Richtlinie zum Ausgleich von auf Grund des Brexit verlorenen Fangquoten im Rahmen der Umsetzung der Brexit-Anpassungsreserve

Published On: Mittwoch, 15.11.2023By Tags:

Bundesministerium
für Ernährung und Landwirtschaft

Richtlinie
zum Ausgleich von auf Grund des Brexit verlorenen Fangquoten
im Rahmen der Umsetzung der Brexit-Anpassungsreserve

Vom 2. November 2023
I.

1 Leistungszweck, Rechtsgrundlagen

1.1 Das Europäische Parlament und der Rat haben am 6. Oktober 2021 die Verordnung (EU) 2021/​1755 zur Einrichtung der Reserve für die Anpassung an den Brexit (BAR-VO) verabschiedet, um den nachteiligen Folgen des Austritts (Brexit) des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland (VK) aus der Europäischen Union (EU) entgegenzuwirken und die damit verbundenen Auswirkungen abzumildern.

Eine für den deutschen Fischereisektor besonders gravierende Folge ist die Reduzierung der Fangquotenanteile Deutschlands durch das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem VK andererseits (HKA). Die deutsche Fischerei wird durch das HKA bis 2026 12,2 % ihrer Fangrechte in der Nordsee und anderen, mit dem VK geteilten Quotengebieten verlieren. Dies gilt sowohl für die eigentlichen britischen Gewässer als auch für die Gewässer, die mit den britischen Gewässern ein einheitliches Quotengebiet bilden, wie zum Beispiel die Nordsee sowie weitere Gebiete, in denen durch das HKA ein tatsächlicher Quotenverlust entstanden ist (Gewässer um Spitzbergen).

Die Reduzierung der Fangquotenanteile bedeutet für die in den betroffenen Gewässern tätigen Fischereiunternehmen einen konkreten wirtschaftlichen Schaden. Daher sollen die Quotenverluste nach Maßgabe dieser Richtlinie finanziell ausgeglichen werden.

1.2 Fangquoten sind in Deutschland kein frei handelbares Privateigentum, da sie vom Staat zugeteilt werden und grundsätzlich an das Fischereifahrzeug gebunden sind. Dennoch haben Quoten als „immaterielle Wirtschaftsgüter“ einen eigentumsähnlichen Charakter und damit einen wirtschaftlichen Wert.

Die Verteilung der Fangquoten erfolgt in Deutschland nach den Vorgaben des Seefischereigesetzes (SeeFischG). Nach dessen § 3 Absatz 1 hat ein antragstellender Fischereibetrieb im Rahmen der verfügbaren Fangquoten grundsätzlich einen Anspruch auf die Erteilung einer Fangerlaubnis. Dies bedeutet, dem Fischereibetrieb ist eine Fang­erlaubnis zu erteilen, wenn nicht einer der in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Gründe entgegensteht. Der grundsätzliche Quotenanspruch bestimmt im Wesentlichen die wirtschaftliche Ausnutzbarkeit des Fischereifahrzeugs und ist damit in den Schutz des Eigentums nach Artikel 14 GG einbezogen (siehe hierzu HambOVG, Beschluss vom 8. Februar 2005 – 1 Bs 1/​05 – juris, Rn. 12 ff.).

Der wirtschaftliche Wert der Fangquote spiegelt sich insbesondere dann wider, wenn ein Fischereifahrzeug mit seinen Fangkapazitäten verkauft wird. Die mit dem Fahrzeug verbundenen Fangquoten stellen einen wesentlichen Teil des Kaufpreises dar. Bei dem Verkauf eines Fischereifahrzeugs messen die Finanzämter dem Übergang des immateriellen Wirtschaftsgutes „Fangquote“ eine große Bedeutung bei. Der Käufer muss den finanziellen Wert der Fangquoten bewerten und in die unternehmerische Bilanz einstellen.

