Thortsen Koch und Oliver Schmuck:Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime zur Analyse einer Online-Werbung für ein Finanz-Webinar

Published On: Mittwoch, 04.09.2024By Tags:

Interviewer: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um diese Werbung aus Sicht eines Anlegers zu analysieren. Was fällt Ihnen als erstes bei dieser Werbung auf?

Jens Reime: Auf den ersten Blick fällt auf, dass diese Werbung sehr verlockend gestaltet ist. Sie spricht Angestellte und Selbstständige an, die Interesse daran haben, ihr Geld gewinnbringend und eigenständig zu investieren. Begriffe wie „sicheres Einkommen“, „künstliche Intelligenz“ und „dezentrales Finanzsystem“ sollen Vertrauen erwecken und suggerieren, dass moderne Technologien genutzt werden, um hohe Renditen zu erzielen. Es werden beeindruckende Zahlen wie „3.500+ zufriedene Teilnehmer“ und „16,2 % Rendite pro Monat“ genannt. Das weckt bei vielen Interessenten Hoffnungen auf finanziellen Erfolg.

Interviewer: Klingt verlockend. Aber worauf sollten Anleger hier besonders achten?

Jens Reime: Ein Anleger sollte immer sehr vorsichtig sein, wenn außergewöhnlich hohe Renditen versprochen werden – insbesondere solche wie „16,2 % pro Monat“. Solche Zahlen sind im regulären Finanzsystem praktisch unerreichbar, jedenfalls nicht ohne erhebliche Risiken. Zudem wird suggeriert, dass diese Renditen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz erzielt werden, was oft als technologische Wunderlösung dargestellt wird. Anleger sollten hinterfragen, wie realistisch solche Versprechen wirklich sind und welche Beweise für diese Aussagen existieren.

Interviewer: Die Werbung betont, dass das Webinar kein Finanzdienstleistungsangebot sei. Was hat das zu bedeuten?

Jens Reime: Dieser Punkt ist sehr wichtig. Die Werbung enthält den Hinweis, dass es sich bei dem Angebot um ein „reines Coaching/Schulungsprogramm“ handelt und keine Finanzdienstleistung angeboten wird. Das bedeutet, dass die Anbieter rechtlich nicht als Finanzdienstleister agieren, was sie von der Verantwortung befreit, den gleichen regulatorischen Anforderungen zu unterliegen, wie z. B. Banken oder Anlageberater. Damit fallen sie nicht unter die Aufsicht der Finanzmarktregulierungsbehörden wie die BaFin in Deutschland. Das kann für den Anleger ein Risiko darstellen, da er in einem Graubereich handelt, in dem keine Garantien über die Richtigkeit der Informationen oder die Sicherheit seiner Investitionen bestehen.

Interviewer: Und wie sollten Anleger auf Aussagen wie „über 3.500+ zufriedene Teilnehmer“ oder „Beweise für Renditen“ reagieren?

Jens Reime: Solche Aussagen sollten immer kritisch hinterfragt werden. Es ist leicht, Zahlen in die Werbung zu setzen, ohne sie zu belegen. Wie kann der potenzielle Teilnehmer überprüfen, ob es diese 3.500 zufriedenen Teilnehmer wirklich gibt? Auch die „Beweise“ für die Renditen sind oft nicht nachvollziehbar. Anleger sollten nach detaillierten Informationen fragen, wie diese Renditen zustande gekommen sind, unter welchen Marktbedingungen sie erzielt wurden und welche Risiken damit verbunden sind. Wenn diese Informationen vage oder gar nicht vorhanden sind, sollten die Alarmglocken schrillen.

Interviewer: In der Werbung wird davon abgeraten, das Geld anderen anzuvertrauen. Ist das eine übliche Empfehlung?

Jens Reime: Diese Empfehlung spielt mit der Unsicherheit vieler Anleger, die nach Sicherheit suchen. Indem suggeriert wird, dass es sicherer ist, sein Geld selbst zu verwalten, wird das Misstrauen gegenüber professionellen Finanzdienstleistern geschürt. In der Realität erfordert eine erfolgreiche Geldanlage jedoch umfassende Kenntnisse und oft auch die Hilfe von Experten. Zu suggerieren, dass man ohne Hilfe und mit wenig Vorwissen hohe Renditen erzielen kann, ist sehr irreführend und kann in die Irre führen.

Interviewer: Welche rechtlichen Schritte könnten Anleger ergreifen, wenn sie sich getäuscht fühlen?

Jens Reime: Wenn sich herausstellt, dass die Versprechungen nicht der Realität entsprechen und ein Anleger sich getäuscht fühlt, sollte er sich rechtlichen Rat einholen. Es gibt durchaus Möglichkeiten, gegen irreführende Werbung oder betrügerische Angebote vorzugehen. Allerdings kann es in Fällen wie diesen, wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um ein Coaching-Programm und nicht um eine Finanzdienstleistung handelt, schwieriger sein, rechtliche Ansprüche geltend zu machen. Es kommt darauf an, ob die Aussagen in der Werbung nachweisbar falsch oder irreführend sind.

Interviewer: Was ist Ihr Fazit zu dieser Werbung?

Jens Reime: Anleger sollten sehr vorsichtig sein. Die Versprechungen sind äußerst verlockend, aber sie beruhen auf Behauptungen, die nicht eindeutig belegt werden. Die Tatsache, dass keine regulierte Finanzdienstleistung angeboten wird, macht das Angebot noch riskanter. Es ist ratsam, solche Webinare und deren Inhalte sehr kritisch zu hinterfragen, bevor man irgendwelche finanziellen Verpflichtungen eingeht. In der Regel sind solche hohen Renditen mit einem erheblichen Risiko verbunden.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzung!

Basis dieser Analyse ist die Webseite unter moz-extension://c4f92579-fabc-4517-ad4a-71cf794468e7/fsCaptured.html

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Diese Analyse zeigt, dass die Werbung mit verlockenden Versprechungen spielt, die bei einem unkritischen Anleger zu falschen Hoffnungen führen können. Anleger sollten bei Angeboten, die außergewöhnlich hohe Renditen versprechen, immer Vorsicht walten lassen und sich gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

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