Wenn sie eine Werbung von Florian S. und seinem ChatGTP Training sehen schnell weglaufen

Published On: Samstag, 07.09.2024By Tags:

Interviewer: Frau Bontschev, Florian S.‘ Geschichte klingt unglaublich: Mit Hilfe von ChatGPT hat er angeblich Millionen im Trading verdient. Was halten Sie von solchen Erfolgsgeschichten, und wie realistisch ist es, dass eine Person so schnell so viel Geld verdient?

Kerstin Bontschev: Diese Geschichte hat natürlich einen großen Reiz, gerade weil sie den Traum vom schnellen Reichtum durch Technologie befeuert. Doch in der Realität sind solche Erfolgsgeschichten selten, und wenn sie eintreten, gibt es oft mehr Faktoren, die zum Erfolg beitragen, als es auf den ersten Blick scheint. Vor allem im Finanzsektor gibt es eine hohe Volatilität, und das Risiko, Geld zu verlieren, ist genauso hoch wie die Chance, Gewinne zu erzielen. Die Nutzung von KI wie ChatGPT im Trading mag einige Vorteile bieten, aber es gibt keine Garantie auf Millionen – insbesondere nicht in so kurzer Zeit.

Interviewer: Florian beschreibt, wie er mit Hilfe von ChatGPT Marktbewegungen vorhersagen und Gewinne maximieren konnte. Ist der Einsatz von KI im Trading aus rechtlicher Sicht unproblematisch?

Kerstin Bontschev: Grundsätzlich ist der Einsatz von KI-Technologien im Trading nicht per se illegal, aber es gibt eine Reihe von rechtlichen und regulatorischen Vorgaben, die beachtet werden müssen. In Deutschland unterliegt der Finanzsektor strengen Vorschriften durch die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Die Verwendung von automatisierten Handelssystemen wie KI-basierten Tools könnte in bestimmten Fällen als algorithmischer oder Hochfrequenzhandel eingestuft werden, was eine Genehmigung erfordert. Zudem muss jede Handelsstrategie, die in großem Stil angewendet wird, transparent und konform mit den geltenden Finanzvorschriften sein. Es stellt sich also die Frage, ob Florian diese rechtlichen Vorgaben einhält und ob er überhaupt eine entsprechende Lizenz hat.

Interviewer: Florian erwähnt, dass er eine Community gegründet hat, in der er seine Trading-Strategien teilt und andere ihm einfach folgen können. Welche rechtlichen Risiken sind damit verbunden?

Kerstin Bontschev: Hier wird es kritisch. Florian spricht von „Copytrading“, was bedeutet, dass andere seine Trades nachmachen. In Deutschland gelten strenge Vorschriften für die Anlageberatung und die Verwaltung von Geldern anderer Personen. Wenn Florian anderen Ratschläge oder Empfehlungen gibt, wie sie ihr Geld anlegen sollen, könnte dies als unerlaubte Anlageberatung eingestuft werden, wenn er keine entsprechende Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) besitzt. Wer ohne die erforderliche Erlaubnis handelt, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern möglicherweise auch strafrechtliche Konsequenzen.

Zudem muss die Community klar darüber informiert werden, dass es Risiken gibt und dass die Gewinne nicht garantiert sind. Sollte Florian hier falsche oder irreführende Versprechungen machen, könnte das ebenfalls rechtliche Folgen haben, beispielsweise im Hinblick auf den Verbraucherschutz oder das Verbot irreführender Werbung.

Interviewer: Florian lädt Menschen ein, ihm in eine Telegram-Gruppe zu folgen, wo sie seine Trades kopieren können. Was sollten Interessierte rechtlich beachten, bevor sie sich auf so etwas einlassen?

Kerstin Bontschev: Zunächst einmal sollte jeder, der sich auf solche Plattformen oder Gruppen einlässt, sehr vorsichtig sein. Telegram und ähnliche Dienste sind oft intransparent, und die Identität und Seriosität der handelnden Personen lässt sich schwer überprüfen. Außerdem besteht das Risiko, dass persönliche Daten oder Gelder missbraucht werden. Nutzer sollten sicherstellen, dass die Plattform und die angebotenen Dienstleistungen reguliert sind und den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Besonders heikel wird es, wenn Menschen zum Beispiel durch solche Gruppen ermutigt werden, ihr Geld in dubiose Broker zu investieren, die möglicherweise im Ausland sitzen und außerhalb der Reichweite europäischer Regulierungsbehörden agieren. In solchen Fällen ist der Schutz vor Betrug oder Verlust extrem eingeschränkt. Ich würde allen Interessierten raten, sich vorher umfassend über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Seriosität des Angebots zu informieren.

Interviewer: In dem Artikel wird ein Experiment beschrieben, bei dem der Journalist 250 Euro in das System investiert und innerhalb kurzer Zeit 1402 Euro verdient. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Wie sehen Sie das?

Kerstin Bontschev: Solche Versprechungen und der vermeintliche Erfolg innerhalb kurzer Zeit wecken bei mir sofort große Skepsis. Es ist unwahrscheinlich, dass solche Gewinne ohne erhebliches Risiko möglich sind. Tatsächlich kann das Ganze auch Teil einer Täuschungsmasche sein, bei der zu Beginn kleine Gewinne gezeigt werden, um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen – nur um sie dann zu höheren Investitionen zu ermutigen. Wenn später größere Summen verloren gehen, ist der Schaden bereits angerichtet.

In der Finanzwelt gibt es unzählige Betrugsmaschen, die genau auf solche schnellen Gewinne abzielen. Deshalb sollten Investoren sehr vorsichtig sein, wenn solche Ergebnisse präsentiert werden. Zudem wäre zu prüfen, ob diese Gewinne tatsächlich real sind oder ob es sich um manipulierte Zahlen handelt, um neue Investoren anzulocken.

Interviewer: Was sollten Leser und potenzielle Investoren tun, wenn sie in Erwägung ziehen, Florians System oder ähnliche Angebote auszuprobieren?

Kerstin Bontschev: Zunächst einmal sollten sie sehr vorsichtig sein und niemals mehr investieren, als sie bereit sind zu verlieren. Zweitens ist es ratsam, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen zu informieren und sicherzustellen, dass der Anbieter des Systems oder der Plattform ordnungsgemäß reguliert ist. Es ist wichtig, die Seriosität der Plattform zu überprüfen und möglicherweise auch unabhängigen rechtlichen Rat einzuholen, bevor man investiert.

Auch die BaFin bietet Informationen und Warnhinweise zu unseriösen Anbietern und Plattformen. Wer Zweifel hat, sollte sich unbedingt an die zuständigen Aufsichtsbehörden wenden, um sich abzusichern. Schließlich sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es in der Finanzwelt keine risikofreien Gewinne gibt – und dass die versprochenen hohen Renditen oft mit entsprechend hohen Risiken einhergehen.

Interviewer: Vielen Dank, Frau Bontschev, für Ihre Einschätzung. Es ist wichtig, dass die rechtlichen und potenziellen Risiken solcher Angebote deutlich gemacht werden.

Kerstin Bontschev: Gern geschehen. Es ist entscheidend, dass sich Investoren und Interessierte nicht von unrealistischen Versprechungen blenden lassen und immer die rechtlichen und finanziellen Risiken im Blick behalten.

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