Vergleichbar mit der Aufteilung der Gesamtfangmengen in nationale Quoten auf EU-Ebene werden die Fangmöglichkeiten den Fischereiunternehmen in Deutschland jährlich nach dem Grundsatz der relativen Stabilität nach feststehenden Anteilen fahrzeugbezogen zugeteilt. Aus dieser gefestigten Zuteilungspraxis ergibt sich für die Fischerei­betriebe ein rechtlich geschütztes Vertrauen, in vergleichbarem relativem Umfang wie in den vergangenen Jahren, auch in Zukunft an der Fischerei teilnehmen und entsprechend ihre Geschäftstätigkeit planen zu können.

Abweichendes gilt für die sogenannten „allgemeinen Fangquoten“, die der Fischerei vorwiegend für Beifänge in anderen Fischereien zur Verfügung gestellt werden. Zwar erfolgt auch hier die Verteilung nach den Vorgaben des Seefischereigesetzes, so dass die Betriebe auch hier grundsätzlich mit diesen Fangmengen kontinuierlich rechnen können. Die Zuteilung erfolgt allerdings nicht fahrzeugbezogen, sondern die Fangregelungen und die Höhe werden per Allgemeinverfügung in Bekanntmachungen festgelegt. Der wirtschaftliche Wert dieser Quoten für die Fischereiunternehmen ergibt sich daher nicht aus der fahrzeugbezogenen Zuteilung, sondern aus den in Anspruch genommenen Fangmöglichkeiten in Form der tatsächlichen Anlandungen.

Die Berechnung des erlittenen wirtschaftlichen Schadens erfolgt – entsprechend einer vergleichbaren Regelung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Ausgleich von auf Grund des Brexit verlorenen Fangmöglichkeiten1 – über einen Zeitraum von 15 Jahren.

In Anerkennung der besonderen Bedeutung und Rolle der Küstenfischerei2 sowie unter Berücksichtigung von Randziffer 9 der fischereilichen Leitlinien3, wonach große Unternehmen tendenziell durch Marktdefizite weniger beeinträchtigt werden als kleine und mittelständische Unternehmen, soll für Fahrzeuge mit einer Länge über alles von höchstens 24 m ein höherer Ausgleich gewährt werden.

1.3 Die Billigkeitsleistungen für den Fischereisektor aus den Mitteln der BAR-VO zum Ausgleich von Quotenverlusten werden nach Maßgabe dieser Richtlinie und unter Berücksichtigung folgender Vorschriften gewährt:

der Verordnung (EU) 2021/​1755 zur Einrichtung der Reserve für die Anpassung an den Brexit,
der im Fischereisektor geltenden staatsbeihilfenrechtlichen Regelungen, insbesondere der Leitlinien der Kommission für die Prüfung staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor, 2023/​C 107/​01 („Leitlinien“),
§ 53 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) sowie den zu diesen Regelungen erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften.

1.4 Ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Gewährung der Billigkeitsleistung besteht nicht. Vielmehr entscheiden die Bewilligungsbehörden aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Mittel.

2 Gegenstand der Förderung

Diese Richtlinie regelt den finanziellen Ausgleich für die durch das HKA verlorenen Fangquoten von Fischereibetrieben. Diese werden als Billigkeitsleistungen zum (Teil-)Ausgleich eines erlittenen wirtschaftlichen Schadens gewährt.

3 Leistungsempfänger

Förderfähig sind Unternehmen, unbeschadet der gewählten Rechtsform und Größe, deren Geschäftstätigkeit den Fischereisektor erfasst und die über eine Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland verfügen. Das antragsgegenständliche Fischereifahrzeug muss die deutsche Flagge führen.

4 Allgemeine Leistungsbestimmungen

4.1 Die Billigkeitsleistungen können im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2023 gewährt und beglichen werden (vergleiche Artikel 5 Absatz 2 BAR-VO).

4.2 Der gewährte Ausgleich muss mit den allgemeinen Grundsätzen des EU-Beihilfenrechts vereinbar sein. Insbesondere muss die Ausgleichszahlung

a)
im Einklang mit den Zielen der Gemeinsamen Fischereipolitik stehen und zu deren Erreichen beitragen;
b)
erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sein;
c)
übermäßige nachteilige Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel vermeiden und darf nicht auf ausfuhrbezogene Tätigkeiten ausgerichtet sein;
d)
transparent erfolgen.

