Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über die 31. Änderung der DMP-Anforderungen-Richtlinie: Änderung der Anlage 3 (DMP Brustkrebs) und der Anlage 4 (Brustkrebs-Dokumentation)

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Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über die 31. Änderung der DMP-Anforderungen-Richtlinie:
Änderung der Anlage 3 (DMP Brustkrebs) und der Anlage 4 (Brustkrebs-Dokumentation)

Vom 15. Juni 2023

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 15. Juni 2023 beschlossen, die Richtlinie des G-BA zur Zusammenführung der Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme nach § 137f Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) (DMP-Anforderungen-Richtlinie − DMP-A-RL) in der Fassung vom 20. März 2014 (BAnz AT 26.06.2014 B3, AT 26.08.2014 B2), die zuletzt durch die Bekanntmachung des Beschlusses vom 19. Januar 2023 (BAnz AT 31.05.2023 B3) geändert worden ist, wie folgt zu ändern:

I.

Die Anlage 3 der DMP-Anforderungen-Richtlinie wird wie folgt gefasst:

„Anlage 3

Anforderungen an die Ausgestaltung von strukturierten Behandlungsprogrammen für Patientinnen mit Brustkrebs

1 Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungssektors (§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 SGB V)

1.1 Definition des Brustkrebses

Beim Brustkrebs handelt es sich um eine von der Brustdrüse ausgehende bösartige Neubildung. Dies umfasst auch das duktale Carcinoma in situ (DCIS), das noch nicht infiltrierend in das umgebende Gewebe wächst.

1.2 Diagnostik

Die Diagnose gilt als gestellt nach histologischer Sicherung.

1.3 Maßnahmen im Rahmen der Primärtherapie

Neben der histologischen Sicherung einschließlich der speziellen pathologischen Diagnostik müssen vor Einleitung der Primärtherapie folgende Untersuchungen abgeschlossen sein:

die klinische Untersuchung,
Mammographie in zwei Ebenen,
Ultraschalldiagnostik.

Die Notwendigkeit einer perioperativen Suche nach Fernmetastasen hängt von der zu erwartenden Wahrscheinlichkeit ihres Vorhandenseins und ihrer Bedeutung für die weitere Therapieplanung ab. Es sind grundsätzlich alle erhobenen diagnostischen Vorbefunde zu nutzen. Zur definitiven Therapieplanung gehört eine eingehende Überprüfung der vorhandenen und der noch zu erhebenden pathomorphologischen Befunde. Insbesondere folgende Inhalte der Befundung sind zu fordern:

Tumortyp,
metrische Messung der Tumorgröße,
Lymphangiosis carcinomatosa, Gefäßeinbrüche,
Multifokalität/​Multizentrizität,
Lymphknotenstatus,
Beurteilung der Schnittränder (Tumorinfiltration, Breite des gesunden Gewebesaumes),
Ausdehnung des intraduktalen Tumoranteils,
Differenzierungsgrad (Grading),
Hormonrezeptorstatus,
HER2-Status für invasive Karzinome.

1.4 Therapie

1.4.1 Grundsätze der Therapie

Vor Beginn der definitiven Therapie muss mit der Patientin ausführlich über ihre Erkrankung und die Therapieoptionen gesprochen werden. Bei den operativen Verfahren müssen organerhaltende und ablative Verfahren ebenso wie die Möglichkeit der Rekonstruktion dargestellt werden. Der Patientin ist eine angemessene Zeit für die Entscheidungsfindung einzuräumen. Die Entscheidungsfindung sollte für jeden Behandlungsschritt in Diskussion mit der aufgeklärten Patientin erfolgen. Die Voraussetzung hierfür ist eine auf die Patientin abgestimmte, neutrale Informationsvermittlung und ein adäquates Eingehen auf ihre psychosoziale Situation und emotionale Befindlichkeit, somit also eine patientenzentrierte Vorgehensweise. Auf die Möglichkeiten der Unterstützung durch die Selbsthilfe und spezielle Beratungseinrichtungen soll hingewiesen werden, entsprechende Kontaktadressen sollen zur Verfügung gestellt werden.

Die Therapie muss nach individueller Risikoabschätzung unter Berücksichtigung der medizinisch relevanten Befunde sowie der gesundheits- und krankheitsbezogenen Begleitumstände und der Lebensqualität erfolgen (zum Beispiel Alter, Begleiterkrankungen, psychosoziale Umstände).

Die Behandlung brustkrebserkrankter Patientinnen setzt eine interdisziplinäre Kooperation und Kommunikation voraus. Bei Erstdiagnose des duktalen Carcinoma in situ (DCIS) oder des invasiven Mammakarzinoms sowie bei Rezidiv und/​oder neu aufgetretener Metastasierung sollte patientenbezogen die Therapie interdisziplinär geklärt werden.

Die Ärztin oder der Arzt informiert die Patientin in den einzelnen Phasen der Behandlung über Nutzen und Risiken der jeweils zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten.

Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer hereditären Komponente soll anamnestisch überprüft werden. Sofern sich Hinweise dafür ergeben, soll die Patientin auf die Möglichkeit einer entsprechend speziell qualifizierten Beratung hingewiesen werden.

Frauen im gebärfähigen Alter sollen über die Notwendigkeit der Kontrazeption während der Therapie und über die möglichen Auswirkungen der systemischen Therapie auf die Fertilität informiert werden.

Besteht der Wunsch nach fertilitätserhaltenden Maßnahmen, soll die Patientin frühzeitig auf die Möglichkeit einer entsprechend fachlich qualifizierten Beratung hingewiesen werden.

Die Vorgaben der „Richtlinie zur Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe sowie entsprechende medizinische Maßnahmen wegen keimzellschädigender Therapie (Kryo-RL)“ einschließlich der Anforderungen an die Beratungen und an das Ausstellen der Beratungsbescheinigung sind zu beachten.

Im gesamten Versorgungsprozess sind Maßnahmen der psychosozialen Betreuung zu berücksichtigen.

Die psychosoziale Betreuung ist an die individuelle Situation (Krankheitsphase, Therapieverfahren etc.) anzupassen. Hierfür ist im Rahmen von strukturierten Behandlungsprogrammen ein strukturiertes Unterstützungs- und Beratungsangebot vorzusehen. Dieses kann insbesondere Maßnahmen zur Information, Beratung sowie – bei entsprechender Indikation – psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen umfassen.

Die psychosoziale Betreuung erfordert kommunikative Kompetenzen und eine erhöhte diagnostische Aufmerksamkeit gegenüber psychischen Belastungsreaktionen und psychischen Störungen bei den Patientinnen und deren Ange­hörigen. Es ist zu prüfen, ob die Patientin einer weitergehenden Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer bedarf.

Integraler Bestandteil der Therapie sind die rechtzeitige Versorgung mit Heilmitteln (zum Beispiel Physiotherapie, Lymphdrainage) und Hilfsmitteln (insbesondere Perücken, Brustprothesen und Kompressionsarmstrümpfe) sowie die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen und die Beratung über sozialmedizinische Maßnahmen.

1.4.1.1 Psychoedukative Interventionen

Bei geeigneten Patientinnen mit Brustkrebs kann die Teilnahme an einer psychoedukativen Intervention empfohlen werden, sofern diese Bestandteil der Verträge ist. Insbesondere bei psychischen Belastungssituationen kann auf Angebote zur Verbesserung von Krankheitsverständnis und -bewältigung hingewiesen werden.

1.4.2 Operative Therapie des Brustkrebses ohne Sonderformen

Ziel der operativen Therapie ist die lokale Kontrolle durch vollständige Entfernung des Karzinomherdes bei gleichzeitiger Berücksichtigung des kosmetischen Ergebnisses. Die Vollständigkeit der Entfernung ist durch eine histo­pathologische Untersuchung zu sichern. Nach Exstirpation der Läsion muss eine eindeutige topographische Markierung des Gewebestückes erfolgen.

Wenn die Resektionsränder nicht tumorfrei sind (Ziel: R0-Resektion), müssen, wo immer möglich, ergänzende operative (Nachresektion/​Ablatio) oder – nach Ablatio – strahlentherapeutische Maßnahmen getroffen werden.

Die operative Therapie kann sowohl organerhaltend als auch ablativ erfolgen (siehe die Nummern 1.4.2.2 und 1.4.2.3).

