Anordnung gemäß § 17 des Energiesicherungsgesetzes bezüglich der Anteile an der Rosneft Deutschland GmbH und der RN Refining & Marketing GmbH

Published On: Donnerstag, 07.03.2024By Tags:

Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Anordnung
gemäß § 17 des Energiesicherungsgesetzes
bezüglich der Anteile an der Rosneft Deutschland GmbH
und der RN Refining & Marketing GmbH

Vom 7. März 2024

Hiermit wird auf der Grundlage des § 17 Absatz 1 bis 5 und Absatz 8 des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) Folgendes angeordnet:

1.
Hinsichtlich sämtlicher Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an der Rosneft Deutschland GmbH und der ­RN Refining & Marketing GmbH wird die Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur über den 10. März 2024 hinaus bis zum 10. September 2024 nach Maßgabe der nachstehenden Nummern 2 bis 6 verlängert.
2.
Die Wahrnehmung der Stimmrechte der Gesellschafter der Rosneft Deutschland GmbH und der Gesellschafter der RN Refining & Marketing GmbH bleibt ausgeschlossen.
3.
Die Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an der Rosneft Deutschland GmbH und die Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an der RN Refining & Marketing GmbH verbleiben bei der Bundesnetzagentur. Die Bundesnetzagentur ist insbesondere berechtigt, Mitglieder der Geschäftsführung abzuberufen und neu zu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen.
4.
Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsführung in Bezug auf das Vermögen der Rosneft Deutschland GmbH und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsführung in Bezug auf das Vermögen der RN Refining & Marketing GmbH bleiben beschränkt und stehen unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Bundesnetzagentur.
5.
Die Kosten der Treuhandverwaltung in Bezug auf die Rosneft Deutschland GmbH hat die Rosneft Deutschland GmbH zu tragen. Sie hat auf Verlangen der Bundesnetzagentur hierauf Vorschüsse zu leisten.
6.
Die Kosten der Treuhandverwaltung in Bezug auf die RN Refining & Marketing GmbH hat die RN Refining & Marketing GmbH zu tragen. Sie hat auf Verlangen der Bundesnetzagentur hierauf Vorschüsse zu leisten.

