Vorschlag an die BaFin

Published On: Donnerstag, 16.05.2024By Tags: ,

In Anbetracht des aktuellen Urteils des BGH wäre es äußerst hilfreich, wenn die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) die Auswirkungen dieses Urteils erläutern würde. Eine detaillierte Erklärung könnte viele Anleger unterstützen und ihnen Klarheit über die rechtlichen und finanziellen Konsequenzen verschaffen.

Ein solches Vorgehen seitens der BaFin würde möglicherweise Unsicherheiten abbauen und dazu beitragen, informierte Entscheidungen zu treffen. Anleger könnten besser verstehen, wie sich das Urteil auf ihre bestehenden und zukünftigen Investments auswirkt und welche Maßnahmen sie gegebenenfalls ergreifen sollten.

Insgesamt wäre eine offizielle Stellungnahme der BaFin nicht nur wünschenswert, sondern auch notwendig, um die Marktstabilität zu fördern und das Vertrauen der Anleger in die Finanzaufsichtsbehörde und den gesamten Finanzmarkt zu stärken.

Unser Bericht zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 2024 – VIII ZR 226/22

Sachverhalt:

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass einem in Deutschland wohnhaften Verbraucher ein Widerrufsrecht hinsichtlich „Kauf- und Dienstleistungsverträgen“ über Teakbäume in Costa Rica zusteht, die über Fernkommunikationsmittel mit einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen abgeschlossen wurden, ohne dass eine Widerrufsbelehrung erfolgt ist. Dieses Widerrufsrecht ist nicht zeitlich befristet.
Details des Falls:

Die Beklagte, ein Schweizer Unternehmen, bot über ihre Website den Ankauf von Teakbäumen in Costa Rica an, mit der Aussicht auf Rendite durch den Verkauf des Holzes. Zudem wurde den Käufern angeboten, die Bäume während der Vertragslaufzeit zu bewirtschaften, zu pflegen, zu fällen und zu verkaufen.

Der Kläger, wohnhaft in Deutschland, schloss 2010 und 2013 über Fernkommunikationsmittel je einen Kauf- und Dienstleistungsvertrag über 800 bzw. 600 Teakbäume für insgesamt 37.200 € bzw. 44.000 € mit Laufzeiten von 17 bzw. 14 Jahren. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten bestimmten, dass das Vertragswerk Schweizer Recht unterliege und Streitigkeiten nur vor Schweizer Gerichten verhandelt würden. Eine Widerrufsbelehrung erhielt der Kläger nicht.

Im August 2020 widerrief der Kläger seine Willenserklärungen zu beiden Verträgen.

Prozessverlauf:

Der Kläger forderte die Rückzahlung der Entgelte abzüglich bereits erzielter Holzerlöse, insgesamt 35.595,14 € bzw. 41.532,93 €, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte aus den Verträgen. Die Vorinstanzen gaben der Klage weitgehend statt. Die Beklagte verfolgte ihr Klageabweisungsbegehren weiter durch Revision.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass dem Kläger nach deutschem Recht ein unbefristetes Widerrufsrecht zusteht, da keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorlag. Die internationalen und materiellen Rechtsvorschriften wurden wie folgt beurteilt:

Internationale Zuständigkeit: Die deutschen Gerichte sind zuständig gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c und Art. 16 Abs. 1 Alt. 2 des Lugano-Übereinkommens (LugÜ II).
Anwendbares Recht: Trotz der Wahl des Schweizer Rechts in den AGB, greift deutsches Recht gemäß Art. 6 Rom I-VO. Das Günstigkeitsprinzip erlaubt keine Abweichung zu Ungunsten des Verbrauchers.
Widerrufsrecht: Nach § 312b, § 312d, § 355 und § 357 BGB (in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung) hat der Kläger ein Widerrufsrecht, das nicht nach § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB aF ausgeschlossen ist, da der Vertrag keinen spekulativen Kern hatte.

Begründung:

Die Verträge gelten als Fernabsatzverträge mit Finanzdienstleistungscharakter. Das Widerrufsrecht war aufgrund fehlender Widerrufsbelehrung nicht erloschen. Die Definition der Finanzdienstleistung umfasst auch langfristige Investitionen wie das vorliegende „Teakinvestment“.

Auswirkungen des Urteils:

Dieses Urteil stellt klar, dass Verbraucher in der EU auch bei grenzüberschreitenden Verträgen, die über Fernkommunikationsmittel geschlossen wurden, ein unbefristetes Widerrufsrecht haben, wenn keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt ist. Es verdeutlicht die Geltung deutschen Verbraucherschutzrechts in solchen Fällen und die Unwirksamkeit entgegenstehender Klauseln in den AGB.

Das Urteil könnte auch andere Unternehmen dazu veranlassen, ihre Vertragsbedingungen und Widerrufsbelehrungen zu überprüfen, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.

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