Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V): Ergänzung der Anlage 1.1 – Buchstabe c Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Published On: Freitag, 29.04.2022By

Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Änderung der Richtlinie ambulante spezialfachärztliche Versorgung
nach § 116b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V):
Ergänzung der Anlage 1.1 – Buchstabe c Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Vom 16. Dezember 2021

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2021 beschlossen, die Richtlinie des G-BA über die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V (Richtlinie ambulante spezialfachärztliche Versorgung § 116b SGB V/​ASV-RL) in der Fassung vom 21. März 2013 (BAnz AT 19.07.2013 B1), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 16. Dezember 2021 (BAnz AT 26.04.2022 B3) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:

I.

Der Anlage 1.1 wird folgender Buchstabe c angefügt:

„c) Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

1 Konkretisierung der Erkrankung

Die Konkretisierung umfasst die Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED)

Zur Gruppe der Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im Sinne der Richtlinie zählen Patientinnen und Patienten mit folgenden Erkrankungen:

K50.- Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis] [Morbus Crohn]
K51.- Colitis ulcerosa
K52.3- Colitis indeterminata

2 Behandlungsumfang (jeweils in alphabetischer Reihenfolge)

Zur Diagnostik und Behandlung werden im Allgemeinen folgende Leistungen erbracht:

Diagnostik

Anamnese
Augenärztliche Funktionsuntersuchung (z. B. Augendruckbestimmung, Augenhintergrunduntersuchung, Gesichtsfeldbestimmung, Spaltlampenuntersuchung, Tränenflüssigkeitsbestimmung, Schirmertest)
Bildgebende Diagnostik (z. B. Ultraschall einschließlich endosonographischer Verfahren, Röntgen, Sonografie, MRT-/​Röntgen-Sellink)
Dermatologische Diagnostik
Diagnostik der Kontinenzleistung
Endoskopie des Gastrointestinaltraktes einschließlich interventioneller Verfahren (z. B. endoskopische Bougierung, Punktionen und Biopsien)
Körperliche Untersuchung
Laboruntersuchungen (inklusive Stuhluntersuchungen)
Punktionen, Biopsien, Histopathologische Untersuchungen

Behandlung

Ausstellen, z. B. von Bescheinigungen, Anträgen, Berichten
Behandlungsplanung (einschließlich), -durchführung und -kontrolle
Behandlung in Notfallsituationen
Behandlung von Therapienebenwirkungen, Komplikationen und unerwünschten Behandlungsfolgen
Beratung und Anleitung zum Umgang mit Anus praeter und Pouch
Einleitung der Rehabilitation
Endoskopische Dilatation von Stenosen
Kleinchirurgische Eingriffe, gegebenenfalls OP-Planung, -Vorbereitung und -Nachsorge
Kurznarkosen im Rahmen von interventionellen diagnostischen oder kleinchirurgischen Eingriffen
Einleitung, Überprüfung und Anpassung einer enteralen oder parenteralen Ernährung
Medikamentöse Therapien einschließlich Infusionstherapien
Physikalische Therapie
Psychotherapeutische Beratung und Betreuung
Schmerztherapie
Therapie von Stuhlinkontinenz
Wundversorgung

Beratung

zu Diagnostik und Behandlung
zu Ernährung
zu Heilmitteln
zu Hilfsmitteln inklusive Anleitung zum Gebrauch (insbesondere Stoma- und Inkontinenzversorgung)
zu Medikamentengabe und Nebenwirkungen
zur operativen Versorgung
zu Sexualität, Familienplanung und Schwangerschaft
zu Rehabilitationsangeboten
zu psychosozialen Beratungs- und Betreuungsangeboten auch der Bezugspersonen
zur psychotherapeutischen Versorgung
zu Verhalten in Notfallsituationen
zu vorhandenen Selbsthilfeangeboten

Folgende Leistungen, die bislang nicht Bestandteil des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sind:

Vorstellung eines Patienten in einer interdisziplinären CED-Fallkonferenz durch ein Mitglied des Kernteams

