Nach dem bundesweit geltenden Abwasserabgabengesetz (AbwAG) müssen die Länder eine Abgabe erheben, wenn Abwasser in Gewässer eingeleitet wird. Diese sogenannte Abwasserabgabe bemisst sich in der Regel nach der Schädlichkeit des eingeleiteten Abwassers, wobei die Grundlage dafür im jeweiligen Genehmigungsbescheid festgelegt wird.
Der Fall
In zwei Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ging es um die Frage, ob sich Abwasserzweckverbände auf die Sonderregelungen für sogenannte Kleineinleitungen berufen können, um von einer vereinfachten Abgabeberechnung oder gar Abgabefreiheit zu profitieren.
Die Kläger, zwei Abwasserzweckverbände aus Sachsen, wandten sich gegen die Höhe der festgesetzten Abwasserabgaben:
- Im Verfahren 9 C 3.23 betraf dies die Einleitung von Schmutzwasser über eine Kleinkläranlage in Pyrna im Jahr 2016.
- Im Verfahren 9 C 4.23 ging es um die Abgabe für Einleitungen aus drei Kanaleinleitstellen in Rochlitz im Jahr 2006.
Beide Verbände argumentierten, dass die eingeleiteten Abwassermengen relativ klein seien und deshalb unter die günstigeren Bestimmungen des § 8 AbwAG fallen sollten, die Pauschalierungen oder Abgabebefreiungen vorsehen. Die Vorinstanzen entschieden unterschiedlich: Während die Verwaltungsgerichte die Klagen abwiesen, gab das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG Bautzen) den Klägern teilweise Recht.
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Das Bundesverwaltungsgericht hob die Urteile des OVG Bautzen auf und entschied zugunsten des beklagten Freistaats Sachsen. Die Berechnung der Abwasserabgabe auf Grundlage der Schädlichkeit sei rechtmäßig. Abwasserzweckverbände könnten sich nicht auf die Regelung für Kleineinleitungen nach § 8 AbwAG berufen.
Das Gericht begründete dies wie folgt:
- Klarer Wortlaut von § 8 AbwAG
Die Regelung für Kleineinleitungen gilt nur für Fälle, in denen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts „an Stelle der Einleiter“ abgabepflichtig ist. Dies trifft etwa auf Haushalte zu, die weniger als acht Kubikmeter Schmutzwasser pro Tag einleiten und deren Abgabe von einer Körperschaft übernommen wird. - Unterschiedliche Rechtsstellung der Abwasserzweckverbände
Die Abwasserzweckverbände sind im vorliegenden Fall selbst Einleiter und nicht als Vertreter oder Stellvertreter für Dritte tätig. Das bedeutet, dass sie für die von ihnen direkt eingeleiteten Abwassermengen voll abgabepflichtig sind und die Ausnahmeregelung für Kleineinleitungen nicht gilt. - Keine Vereinfachung für eigene Einleitungen
Die Zweckverbände als abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaften haben mehr Kontrolle über die Organisation und Optimierung der Abwasserbeseitigung als private Haushalte. Sie benötigen daher keine Pauschalierung oder Abgabebefreiung. Die gesetzliche Differenzierung sei sachgerecht, um den Lenkungszweck des Abwasserabgabengesetzes – den Schutz der Gewässer durch Vermeidung und Verminderung von Schadstoffeinleitungen – zu gewährleisten. - Unterschied zu Betriebsräten privater Unternehmen
Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass es ein Ziel des Gesetzgebers sei, den staatlichen Bereich stärker in die Verantwortung zu nehmen. Private Haushalte oder ähnliche kleinere Akteure können auf solche optimierenden Maßnahmen keinen Einfluss nehmen.
Fazit
Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass Abwasserzweckverbände bei der Einleitung von Abwasser in Gewässer nicht von den Erleichterungen für Kleineinleitungen profitieren können. Sie bleiben in vollem Umfang für ihre Einleitungen abgabepflichtig, und die Abgabe muss weiterhin nach der tatsächlichen Schädlichkeit des eingeleiteten Abwassers bemessen werden. Dies stärkt den Gewässerschutz und stellt sicher, dass auch öffentliche Körperschaften ihren Beitrag zur Vermeidung von Umweltbelastungen leisten.
Aktenzeichen:
- BVerwG 9 C 3.23 (Kleinkläranlage Pyrna, Urteil vom 13. November 2024)
- BVerwG 9 C 4.23 (Einleitungen Rochlitz, Urteil vom 13. November 2024)
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