Redaktion: Herr Blazek, das LKA warnt aktuell vor einer neuen Bargeld-Betrugsmasche auf offener Straße. Was ist aus juristischer Sicht besonders brisant an dieser Vorgehensweise?
Daniel Blazek: Es handelt sich hier um eine klassische Täuschung in Verbindung mit einem Vermögensschaden, also um Betrug im strafrechtlichen Sinne nach § 263 StGB. Besonders perfide ist die emotionale Komponente: Die Täter appellieren an das Mitgefühl von Passanten – und nutzen ihre Hilfsbereitschaft gezielt aus. Das ist kein „harmloser Trick“, sondern eine gezielte, organisierte Form des Betrugs.
Redaktion: Viele Menschen denken vermutlich: „Naja, man will ja nur helfen – und wenn das Geld doch angeblich überwiesen wird …“ Wie ist diese vermeintliche Rückzahlung rechtlich einzuordnen?
Blazek: Diese angebliche Rückzahlung über eine Banking-App ist Teil des Täuschungsmanövers. Die Täter bauen eine glaubwürdige Situation auf, tippen vielleicht sogar IBANs ein oder zeigen dem Opfer eine gefälschte Überweisungsbestätigung. Solange das Geld nicht tatsächlich auf dem Konto des Opfers eingegangen ist, sollte niemand einen Cent herausgeben. Die Täter nutzen hier ein Phänomen aus, das wir Juristen als „subjektive Sorglosigkeit“ bezeichnen – Menschen glauben, was sie sehen wollen.
Redaktion: Gibt es bei dieser Masche rechtlich eine neue Qualität?
Blazek: Ja, in zweierlei Hinsicht. Zum einen handelt es sich nicht um Einzeltäter, sondern um grenzüberschreitend agierende Gruppen, möglicherweise sogar mit bandenmäßiger Struktur – was strafverschärfend wirkt. Zum anderen wird hier in der Öffentlichkeit eine digitale Komponente eingebunden – durch das Vortäuschen einer App-Überweisung. Das bringt klassische Straßenkriminalität und moderne Technik auf gefährliche Weise zusammen.
Redaktion: Welche Konsequenzen drohen den Tätern – falls sie gefasst werden?
Blazek: Bei Betrug mit bandenmäßiger Begehung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Das Strafmaß hängt natürlich vom Einzelfall ab – insbesondere von der Schadenshöhe und der Zahl der Opfer. Und: Auch der Versuch ist strafbar. Wer sich also an einer solchen Masche beteiligt, auch wenn es nicht „klappt“, macht sich bereits strafbar.
Redaktion: Was raten Sie konkret den Bürgerinnen und Bürgern?
Blazek: Mein Rat ist ganz klar: Gesunder Menschenverstand vor Mitgefühl. Natürlich wollen wir helfen – aber nicht um jeden Preis. Lassen Sie sich nicht von Dramatik oder Freundlichkeit blenden. Bestehen Sie darauf, dass Geld erst fließt, wenn sichtbar und belegbar eine Rückzahlung eingegangen ist. Und wenn Ihnen etwas merkwürdig vorkommt: Rufen Sie die Polizei. Niemand ist „der Böse“, nur weil er skeptisch ist. Im Gegenteil – das schützt nicht nur Sie selbst, sondern potenziell auch andere.
Redaktion: Vielen Dank, Herr Blazek, für diese klaren Worte.
Daniel Blazek: Sehr gern. Und bitte: Teilen Sie diese Informationen weiter – Aufklärung ist der beste Schutz vor Betrug.
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