Kapselendoskopie Dünndarm

wenn nach Durchführung der Initialdiagnostik Ösophago-Gastro-Duodenoskopie, vollständiger Koloskopie – sofern möglich mit Einblick in das terminale Ileum –, MRT und Darmsonographie weiterhin der Verdacht auf das Vorliegen eines Morbus Crohn mit Dünndarmbefall besteht
zur Differenzierung zwischen M. Crohn und Colitis ulcerosa in unklaren Fällen

zur Entscheidung der weiteren Therapiemaßnahmen

bei chronisch aktiven Verlaufsformen
bei sekundärem Therapieversagen
bei kontinuierlich hohem Steroidbedarf

Intestinoskopie (Ballon-, Doppelballon-, Spiralenteroskopie)

zur Differenzierung zwischen M. Crohn und Colitis ulcerosa in unklaren Fällen
bei unklarer Blutung bei vorherigem Ausschluss einer Blutungsquelle im oberen oder unteren Gastrointestinaltrakt
Chromoendoskopie oder hochauflösende Weißlichtendoskopie (HDWLE) bei Durchführung der Überwachungs­koloskopie
Pouchoskopie

3 Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität

3.1 Personelle Anforderungen

Die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen erfolgt durch ein interdisziplinäres Team gemäß § 3 ASV-RL.

a)

Teamleitung

Innere Medizin und Gastroenterologie
Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, kann alternativ auch eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie benannt werden.
b)

Kernteam

Innere Medizin und Gastroenterologie
Viszeralchirurgie
Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, ist zusätzlich eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie zu benennen. Falls keine Fachärztin oder kein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit der genannten Zusatz-Weiterbildung verfügbar ist, ist eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin zu benennen.
Zusätzlich kann eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendchirurgie benannt werden.
Im Kernteam müssen ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Leistungserbringer und ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus unter Abschluss einer ASV-Kooperationsvereinbarung vertreten sein. Die Vorgaben des § 10 der Richtlinie gelten entsprechend.
c)

Hinzuzuziehende Fachärztinnen und Fachärzte

Augenheilkunde
Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Haut- und Geschlechtskrankheiten
Innere Medizin und Rheumatologie
Laboratoriumsmedizin
Pathologie
Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder Psychologische oder Ärztliche Psychotherapeutin oder Psychologischer oder Ärztlicher Psychotherapeut
Radiologie
Urologie
Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, kann zusätzlich eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie als Teammitglied benannt werden.

3.2 Sächliche und organisatorische Anforderungen

Durch eine geeignete Organisation und Infrastruktur ist Sorge zu tragen, dass

a)

eine Zusammenarbeit mit folgenden Gesundheitsfachdisziplinen und weiteren Einrichtungen besteht:

ambulanten Pflegediensten zur häuslichen Krankenpflege,
Ernährungsberatung durch spezialisierte Fachkräfte (z. B. Diätassistenten),
Kontinenztherapie,
Physikalische Therapie,
Selbsthilfe,
sozialen Diensten wie z. B. Sozialdienst oder vergleichbare Einrichtungen mit sozialen Beratungsangeboten,
Stomatherapie
Hierzu bedarf es keiner vertraglichen Vereinbarung.
b)

eine 24-Stunden-Notfallversorgung mindestens in Form einer Rufbereitschaft von einer bzw. einem der folgenden Ärztinnen bzw. Ärzte besteht:

Innere Medizin und Gastroenterologie
Viszeralchirurgie
Die 24-Stunden-Notfallversorgung umfasst auch Notfall-Labor und im Notfall erforderliche bildgebende und endoskopische Diagnostik.
c)
die Möglichkeit einer intensivmedizinischen Behandlung besteht,
d)
Informationen über Patientenschulungen mit einem strukturierten, evaluierten und zielgruppenspezifischen Schulungsprogramm bestehen

3.3 Dokumentation

Für die Dokumentation der Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) ist die Diagnose nach ICD-10-GM inklusive des Kennzeichens zur Diagnosesicherheit sowie die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Behandlungstages zu dokumentieren.