4.3 Voraussetzung für die Billigkeitsleistung nach dieser Richtlinie ist die Kausalität des Verlustes von Fangquoten durch das HKA.

4.4 Die Gewährung von Billigkeitsleistungen nach dieser Richtlinie soll den Leistungsempfängern nur die Anpassung an die unmittelbaren Folgen des HKA ermöglichen. Eine Überkompensation ist unzulässig.

4.5 Die Bagatellgrenze für den förderfähigen Ausgleichsbetrag je Förderantrag wird auf 1 000 Euro netto festgesetzt.

4.6 Eine Kumulierung mit anderen staatlichen Beihilfen und sonstigen öffentlichen Fördergeldern für dieselben, sich teilweise oder vollständig überschneidenden beihilfefähigen Ausgaben ist ausgeschlossen.

4.7 Ein Antrag auf Gewährung einer Billigkeitsleistung ist unzulässig, wenn die zuständige Behörde gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508/​2014 festgestellt hat, dass der betreffende Wirtschaftsbeteiligte einen oder mehrere der in Artikel 10 Absatz 1 derselben Verordnung genannten Verstöße oder Vergehen oder einen Betrug gemäß Artikel 10 Absatz 3 dieser Verordnung begangen hat. Es gilt die in den gemäß Artikel 10 Absatz 4 dieser Verordnung erlassenen Delegierten Rechtsakten festgelegte Dauer der Unzulässigkeit. Gleiches gilt, wenn die Behörde entsprechende Feststellungen gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2021/​1139 getroffen hat.

4.8 Von der Förderung ausgeschlossen sind

a)
Antragsteller, bei denen die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand mehr als 25 % des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt,
b)
Antragsteller, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund einer früheren Kommissionsentscheidung zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung nicht Folge geleistet haben,
c)
Antragsteller in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten, es sei denn, die Schwierigkeiten sind auf das HKA und die daraus resultierenden Folgen zurückzuführen,
d)
Antragsteller, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren beantragt oder eröffnet worden ist, sowie
e)
Antragsteller, die zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c der Zivilprozessordnung oder § 284 der Abgabenordnung verpflichtet sind oder bei denen diese abgenommen wurde. Dies gilt auch, sofern den gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person die entsprechenden Verpflichtungen aus § 802c der Zivilprozessordnung oder § 284 der Abgabenordnung treffen.

4.9 Mit der Antragstellung ist eine Erklärung abzugeben, dass keiner der in den Nummern 4.6 bis 4.8 dieser Richtlinie genannten Ausschlussgründe vorliegt.

4.10 Der Leistungsempfänger muss ab dem Zeitpunkt der Antragstellung die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik über einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Abschlusszahlung wahren. Begeht der Leistungsempfänger innerhalb dieses Zeitraumes schwere Verstöße gemäß Artikel 42 der Verordnung (EG) Nr. 1005/​2008 oder Artikel 90 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1224/​2009, so dass ihm mindestens 9 Punkte in dem Punktesystem gemäß Artikel 92 der Verordnung (EG) Nr. 1224/​2009 in Verbindung mit Artikel 126 und Anhang XXX der Verordnung (EU) 404/​2011 zugewiesen werden, so hat der Leistungsempfänger die Billigkeitsleistung in voller Höhe zurückzuzahlen und darf innerhalb des in Satz 1 genannten Zeitraums keine Beihilfe mehr beantragen.

4.11 Bei jeder Billigkeitsleistung, die den Schwellenwert von 10 000 Euro überschreitet, werden die Informationen gemäß Nummer 105 Buchstabe c der Leitlinien für die Prüfung staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor auf einer Beihilfe-Webseite veröffentlicht (https:/​/​www.portal-fischerei.de/​bund/​brexit-anpassungsreserve). Soweit zu diesem Zweck erforderlich, sind die Bewilligungsbehörden zur Verarbeitung und Veröffentlichung der diesbezüglichen personenbezogenen Daten des Leistungsempfängers berechtigt.