Begründung

I. Sachverhalt

1.
Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH
Die Rosneft Deutschland GmbH mit Sitz in Berlin ist eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 184025 B („Rosneft Deutschland“). Ihre unmittelbare Gesellschafterin ist die Rosneft Holdings Ltd. S.A. in Luxemburg, ihre mittelbare Gesellschafterin die LLC RN-Foreign Projects mit Sitz in der Russischen Föderation.
Rosneft Deutschland ist laut dem Handelsregisterauszug in den Geschäftsbereichen Einkauf, Logistik, Lagerung, Verarbeitung und Vertrieb sowie Handel mit Rohöl, Ölprodukten, Flüssiggas, Trockengas, Erdölchemie/​Petrochemie, Elektroenergie und anderen Produkten aus der Erdölverarbeitung, Quoten für CO2 sowie Marketing, Einkauf und Vertrieb von Dienstleistungen in der Erdöl- und Gasindustrie und Einzelhandel mit Treibstoffen, Betreiben von Tankstellen und Erwerben und Veräußern von Beteiligungen im Energiesektor tätig.
Zusammen mit der RN Refining & Marketing GmbH ist Rosneft Deutschland mit einer Verarbeitungsmenge von mehreren Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland. Die beiden Unternehmen vereinen knapp 12 % der gesamten Erdölverarbeitungskapazität in Deutschland auf sich.
Rosneft Deutschland hält Beteiligungen an der PCK Raffinerie GmbH in Schwedt/​Oder, an der Bayernoil Raffineriegesellschaft mbH, an der Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG und an verschiedenen Ölleitungen in Deutschland (Deutsche Transalpine Oelleitung GmbH), in Österreich (Transalpine Ölleitung GmbH), in Italien (Soc IT per I’Oléodotto Transalpino SpA) und in Frankreich (Société du pipeline Sud-Européen SA).
Rosneft Deutschland lässt in den Raffinerien der PCK Raffinerie GmbH in Schwedt/​Oder („PCK-Raffinerie“), der Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG („MiRO-Raffinerie“) in Karlsruhe und der Bayernoil Raffineriegesellschaft mbH („Bayernoil-Raffinerie“) in Vohburg/​Neustadt a.d. Donau Erdöl verarbeiten und ist ihrem Anteil an der jeweiligen Raffinerie und dem dort verarbeiteten Erdöl entsprechend auch für den Vertrieb der in den Raffinerien produzierten Mineralölprodukte verantwortlich.
Die RN Refining & Marketing GmbH mit Sitz in Berlin ist eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 167578 B („RN Refining & Marketing“). Einzige Gesellschafterin ist die LLC RN-Foreign Projects mit Sitz in der Russischen Föderation. Die LLC RN-Foreign Projects hält demnach sämtliche Anteile an der RN Refining & Marketing (unmittelbar) und an Rosneft Deutschland (mittelbar über Rosneft Holdings Ltd. S.A.).
Die RN Refining & Marketing ist laut dem Handelsregisterauszug in den Geschäftsbereichen Einkauf, Logistik, Lagerung, Verarbeitung und Vertrieb von Rohöl, Ölprodukten, Flüssiggas, Trockengas, Erdölchemie/​Petrochemie, Elektroenergie und anderen Produkten aus der Erdölverarbeitung, Quoten für CO2 sowie Marketing, Einkauf und Vertrieb von Dienstleistungen in der Erdölindustrie und im Einzelhandel mit Treibstoffen, Betreiben von Tankstellen sowie dem Erwerben und Veräußern von Beteiligungen im Energiesektor tätig. RN Refining & Marketing unterstützt im Rahmen eines gegenseitigen Dienstleistungsvertrags als Servicegesellschaft die Rosneft Deutschland mit standardisierten administrativen Leistungen im Bereich Controlling, Buchhaltung und Berichtswesen sowie des Managements von Liquidität und Kreditrisiken.
RN Refining & Marketing ist mit 66,7 % an der AET Raffineriebeteiligungsgesellschaft mbH beteiligt, die ihrerseits 25 % an der PCK Raffinerie GmbH hält. Rosneft Deutschland, die 37,5 % an der PCK-Raffinerie hält, und die mit ihr verbundene RN Refining & Marketing halten demnach die Mehrheit der Anteile an der PCK-Raffinerie. Im Jahr 2022 stellte die PCK-Raffinerie rund 10 Millionen Tonnen Erdölprodukte her, davon über 3 Millionen Tonnen Dieselkraftstoff.
2.
Treuhandanordnung vom 14. September 2022
Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing stehen seit der Anordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 14. September 2022 (BAnz AT 16.09.2022 B1) unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Die Treuhandverwaltung ist auf das Energiesicherungsgesetz gestützt und wurde zuletzt durch die Anordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 7. September 2023 (BAnz AT 08.09.2023 B1) bis zum 10. März 2024 verlängert.
3.
Wirtschaftliche Lage