Patientinnen mit lokal begrenzten Tumoren sollen der operativen Therapie zugeführt werden. Bei Indikation zu einer tumorspezifischen Systemtherapie soll geprüft werden, ob diese vor oder nach einer Operation erfolgen kann. Eine primäre systemische Therapie kann durch Reduktion des Tumorvolumens die Wahrscheinlichkeit einer brusterhaltenden Operation erhöhen. Patientinnen mit einem lokal fortgeschrittenen Brustkrebs (T4-Tumor oder inflammatorischem Brustkrebs, siehe Nummer 1.4.6.2) sind nur in begründeten Ausnahmefällen primär operabel und bedürfen einer individuellen präoperativen Therapie, die medikamentöse und/​oder strahlentherapeutische Komponenten enthält.

1.4.2.1 Vorgehen bei nicht tastbarem Befund

Ist eine karzinomatöse Läsion nicht tastbar, muss sie durch eine präoperative Markierung lokalisiert und anhand dieser Lokalisation exstirpiert werden. Das entnommene Gewebestück ist durch ein der Methodik der Markierung entsprechendes bildgebendes Verfahren zu untersuchen, um die vollständige Exstirpation in Übereinstimmung mit dem präoperativen Befund zu gewährleisten.

1.4.2.2 Brusterhaltende Therapie

Patientinnen, bei denen eine brusterhaltende Therapie auf Grund des Befundes in Frage kommt, müssen über diese Möglichkeit informiert werden, da diese in Kombination mit adjuvanter Strahlentherapie identische Überlebensraten wie die Mastektomie erzielt. Die brusterhaltende Operation sollte − unter Berücksichtigung der Kontraindikationen − die bevorzugte Operationsmethode sein (siehe Nummer 1.4.2.3).

Bei sehr ungünstigem Tumor-Brust-Verhältnis und daraus folgender Indikation zur Mastektomie kann auf Wunsch der Patientin sowie nach eingehender Aufklärung eine primär systemische Therapie mit dem Ziel einer brusterhaltenden Operation durchgeführt werden, sofern der Tumor für eine primär systemische Therapie geeignet ist.

Neben der Tumorgröße sind bei der Entscheidung, ob eine brusterhaltende Therapie in Frage kommt, insbesondere die Tumorausdehnung, die Relation der Tumorgröße zum Restbrustvolumen und der Wunsch der aufgeklärten Patientin zu berücksichtigen.

Die Resektionsränder sollen bei der histopathologischen Untersuchung frei von Karzinom sein (R0).

1.4.2.3 Mastektomie

Die Mastektomie wird immer dann durchgeführt, wenn ein brusterhaltendes Vorgehen nicht möglich ist. Sie ist indiziert bei:

inkompletter Entfernung des Tumors (inklusive intraduktale Komponente), auch nach Nachresektion,
inflammatorischem Mammakarzinom nach Vorbehandlung,
bestehendem Wunsch nach plastisch-chirurgischer Wiederherstellung des Körperbildes, wenn die Mastektomie die geeignetere Voraussetzung für ein kosmetisch zufriedenstellendes Ergebnis darstellt,
klinischen Kontraindikationen zur Nachbestrahlung nach brusterhaltender Therapie.
Bei Multizentrizität steht die Indikation zur Mastektomie im Vordergrund. Bei voraussichtlicher R0-Resektion aller Herde kann nach Aufklärung der Patientin auch eine brusterhaltende Operation im Einzelfall in Frage kommen.
Die Mastektomie ist auch möglich auf Grund der Entscheidung der Patientin nach erfolgter angemessener Auf­klärung.
Die Patientin ist im Fall der Mastektomie präoperativ über die Möglichkeiten der primären und sekundären plastisch-chirurgischen Rekonstruktion zu beraten (vgl. Nummer 1.4.2.5).

Die Entscheidung über die Art des Mastektomieverfahrens soll die onkologische Sicherheit in der jeweiligen Indikation beachten.

1.4.2.4 Operative Eingriffe im Bereich der Axilla

Die Bestimmung des histologischen Nodalstatus (pN-Status) ist Bestandteil des axillären Stagings und dient der Festlegung des Weiteren therapeutischen Vorgehens beim invasiven Mammakarzinom.

Art und Umfang des operativen Eingriffes in der Axilla (Wächter- bzw. Sentinel-Lymphknoten-Entfernung, konventionelle Lymphknotendissektion) werden anhand der Befunde zum Nodalstatus, der operativen Therapie der Brust (Brusterhaltende Operation, Mastektomie) und, sofern indiziert, anhand der Art der systemischen Chemotherapie (adjuvant/​neoadjuvant) entschieden.

Bei palpatorisch und sonographisch unauffälligem Lymphknotenstatus soll das Staging mittels Entfernung der Sentinel-Lymphknoten erfolgen.

Bei der primär durchgeführten brusterhaltenden Operation im klinischen Stadium pT1/​pT2 und cN0 und einer sich anschließenden perkutanen Tangentialbestrahlung sollte bei 1–2 befallenen Sentinel-Lymphknoten auf eine Axilladissektion verzichtet werden.

Bei ausschließlicher Mikrometastasierung soll auf eine gezielte Therapie der Lymphabflussgebiete (Operation, Strahlentherapie) verzichtet werden.

Bei geplanter neoadjuvanter Systemtherapie und palpatorisch und sonographisch unauffälliger Axilla sollte die Entfernung des Wächter-Lymphknotens nach der Systemtherapie erfolgen.

Bei klinisch suspekten axillären Lymphknoten sollte prätherapeutisch eine stanzbioptische Abklärung erfolgen.

Zur Markierung der Sentinel-Lymphknoten sollten radioaktive Tracer (allein oder in Kombination mit Patentblau) verwendet werden. Als ergänzende Maßnahme wird die präoperative Durchführung einer Lymphszintigraphie empfohlen.

1.4.2.5 Plastisch-rekonstruktive Eingriffe

Plastisch-rekonstruktive Eingriffe sind im Rahmen des Primäreingriffes oder zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Sie sollten der Patientin nach umfassender Information über Behandlungsverfahren und Behandlungseinrichtungen angeboten werden.

1.4.3 Strahlentherapie des Brustkrebses

1.4.3.1 Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation

Die perkutane Strahlentherapie verbessert die lokale Tumorkontrolle und das Gesamtüberleben. Eine homogene Nachbestrahlung des verbliebenen Brustgewebes einschließlich der angrenzenden Thoraxwand ist nach brusterhaltendem operativem Vorgehen grundsätzlich indiziert. Eine zusätzliche lokale Dosisaufsättigung (Boost) des Tumorbettes senkt in allen Altersgruppen die lokale Rezidivrate, ohne zu einem signifikanten Überlebensvorteil zu führen.

Bei älteren Patientinnen mit geringem Rezidivrisiko soll unter Abwägung der Vor- und Nachteile über die Durchführung einer Boostbestrahlung entschieden werden. Bei älteren Patientinnen mit geringem Rezidivrisiko, die eine adjuvante endokrine Therapie erhalten, kann unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile der Verzicht auf eine perkutane Bestrahlung erwogen werden.

Das Konzept zur adjuvanten Strahlentherapie, insbesondere bei geplantem Einsatz einer moderat hypofraktionierten Strahlentherapie oder einer konventionell fraktionierten Strahlentherapie, ist patientenbezogen interdisziplinär festzulegen. Dabei werden unter anderem patienten- und tumorbedingte Risikofaktoren, Lymphknotenstatus und neoadjuvante bzw. adjuvante Systemtherapien berücksichtigt.

1.4.3.2 Strahlentherapie nach Mastektomie

Eine postoperative Strahlentherapie der Thoraxwand senkt das Risiko eines lokoregionären Rezidivs und verbessert das Gesamtüberleben bei Patientinnen mit hohem Lokalrezidivrisiko. Sie ist interdisziplinär und individuell zu entscheiden und insbesondere bei folgenden Konstellationen indiziert:

bei Patientinnen mit pT4-Tumoren, inklusive inflammatorisches Karzinom,
bei pT3-Tumoren bei Vorliegen von Risikofaktoren,
bei inkompletter Tumorentfernung (R1-/​R2-Resektion) und fehlender Möglichkeit der sanierenden Nachresektion,
bei Befall von vier und mehr axillären Lymphknoten,
bei Befall von 1 bis 3 axillären Lymphknoten, wenn ein erhöhtes Rezidivrisiko vorliegt.

Nach neoadjuvanter Chemotherapie soll sich die Indikation zur Strahlentherapie nach der prätherapeutischen T- und N-Kategorie orientieren. Bei Erreichen einer pathologischen Komplettremission nach neoadjuvanter Chemotherapie soll die Indikation zur Postmastektomie-Bestrahlung interdisziplinär entsprechend des Risikoprofils entschieden werden.

