Anleihen haben natürlich ein Totalverlustrisiko

Published On: Sonntag, 15.09.2024By Tags:

So auch das Angebot der ENESPA AG aus der Schweiz. Hier raten wir auch deshalb zur Vorischt, weil das Unternehmen trotz großem Investments bis heute kaum Erträge erzielt.

Die Werbematerialien der Enespa AG präsentieren ihr Investmentangebot als eine attraktive Anlageoption, die mit einem jährlichen Zinssatz von 6 % auf die Obligationsanleihe wirbt. Die Enespa AG ist in den Bereichen chemisches Recycling von Plastikabfällen, Ölveredelung und Anlagenbau tätig, was auf den ersten Blick innovative und umweltfreundliche Geschäftsfelder sind, die in einem wachsenden Markt operieren. Doch es gibt mehrere kritische Punkte, die Investoren sorgfältig prüfen sollten, bevor sie eine Entscheidung treffen.

Hier sind die wichtigsten Aspekte, die aus der Perspektive eines kritischen Anlegers betrachtet werden sollten:


1. Verwirrende Unternehmensstruktur

Die Enespa AG scheint eine komplexe Unternehmensstruktur mit mehreren Tochtergesellschaften zu haben:

  • Enespa AG Appenzell, das Mutterunternehmen
  • Enespa AG Balzers als Emittentin der Anleihe
  • Weitere Tochterunternehmen wie die Enespa GmbH Deutschland und die Enespa Oil GmbH.

Ein kompliziertes Unternehmensgeflecht kann es Anlegern erschweren, genau zu verstehen, wie die verschiedenen Geschäftsfelder miteinander interagieren und welche Gesellschaft letztendlich für die Rückzahlung der Anleihen verantwortlich ist.

Frage: Wird hier nur mit einem guten Namen gespielt, um Investoren zu ködern?

Es ist denkbar, dass der komplexe Unternehmensaufbau das Ziel verfolgt, durch die Nutzung internationaler Standorte, wie beispielsweise Liechtenstein und Deutschland, Vertrauen bei Anlegern aufzubauen. Doch ohne eine klare Übersicht über die Finanzlage der gesamten Gruppe könnte der gute Name des Hauptunternehmens nur als Fassade genutzt werden, um Investoren zu gewinnen. Die tatsächliche Bonität und Zahlungsfähigkeit der Enespa AG Balzers bleibt unklar.


2. Hoch riskantes Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell der Enespa AG basiert auf der Thermolyse von Plastikabfällen zur Gewinnung von Öl, der Ölveredelung sowie dem Verkauf von Recyclinganlagen. Während diese Technologien auf den ersten Blick vielversprechend klingen, handelt es sich um sehr kapitalintensive und risikoreiche Geschäftsmodelle.

  • Plastic-to-Oil-Anlagen: Die Idee, Plastik in Öl umzuwandeln, ist technologisch anspruchsvoll und erfordert erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung. Zwar wird behauptet, dass die Technologie wirtschaftlich betrieben werden kann, aber es gibt keine klaren Beweise, dass dies in großem Maßstab tatsächlich rentabel ist.
  • Ölveredelung: Auch dieses Geschäftsfeld ist volatil und stark von den Marktpreisen für Öl und der Nachfrage nach Spezialölen abhängig. Die Konkurrenz in diesem Bereich ist hoch, und es besteht das Risiko, dass die Enespa AG nicht in der Lage ist, sich am Markt zu behaupten.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass sich diese Technologien möglicherweise langsamer als erwartet entwickeln. Die Produktionskapazitäten, die im Szenario „Ziel“ angegeben werden, wirken sehr optimistisch und könnten sich als unrealistisch herausstellen.

Frage: Wird hier auf unrealistische Versprechungen gesetzt?

Die Erwartungen hinsichtlich des Umsatzes und der Kapazitäten (200 Tonnen pro Tag bei Plastikrecycling und Ölveredelung) sind extrem hoch. Es ist unklar, ob diese optimistischen Annahmen tatsächlich eintreten oder ob die Firma diese Zahlen verwendet, um Investoren mit der Aussicht auf schnelles Wachstum zu ködern.


3. Fehlende finanzielle Transparenz

Ein entscheidendes Risiko bei der Investition in die Enespa AG besteht darin, dass die finanziellen Informationen über das Unternehmen nicht ausreichend transparent sind. Der Werbetext spricht von verschiedenen Szenarien („Start“, „konservativ“, „Ziel“), aber es fehlen klare Informationen über die tatsächliche finanzielle Situation des Unternehmens im aktuellen Geschäftsjahr.

  • Reingewinn: Es wird zwar behauptet, dass der Reingewinn den Zinsaufwand schon berücksichtigt, doch es gibt keine detaillierten Angaben darüber, wie die Gewinne im Einzelnen entstehen und ob diese nachhaltig sind.
  • Finanzierung durch Anleihen: Ein weiteres Problem ist, dass das Unternehmen stark auf Fremdkapital angewiesen ist, um sein Geschäftsmodell zu finanzieren. Es wurden bereits mehrere Obligationen emittiert (5.8 %, 6.8 %, etc.), was darauf hinweist, dass das Unternehmen fortlaufend frisches Kapital benötigt, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Dies erhöht das Risiko für Investoren, da die Rückzahlung der Anleihen von der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens in der Zukunft abhängt.

Frage: Geht es hier nur darum, frisches Kapital zu akquirieren, um Schulden zu bedienen?

Die wiederholte Emission von Anleihen wirft die Frage auf, ob die Enespa AG möglicherweise eine Schuldenfalle aufbaut. Das Unternehmen könnte neue Anleihen ausgeben, um bestehende Verpflichtungen zu decken, was zu einem Schneeballsystem führen könnte. Dies könnte für Anleger problematisch werden, wenn das Geschäftsmodell nicht schnell genug Cashflow generiert, um die Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen zu erfüllen.


4. Risiko des Totalverlusts

Der Disclaimer weist deutlich darauf hin, dass ein Investment in die Anleihe der Enespa AG nicht für jede Anleger geeignet ist und dass es unter ungünstigen Umständen zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen kann. Die Tatsache, dass das Unternehmen noch in einer Aufbauphase ist, erhöht das Risiko erheblich.

Frage: Ist das Risiko des Totalverlusts realer, als es dargestellt wird?

Angesichts der hohen Kapitalbedarfe und der unsicheren Geschäftsfelder ist das Risiko eines Totalverlusts durchaus real. Die fehlende Erfahrung des Unternehmens in der Skalierung dieser Technologien sowie der Mangel an finanziellen Erfolgen aus der Vergangenheit könnten darauf hindeuten, dass Anleger bei diesem Investment ein erhebliches Risiko eingehen.


Fazit

Es gibt zahlreiche rote Flaggen im Zusammenhang mit dem Investmentangebot der Enespa AG. Das Geschäftsmodell klingt zwar innovativ und nachhaltig, ist jedoch mit erheblichen technischen und finanziellen Risiken verbunden. Die Nutzung des Namens „Enespa AG“ und die Werbung mit hohen Zinsen könnten darauf abzielen, Investoren mit optimistischen Versprechungen zu locken, während die tatsächlichen Risiken heruntergespielt werden.

Investoren sollten äußerst vorsichtig sein und sicherstellen, dass sie den Prospekt gründlich lesen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Angesichts der hohen Risiken und der mangelnden finanziellen Transparenz stellt sich die Frage, ob hier tatsächlich solide Geschäftsaussichten bestehen oder ob nur mit einem guten Namen und grünen Technologien versucht wird, frisches Kapital zu akquirieren.

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