Nachdem Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing vor der Anordnung der Treuhandverwaltung keine rechtzeitigen, ausreichenden Vorkehrungen getroffen hatten, um im Fall einer Lieferunterbrechung ihren Versorgungsbeitrag weiter leisten zu können, wurde im Rahmen der seit dem 16. September 2022 bestehenden Treuhandverwaltung die Rohölversorgung der PCK-Raffinerie durch Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing diversifiziert. Russisches Rohöl darf gemäß Artikel 3m Verordnung (EU) 833/​2014 seit dem 24. Juni 2023 nicht mehr in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt werden. Eine Versorgung der Raffinerien der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing mit russischem Rohöl ist damit unmöglich. Die Versorgung der PCK-Raffinerie mit Rohöl internationaler Energieunternehmen und -händler erfolgt derzeit vor allem per Pipeline über die Häfen Rostock und Danzig sowie mit kasachischem Rohöl über die Druschba-Pipeline.
Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ist deutlich geworden, dass bei einem Wiedererlangen der Kontrolle der russischen Eigentümerinnen über die Rosneft Deutschland und die RN Refining & Marketing der Betrieb der PCK-Raffinerie gefährdet wäre, weil Rohölhändler und -transporteure eine Zusammenarbeit mit der Rosneft Deutschland, der RN Refining & Marketing und ihren Beteiligungsgesellschaften dann ablehnen würden. Für die Raffinerien in Karlsruhe (MiRO-Raffinerie) und in Vohburg/​Neustadt a.d. Donau (Bayernoil-Raffinerie), an denen die Rosneft Deutschland beteiligt ist, hat sich ebenfalls gezeigt, dass eine Belieferung der Raffinerien mit Rohöl bei einem Wiedererlangen der Kontrolle der russischen Eigentümerinnen über die Rosneft Deutschland beeinträchtigt wäre. Im Rahmen der bestehenden Treuhandverwaltung belegen Anfragen, Verhandlungen und Hinweise, insbesondere von Geschäftspartnern, wie Lieferanten, Kunden, Dienstleistern und Banken, dass mit Auslaufen der aktuellen Treuhandverwaltung der Betrieb der von der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing betriebenen Raffinerien wesentlich beeinträchtigt wäre. Aufgrund von Folgeeffekten bestünde das Risiko von Lieferengpässen für End- und Großhandelskunden in verschiedenen deutschen Regionen, insbesondere im Südwesten und Osten.
Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing sind für eine verlässliche Versorgung der betroffenen Raffinerien weiterhin auf diversifizierte Lieferquellen angewiesen. Deshalb ist eine Fortsetzung der unter der bestehenden Treuhandverwaltung der Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing betriebenen Diversifizierung der Rohölversorgung für den Geschäftsbetrieb der Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing und damit der betroffenen Raffinerien angesichts ihrer Bedeutung für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit Blick auf die Versorgung mit Rohölprodukten in Deutschland erforderlich. Eine solche Diversifizierung der Rohöllieferungen wurde vor der Treuhandanordnung vom 14. September 2022 weder durch Rosneft Deutschland, RN Refining & Marketing noch durch ihre russischen und luxemburgischen Muttergesellschaften nachhaltig und dauerhaft betrieben, noch ist sie ohne eine Treuhandverwaltung in ausreichendem Maße für sie möglich. Dies liegt maßgeblich daran, dass Rohöllieferanten angesichts des drohenden Endes der Treuhandverwaltung und einer unklaren Zukunftsperspektive nach dem 10. März 2024 ihre Lieferbereitschaft daran knüpfen, dass die Treuhandverwaltung verlängert wird und die russischen und luxemburgischen Muttergesellschaften die Kontrolle über Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing nicht zurückerlangen.
Zentrale Vertragspartner von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing knüpfen die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung an das Bestehen einer Treuhandverwaltung über die beiden Unternehmen. Wesentliche Verträge von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing enthalten Sonderkündigungsrechte für die jeweiligen Vertragspartner für den Fall, dass die Treuhandverwaltung ausläuft. Daher droht mit Auslaufen der Treuhandverwaltung eine erhebliche Einschränkung des Geschäftsbetriebs der Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing aufgrund von Overcompliance-Verhalten von Vertragspartnern, die betriebsnotwendige Dienstleistungen zur Verfügung stellen oder Rohöl liefern.