1.4.3.3 Strahlentherapie der Lymphabflusswege

Bei der individuellen Entscheidungsfindung über eine Bestrahlung der Lymphabflusswege ist zwischen dem Risiko eines lokoregionären Rezidivs und dem Risiko der erhöhten Morbidität abzuwägen.

Eine Indikation für eine Bestrahlung der Axilla besteht bei makroskopischem Resttumor in der Axilla (R2).

Die Bestrahlung der supra-/​infraklavikulären Lymphknoten wird empfohlen bei:

Befall von vier und mehr axillären Lymphknoten,
Befall des Level III der Axilla,
Indikation zur Bestrahlung der Axilla.

Bei ein bis drei befallenen axillären Lymphknoten ist die Entscheidung zur Strahlentherapie unter Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren zu fällen.

1.4.4 Systemische adjuvante Therapie (endokrine Therapie, Chemotherapie und Antikörpertherapie)

Für alle Patientinnen muss in Abhängigkeit vom Subtyp des Tumors und nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung die Einleitung einer adjuvanten systemischen Therapie geprüft werden.

Zu den routinemäßig erhobenen prognostischen und prädiktiven Faktoren gehören das Grading, ergänzend Ki-67, der Hormonrezeptorstatus, der HER2-Status, die Tumorgröße, der Lymphknotenstatus, und der Menopausenstatus. Alter und Komorbidität sind bei der Therapiewahl ebenfalls zu berücksichtigen.

Hierauf Bezug nehmend können die Patientinnen unterschiedlichen Risikogruppen zugeordnet werden. Eine Niedrigrisikosituation liegt vor, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

Alter ≥ 35 Jahre,
Tumordurchmesser ≤ 2 cm,
Grading I,
niedriges Ki-67,
positiver Hormonrezeptorstatus (Östrogen- und/​oder Progesteronrezeptor),
negativer HER2-Status,
negativer Lymphknotenstatus.

Jede Patientin mit positivem Hormonrezeptorstatus soll eine endokrine Therapie erhalten. Patientinnen mit einer Niedrigrisikosituation benötigen im Allgemeinen keine Chemotherapie. Bei allen anderen Patientinnen muss eine individuelle Risikoabwägung hinsichtlich der Wahl der Systemtherapie (zum Beispiel Chemotherapie) vorgenommen werden.

In besonderen Konstellationen können ergänzend Genexpressionprofile als weitere Prognosefaktoren einbezogen werden.

Wenn bei einer Patientin mit einem Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen, primären Mammakarzinom ohne Lymphknotenbefall die Empfehlung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie aufgrund klinischer und pathologischer Kriterien allein nicht eindeutig getroffen werden kann, kann ein Biomarker-Test herangezogen werden, um ergänzende Informationen zu liefern.

Dies umfasst den Einsatz eines biomarkerbasierten Tests unter Anwendung der Vorgehensweise des Oncotype DX Breast Recurrence Score®, EndoPredict®, MammaPrint® oder Prosigna®. Die Aufklärung über den Einsatz biomarkerbasierter Tests muss unter Einbeziehung des Patientinnenmerkblattes erfolgen.

1.4.4.1 Adjuvante Chemotherapie und zielgerichtete Therapie

Die Chemotherapie sollte ein Taxan und ein Anthrazyklin enthalten und in ausreichend hoher Dosierung und in dem optimalen Zeitintervall appliziert werden.

Vor Einleitung einer anti-HER2-gerichteten Therapie ist eine validierte Bestimmung des HER2-Status als HER2-Überexpression oder HER2-Genamplifikation entsprechend den internationalen Empfehlungen erforderlich.

Wirksame Begleitmaßnahmen, insbesondere eine ausreichende Antiemese in Abhängigkeit vom emetogenen Potential der applizierten Zytostatika, sind Bestandteil der systemischen Therapie.

Bei Patientinnen mit einem erhöhten Rückfallrisiko können zielgerichtete Systemtherapien zum Einsatz kommen.

1.4.4.2 Adjuvante endokrine Therapie Prä-, Peri- und Postmenopause

Jede Patientin mit positivem Hormonrezeptorstatus (ER größer gleich 1 % und/​oder PR größer gleich 10 %) soll eine endokrine Therapie erhalten, die mindestens fünf Jahre fortgeführt wird.

Es wird zwischen der initialen endokrinen Therapie für die ersten fünf Jahre und einer Fortführung der endokrinen Therapie über fünf Jahre hinaus mit einer Gesamttherapiedauer von bis zu zehn Jahren unterschieden.

Die endokrine Therapie kann nach erfolgter Chemotherapie und gegebenenfalls bereits parallel zur Strahlentherapie gegeben werden.

Bei der Wahl der Wirkstoffe sind ihre unterschiedlichen Nebenwirkungen sowie individuelle Risiken und Komorbiditäten zu berücksichtigen.

Sofern aufgrund von Nebenwirkungen oder dem Auftreten von neuen Komorbiditäten die Fortführung der vereinbarten Therapie nicht möglich ist, sollte einem Wechsel auf eine andere endokrine Therapie der Vorzug vor einem endgültigen Abbruch der Therapie gegeben werden.

Zum Langzeitmanagement der endokrinen Therapie siehe auch die Nummern 1.5.2.1 und 1.5.3.

Adjuvante endokrine Therapie (für die ersten fünf Jahre)

Bei prä- und perimenopausalen Patientinnen mit niedrigem Risiko erfolgt die alleinige Gabe von Tamoxifen über fünf Jahre.

Die zusätzliche simultane Gabe eines GnRH-Analogons über zwei bis fünf Jahre kann eine Therapieoption bei hohem Rezidivrisiko und prämenopausaler Situation sein.

Bei postmenopausalen Patientinnen sollte in den ersten fünf Jahren eine sequentielle Therapie mit zwei bis drei Jahren Tamoxifen und zwei bis drei Jahren Aromataseinhibitoren (Tamoxifen gefolgt von Aromataseinhibitor bzw. Aromataseinhibitor gefolgt von Tamoxifen) angeboten werden.

Weitere Therapieoptionen sind Tamoxifen für fünf Jahre oder ein Aromataseinhibitor für fünf Jahre.

Erweiterte adjuvante endokrine Therapie

Bei prä- und perimenopausalen Patientinnen mit persistierender Prämenopause kann Tamoxifen nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung bis zur Komplettierung von zehn Jahren Gesamtdauer gegeben werden. Ist gesichert, dass es unter Tamoxifen zum Eintritt in die Postmenopause gekommen ist, kann nach fünf Jahren Tamoxifen für weitere zweieinhalb bis fünf Jahre auf einen Aromataseinhibitor umgesetzt werden.

Bei postmenopausalen Patientinnen mit erhöhtem Rückfallrisiko kann nach initialer Therapie mit fünf Jahren Tamoxifen eine Verlängerung der endokrinen Therapie für weitere zwei bis fünf Jahre angeboten werden, die Wirkstoffwahl richtet sich nach dem individuellen Riskio.

1.4.5 Neoadjuvante Therapie

Die neoadjuvante medikamentöse Therapie kann nach einer gesicherten Diagnose des Mammakarzinoms vor einer operativen Therapie zur Anwendung kommen.

Zur Entscheidungsfindung sind die gleichen klinischen und pathomorphologischen Befunde zu erheben wie bei der adjuvanten Therapie (vgl. Nummer 1.4.4). Der Effekt der primär systemischen Therapie ist regelmäßig zu überwachen.

Eine neoadjuvante Therapie ist die Therapie der Wahl beim inflammatorischen Mammakarzinom. Sie kann als primär systemische Therapie bei weit fortgeschrittenen primär inoperablen Mammakarzinomen eingesetzt werden, um durch eine Tumorverkleinerung eine Operation mit tumorfreien Resektionsgrenzen erreichen zu können.

Bei primär resektablen Tumoren, die wegen der Tumorgröße eine Mammaablatio indizieren, kann eine primäre systemische Therapie zur Reduktion des Tumorvolumens eingesetzt werden, um eine brusterhaltende Operation zu ermöglichen.

In Sondersituationen, zum Beispiel bei Kontraindikationen gegen eine operative Therapie, kann die primäre systemische Therapie mit dem Ziel der Tumorkontrolle zum Einsatz kommen.

Weitere spezifische Aspekte zur primären systemischen Therapie finden sich auch in den Nummern 1.4.2, 1.4.2.3 und 1.4.3.2.

