Analyse des Angebots „Festzins von 6,50%“ aus Anlegersicht//testsieger.festzins-kapitalanlagen.de

Published On: Samstag, 14.09.2024By Tags:

Frage 1: Frau Bontschev, wenn Sie den vorliegenden Anlagevorschlag aus rechtlicher Sicht betrachten, was fällt Ihnen als Erstes auf?

Kerstin Bontschev: Zunächst fällt mir die sehr verlockende Art der Darstellung auf. Es wird mit hohen Festzinsen von 6,50 % pro Jahr geworben, was im aktuellen Niedrigzinsumfeld durchaus attraktiv erscheinen mag. Gleichzeitig werden Schlagworte wie „hohe Sicherheiten“, „hervorragende Anlagemöglichkeiten“ und „ausgezeichnete Geldanlage“ verwendet, um Vertrauen zu schaffen. Als Rechtsanwältin sehe ich jedoch auch die Risiken, die in solchen Angeboten oftmals nicht direkt angesprochen werden. Zum Beispiel wird zwar die „Bonität“ des Unternehmens erwähnt, aber keine detaillierten Informationen zu den genauen Sicherheiten oder Risiken der Anleihe angegeben. Das könnte für den Anleger ein problematischer Punkt sein.


Frage 2: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Risiken für potenzielle Anleger bei einem solchen Angebot?

Kerstin Bontschev: Ein großes Risiko bei solchen Angeboten besteht darin, dass die Informationen stark gefiltert und auf das Positive fokussiert sind. Der Festzins von 6,50 % klingt sehr gut, aber er birgt auch ein erhöhtes Risiko, da keine Anlageform hohe Zinsen ohne entsprechende Risiken bietet. Besonders in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage, wo viele Unternehmen mit Unsicherheiten konfrontiert sind, ist es wichtig zu hinterfragen, wie stabil das Unternehmen wirklich ist, das hinter diesem Angebot steht. Auch die Sicherheit der Anleihe ist nicht immer so hoch, wie es in der Werbung erscheint. Unternehmensanleihen sind typischerweise nicht durch staatliche Einlagensicherungen gedeckt, wie es bei Bankeinlagen der Fall wäre.


Frage 3: In der Werbung wird von einer „modernen und wachstumsstarken Firma im deutschen Mittelstand“ gesprochen. Was bedeutet das für den Anleger?

Kerstin Bontschev: Der Begriff „wachstumsstark“ suggeriert, dass es sich um ein florierendes Unternehmen handelt, das eine vielversprechende Zukunft hat. Dies kann aber auch bedeuten, dass das Unternehmen stark wächst, jedoch noch nicht stabil genug ist, um mögliche Marktschwankungen oder Krisen zu überstehen. Mittelständische Unternehmen können flexibler und dynamischer agieren als große Konzerne, sind aber auch oft anfälliger für wirtschaftliche Schwankungen. Als Anleger sollte man sich daher genauer mit dem Unternehmen auseinandersetzen – insbesondere durch eine Bonitätsprüfung oder Einblick in die Bilanzzahlen.


Frage 4: Wie bewerten Sie den vorgeschlagenen Mindestanlagebetrag von 5.000 Euro?

Kerstin Bontschev: Ein Mindestanlagebetrag von 5.000 Euro ist im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten nicht besonders hoch, was die Investition für viele Anleger zugänglich macht. Allerdings sollte man sich vor Augen führen, dass man hier eine relativ hohe Summe in eine einzelne Anlageform steckt, die nicht risikolos ist. Es wäre ratsam, nur einen Teil des verfügbaren Kapitals zu investieren und die Diversifizierung – also die Aufteilung des Geldes auf verschiedene Anlageformen – im Blick zu behalten. Eine so gebundene Summe kann bei Zahlungsausfällen oder Liquiditätsproblemen des Unternehmens schwerwiegende finanzielle Auswirkungen haben.