II. Rechtliche Würdigung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kann gemäß § 17 Absatz 1 bis 5 und Absatz 8 EnSiG durch einen Verwaltungsakt ein Unternehmen, das selbst oder durch verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes Kritische Infrastrukturen im Sinne von § 2 Absatz 10 des BSI-Gesetzes (BSIG) im Sektor Energie betreibt, unter Treuhandverwaltung stellen, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung das Unternehmen seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Eine Treuhandverwaltung kann gemäß § 17 Absatz 2 Satz 2 EnSiG verlängert werden, wenn die Voraussetzungen nach § 17 Absatz 1 EnSiG weiterhin vorliegen.

1.
Kritische Infrastrukturen
Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing betreiben als verbundene Unternehmen Kritische Infrastrukturen im Sinne von § 17 Absatz 1 EnSiG (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. März 2023, 8 A 2/​22, Randnummer 40 ff.).
Nach § 2 Absatz 10 BSIG in Verbindung mit § 2 Absatz 6 und Anhang 1 Teil 3 Spalte B Nummer 3.4 der BSI-Kritisverordnung (BSI-KritisV) ist der Mineralölhandel eine Kritische Infrastruktur. Rosneft Deutschland ist unter anderem im Mineralölhandel tätig, den sie durch Tochtergesellschaften betreibt. Die Schwellenwerte von 4 400 000 Tonnen/​Jahr (abgewickeltes Erdöl) und 420 000 Tonnen/​Jahr (abgewickelter Kraftstoff) werden überschritten.
Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing sind aufgrund ihrer gemeinsamen Muttergesellschaft, der LLC RN-Foreign Projects, verbundene Unternehmen. Sie betreiben durch ihre Tochtergesellschaft PCK Raffinerie GmbH eine Raffinerie, die ihrerseits zur Kritischen Infrastruktur im Sinne von § 17 Absatz 1 EnSiG gehört; Raffinerien sind nach § 2 Absatz 10 BSIG in Verbindung mit § 2 Absatz 6 und Anhang 1 Teil 3 Spalte B Nummer 3.1.2 der BSI-KritisV ebenfalls eine Kritische Infrastruktur. Der Schwellenwert von 420 000 Tonnen/​Jahr (erzeugter Kraftstoff) wird überschritten.
Darüber hinaus ist Rosneft Deutschland über die Beteiligungen an den Raffinerien Bayernoil und MiRO an weiteren Kritischen Infrastrukturen beteiligt.
2.
Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie
Die Geschäftstätigkeit von Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing ist für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit erforderlich. Die Rosneft Deutschland ist durch den Umfang ihrer Ölhandelsgeschäfte und verschiedener Beteiligungen an Raffinerien und Ölleitungen ein zentrales Unternehmen der Ölversorgung in Deutschland. Die gemeinsam mehrheitlich von der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing betriebene PCK-Raffinerie gehört zu den größten Raffinerien in der Bundesrepublik Deutschland. Durch diese Raffinerie wird eine Grundversorgung des Nordostens Deutschlands und des Berliner Flughafens mit Mineralölprodukten sichergestellt. Bei einem Ausfall der PCK-Raffinerie würden im Großraum Berlin/​Brandenburg mehrere hunderttausend Tonnen Diesel und Heizöl monatlich fehlen und müssten durch Ersatzbeschaffungen ausgeglichen werden.
Die Raffinerien PCK, MiRO und Bayernoil hatten in den Jahren 2019 bis 2023 zusammen einen Anteil von rund 35 % an der gesamten deutschen Raffinerieproduktion. Bei Ottokraftstoffen liegt ihr Anteil deutlich höher. Bei einem Ausfall der durch die Rosneft Deutschland kontrollierten Anteile an den Raffinerien MiRO und Bayernoil würden im daraus resultierenden Teillastbetrieb in Süddeutschland Produktmengen in Höhe von mehreren hunderttausend Tonnen Diesel und Heizöl pro Monat fehlen.
Bei einem Ausfall dieser Raffineriekapazitäten erscheint es unmöglich, diese Fehlmengen kurzfristig zu beschaffen und zu transportieren, und es besteht in der Folge ein hohes Risiko von Versorgungsengpässen im Osten und im Süden Deutschlands.
3.
Drohende Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit und Absicherung durch Treuhandverwaltung
Um die Versorgung mit Mineralölprodukten in Deutschland zu sichern, ist eine Aufrechterhaltung des derzeitigen Betriebs der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing notwendig. Da eine Lösung dieses Problems von den Marktkräften nicht zu erwarten ist, ist ein staatliches Eingreifen erforderlich.
Auf Grund des fortdauernden Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine ist nicht erkennbar, dass sich die Lage der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing in absehbarer Zukunft verbessern wird. Deshalb ist eine langfristige Lösung für die Rosneft Deutschland und die RN Refining & Marketing erforderlich, damit die Gesellschaften auf Dauer in der Lage sein werden, ihre dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Rosneft Holdings Ltd S.A. und die Rosneft Foreign Projects LLC am 6. Februar 2024 nach § 20 Absatz 2 Satz 1 EnSiG angehört.