Nach neoadjuvanter Therapie wird für die Entscheidung der weiteren Systemtherapie das postoperative histologische Ergebnis berücksichtigt.

1.4.6 Vorgehen bei Sonderformen des Brustkrebses

1.4.6.1 Duktales Carcinoma in situ (DCIS)

Das DCIS beschreibt eine heterogene Gruppe nicht invasiver, intraduktaler, karzinomatöser Gewebsveränderungen unterschiedlicher histologischer Typen mit variierendem malignem Potential und daraus resultierender Heterogenität hinsichtlich Prognose, Rezidivhäufigkeit und Progression der Erkrankung. Die wichtigsten prognostischen Faktoren sind das Alter der Patientin sowie Grading, Ausdehnung des DCIS und der Nachweis von Komedonekrosen.

Die Inzidenz des DCIS ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind etwa 80 % der Fälle asymptomatisch. Ipsilaterale Rezidive können auch Jahre nach der Diagnose auftreten. In ca. 50 % der Fälle liegt bei Rezidivdiagnose ein invasives Karzinom vor.

Die operative Standardbehandlung des DCIS ist die Entfernung aller suspekten Herde mit histologischer Bestätigung der vollständigen Resektion mit einem ausreichenden Sicherheitabstand.

Über die Art des operativen Vorgehens ist mit der aufgeklärten Patientin zu entscheiden.

Die brusterhaltende Operation des DCIS wird ohne Operation der Axilla durchgeführt. Eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie soll nur durchgeführt werden, wenn eine sekundäre Sentinel-Lymphknoten-Biopsie aus technischen Gründen nicht möglich ist, zum Beispiel bei Ablatio mammae.

Bei brusterhaltender Therapie des DCIS ist in der Regel eine postoperative Strahlentherapie angezeigt. Klinische und morphologische Befunde (unter anderem Alter der Patientin, Tumorausdehnung, Tumorgrading und Sicherheitsabstand) müssen bei der Nutzen-Risiko-Bewertung einer Strahlentherapie berücksichtigt werden.

Die postoperative Therapie mit Tamoxifen bei Östrogenrezeptor-positivem DCIS reduziert das Auftreten von DCIS-Rezidiven und von kontralateralen invasiven Karzinomen, sie hat jedoch keinen Einfluss auf die Mortalität.

Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll individuell unter Abwägung von Nutzen und Risiken prüfen, ob Patientinnen mit einem hormonrezeptorpositiven DCIS von einer zusätzlichen adjuvanten Tamoxifen-Therapie profitieren können.

1.4.6.2 Lokal fortgeschrittener Brustkrebs

Essentielle Bestandteile der Therapie des inflammatorischen und/​oder primär inoperablen Brustkrebses sind die systemische Therapie, Sekundäroperation und die Strahlentherapie.

Die therapeutische Sequenz wird durch die individuellen Gegebenheiten festgelegt.

1.4.6.3 Brustkrebs und Multimorbidität

Bei Patientinnen, die wegen Multimorbidität inoperabel sind, sollten mit dem Ziel der lokalen Tumorkontrolle bei Erhaltung der bestmöglichen Lebensqualität andere Behandlungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel Strahlentherapie oder endokrine Therapie, gegebenenfalls in Kombination, individuell erwogen werden.

1.5 Nachsorge

Die Nachsorge soll vorzugsweise die physische und psychische Gesundung sowie die psychosoziale Rehabilitation unterstützen und ist nicht nur als Verlaufskontrolle oder Nachbeobachtung der Erkrankung zu verstehen. Sie ist symptom- und risikoorientiert zu konzipieren und den individuellen Bedürfnissen der Patientinnen anzupassen.

Weitere Ziele der Nachsorge sind:

das frühzeitige Erkennen eines lokoregionären Rezidivs (siehe Nummer 1.6.1) bzw. eines kontralateralen Tumors,
die Unterstützung der Patientin in der Umsetzung der empfohlenen und vereinbarten Therapie und
die Einleitung geeigneter vorbeugender Maßnahmen sowie das frühzeitige Erkennen von Nebenwirkungen und Folgeerscheinungen der Therapie.

Die Nachsorgeuntersuchungen erfolgen in der Regel in den ersten drei Jahren vierteljährlich sowie im vierten und fünften Jahr halbjährlich, danach jährlich.

Abhängig von den Erfordernissen der Situation und der psychosozialen Betreuung kann eine häufigere ärztliche Betreuung stattfinden.

Die Dokumentation im Rahmen dieser Richtlinie erfolgt bei Patientinnen mit Einschreibung aufgrund eines Primärtumors, eines lokoregionären Rezidivs oder eines kontralateralen Brustkrebses innerhalb der ersten fünf Jahre nach histologischer Sicherung in der Regel mindestens jedes zweite Quartal.

Tritt innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach histologischer Sicherung kein neues Ereignis (lokoregionäres Rezidiv, kontralateraler Tumor) auf, erfolgt die Dokumentation ab dem sechsten Jahr in der Regel mindestens jedes vierte Quartal. Bei Auftreten eines neuen Ereignisses (lokoregionäres Rezidiv, kontralateraler Tumor) erfolgt die Dokumentation innerhalb der nachfolgenden fünf Jahre nach histologischer Sicherung des jeweils neu aufgetretenen Ereignisses in der Regel mindestens jedes zweite Quartal.

Abweichend davon werden Patientinnen mit Einschreibung wegen Fernmetastasen oder im Verlauf einer bestehenden Teilnahme auftretender Fernmetastasen über den gesamten Teilnahmezeitraum ab der diagnostischen Sicherung der Fernmetastasen in der Regel mindestens jedes zweite Quartal dokumentiert.

Bei allen teilnehmenden Patientinnen können im individuellen Fall kürzere oder längere Abstände gewählt werden.

Die Nachsorge umfasst mindestens Anamnese, körperliche Untersuchung (einschließlich Untersuchung der Mammae, der Thoraxwand und der lokoregionalen Lymphabflusswege) und Information/​Beratung/​Aufklärung. Dies umfasst auch das Ansprechen des Themas „Sexualität“.

Es sollte in der Regel einmal jährlich eine Mammographie erfolgen (nach brusterhaltender Therapie beidseits, nach Mastektomie auf der kontralateralen Seite), in bestimmten Fällen können häufigere Kontrollen notwendig werden. Der zusätzliche Einsatz einer Mammasonographie kann begründet sein.

Die Durchführung einer intensivierten apparativen und labortechnischen Diagnostik bei Patientinnen ohne klinische Auffälligkeiten ist nicht indiziert.

1.5.1 Psychosomatische, psychosoziale und psychische Aspekte

Psychosomatische und/​oder psychosoziale Probleme können nach der Diagnose Brustkrebs auftreten, sie sind bekannte Folgen der Diagnosestellung und Therapie. Die psychosoziale Exploration, Beratung und Betreuung der Patientinnen soll integraler Bestandteil der Nachsorge sein. Ihr ist in diesem Rahmen ausreichend Zeit einzuräumen. Hierzu gehört auch die Beratung über die Möglichkeiten der Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur medizinischen Rehabilitation (siehe Nummer 1.8).

Die nachsorgende Ärztin/​der nachsorgende Arzt soll prüfen, ob die Patientin einer weitergehenden Diagnostik und/​oder Behandlung bedarf. Bei Verdacht auf eine psychische Komorbidität (zum Beispiel Angststörungen, Depression) soll die weitere Diagnostik und Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer erfolgen. Patientinnen sollten auf die positiven Effekte von Entspannungsverfahren beispielsweise hinsichtlich Angst- und Stressbewältigung hingewiesen werden. Entspannungstechniken können selbstständig geübt und angewendet werden.

1.5.2 Unterstützung bei der Langzeittherapie

1.5.2.1 Endokrine Therapie

Die adjuvante systemische endokrine Therapie wird gemäß Nummer 1.4.4.1 durchgeführt. Da es sich um eine langfristig angelegte Therapie handelt, ist die stetige Motivation der Patientin zur konsequenten Fortführung der Therapie ein wesentlicher Bestandteil der Nachsorge. Verträglichkeit und Nebenwirkungen sowie gegebenenfalls bestehende Umsetzungsbarrieren und individuelle Risikokonstellationen sind zu beachten und regelmäßig zu erfassen. Bei relevanten Veränderungen ist die differenzierte Auswahl der zur endokrinen Therapie eingesetzten Wirkstoffe gemäß Nummer 1.4.4.1 zu überprüfen.

