Man stelle sich vor: Die oberste Sicherheitsriege der mächtigsten Nation der Welt plant Militärschläge nicht etwa in einem Hochsicherheitsraum mit Stahlwänden und Iris-Scanner – sondern in einem Gruppenchat. Auf Signal. Also quasi im digitalen Hinterzimmer der WhatsApp-Weltpolitik. Willkommen im Jahr 2025. Willkommen in Trumps Amerika 2.0 – jetzt mit noch weniger Verantwortungsbewusstsein!
Was da ans Licht kam, wirkt wie eine schlechte Parodie auf Regierungsarbeit – nur leider ist es Realität. Wie Jeffrey Goldberg vom Atlantic erfahren durfte, offenbar aus Versehen zum Chat hinzugefügt (oder war’s ein spontaner “Bring den Presseonkel mal rein, ist doch nix Geheimes”-Moment?), diskutierten Trump-nahe Topbeamte munter über mögliche Luftschläge im Jemen. Sensible Daten? Militäroperationen? Angriffsszenarien? Kein Problem, das klären wir im Gruppenchat. Wahrscheinlich mit ein paar Emojis garniert.
Verteidigungsminister Pete Hegseth, ehemals TV-Kommentator und jetzt offenbar auch Chefstratege für Smartphone-Kriegsführung, soll laut Atlantic konkrete Einsatzpläne geteilt haben – natürlich nur “intern”, unter Freunden. Dass ein Journalist im Chat war? Ach, Kleinigkeiten. Vertrauen ist doch das Fundament jeder militärischen Kommunikation, oder?
Und was macht der Präsident? Empört sich nicht etwa über den peinlichen Vorfall – sondern über The Atlantic. Natürlich. Statt Verantwortung gibt’s Empörung, statt Rücktritte gibt’s Likes und Retweets vom “Department of Government Efficiency”-Chef Elon Musk. Der machte sich über die Sache lustig – was bei einer so effizienten Regierung natürlich auch der einzig logische Umgang mit einer möglichen Verletzung des Espionage Acts ist.
Apropos Espionage Act: Jeder normale Regierungsmitarbeiter, der ein Geheimdokument auf dem falschen Drucker vergisst, riskiert jahrelange Haft. Aber wenn hochrangige Beamte versehentlich einen Journalisten zu einer Live-Kriegsstrategie-Diskussion einladen? Naja, “wir lernen alle noch”, meint jedenfalls Senator Tuberville. Eine Art Fortbildung on the job, offenbar.
Und wer dachte, der Skandal sei damit schon auf dem Gipfel der Absurdität angekommen, wird von den Chat-Inhalten eines Besseren belehrt. Da schwadroniert man nicht nur über Kriegspläne, sondern auch über den ewigen Lieblingsfeind: Europa. Laut Hegseth und Co. sollen unsere transatlantischen “Freunde” bitte gefälligst dafür zahlen, dass die USA mal wieder Weltpolizist spielen. Schließlich profitieren sie ja wirtschaftlich vom Frieden – wie unverschämt.
Natürlich gibt es keine Rücktritte. Keine echten Ermittlungen. Wozu auch? Wenn man das Justizministerium wie ein Familienunternehmen führt, fragt man nicht nach Verantwortung – man verteilt Loyalitätspunkte. Und wer nicht spurt, bekommt den Goldberg-Stempel: „disqualifiziert, unseriös, übertrieben kritisch“.
Was bleibt? Ein Gruppenchat, der wohl mehr über die Außen- und Sicherheitspolitik dieser Regierung aussagt als jeder Bericht des Verteidigungsausschusses. Und ein Präsident, der lieber mit dem Finger auf andere zeigt, als sich zu fragen, ob es vielleicht doch ein Fehler war, seine nationale Sicherheitsstrategie wie einen Podcast mit alten Fox-News-Kollegen zu betreiben.
Aber immerhin haben wir gelernt: Wenn’s brenzlig wird, einfach ins Handy tippen – das nächste geopolitische Desaster ist nur einen Gruppenchat entfernt.
Kommentar hinterlassen