentation anfordern.

§ 28b

Inhalt der Nagelspangenbehandlung

(1) Die Nagelspangenbehandlung umfasst:

1.
Beratung und Instruktion zu individuell durchführbaren Schneidetechniken sowie zur Nagel- und Hautpflege sowie die Beratung zu geeignetem Schuhwerk,
2.
Vorbereitung des Nagels,
3.
Fertigung und Anpassung der Nagelkorrekturspange,
4.
Anlegen und falls erforderlich Wechsel der Nagelkorrekturspange,
5.
Therapiekontrolle und falls erforderlich Nachregulierung der Nagelkorrekturspange sowie
6.
Entfernung der Nagelkorrekturspange.

(2) Falls zur Durchführung der Nagelspangenbehandlung erforderlich, umfasst diese im Stadium 2 und Stadium 3 zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Inhalten auch das fachgerechte Anlegen oder Wechseln eines Verbandes an dem betroffenen Zeh. Die Wundbehandlung und -kontrolle ist eine ärztliche Aufgabe.

(3) Zur Anwendung kommen individuell anzupassende Nagelkorrekturspangen aus Metall oder Kunststoff, welche in Abhängigkeit vom klinischen Befund als unilaterale oder bilaterale Systeme angebracht werden.

(4) Im Rahmen der Behandlung ist eine regelmäßige Inspektion aller Nägel beider Füße durch die Podologin oder den Podologen erforderlich.“

II.

Der Zweite Teil der Heilmittel-Richtlinie (Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen: Heilmittelkatalog) wird in Abschnitt „II. Maßnahmen der Podologischen Therapie“ wie folgt geändert:

1.
Die Überschrift zu Nummer 1 wird wie folgt geändert:
Das Wort „Erkrankungen“ wird durch das Wort „Schädigungen“ ersetzt.
2.

Nach der Zeile „QF“ werden die folgende Überschrift und Tabelle eingefügt:

„2. Nagelkorrekturspangen bei Unguis incarnatus

Indikation Heilmittelverordnung
Diagnosegruppe Leitsymptomatik:

Schädigung von
Körperfunktionen und -strukturen
zum Zeitpunkt der Diagnosestellung

Heilmittel Verordnungsmengen

weitere Hinweise
UI 1

Unguis incarnatus Stadium 1

Unguis incarnatus
(L60.0)
a)
Pathologisches Nagel-
wachstum mit beginnender
Entzündung

Nagel beginnt seitlich
in die Haut einzuwachsen
Schmerzen
Rötung
Schwellung
Vorrangiges Heilmittel

a)
Nagelspangen-
behandlung
Höchstmenge je VO:

– bis zu 8/​VO

Orientierende Behandlungsmenge:

– bis zu 8 Einheiten

Frequenzempfehlung:

– nach Bedarf

Es erfolgen regelmäßig Instruktionen zu individuell durchführbaren Schneidetechniken der Nagel- und Hautpflege sowie die Beratung zu geeignetem Schuhwerk.

UI 2

Unguis incarnatus Stadium 2 oder 3

Unguis incarnatus
(L60.0)
b)
Pathologisches Nagel-
wachstum mit manifester
oder chronischer Entzündung

Granulationsgewebe
Wundbildung
Eiterbildung
Rezidivieren der
Entzündung
Vorrangiges Heilmittel

a)
Nagelspangen-
behandlung
Höchstmenge je VO:

– bis zu 4/​VO

Die Verordnung weiterer Einheiten bedarf einer Wiedervorstellung beim verordnenden Arzt. Eine Wiedervorstellung kann je nach Schwere des Krankheitsbildes und möglicher Komplikationen auch vorher angezeigt sein.

Orientierende Behandlungsmenge:

– bis zu 8 Einheiten

Frequenzempfehlung:

– nach Bedarf

Es erfolgen regelmäßig Instruktionen zu individuell durchführbaren Schneidetechniken, der Nagel- und Hautpflege sowie die Beratung zu geeignetem Schuhwerk.“

III.

Die Änderung der Richtlinie tritt am ersten Tag des auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger folgenden Quartals in Kraft, frühestens jedoch am 1. Juli 2022.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 17. Februar 2022

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

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