1.5.2.2 Andere zielgerichtete Therapien

Die Besonderheiten einer adjuvanten zielgerichteten Therapie bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom hinsichtlich Therapiedurchführung und -kontrolle (zum Beispiel regelmäßige Überprüfungen der Herzfunktion bei Trastuzumab-Therapie) sind auch bei Einsatz in der Phase der Nachsorge zu beachten (vgl. auch Nummer 1.5.3.3).

1.5.3 Neben- und Folgewirkungen der Therapien

Mögliche Neben- und Folgewirkungen der Therapie, die im Rahmen der Nachsorge auftreten können, sind zu beachten. Dabei sind insbesondere bestehende Begleiterkrankungen und Komedikationen zu berücksichtigen.

Die Patientinnen sollen regelmäßig zu geeigneten Maßnahmen der Eigenverantwortung zur Vorbeugung und Reduktion von Folgestörungen angeregt werden.

Zu prüfen ist, ob weitere diagnostische und/​oder therapeutische Maßnahmen zur Vorbeugung und/​oder Behandlung von Neben- und/​oder Folgewirkungen der Therapie erforderlich sind.

Relevante Folgestörungen können unter anderem die Osteoporose, das klimakterische Syndrom, die Kardiotoxizität, das Lymphödem sowie Nebenwirkungen auf das Immunsystem sein.

1.5.3.1 Osteoporose

Das Risiko der Entwicklung einer Osteoporose wird beeinflusst durch verschiedene Faktoren, insbesondere Alter und endokrine Therapien, hier vor allem die Behandlung mit Aromataseinhibitoren. Generelle Empfehlungen zur Vorbeugung sind insbesondere körperliche Aktivität, ausreichende Kalzium- und Vitamin D-Zufuhr sowie Verzicht auf Rauchen.

Bei Beginn einer Therapie mit Aromataseinhibitoren soll eine Osteodensitometrie mittels einer zentralen DXA durchgeführt werden, sofern eine medikamentöse Therapie der Osteoporose beabsichtigt ist.

Bei allen anderen Patientinnen ist die Indikation für eine zentrale DXA in Abhängigkeit von konkreten anamnestischen und klinischen Befunden zu erwägen, hierzu zählt insbesondere auch die durch die Brustkrebs-spezifische Therapie induzierte prämature Menopause. Voraussetzung ist auch hier eine beabsichtigte spezifische medikamentöse Osteoporosetherapie.

Zum Zweck der Optimierung der Therapieentscheidung kann die Osteodensitometrie mittels zentraler DXA frühestens nach fünf Jahren wiederholt werden, es sei denn, dass aufgrund besonderer therapierelevanter anamnestischer und klinischer Befunde eine frühere Untersuchung geboten ist.

1.5.3.2 Klimakterisches Syndrom

Durch die brustkrebsspezifische Therapie können klimakterische Beschwerden ausgelöst oder aggraviert werden. Dazu gehören zum Beispiel Hitzewallungen, Schweißausbrüche und/​oder organische Veränderungen im Sinne eines urogenitalen Menopause-Syndroms. Sie können individuell unterschiedlich auftreten und werden symptomorientiert behandelt. Eine systemische Hormonersatztherapie wird nicht empfohlen.

1.5.3.3 Kardiotoxizität

Da kardiale Neben- und/​oder Folgewirkungen insbesondere bei Behandlungen mit anti-HER2-gerichteten Wirkstoffen oder Chemotherapie (insbesondere mit Anthrazyklinen) sowie nach Strahlentherapie möglich sind, soll die behandelnde Ärztin/​der behandelnde Arzt auf klinische Symptome einer kardialen Beeinträchtigung, wie Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit oder Herzinsuffizienz (zum Beispiel Dyspnoe, Ödeme, Tachykardie), achten. Dies ist angezeigt insbesondere während der Behandlung, aber auch nach dieser. Die erforderlichen kardiologischen Kontrollen sind zu beachten. Bei Beschwerden sind die Patientinnen weitergehenden diagnostischen und/​oder therapeutischen Maßnahmen durch geeignete Leistungserbringer zuzuführen.

1.5.3.4 Lymphödem

Da nach der lokalen Therapie des Brustkrebses ein Lymphödem auftreten kann, sollen die Patientinnen über die Risiken und die Möglichkeiten der Erkennung, die Prophylaxe und die Behandlung eines sekundären Lymphödems aufgeklärt werden. Symptome eines Lymphödems sollten regelmäßig erfasst und bei Bedarf eine frühzeitige Behandlung durch geeignete Leistungserbringer veranlasst werden.

1.5.3.5 Nebenwirkungen auf das Immunsystem

Der immunonkologische Einsatz von Checkpointinhibitoren geht einher mit dem Risiko von immunbedingten Nebenwirkungen, die insbesondere das endokrine System sowie andere Organsysteme betreffen. Die Auswirkungen können schwerwiegend und irrevesibel sein. Vor diesem Hintergrund sind die frühzeitige Erkennung und adäquate Behandlung klinisch relevant.

1.5.4 Körperliche Aktivitäten und Ernährung

Körperliche Aktivität und Sport wirken sich positiv auf die Bewältigung des Krankheitserlebens aus. Sport und körperliche Aktivität wirken auch dem Fatigue-Syndrom (Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, Zunahme der kognitiven Defizite, Motivationsverlust, Reizbarkeit) entgegen. Daher soll die behandelnde Ärztin/​der behandelnde Arzt regelmäßig empfehlen, dass die Patientin in Eigenverantwortung geeignete Maßnahmen der körperlichen Aktivität ergreift. Krafttraining mit dem betroffenen Arm führt nicht zu einem erhöhten Risiko für die Entstehung eines Lymphödems auf der betroffenen Seite.

Ob sportliche Aktivitäten die Prognose der Erkrankung beeinflussen, ist nicht mit ausreichender Evidenz geklärt.

Eine gesunde ausgewogene Ernährung nach den Empfehlungen der WHO ist prinzipiell für jede Patientin empfehlenswert, darüber hinaus gibt es keine ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit spezieller Diäten auf den Krankheitsverlauf von Patientinnen mit Brustkrebs.

Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll die Patientin darauf hinweisen, Übergewicht zu vermeiden.

1.6 Diagnostik und Therapie fortgeschrittener Erkrankungen

1.6.1 Lokalrezidive

Lokalrezidive und lokoregionale Rezidive sind in vielen Fällen mit Aussicht auf Heilung behandelbar. Je früher das Stadium, in dem sie diagnostiziert, histologisch gesichert und behandelt werden, umso besser ist ihre Prognose. Daher kommt der Nachsorgeuntersuchung eine zentrale Bedeutung zu (siehe Nummer 1.5). Die bildgebende Diagnostik umfasst die Mammographie und die Sonographie. Sollten bei Rezidivverdacht die Mammographie und die Sonographie die Dignität nicht klären können, sollte die Diagnostik um die Kernspintomographie erweitert werden.

Bei Auftreten eines Lokalrezidivs muss im Hinblick auf die Therapieplanung geprüft werden, ob weitere Herde oder eine Fernmetastasierung vorliegen. Es soll eine erneute Bestimmung des ER-, PR- und HER2-Status durchgeführt werden.

Therapie des Lokalrezidivs

Die Therapie intramammärer Rezidive (Ductales carcinoma-in-situ, invasives Karzinom) besteht in der Regel in einer operativen Intervention. Die Mastektomie erzielt hierbei die höchste lokale Tumorkontrolle.

Ein Thoraxwandrezidiv ist nach Möglichkeit operativ vollständig zu entfernen (R0-Resektion).

Bei lokoregionärem Rezidiv nach Mastektomie sollte eine postoperative Bestrahlung durchgeführt werden, sofern es auf Grund der bisherigen Strahlenbelastung vertretbar ist.

Darüber hinaus soll bei allen Rezidiven ergänzend die Notwendigkeit und Möglichkeit zusätzlicher Behandlungen (zum Beispiel endokrine Therapie, systemische Chemotherapie und/​oder eine Strahlentherapie) interdisziplinär geprüft werden.

1.6.2 Fernmetastasen

Bei Fernmetastasen muss im Hinblick auf eine mögliche therapeutische Konsequenz geprüft werden, welche diagnostischen Maßnahmen zur Erkennung weiterer Herde sinnvoll sind. Erstmals aufgetretene Fernmetastasen, insbesondere viszerale Fernmetastasen, sollen, wann immer möglich und therapierelevant, zur (erneuten) Bestimmung des Hormonrezeptorstatus und HER2-Status histologisch gesichert werden. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann eine nochmalige histologische Sicherung sinnvoll sein.