5 Besondere Leistungsbestimmungen

5.1 Bei einem Fischereifahrzeug, das unmittelbar von der durch das HKA-bedingten Reduzierung der deutschen Fangquotenanteile betroffen ist, kann das Fischereiunternehmen für die verlorenen Fangmöglichkeiten ausgeglichen werden, wenn

a)
das Fischereifahrzeug als aktiv registriert ist,
b)
die minimale Fangtätigkeit des Fahrzeuges oder des Fahrzeugs, das durch das antragstellende Fahrzeug ersetzt wurde, in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren zwischen 2018 und 2022 insgesamt mindestens 90 Tage auf See betrug,
c)
das antragstellende Unternehmen in besonderem Maße Teil der deutschen Volkswirtschaft ist. Die Zugehörigkeit zur deutschen Volkswirtschaft liegt dann vor, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

mindestens 60 % der Aufwendungen für Instandhaltung, Ausrüstung und Versorgung der zu berücksichtigenden Fischereifahrzeuge erfolgen in der deutschen Küstenregion;
mindestens 50 % der Anlandungen der zu berücksichtigenden Fischereifahrzeuge erfolgen in der deutschen Küstenregion;
mindestens 50 % der Besatzung der zu berücksichtigenden Fischereifahrzeuge hat seinen Wohnsitz in Deutschland;
d)
das antragstellende Unternehmen die betriebsbezogenen Steuern hinsichtlich der zu berücksichtigenden Fischereifahrzeuge in Deutschland entrichtet,
e)
der Antragsteller das Fahrzeug nicht nach dem 1. Januar 2021 mit einer bereits aufgrund des HKA reduzierten Quote erworben hat,
f)
der Verlust der Fangquoten eine Folge des HKA ist,
g)
dem Antragsteller keine Förderung für die endgültige Stilllegung des antraggegenständlichen Schiffes gleichzeitig oder während eines Zeitraums von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Zahlung gewährt wird,
h)
der Antragsteller zusichert, im Zeitraum ab Beantragung der Billigkeitsleistung bis drei Jahre nach ihrer Auszahlung kein neues Fischereifahrzeug im deutschen Flottenregister zu registrieren oder sonstige Maßnahmen bei Fischereifahrzeugen in seinem Unternehmen vorzunehmen, die zu einer Erhöhung der aktiven Fangkapazität (in BRZ oder kW) führen, es sei denn, die betreffende Investitionsentscheidung wurde nachweislich bereits vor dem 1. Januar 2021 getroffen,
i)
der Antragsteller versichert, seit dem 1. Januar 2021 keine Entscheidung über den Kauf eines neuen Schiffes oder sonstige Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der aktiven Kapazität (in BRZ oder kW) führen, getroffen zu haben, und
j)
der Antragsteller versichert, dass die Billigkeitsleistung nicht verwendet wird, um die Fang- oder Lagerkapazität bei Fischereifahrzeugen in seinem Unternehmen zu erhöhen.

Die Erklärung nach Satz 1 Buchstabe h bis j ist auch von demjenigen abzugeben, der die Kontrolle über das Fischereifahrzeug, für das ein Ausgleich beantragt wird, ausübt, ohne der direkte Eigentümer zu sein.

Nummer 5.1 Buchstabe h bis j gelten nicht für Maßnahmen zur Erhöhung der Bruttoraumzahl eines Fischereifahrzeugs zur Verbesserung der Sicherheit, der Arbeitsbedingungen oder der Energieeffizienz nach Maßgabe des Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/​1139, soweit die Voraussetzungen des Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe a und d sowie Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/​1139 erfüllt sind. Gleiches gilt für Maßnahmen nach Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/​1139, soweit die Voraussetzungen des Absatz 2 Buchstabe a der Vorschrift erfüllt sind. Nummer 5.1 Buchstabe h und i gelten auch nicht für solche Investitionsentscheidungen, die nachweislich aufgrund von fischereilichen Entwicklungen getroffen wurden, die sich als Folge des Brexit nach dem 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2022 aufgrund der durch Norwegen gegenüber der EU durchgesetzten Quoteneinschnitte ergeben haben.