3.4 Mindestmengen

Das Kernteam muss mindestens 100 Patientinnen und Patienten der in Nummer „1 Konkretisierung der Erkrankung“ genannten Indikationsgruppen mit gesicherter Diagnose behandeln.

Für die Berechnung der Mindestmenge ist die Summe aller Patientinnen und Patienten in den jeweils zurückliegenden vier Quartalen maßgeblich, die zu der in dieser Konkretisierung näher bezeichneten Erkrankung zuzurechnen sind und von den Mitgliedern des Kernteams im Rahmen der ambulanten oder stationären Versorgung, der besonderen Versorgung nach § 140a SGB V oder einer sonstigen, auch privat finanzierten Versorgungsform behandelt wurden.

Die Mindestmengen sind über den gesamten Zeitraum der ASV-Berechtigung zu erfüllen. In den zurückliegenden vier Quartalen vor Anzeige der Leistungserbringung beim erweiterten Landesausschuss müssen mindestens 50 Prozent der oben genannten Anzahl von Patientinnen und Patienten behandelt worden sein. Die Mindestbehandlungszahlen können im ersten Jahr der ASV-Berechtigung höchstens um 50 Prozent unterschritten werden.

4  Überweisungserfordernis

Es besteht ein Überweisungserfordernis durch die behandelnde Vertragsärztin oder den behandelnden Vertragsarzt.

Nach zwei Quartalen ist eine erneute Überweisung erforderlich und möglich, sofern die Voraussetzungen des besonderen Krankheitsverlaufs weiterhin gegeben sind.

Für Patientinnen oder Patienten aus dem stationären Bereich des ASV-berechtigten Krankenhauses oder für Patientinnen oder Patienten von im jeweiligen Indikationsgebiet tätigen vertragsärztlichen ASV-Berechtigten in sein ASV-Team besteht kein Überweisungserfordernis.

Zum Zeitpunkt der Überweisung an einen Leistungserbringer nach § 116b Absatz 2 SGB V muss eine gesicherte Diagnose vorliegen. Für Kinder und Jugendliche ist eine Verdachtsdiagnose ausreichend. Diese muss jedoch innerhalb von zwei Quartalen nach Erstkontakt in eine gesicherte Diagnose überführt sein.

5  Appendix (Spezifizierung des Behandlungsumfangs anhand des EBM)

Präambel

Die Leistungsbeschreibungen der nachfolgend aufgeführten Gebührenordnungspositionen (GOP) definieren den Behandlungsumfang in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b SGB V (ASV) (Abschnitt 1). Sie basieren auf dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) einschließlich der Beschlussfassungen des Bewertungsausschusses nach § 87 Absatz 1 Satz 1 SGB V, des erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Absatz 4 SGB V und des ergänzten (erweiterten) Bewertungsausschusses nach § 87 Absatz 5a SGB V bis zum 31. Juli 2021 zu Änderungen des EBM mit Wirkung zum 1. Oktober 2021.

Zum Behandlungsumfang der ASV zählen zusätzlich die in diesem Appendix aufgeführten Leistungen, die bislang keine Abbildung im EBM gefunden haben (Abschnitt 2).

Auf der Grundlage des definierten Behandlungsumfangs bestimmt gemäß § 116b Absatz 6 Satz 8 und 9 SGB V der ergänzte Bewertungsausschuss nach § 87 Absatz 5a SGB V die abrechnungsfähigen Leistungen und legt deren Bewertung fest.

Bei Aktualisierungen des EBM prüft der Gemeinsame Bundesausschuss jährlich den Anpassungsbedarf des Appendix. Hierfür nimmt er Hinweise des ergänzten Bewertungsausschusses zu etwaigem Anpassungsbedarf des Appendix auf.

Appendix „Chronisch entzündliche Darmerkrankungen“* PDF

II.

Die Änderung der Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 16. Dezember 2021

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

*
Redaktioneller Hinweis:

Der Appendix ist aus technischen Gründen in einer gesonderten PDF-Datei dargestellt. Diese PDF-Datei kann über einen Link am rechten Seitenrand nur in der HTML-Ansicht und in der Druckversion der Bekanntmachung geöffnet werden.

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