Danach haben der Bund sowie die Rosneft Holdings Ltd S.A. und die Rosneft Foreign Projects LLC am 28. Februar 2024 eine Vereinbarung geschlossen, in der die Rosneft Holdings Ltd S.A. und die Rosneft Foreign Projects LLC erklärt haben, bis zum 31. August 2024 einen Verkauf der Beteiligungen an der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing an einen Dritten zum Abschluss bringen zu wollen. Wegen dieser Vereinbarung besteht Grund zu der Annahme, dass bis zum 31. August 2024 die Verbindung der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing zu dem Unternehmen Rosneft nicht mehr bestehen wird.
Ohne eine weitere Verlängerung der Treuhandverwaltung nach § 17 EnSiG würden Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing ihre dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht länger erfüllen können. Dadurch droht eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit. Die in § 17 Absatz 1 EnSiG umschriebenen Aufgaben eines Unternehmens, das Kritische Infrastruktur im Energiesektor betreibt, bestehen darin, seinen bisher geleisteten Beitrag zur Energieversorgung weiter zu erbringen. Zur Aufgabenerfüllung im Sinne des § 17 Absatz 1 EnSiG gehört auch, rechtzeitige und ausreichende Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das Unternehmen auf absehbare Veränderungen der Marktbedingungen reagieren und seinen Versorgungsbeitrag unter geänderten Rahmenbedingungen weiterhin erbringen kann (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. März 2023, 8 A 2/​22, Randnummer 48 f.).
Durch das ohne eine Verlängerung der Treuhandverwaltung zu erwartende Verhalten der Vertragspartner der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing droht unmittelbar eine erhebliche Beeinträchtigung des Betriebs der beiden Unternehmen.
Die hier angeordnete Verlängerung der Treuhandverwaltung wird dazu führen, dass Vertragspartner der Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing ihr seit dem 16. September 2022 aufgebautes Vertrauen aufrechterhalten und bereit sind, ihre Geschäftstätigkeit mit beiden Gesellschaften fortzusetzen. Dadurch können Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing ihre Geschäftstätigkeit im Bereich der Mineralölwirtschaft fortführen und so ihren Versorgungsbeitrag erbringen.
Die Verlängerung der Treuhandverwaltung gewährleistet, dass Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing weiterhin zuverlässige Ölbezugsquellen zur Verfügung stehen, die von einer Belieferung aus Russland unabhängig sind. Ohne eine Treuhandverwaltung könnten Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing die begonnene Diversifizierung ihrer Ölversorgung und die Stabilisierung des Geschäftsbetriebes nicht fortsetzen, da wesentliche Geschäftspartner ihre Geschäftsbeziehungen einstellen würden. Die hier angeordnete Verlängerung der Treuhandverwaltung ermöglicht den Abschluss von Öllieferverträgen mit Rohöllieferanten, die über zuverlässige Bezugswege verfügen. Die Verlängerung der Treuhandverwaltung sichert dadurch die Versorgung der Raffinerien mit Rohöl.
4.
Vereinbarkeit mit völkerrechtlichen Vorgaben
Die Anordnung ist mit völkerrechtlichen Vorgaben vereinbar. Sie verstößt insbesondere nicht gegen den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom 13. Juni 1989 (Sowjetisch-Deutsches Investitionsschutzabkommen (SDI), BGBl. 1990 II S. 342, 343). Wenn der Schutzbereich des SDI eröffnet sein sollte, läge eine nach Artikel 4 Absatz 1 SDI tatbestandsmäßige Enteignung oder Maßnahme mit gleichartigen Auswirkungen nur bei einer Entziehung von Eigentumsrechten oder bei einer faktischen oder schleichenden Enteignung (de-facto expropria­tion, creeping expropriation) im Sinne einer enteignungsgleichen Maßnahme vor. Dazu müsste die Maßnahme dem Betroffenen die wesentlichen Eigentümerbefugnisse nicht nur vorübergehend entziehen und dürfte ihm kaum mehr als die Hülle des Eigentumsrechts lassen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. März 2023, 8 A 2/​22, Randnummer 108 f.). Die vorliegende Anordnung unterscheidet sich hiervon in ihrer Eingriffsintensität, ihrer zeitlichen Dimension sowie aufgrund ihres diskriminierungsfreien regulatorischen Rahmens. Sie ist erneut auf sechs Monate befristet und lässt neben der Inhaberstellung der Gesellschafter auch deren Bezugsrechte unberührt. Die Gesellschafter üben ihre Inhaberstellung derzeit dadurch aus, dass sie einen Verkauf der Beteiligungen an Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing betreiben. Die Anordnung stellt auch keine unzulässige Benachteiligung oder diskriminierende Maßnahme im Sinne von Artikel 3 SDI dar. Eine Treuhandverwaltung mit der hier angeordneten Geltungsdauer überschreitet daher nicht die Schwelle zur enteignungsgleichen Wirkung.