5.2 Der Antragsteller hat mit dem Antrag auf Gewährung der Billigkeitsleistung einen Geschäftsplan einzureichen. Der Geschäftsplan muss Angaben enthalten über

a)
die wirtschaftliche Lage des Unternehmens vor dem Inkrafttreten des HKA unter Berücksichtigung der Umsätze in den Jahren 2018, 2019 und 2020, die Umsatzentwicklung nach dem Inkrafttreten des HKA sowie die gegenwärtige wirtschaftliche Lage des Unternehmens,
b)
die Änderung der unternehmensbezogenen Fangquotenausstattung durch das HKA,
c)
die Kausalität der Auswirkungen des HKA auf die gegenwärtige wirtschaftliche Lage und Fangquotenausstattung des Unternehmens,
d)
die Darlegung, inwieweit die beantragte Leistung für Maßnahmen im Unternehmen eingesetzt werden soll, die zu einer Anpassung des Unternehmens des Antragstellers an die Situation nach dem Brexit beitragen.

5.3 Die Angaben im Geschäftsplan sind durch geeignete Nachweise zu belegen. Die Nachweise sind den Bewilligungsbehörden bei Antragstellung vorzulegen.

6 Art, Umfang und Höhe der Billigkeitsleistung

6.1 Die Ausgleichszahlung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss für enttäuschte Gewinnerwartungen unter Abzug anderweitig erhaltener Ausgleichszahlungen gewährt. Die Höhe der Brexit-bedingten, enttäuschten Gewinnerwartungen wird auf Grundlage der durchschnittlichen Erlösverluste nach Maßgabe von Nummer 6.2 ermittelt.

6.2 Die Erlösverluste werden folgendermaßen berechnet:

a)
Es wird ermittelt, in welchem Umfang (in Kilogramm) die Fangquoten aufgrund des HKA für die unterschiedlichen Fischbestände reduziert worden sind.
b)
Der Wert dieser reduzierten Fangquoten wird je Fischart ermittelt. Dies geschieht

bei fahrzeugbezogen zugeteilten Quoten, indem der durchschnittliche Erlös der jeweiligen Fischart pro Kilogramm für die Jahre 2018 bis 2020 (die drei letzten Jahre vor dem Brexit) berechnet wird. Anschließend wird der jährliche Erlösverlust im Vergleich zwischen dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020 und den jeweiligen Nachfolgejahren bis zum Jahr 2035 ermittelt und über die Jahre addiert und diskontiert.
bei allgemeinen Fangquoten, indem die durchschnittlichen Anlandungen der Jahre 2018 bis 2020 für die jeweilige Fischart zugrunde gelegt werden, um den Anteil zu ermitteln, den der Betrieb regelmäßig an der jeweiligen Gemeinschaftsquote partizipiert hat. Hierbei werden lediglich die Deutschland originär zugewiesenen Quoten berücksichtigt. Der jährliche Erlösverlust des Betriebes wird im Vergleich zwischen dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020 und den jeweiligen Nachfolgejahren bis zum Jahr 2035 ermittelt und über die Jahre addiert und diskontiert.
c)
Allgemeine Quoten, bei denen Deutschland aufgrund des Brexit im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020 Fangmöglichkeiten von 30 Tonnen oder weniger verloren hat, werden bei der Berechnung der Erlösverluste nicht berücksichtigt.
d)
Die entgangenen Erlöse werden auf der Ebene jedes einzelnen Fahrzeugs für jedes vom Brexit betroffene Fischereiunternehmen ermittelt.

6.3 Mit der Billigkeitsleistung werden 10 % der ermittelten Erlösverluste ausgeglichen, die das Unternehmen aufgrund der Quotenverluste mit dem jeweiligen Fahrzeug erlitten hat. Bei Fahrzeugen mit einer Länge über alles von höchstens 24 m werden dem Unternehmen 15 % der ermittelten Erlösverluste ausgeglichen, die das Unternehmen aufgrund der Quotenverluste mit dem jeweiligen Fahrzeug erlitten hat.

