Befangenheitsantrag

Published On: Samstag, 13.07.2024By

In einem aufsehenerregenden Schritt hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig am 5. Juli 2024 ein Ablehnungsgesuch gegen die Berufsrichter der 2. Strafkammer des Landgerichts Braunschweig eingereicht. Der Vorwurf: Besorgnis der Befangenheit in einem laufenden Verfahren wegen mehrfacher Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.

Auslöser für diesen ungewöhnlichen Schritt war ein Beschluss der Kammer vom 3. Juli 2024, der den seit November 2022 bestehenden Haftbefehl gegen den Angeklagten aufhob. Die Staatsanwaltschaft sieht in diesem Beschluss Anzeichen dafür, dass das Gericht bereits zu einem vorzeitigen Urteil gekommen sei, ohne die vollständige Beweisaufnahme abzuwarten.

Die Anklagebehörde kritisiert scharf, dass ihre Argumente zur Tat- und Schuldfrage in dem Beschluss völlig übergangen wurden. Sie befürchtet, dass die Kammer sich bereits auf einen Freispruch festgelegt habe und die noch ausstehenden Beweiserhebungen, die bis Oktober geplant sind, als bedeutungslos erachte.

Besonders kritisch sieht die Staatsanwaltschaft, dass ihr zwar formal rechtliches Gehör gewährt wurde, ihre Stellungnahme zur Aufhebung des Haftbefehls jedoch in den Beschlussgründen keinerlei Berücksichtigung fand. Dies erwecke den Eindruck, dass die Kammer die Argumente der Staatsanwaltschaft entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bewusst ignoriert habe.

Aufgrund dieser Umstände sieht die Staatsanwaltschaft die Unparteilichkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt. Sie hat daher nicht nur die Ablehnung der befassten Richter und eine Neubesetzung der Kammer beantragt, sondern plant auch, Beschwerde gegen den Aufhebungsbeschluss einzulegen.

Dieser Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die komplexen Herausforderungen im Justizsystem, insbesondere bei der Wahrung der Balance zwischen den Rechten des Angeklagten und den Interessen der Strafverfolgung. Die weitere Entwicklung dieses Falls wird mit Spannung erwartet, da er möglicherweise weitreichende Implikationen für die Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen haben könnte.

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