Frage 5: Im Angebot wird auf „transparente und geprüfte“ Angebote hingewiesen. Wie ist das zu verstehen?

Kerstin Bontschev: Das klingt zunächst positiv, aber hier müssen Anleger vorsichtig sein. Der Begriff „geprüft“ ist nicht gesetzlich geregelt, das bedeutet, dass er in der Werbung oft verwendet wird, ohne dass eine objektive oder behördliche Prüfung dahintersteht. Die Frage ist also: Wer hat geprüft, wie und nach welchen Kriterien? Eine wirkliche Transparenz wäre gegeben, wenn der Anleger Zugang zu detaillierten Informationen über das Unternehmen, die Anleihebedingungen, eventuelle Sicherheiten und die Risiken hätte. Es ist wichtig, die Versprechen der Werbung nicht blind zu vertrauen, sondern eigenständig Informationen einzuholen und, wenn möglich, professionelle Beratung hinzuzuziehen.


Frage 6: Welche rechtlichen Schritte sollten Anleger unternehmen, bevor sie sich für eine solche Investition entscheiden?

Kerstin Bontschev: Anleger sollten sich vor einer Investition umfangreich informieren. Das heißt, sie sollten das Kleingedruckte in den Angebotsunterlagen lesen, sich über die Bonität des Unternehmens informieren und gegebenenfalls eine Finanz- oder Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Man sollte auch prüfen, ob es sich um eine regulierte Anlageform handelt, die von der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) überwacht wird. Falls es Unsicherheiten gibt, wäre es ratsam, das Angebot nicht nur nach seiner Rentabilität, sondern auch nach den damit verbundenen Risiken zu bewerten. Rechtliche Schritte könnten auch die Einholung einer zweiten Meinung oder eine genauere Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Anlage beinhalten.


Frage 7: Wie beurteilen Sie die Aussage, dass diese Geldanlage „besser als Aktien und Fonds“ sei?

Kerstin Bontschev: Solche Aussagen sind aus rechtlicher und finanzieller Sicht sehr problematisch. Es ist unseriös, zu behaupten, dass eine Anlageform pauschal besser sei als eine andere. Aktien und Fonds haben völlig andere Risiko- und Ertragsprofile als Unternehmensanleihen. Es hängt immer von den individuellen Anlagezielen, dem Risikoprofil des Anlegers und der wirtschaftlichen Lage ab, welche Anlageform für jemanden „besser“ ist. Solche Aussagen sollen vor allem den Eindruck erwecken, dass das beworbene Produkt besonders sicher oder vorteilhaft sei. Anleger sollten sich jedoch immer bewusst machen, dass höhere Erträge auch höhere Risiken mit sich bringen.


Frage 8: Was raten Sie Anlegern abschließend, die mit diesem Angebot konfrontiert werden?

Kerstin Bontschev: Ich rate dringend dazu, das Angebot kritisch zu prüfen und sich nicht allein von hohen Zinsversprechen blenden zu lassen. Es ist wichtig, ein gutes Verständnis von den Risiken zu entwickeln, die mit solchen Investitionen einhergehen. Besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit sind Anleihen von mittelständischen Unternehmen risikobehafteter als andere Anlageformen. Eine solide Beratung durch einen unabhängigen Finanzberater oder Rechtsanwalt ist auf jeden Fall ratsam, bevor man größere Geldbeträge investiert. Transparenz, Diversifikation und eine fundierte Risikoabwägung sollten immer im Vordergrund stehen.


Zusammenfassung: Frau Bontschev hebt deutlich die Wichtigkeit hervor, das Angebot kritisch zu hinterfragen, insbesondere im Hinblick auf die Versprechen von hohen Festzinsen und vermeintlich geringen Risiken. Anleger sollten nicht nur die potenziellen Gewinne sehen, sondern sich auch eingehend mit den rechtlichen und finanziellen Risiken auseinandersetzen.

Leave A Comment