6.4 Hat das begünstigte Unternehmen für das Fischereifahrzeug, für dessen Verlust an Fangquoten ein Antrag auf Ausgleich gestellt wird, bereits Zuwendungen nach Nummer 5.1 der Richtlinie zur Förderung der Einstellung der Fangtätigkeit im Fischereisektor im Rahmen der Umsetzung der Brexit-Anpassungsreserve (BAnz AT 30.01.2023 B2) (vorübergehende Stilllegung) erhalten, so sind diese von dem Betrag für die Ausgleichszahlung abzuziehen. Ebenfalls in Abzug zu bringen sind Liquiditätshilfen gemäß der Richtlinie zur Förderung von Liquiditätshilfen für Fischereiunternehmen im Rahmen der Umsetzung der Brexit-Anpassungsreserve vom 29. Juli 2021 (BAnz AT 13.08.2021 B1).

6.5 Sollten die verfügbaren finanziellen Mittel nicht zur Befriedigung aller förderfähigen, gemäß Nummer 8.5 fristgerecht gestellten Leistungsanträge ausreichen, so werden die Ausgleichszahlungen an jedes einzelne Fischerei­unternehmen um einen gleichen prozentualen Anteil gekürzt.

7 Sonstige Bestimmungen

7.1 Prüfrechte

Die Bewilligungsbehörden sowie die gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a BAR-VO benannte Prüfstelle sind berechtigt, die zweckentsprechende Verwendung der Billigkeitsleistung durch Einsicht in alle Bücher, Originalbelege und sonstige Unterlagen, die mit der Billigkeitsleistung in Zusammenhang stehen, sowie durch Vor-Ort-Kontrollen zu prüfen.

Des Weiteren sind das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, der Bundesrechnungshof (BRH), die Europäische Kommission einschließlich des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung, der Europäische Rechnungshof, die jeweils von diesen beauftragten Dritten und – im Fall der Verordnung (EU) 2017/​19394 – die Europäische Staatsanwaltschaft uneingeschränkt prüfberechtigt.

Dieses Prüfungsrecht ist, soweit sich dieses aus den Artikeln 285 bis 287 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union für die Prüfungseinrichtungen der Europäischen Union und aus § 91 BHO für den BRH nicht unmittelbar ergibt, gegenüber den Beteiligten festzulegen.

7.2 Mitwirkungspflichten des Leistungsempfängers

Die Leistungsempfänger sind verpflichtet, den Bewilligungsbehörden sämtliche für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Leistung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Bewilligungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Leistung erforderlichen Daten und Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Leistungsempfänger hat gegenüber der Bewilligungsbehörde alle auf Grund der Folgen des HKA erhaltenen oder beantragten Billigkeitsleistungen, Spenden, Zahlungen oder sonstigen geldwerten Leistungen Dritter, insbesondere etwaige Versicherungszahlungen, offenzulegen.

Dies gilt auch für Informationen, die die EU-Kommission zur Bewertung und Berichterstattung zur Wirksamkeit, Effizienz, Relevanz, Kohärenz und Unionsmehrwert der Reserve benötigt.

Bei Anträgen auf Gewährung einer Billigkeitsleistung sind die Erklärungen nach Nummer 5.1 Buchstabe h bis j schriftlich gegenüber der zuständigen Bewilligungsbehörde abzugeben.

Die Belege (unter anderem: Antrag, Förderbescheide, Verwendungsnachweise, Originalbelege, Abschlussberichte) sind durch den Leistungsempfänger zu Prüfzwecken im Original oder als beglaubigte Kopie mindestens fünf Jahre (gerechnet ab dem 31. Dezember des Jahres, in dem der letzte Verwendungsnachweis vorgelegt wurde) aufzubewahren, sofern nicht aus steuerlichen, nationalen oder anderen EU-rechtlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungsfrist bestimmt ist.

7.3 Strafrechtliche Hinweise

Für die Leistungsempfänger stellt der Zuschuss nach dieser Richtlinie eine Subvention im Sinne von § 264 des Strafgesetzbuches (StGB) dar. Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung oder Belassung der Billigkeitsleistung abhängig sind, sind subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB und ein Subventionsbetrug ist nach dieser Vorschrift strafbar. Die gewährte Subvention ist steuerpflichtig und damit bei der betrieblichen Gewinnermittlung zu berücksichtigen.

