Davon gehen wir derzeit dann mal aus, denn ansonsten macht das nun bei einer Gesellschaft nach der anderen Gesellschaft erlassenen „Verfügungsverbot“ keinen Sinn. Damit ist der jeweilige Geschäftsführer nur noch eine Art „Frühstücksdirektor“, mehr aber auch nicht.
Der Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots nach
§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO hat zur Folge, dass alle
Verfügungen des Schuldners absolut unwirksam sind. Die Leitungsorgane des Schuldners (Geschäftsführer, Vorstand) können weder Waren übereignen noch Zahlungen veranlassen.
Damit der Schuldner aber nicht handlungsunfähig ist, muss das allgemeine Verfügungsverbot mit einer weiteren Maßnahme aus § 21 InsO kombiniert werden. Es wird zugleich ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO). Dieser ist dann der „neue Boss“ im Unternehmen mit allen Kompetenzen. Er allein ist verwaltungs- und verfügungsbefugt (§ 22 Abs. 1 InsO) sowie prozessführungsbefugt (§ 24 Abs. 2 InsO). Nicht der Schuldner, sondern der vorläufige Verwalter darf vom Geschäftskonto Geld abheben, den Mitarbeitern kündigen und Waren veräußern. Da der vorläufige Verwalter damit alle Macht im Unternehmen hat, wird er als „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter bezeichnet.
In dieser Funktion geht er allerdings ein erhebliches Risiko ein, da er nach der Spezialvorschrift des
§ 55 Abs. 2 InsO Masseverbindlichkeiten begründet. Kauft der starke vorläufige Verwalter von einem Lieferanten Ware, wird der Lieferant automatisch Massegläubiger (
§ 55 Abs. 2 S. 1 InsO). Gleiches gilt, wenn Dauerschuldverhältnisse fortgeführt werden, d.h. Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden oder die Mietsache weiter genutzt wird (
§ 55 Abs. 2 S. 2 InsO). Das ist der entscheidende Nachteil (für ihn). Denn sollte sich später herausstellen, dass die Masse doch nicht für alle Massegläubiger reicht, muss der starke vorläufige Insolvenzverwalter notfalls privat mit seinem Vermögen für diese Verbindlichkeiten haften (
§ 61 InsO i.V.m.
§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Gerade für Betriebsfortführungen wird daher eine teleologische Reduktion der Haftung diskutiert.
In der Praxis wird von der Einsetzung eines starken Verwalters deswegen kaum Gebrauch gemacht.
Eine kleine Entschärfung ist in
§ 55 Abs. 3 InsO enthalten: Beschäftigt der Verwalter die Arbeitnehmer weiter und bekommen diese Insolvenzgeld von der Bundesagentur, sind die auf die Bundesagentur übergegangenen Ansprüche (
§ 169 SGB III) bloße Insolvenzforderungen (
§ 55 Abs. 3 S. 1 InsO).
Das allgemeine Verfügungsverbot wird öffentlich bekannt gemacht (
§ 9 InsO) und ins Handelsregister/Grundbuch eingetragen (
§ 23 InsO).
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