Therapie bei metastasierten Erkrankungen

Bei nachgewiesenen Fernmetastasen steht die Lebensqualität der betroffenen Patientin im Vordergrund der therapeutischen Maßnahmen. Diese haben sich darauf auszurichten, eine Lebensverlängerung unter möglichst langem Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit, einer akzeptablen Lebensqualität und Linderung tumorbedingter Beschwerden zu erreichen. Die individualisierte Therapiestrategie hat die krankheitsspezifischen Risikofaktoren (viszerale Metastasierung, Knochenmetastasierung, Hirnmetastasierung) sowie die persönliche Situation der Patientin zu beachten. Zur Therapie einer Fernmetastasierung kommen in Abhängigkeit von der individuellen Befundkonstellation medikamentöse, strahlentherapeutische und operative Maßnahmen allein oder in Kombination zum Einsatz.

Eine endokrinbasierte Therapie ist bei positivem Hormonrezeptorstatus zu empfehlen.

Eine Chemotherapie sollte unter Berücksichtigung der individuellen Risikosituation und des Therapieziels in Erwägung gezogen werden, insbesondere bei negativem Rezeptorstatus, Resistenz auf eine endokrine Therapie, schnell progredientem Verlauf, viszeralem Befall und/​oder erheblichen Beschwerden. In diesen Situationen kann eine Chemotherapie trotz ihrer Nebenwirkungen die Lebensqualität erhöhen.

Eine Therapie mit Bisphosphonaten oder gegebenenfalls Denosumab ist bei Patientinnen mit Knochenmetastasen indiziert.

Bei Schmerzen, Frakturgefahr oder drohenden bzw. bereits bestehenden neurologischen Ausfällen in Folge von Knochenmetastasen kann zusätzlich eine lokale Therapie (Strahlentherapie, Operation) indiziert sein.

Bei standardisierter immunhistologisch oder molekularbiologisch geprüfter Positivität für HER2 besteht die Indikation einer entsprechenden zielgerichteten Therapie.

Der Einsatz weiterer zielgerichteter Tumortherapien bei den sonstigen Subtypen kann in Frage kommen.

Bei der Feststellung von Hirnmetastasen sollte eine interdisziplinäre Abstimmung unter Einbeziehung von Neurochirurgen und Strahlentherapeuten erfolgen. Es soll geprüft werden, welche lokalen Therapiemaßnahmen (neurochirurgische Operation und/​oder Strahlentherapie [Ganzhirnbestrahlung und/​oder stereotaktisch geführte Strahlentherapie]) neben den systemischen Therapieoptionen indiziert sind.

Das Ansprechen der therapeutischen Verfahren muss in angemessenen Abständen kontrolliert und die geeigneten therapeutischen Konsequenzen müssen ergriffen werden, um im Hinblick auf die oben genannten Therapieziele das Optimum erreichen zu können.

1.7 Palliativmedizinische Maßnahmen

Die palliative Therapie als aktive, ganzheitliche Behandlung einer progredienten Erkrankung in weit fortgeschrittenem Stadium zielt in erster Linie auf die Beherrschung von Schmerzen und anderen Krankheitsbeschwerden und umfasst auch krankheitsbedingte psychische und soziale Probleme. Sie soll, einschließlich der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV), allen Patientinnen mit weit fortgeschrittener Erkrankung angeboten werden. Es ist zu prüfen, ob und wann eine ambulante oder stationäre Behandlung und/​oder Pflege angebracht ist.

Ziel der palliativmedizinischen Maßnahmen ist es, eine ausreichende Symptomkontrolle zu erreichen.

Hierzu gehört eine angemessene schmerztherapeutische Versorgung unter Berücksichtigung des Dreistufenschemas der WHO.

Ziel der Schmerzbehandlung ist eine rasch eintretende und möglichst komplette Schmerzkontrolle. Das Ansprechen der Therapie ist in angemessenen Abständen zu prüfen und gegebenenfalls sind erforderliche Umstellungen der Therapie zeitnah einzuleiten. Nicht kontrollierbare Schmerzzustände bedürfen einer Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer gegebenenfalls innerhalb eines interdisziplinären Teams. Insbesondere ist eine rechtzeitige und ausreichende Versorgung mit Opiaten zu gewährleisten. Nebenwirkungen einer Therapie mit Opiaten (zum Beispiel Obstipation) sind frühzeitig in geeigneter Weise zu behandeln.

Durch ossäre Metastasierung bedingte Schmerzen werden durch den Einsatz von Bisphosphonaten günstig beeinflusst. Ebenso ist der Einsatz einer Strahlentherapie bei Schmerzen durch Knochenmetastasierung zu erwägen.

Bei Auftreten einer Pleurakarzinose mit symptomatischer Ergussbildung soll der Patientin eine Pleurodese angeboten werden. Die Einleitung oder Umstellung einer medikamentösen Therapie ist zu prüfen.

1.8 Rehabilitation

Im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms ist individuell und frühzeitig zu beurteilen, ob eine Patientin von einer Rehabilitationsleistung profitieren kann. Zugleich soll auf die Möglichkeit der Teilnahme an Rehabilitationssportgruppen hingewiesen werden. Die ambulante oder stationäre Rehabilitation ist eine interdisziplinäre und multimodale Maßnahme, bei der brustkrebserkrankte Patientinnen darin unterstützt werden, ihre individuell bestmögliche physische und psychische Gesundheit zu erlangen oder aufrechtzuerhalten, eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen oder zu vermindern oder die Erwerbsfähigkeit zu erhalten oder wieder herzustellen, um somit ihre selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern.

Eine Rehabilitationsleistung verfolgt das Ziel, die durch die Brustkrebserkrankung resultierenden Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe oder Begleit- und Folgeerkrankungen zu vermeiden, zu vermindern oder ihnen entgegenzuwirken.

1.9 Kooperation der Versorgungssektoren

Das Behandlungskonzept muss eine interdisziplinäre, professionen- und sektorenübergreifende Betreuung in qualifizierten Einrichtungen mit dem notwendigen logistischen Hintergrund gewährleisten. Eine qualifizierte Behandlung muss über die gesamte Versorgungskette gewährleistet sein. Überweisungserfordernisse müssen in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium der Patientin und der jeweiligen fachlichen Qualifikation der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes sowie der regionalen Versorgungsstrukturen geprüft werden.

2 Qualitätssichernde Maßnahmen (§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 SGB V)

Die allgemeinen Voraussetzungen für die qualitätssichernden Maßnahmen sind in § 2 dieser Richtlinie geregelt.

Qualitätsziele und Qualitätsindikatoren

Laufende Nummer Qualitätsziel Qualitätsindikator
1 Hoher Anteil von Teilnehmerinnen, bei denen das Ausmaß der Nebenwirkungen der adjuvanten endokrinen Therapie regelmäßig erfragt wurde Anteil der Teilnehmerinnen, bei denen das Ausmaß der Nebenwirkungen der adjuvanten endokrinen Therapie im Dokumentationszeitraum erfragt wurde, bezogen auf alle Teilnehmerinnen mit adjuvanter endokriner Therapie
2 Hoher Anteil von Teilnehmerinnen mit positivem Hormonrezeptorstatus, die eine adjuvante endokrine Therapie fortgeführt haben Anteil der Teilnehmerinnen mit positivem Hormonrezeptorstatus, die aktuell eine adjuvante endokrine Therapie erhalten, bezogen auf alle Teilnehmerinnen mit positivem Hormonrezeptorstatus

Anteil der Teilnehmerinnen mit positivem Hormonrezeptorstatus und adjuvanter endokriner Therapie, die die Therapie mindestens fünf Jahre fortgeführt haben, bezogen auf alle Teilnehmerinnen mit positivem Hormonrezeptorstatus und adjuvanter endokriner Therapie