5.
Verhältnismäßigkeit
Die Anordnung ist verhältnismäßig. Sie ist zur Abwehr der konkreten Gefahr, dass Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing ihre dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen werden, insbesondere deshalb geeignet, weil zu erwarten ist, dass durch die weitere Verlängerung der Treuhandverwaltung Vertragspartner ihre Geschäftsbeziehungen mit Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing fortsetzen werden. Dadurch kann ein wirtschaftlicher Ausfall von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing mit weitreichenden Folgen für die Versorgungssicherheit verhindert werden. Damit wird zugleich der Betrieb der PCK-Raffinerie weiterhin gesichert, indem eine zuverlässige Belieferung der PCK-Raffinerie mit Rohöl sichergestellt wird.
Die Anordnung ist erforderlich. Mildere und gleich geeignete Mittel stehen nicht zur Verfügung. Ein sogenannter Comfort Letter und nur einzelne der in § 17 Absatz 4 EnSiG aufgeführten Maßnahmen sind vor dem Hintergrund der bestehenden Vertragsverhältnisse bei der Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing nicht in gleichem Maße geeignet, weil maßgebliche Marktteilnehmer die Fortführung ihrer Geschäftsbeziehungen mit Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing von einer umfassenden „Entmakelung“ und damit von einer Treuhandverwaltung im Sinne von § 17 Absatz 1 und 4 EnSiG abhängig machen. Eine Treuhandanordnung über die PCK Raffinerie GmbH wäre nicht in gleichem Maße geeignet, weil die zuverlässige Belieferung der PCK-Raffinerie mit Rohöl dadurch nicht erreicht werden könnte. Die Ursache der die Betriebsfortführung gefährdenden Overcompliance – der maßgebliche Einfluss der Konzernmutter auf die Tochtergesellschaften – würde dadurch nicht behoben (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. März 2023, 8 A 2/​22, Randnummer 98). Die Verlängerung der Treuhandverwaltung ist insbesondere gegenüber einer Enteignung nach den §§ 18 ff. EnSiG derzeit das mildere Mittel.
Die Anordnung ist angemessen. Die Schwere des Eingriffs steht in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck, die Versorgungssicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Die Versorgungssicherheit in der Bundesrepublik Deutschland ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut von überragender Bedeutung für das Gemeinwohl (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. März 2023, 8 A 2/​22, Randnummer 101). Die Sicherung der Energieversorgung dient dem Wohl der Allgemeinheit und geht den privaten Interessen der Anteilseigner vor. Dies gilt insbesondere angesichts der herausragenden Bedeutung von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing sowie der PCK Raffinerie GmbH als Teil der Kritischen Infrastruktur für die Ölversorgung in Deutschland. Deshalb und mit Blick auf die dargelegten positiven Effekte für den Geschäftsbetrieb betrifft dies auch die Kostentragungspflicht von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing gemäß der Nummern 5 und 6 dieser Anordnung.
6.
Verlängerung der Treuhandverwaltung
Eine weitere Verlängerung der seit dem 16. September 2022 bestehenden Treuhandverwaltung mit der vorliegenden Anordnung ist gemäß § 17 Absatz 2 Satz 2 EnSiG zulässig. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Treuhandverwaltung nach § 17 Absatz 1 EnSiG liegen weiterhin vor, weil weiterhin die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung die Unternehmen ihre dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen werden, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Gleichwohl ist eine Treuhandverwaltung ihrer Natur nach eine befristete Maßnahme und es wird nach langfristigen Lösungen gesucht.
7.
Anhörung
Eine Anhörung nach § 28 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes wurde gegenüber der Rosneft Holdings Ltd. S.A., der LLC RN-Foreign Projects, der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing durchgeführt.

Dieser Verwaltungsakt wird mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam (§ 17 Absatz 3 Satz 3 und 4 EnSiG) und ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 17 Absatz 6 Satz 1 EnSiG).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, Klage erhoben werden.

Berlin, den 7. März 2024

Der Bundesminister
für Wirtschaft und Klimaschutz

In Vertretung
Philipp

Leave A Comment