7.4 Datenschutz, Datenschutzerklärung

Die Leistungsempfänger erklären sich damit einverstanden, dass die erforderlichen Daten zur Sicherstellung und der Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben und zur Verhütung sowie zur Aufdeckung von Betrug gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f BAR-VO von den Bewilligungsbehörden erfasst werden. Diese Daten umfassen teilweise persönliche Daten zur Person, zum Unternehmen und zu allen wirtschaftlichen Eigentümern. Die Einverständniserklärung erfolgt mit der Antragstellung.

8 Verfahren

8.1 Wird im Rahmen von Prüfungen nach Bewilligung der Billigkeitsleistung festgestellt, dass eine Änderung förderungsrelevanter Tatsachen eingetreten ist, so hat der Leistungsempfänger die Billigkeitsleistung in voller Höhe zurückzuzahlen.

8.2 Abweichend von Nummer 8.1 hat der Leistungsempfänger die Leistung zeitanteilig zurückzuzahlen, wenn er die aktive Fangkapazität vor Ablauf des dreijährigen Verpflichtungszeitraums nach Nummer 5.1 Buchstabe h erhöht.

8.3 Die Förderrichtlinie wird durch die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen umgesetzt. Das antragstellende Unternehmen richtet den Antrag auf Gewährung einer Billigkeitsleistung an die vom jeweilig zuständigen Landesministerium festgelegten Bewilligungsbehörden des Bundeslandes, in dem es seinen Unternehmenssitz hat.

8.4 Die für die Fördermaßnahme jeweils zuständigen Landesbehörden werden im Internet veröffentlicht unter: https:/​/​www.portal-fischerei.de/​bund/​brexit-anpassungsreserve/​foerderrichtlinie-nach-bar-vo.

8.5 Leistungsanträge sind schriftlich unter Verwendung der offiziellen Vordrucke bis zum 22. November 2023 bei den Bewilligungsbehörden zu stellen.

8.6 Dem Antrag sind insbesondere folgende Unterlagen beizufügen:

a)
der Geschäftsplan nach Nummer 5.2 dieser Richtlinie inklusive der Nachweise gemäß Nummer 5.3,
b)
geeignete Nachweise über die die Leistungsvoraussetzungen ausfüllenden Tatsachen,
c)
Nachweis der Eigentumsverhältnisse und gegebenenfalls der Vertretungsbefugnisse.

8.7 Die Bewilligungsbehörden können die Vorlage weiterer Unterlagen fordern.

8.8 Alle Anträge werden im Rahmen ihres relativen Anteils und der verfügbaren Mittel beschieden. Die Länder regeln das weitere Bewilligungsverfahren und bestimmen die für die Durchführung dieses Verfahrens zuständigen Stellen.

8.9 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Billigkeitsleistung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Bewilligungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Billigkeitsleistung gelten der § 53 BHO, die hierzu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie die jeweils einschlägigen Bestimmungen des Landeshaushaltsrechts, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.

8.10 Die Rechtsgrundlagen sowie Informationen und etwaige Hinweise können unter https:/​/​www.portal-fischerei.de/​bund/​brexit-anpassungsreserve/​foerderrichtlinie-nach-bar-vo abgerufen werden. Soweit sich Änderungen zum Verfahren ergeben, wird dies in geeigneter Weise bekannt gegeben.

II.

Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Die Richtlinie tritt am 31. Dezember 2029 außer Kraft.

Bonn, den 2. November 2023

Bundesministerium
für Ernährung und Landwirtschaft

Im Auftrag
Dr. Pott

1
Vergleiche State Aid SA.101089 (2022/​N) – Denmark Compensation for loss of quota values due to Brexit (Kompensation for kvoteværditab som følge af brexit), Brussels, 24.2.2023, C(2022) 1269 final.
2
Vergleiche Erwägungsgrund (33) der Verordnung (EU) 2021/​1139 über den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds.
3
Mitteilung der Kommission: Leitlinien für staatliche Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (2023/​C 107/​01).
4
Verordnung (EU) 2017/​1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1).

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