3 Hoher Anteil von Teilnehmerinnen mit adjuvanter Therapie mit Aromataseinhibitoren und der Absicht für eine spezifische medikamentöse Therapie einer Osteoporose, bei denen das Ergebnis einer zentralen DXA bekannt ist Anteil von Teilnehmerinnen mit adjuvanter Therapie mit Aromataseinhibitoren und der Absicht für eine spezifische medikamentöse Therapie einer Osteoporose mit bekanntem zentralen DXA-Befund, bezogen auf alle Patientinnen mit adjuvanter Therapie mit Aromataseinhibitoren und der Absicht für eine spezifische medikamentöse Therapie einer Osteoporose
4 Aufmerksamkeit hinsichtlich möglicher individueller Nebenwirkungen und Spätfolgen der tumorspezifischen Therapie Anteil von Teilnehmerinnen, bei denen bekannt ist, ob eine kardiotoxische Tumortherapie mit linksthorakaler Bestrahlung, Anthrazyklinen und/​oder Anti-HER2-Substanzen stattgefunden hat, bezogen auf alle Patientinnen
5 Niedriger Anteil von Teilnehmerinnen mit einem symptomatischen Lymphödem (zum Beispiel Schwellung, Funktionseinschränkung) des Armes Anteil von Teilnehmerinnen mit einem symptomatischen Lymphödem (zum Beispiel Schwellung, Funktionseinschränkung) des Armes, bezogen auf alle Teilnehmerinnen nach operativer Therapie
6 Hoher Anteil von Teilnehmerinnen, die eine Empfehlung zu einem regelmäßigen körperlichen Training erhalten Anteil der Teilnehmerinnen, bei denen im Dokumentationszeitraum eine Empfehlung zu einem regelmäßigen körperlichen Training gegeben wurde, bezogen auf alle Teilnehmerinnen
7 Hoher Anteil von Teilnehmerinnen, mit BMI > 30, die eine Empfehlung zu einem regelmäßigen körperlichen Training erhalten Anteil der Teilnehmerinnen, mit BMI > 30, bei denen im Dokumentationszeitraum eine Empfehlung zu einem regelmäßigen körperlichen Training gegeben wurde, bezogen auf alle Teilnehmerinnen mit BMI > 30
8 Adäquater Anteil von Teilnehmerinnen mit Bisphosphonat oder Denosumab-Therapie bei erstmaligem Auftreten von Knochenmetastasen Anteil der Teilnehmerinnen mit Bisphosphonat oder Denosumab-Therapie, bezogen auf alle Teilnehmerinnen mit erstmaligem Auftreten von Knochenmetastasen
9 Adäquater Anteil von Teilnehmerinnen mit bioptischer Sicherung bei erstmaligem Auftreten viszeraler Fernmetastasierung Anteil der Teilnehmerinnen mit bioptischer Sicherung viszeraler Fernmetastasierung, bezogen auf alle Teilnehmerinnen mit erstmaligem Auftreten viszeraler Fernmetastasen

3 Teilnahmevoraussetzungen und Dauer der Teilnahme der Versicherten (§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 SGB V)

3.1 Allgemeine Teilnahmevoraussetzungen

Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einschreibung Versicherter sind in § 3 dieser Richtlinie geregelt.

3.2 Spezielle Teilnahmevoraussetzungen

Voraussetzung für die Einschreibung ist über die allgemeinen Teilnahmevoraussetzungen nach Nummer 3.1 hinaus die histologische Sicherung eines Brustkrebses oder die histologische Sicherung eines lokoregionären Rezidivs oder eine nachgewiesene Fernmetasierung des histologisch nachgewiesenen Brustkrebses. Die Diagnose wird in der Regel vor dem therapeutischen Eingriff gestellt.

Das alleinige Vorliegen einer nichtinvasiven lobulären Neoplasie rechtfertigt nicht die Aufnahme in strukturierte Behandlungsprogramme.

Für die Teilnahme gelten folgende Regelungen:

Nach zehn Jahren Rezidiv- bzw. Tumorfreiheit nach histologischer Sicherung der zur Einschreibung führenden Diagnose endet die Teilnahme am strukturierten Behandlungsprogramm.
Tritt ein lokoregionäres Rezidiv bzw. kontralateraler Brustkrebs während der Teilnahme am strukturierten Behandlungsprogramm auf, ist ein Verbleiben im Programm für weitere zehn Jahre ab dem Zeitpunkt der jeweiligen histologischen Sicherung möglich.
Tritt ein lokoregionäres Rezidiv/​kontralateraler Brustkrebs nach Beendigung der Teilnahme am strukturierten Behandlungsprogramm auf, ist eine Neueinschreibung erforderlich.

Patientinnen mit Fernmetastasierung können dauerhaft am Programm teilnehmen.

4 Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten (§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 SGB V)

Die Anforderungen an die Schulungen sind in § 4 dieser Richtlinie geregelt.

4.1 Schulungen der Leistungserbringer

Die Anforderungen an die Schulungen der Ärztinnen und Ärzte sind in § 4 dieser Richtlinie geregelt. Schwerpunkte der Schulungen sollten insbesondere auf den Gebieten der Therapieplanung, -adhärenz und der nachsorgenden Betreuung liegen.

4.2 Patientinneninformationen

Es sind geeignete Maßnahmen der Patientinneninformation vorzusehen, die während der gesamten Behandlungskette am individuellen Bedürfnis der Patientin und an den jeweiligen Erfordernissen der Diagnostik, Therapie und Nachsorge auszurichten sind.

Die Inanspruchnahme ist freiwillig. Eine Nicht-Inanspruchnahme führt nicht zum Ausschluss der Patientin aus dem strukturierten Behandlungsprogramm.

Schulungsprogramme (gemäß § 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 SGB V in Verbindung mit § 24 Absatz 2 Nummer 2b der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung sowie § 4 DMP-A-RL) sind nicht Bestandteil von strukturierten Behandlungsprogrammen für Patientinnen mit Brustkrebs.

5 Bewertung der Auswirkungen der Versorgung in den Programmen (Evaluation) (§ 137f Absatz 2 Satz 2 Nummer 6 SGB V)

Für die Evaluation nach § 6 Absatz 2 Nummer 1 DMP-A-RL sind mindestens folgende medizinische Parameter auszuwerten:

a)
Patientinnen mit einem persistierenden symptomatischen Lymphödem, inklusive Patientinnen, bei denen eine Kompressionsarmstrumpftherapie erforderlich ist
b)
Durchführung der adjuvanten endokrinen Therapie bei Patientinnen mit positivem Hormonrezeptorstatus und adjuvanter endokriner Therapie über mindestens fünf Jahre
c)
BMI
d)
bioptische Sicherung bei erstmalig aufgetretenen viszeralen Fernmetastasen
e)
rezidivfreies Überleben
f)
Gesamtüberleben.

Eine vergleichende Evaluation nach § 6 Absatz 2 Nummer 2 DMP-A-RL ist aufgrund einer fehlenden Rechtsgrundlage zur Nutzung von Daten für nicht in ein DMP eingeschriebene Versicherte derzeit nicht möglich. Daher wurden keine Parameter festgelegt.“

II.

Die Anlage 4 der DMP-Anforderungen-Richtlinie wird wie folgt gefasst:

„Anlage 4

Brustkrebs − Dokumentation

Die Dokumentation im Rahmen der strukturierten Behandlungsprogramme für Patientinnen mit Brustkrebs erfolgt nach folgenden Vorgaben:

Brustkrebs − Erstdokumentation

Laufende
Nummer
Dokumentationsparameter Ausprägung
Administrative Daten
1 DMP-Fallnummer Nummer
2 Name der/​des Versicherten Nachname, Vorname
3 Geburtsdatum der/​des Versicherten TT.MM.JJJJ
4 Kostenträgername Name der Krankenkasse
5 Kostenträgerkennung 9- bzw. 7-stellige Nummer
6 Versicherten-Nummer Nummer (bis zu 12 Stellen, alphanumerisch)
7a Vertragsarzt-Nummer 9-stellige Nummer
7b Betriebsstätten-Nummer 9-stellige Nummer
8 Krankenhaus-Institutionskennzeichen IK-Nummer
9 Datum TT.MM.JJJJ
Einschreibung
Mindestens eine der Zeilen 10 bis 13 muss für die Einschreibung ausgefüllt sein.
10 Primärtumor

Datum der histologischen Sicherung

TT.MM.JJJJ
11 Kontralateraler Brustkrebs

Datum der histologischen Sicherung

TT.MM.JJJJ
12 Lokoregionäres Rezidiv

Datum der histologischen Sicherung

TT.MM.JJJJ
13 Fernmetastasen

Datum der diagnostischen Sicherung von Fernmetastasen1

TT.MM.JJJJ
Bei Einschreibung wegen eines Primärtumors/​eines kontralateralen Brustkrebses sind die Zeilen 14 bis 23 auszufüllen.

Bei Einschreibung wegen Fernmetastasen sind die Zeilen 24 und 25 auszufüllen.

