Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime über Crowdinvesting und wirtschaftliche Probleme bei Immobilienfirmen

Published On: Donnerstag, 17.08.2023By Tags:

Frage: Herr Reime, könnten Sie uns erklären, warum Crowdinvesting über Nachrangdarlehen so gefährlich für Anleger sein kann?

Rechtsanwalt Reime: Natürlich, gerne. Beim Crowdinvesting handelt es sich um eine Form der Finanzierung, bei der viele Kleinanleger Geld in ein Projekt investieren, meistens über Nachrangdarlehen. Bei dieser Anlageform sind Anleger im Falle einer Insolvenz des Unternehmens, dem sie das Geld geliehen haben, im Nachrang. Das bedeutet, dass sie im Vergleich zu anderen Gläubigern erst nach diesen bedient werden. Wenn das Unternehmen also in finanzielle Schwierigkeiten gerät und zahlungsunfähig wird, besteht ein erhebliches Risiko, dass Anleger einen Großteil oder sogar das gesamte investierte Kapital verlieren.

Frage: Warum haben derzeit so viele Immobilienfirmen wirtschaftliche Probleme?

Rechtsanwalt Reime: Die Immobilienbranche ist sehr konjunkturabhängig und unterliegt verschiedenen Faktoren wie Marktschwankungen, regulatorischen Veränderungen und Finanzierungsbedingungen. In den letzten Jahren gab es einen Boom im Immobilienmarkt, was zu einem verstärkten Interesse von Investoren führte. Viele Unternehmen haben daraufhin diverse Projekte gestartet, um von diesem Trend zu profitieren. Allerdings können nicht alle Projekte erfolgreich sein. Wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen ändern oder unvorhergesehene Probleme auftreten, können sich die geplanten Einnahmen nicht wie erwartet einstellen. Dies kann zu finanziellen Engpässen führen, die im schlimmsten Fall zur Insolvenz des Unternehmens führen. Die aktuelle wirtschaftliche Unsicherheit aufgrund von globalen Ereignissen wie der COVID-19-Pandemie hat die Situation zusätzlich verschärft.

Frage: Was raten Sie Anlegern, die in solche Projekte investiert haben und nun mit Verlusten konfrontiert sind?

Rechtsanwalt Reime: Wenn Anleger in Crowdinvesting-Projekte investiert haben, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, ist es wichtig, ihre Rechte zu kennen und sich rechtzeitig an einen Fachanwalt für Anlegerschutz zu wenden. Es kann verschiedene Ansätze geben, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen oder rechtliche Schritte einzuleiten. Es ist ratsam, eine rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die individuellen Möglichkeiten und Optionen zu besprechen und den besten Weg zur Wahrung der eigenen Interessen zu finden.

Frage: Vielen Dank für Ihre Einblicke, Herr Reime.

Rechtsanwalt Reime: Gerne, ich stehe gerne zur Verfügung, um Anlegern in solchen Situationen mit rechtlichem Rat beizustehen.

Teil II

Frage an Rechtsanwalt Jens Reime über das Kleinanlegerschutzgesetz und Crowdinvesting

Frage: Herr Reime, das Kleinanlegerschutzgesetz sollte eigentlich den Schutz für Kleinanleger stärken, hat aber gleichzeitig das neue Finanzprodukt Crowdinvesting hervorgebracht. Sehen Sie darin nicht eine Art „grauen Kapitalmarkt“, den die BaFin geschaffen hat?

Rechtsanwalt Reime: Diese Frage berührt eine wichtige Thematik. Das Kleinanlegerschutzgesetz wurde eingeführt, um Kleinanleger vor riskanten und spekulativen Finanzprodukten zu schützen. Es legt bestimmte Schwellenwerte und Informationspflichten fest, die es Unternehmen ermöglichen, Kapital von Kleinanlegern einzusammeln, ohne die umfangreichen Prospektpflichten für reguläre Wertpapieremissionen einhalten zu müssen. Das Ziel war es, den Zugang zu alternativen Finanzierungsformen, insbesondere für Start-ups und mittelständische Unternehmen, zu erleichtern.

Jedoch besteht die Herausforderung darin, dass die Anforderungen des Kleinanlegerschutzgesetzes nicht notwendigerweise ausreichen, um Kleinanleger vor allen Risiken zu schützen. Insbesondere bei Crowdinvesting-Plattformen können Anleger trotz der vorgeschriebenen Informationen und Schwellenwerte immer noch in Projekte investieren, die mit erheblichen Risiken verbunden sind. Der Begriff „grauer Kapitalmarkt“ ist hier durchaus treffend, da Crowdinvesting nicht so streng reguliert ist wie der reguläre Kapitalmarkt.

Die BaFin hat in der Tat eine neue Form der Kapitalbeschaffung geschaffen, die sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Es ist wichtig, dass Anleger sich dieser Risiken bewusst sind und im Zweifelsfall rechtlichen Rat von Experten einholen, um ihre Investitionsentscheidungen auf eine solide Grundlage zu stellen.

Frage: Wie können Anleger sich in diesem Umfeld am besten schützen?

Rechtsanwalt Reime: Anleger sollten sich vor einer Investition in Crowdinvesting-Projekte umfassend informieren und kritisch prüfen, ob das jeweilige Angebot seriös ist. Hierbei kann es hilfreich sein, auf Plattformen mit einem hohen Qualitätsstandard und transparenten Informationen zu setzen. Zudem empfehle ich, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Risiken abzuwägen und mögliche rechtliche Schritte im Falle von Problemen zu kennen. Es ist wichtig, dass Anleger ihre Rechte kennen und wissen, wie sie diese im Bedarfsfall durchsetzen können.

Vielen Dank für die Gelegenheit, diese wichtige Thematik zu besprechen.

Rechtsanwalt Reime: Ich stehe gerne zur Verfügung, um Anlegern bei Fragen rund um Crowdinvesting und Kapitalanlagen rechtlichen Rat zu geben. Es ist essentiell, gut informiert und geschützt in solche Investitionen einzusteigen.

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