Anamnese und Behandlungsstatus des Primärtumors/​kontralateralen Brustkrebses
14 Operative Therapie BET /​ Mastektomie /​ Sentinel-Lymphknoten-Biopsie /​ Axilläre Lymphonodektomie /​ Anderes Vorgehen /​ OP geplant2 /​ OP nicht geplant (Mehrfachnennung möglich)
Aktueller Befundstatus des Primärtumors/​kontralateralen Brustkrebses
15 TNM-Klassifizierung (p) Pathologisch (postoperativ) /​ (c) Klinisch /​ (yp) Pathologisch (postoperativ) nach neoadjuvanter Therapie
16 T X /​ Tis3 /​ 0 /​ 1 /​ 2 /​ 3 /​ 4
17 N X /​ 0 /​ 1 /​ 2 /​ 3
18 M 0 /​ 1
19 Hormonrezeptorstatus Östrogen und/​oder Progesteron (gemäß Immunreaktiver Score (IRS))4 Positiv /​ Negativ /​ Unbekannt
Behandlung des Primärtumors/​kontralateralen Brustkrebses
20 Aktuelle adjuvante endokrine Therapie5 Aromataseinhibitoren /​ Tamoxifen /​ Andere /​ Keine /​ Endokrine Therapie geplant
21 Nebenwirkungen der aktuellen adjuvanten endokrinen Therapie6 Nein /​ Nicht belastend /​ Mäßig belastend /​ Stark belastend /​ Nicht erfragt
22 Fortführung der adjuvanten endokrinen Therapie7 Vor dem abgeschlossenen fünften Jahr abgebrochen /​ Regulär nach fünf Jahren abgeschlossen /​ Aktuell andauernd, seit weniger als fünf Jahren /​ Aktuell andauernd, Fortführung über fünf Jahre hinaus /​ Keine endokrine Therapie durchgeführt
23 Bei Patientinnen unter adjuvanter Therapie mit Aromataseinhibitoren, sofern die Absicht für eine spezifische medikamentöse Therapie einer Osteoporose besteht: DXA-Befund8 Auffällig /​ Unauffällig /​ Unbekannt
Befunde und Therapie von Fernmetastasen
24 Lokalisation von Fernmetastasen Knochen /​ Viszeral /​ ZNS /​ Andere (Mehrfachnennung möglich)
25 Therapie bei Knochenmetastasen9 Bisphosphonate: Ja /​ Nein /​ Kontraindikation
Denosumab: Ja /​ Nein /​ Kontraindikation
Sonstige Befunde
26 Symptomatisches Lymphödem Ja, Kompressionsarmstrumpftherapie erforderlich /​ Ja, keine Kompressionsarmstrumpftherapie erforderlich /​ Nein
27 Empfehlung zu regelmäßigem körperlichem Training abgegeben Ja /​ Nein
28 Z. n. besonders kardiotoxischer Tumortherapie10 Anthrazykline (Doxorubicin, Epirubicin) /​ Anti-HER2-Substanzen /​ Linksthorakale Bestrahlung /​ Unbekannt /​ Nein
29 Körpergröße m
30 Körpergewicht kg
Behandlungsplanung
31 Dokumentationsintervall Halbjährlich oder häufiger /​ Jährlich

Brustkrebs – Folgedokumentation

Laufende Nummer Dokumentationsparameter Ausprägung
Administrative Daten
1 DMP-Fallnummer Nummer
2 Name der/​des Versicherten Nachname, Vorname
3 Geburtsdatum der/​des Versicherten TT.MM.JJJJ
4 Kostenträgername Name der Krankenkasse
5 Kostenträgerkennung 9- bzw. 7-stellige Nummer
6 Versicherten-Nummer Nummer (bis zu 12 Stellen, alphanumerisch)
7a Vertragsarzt-Nummer 9-stellige Nummer
7b Betriebsstätten-Nummer 9-stellige Nummer
8 Krankenhaus-Institutionskennzeichen IK-Nummer
9 Datum TT.MM.JJJJ
10 Einschreibung erfolgte wegen Primärtumors /​ Kontralateralen Brustkrebses /​ Lokoregionären Rezidivs /​ Fernmetastasen
Behandlungsstatus nach operativer Therapie des Primärtumors /​ kontralateralen Brustkrebses (adjuvante Therapie)
11 Aktuelle adjuvante endokrine Therapie11 Aromataseinhibitor /​ Tamoxifen /​ Andere /​ Keine /​ Endokrine Therapie geplant
12 Nebenwirkungen der aktuellen adjuvanten endokrinen Therapie12 Nein /​ Nicht belastend /​ Mäßig belastend /​ Stark belastend /​ Nicht erfragt
13 Fortführung der adjuvanten endokrinen Therapie seit der letzten Dokumentation13 Vor dem abgeschlossenen fünften Jahr abgebrochen /​ Regulär nach fünf Jahren abgeschlossen /​ Aktuell andauernd, seit weniger als fünf Jahren /​ Aktuell andauernd, Fortführung über fünf Jahre hinaus /​ Keine endokrine Therapie durchgeführt
14 Bei Patientinnen unter adjuvanter Therapie mit Aromataseinhibitoren, sofern die Absicht für eine spezifische medikamentöse Therapie einer Osteoporose besteht: DXA-Befund Auffällig /​ Unauffällig /​ Unbekannt
Seit der letzten Dokumentation neu aufgetretene Ereignisse
15 Lokoregionäres Rezidiv
(Datum der histologischen Sicherung)
TT.MM.JJJJ /​ Nein
16 Kontralateraler Brustkrebs
(Datum der histologischen Sicherung)
TT.MM.JJJJ /​ Nein
17 Lokalisation von Fernmetastasen
(Datum der diagnostischen Sicherung von Fernmetastasen)
TT.MM.JJJJ /​ Knochen /​ Viszeral /​ ZNS /​ Andere /​ Nein (Mehrfachnennung möglich)
18 Bioptische Sicherung der viszeralen Metastasen14 Ja /​ Nein /​ Geplant
19 Symptomatisches Lymphödem Ja, Kompressionsarmstrumpftherapie erforderlich /​ Ja, keine Kompressionsarmstrumpftherapie erforderlich /​ Nein
Sonstige Befunde
20 Empfehlung zu regelmäßigem körperlichem Training abgegeben Ja /​ Nein
21 Z. n. besonders kardiotoxischer Tumortherapie15 Anthrazykline (Doxorubicin, Epirubicin) /​ Anti-HER2-Substanzen /​ Linksthorakale Bestrahlung /​ Unbekannt /​ Nein
22 Körpergröße m
23 Körpergewicht kg
Behandlung bei fortgeschrittener Erkrankung (lokoregionäres Rezidiv /​ Fernmetastasen)
24 Therapie bei Knochenmetastasen16 Bisphosphonate: Ja /​ Nein /​ Kontraindikation
Denosumab: Ja /​ Nein /​ Kontraindikation
Behandlungsplanung
25 Dokumentationsintervall Halbjährlich oder häufiger /​ Jährlich

1 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Bei Einschreibung wegen Fernmetastasen muss eines der Felder 10 bis 12 zumindest mit einer Jahreszahl ausgefüllt werden.
2 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Im Fall einer präoperativen Einschreibung müssen die fehlenden Daten der Erstdokumentation nachgeliefert werden.
3 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Tis beinhaltet nur DCIS-Fälle.
4 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Verweis auf Remmele et al. 1987
5 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei positivem Hormonrezeptorstatus auszufüllen
6 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei endokriner Therapie auszufüllen
7 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei positivem Hormonrezeptorstatus auszufüllen
8 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei AI-Therapie auszufüllen
9 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei Knochenmetastasen (Feld 25) auszufüllen
10 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Im Fall aktuell noch laufender Therapien sind diese ebenfalls zu dokumentieren.
11 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei positivem Hormonrezeptorstatus auszufüllen
12 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei endokriner Therapie auszufüllen
13 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei positivem Hormonrezeptorstatus auszufüllen
14 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Nur bei viszeralen Metastasen (Feld 18) auszufüllen
15 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Im Fall aktuell noch laufender Therapien sind diese ebenfalls zu dokumentieren.
16 Hinweis für die Ausfüllanleitung: Feld 24 ist nur auszufüllen, wenn eine fortgeschrittene Erkrankung bereits besteht oder neu festgestellt wurde.“
III.

Die Änderungen der Richtlinie treten am ersten Tag des auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger folgenden Quartals eines Jahres in Kraft, nicht jedoch am ersten Tag des ersten Quartals eines Jahres. Folgt auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger der erste Tag des ersten Quartals eines Jahres, tritt der Beschluss am ersten Tag des zweiten Quartals in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des G-BA unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 15. Juni 2023

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

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