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Aktueller Stand der Regulierung des Grauen Kapitalmarkts- Anfrage der Fraktion DieLinke im Bundestag

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Am 24. Juli 2018 hat das Amtsgericht München das Insolvenzverfahren gegen die Grünwalder Investmentfirma P&R eröffnet (Süddeutsche Zeitung, P&R-An- leger können Ansprüche geltend machen, 25. Juli 2018). Der Containervermieter P&R ist für viele Anlegerinnen und Anleger überraschend Pleite gegangen.     54 000 von ihnen, im Durchschnitt rund 60 Jahre alt, fürchten um ein eingesetztes Kapital von 3,5 Milliarden Euro, das in vielen Fällen für die eigene Altersvor- sorge vorgesehen war (Kölnische Rundschau, Viele Senioren haben P&R vertraut – und könnten leer ausgehen, 27. Juni 2018).

Dies ist vermutlich der größte Anlegerbetrug, den es jemals in Deutschland gegeben hat – trotz Prokon, Infinus oder S&K. Der Finanzaufsicht BaFin wird derweil vorgeworfen, Warnsignale im Fall P&R ignoriert und zu spät bzw. gar nicht reagiert zu haben (WirtschaftsWoche, Wie viel  Verlass  ist  auf  die  BaFin?, 26. Juni 2018).

Kapitalanlagen in Seefrachtcontainer gehören zu der Anlageform der Direktin- vestments. Direktinvestments, Genussrechte, Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen fallen seit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes 2015 (Bundestagsdrucksache 18/3994) unter das Vermögensanlagegesetz, was unter anderem eine Pflicht zur Prospekterstellung begründet. Mithilfe des Kleinanlegerschutz- gesetzes sollten durch verbesserten Schutz von Anlegerinnen und Anlegern Vermögensschäden verhindert, das Vertrauen in die in Deutschland angebotenen Finanzdienstleistungen und -instrumente gestärkt und somit der weitgehend unregulierte Graue Kapitalmarkt ausgetrocknet werden.

Bereits in dem 2013 neu geschaffenen Kapitalanlagegesetzbuch (Bundestags- drucksache 17/12294) wurden sog. geschlossene AIF („Alternative Investment Funds“), die man bislang als geschlossene Investmentfonds bezeichnete, einer stärkeren Regulierung unterworfen. Geschlossene Investmentfonds, die beispielsweise in Immobilien, Container, Solaranlagen, Flugzeuge oder Filme investierten, zählten bis dato zu den Finanzinstrumenten des Grauen Kapitalmarktes und bescherten Anlegerinnen und Anlegern teils hohe finanzielle Verluste. Doch trotz dieser gesetzlichen Regelung gelten geschlossene Fonds immer noch als äußerst intransparent (Handelsblatt, Verbraucherschützer kritisieren Intransparenz ge- schlossener Fonds, 4. April 2018).

Die Bundesregierung sieht derzeit nichtsdestotrotz im Bereich des Grauen Kapitalmarkts keine Regulierungslücken und die Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend geschützt (Kleine Anfrage BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, Container- und Schiffsfinanzierungen, Bundestagsdrucksache 19/2551, Antwort auf Frage 41). Dies bedarf angesichts des aktuellen P&R-Skandals, aber auch vor dem Hintergrund zunehmender Insolvenzen bei Geldanlagen im „grünen“ bzw. Nachhaltigkeitsbereich (vgl. Verbraucherzentrale Hamburg, Insolvenzen bei ris- kanten Geldanlagen in der grünen Branche, www.geld-bewegt.de/sites/default/ files/2018-07/20180723_vzhh_%C3%9Cbersicht_Insolvenzen_Gruene-Branche. pdf, Stand: Juli 2018), einiger Nachfragen.

Denn es ist nach wie vor davon auszugehen, dass ein Grauer Kapitalmarkt exis- tiert und für die Anlegerinnen und Anleger eine große Gefahr darstellt (biallo.de, Öko-Investments: Grauer Kapitalmarkt birgt hohe Risiken, 26. Juli 2018).

Wir fragen deshalb die Bundesregierung:

  1. Wie viele der nachfolgend aufgeführten Finanzinstrumente, Vermögensanlagen bzw. Investitionsmöglichkeiten werden nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit jeweils in Deutschland vertrieben sind für Anlegerinnen und Anleger erwerbbar
    1. Unternehmensbeteiligungen an     Personengesellschaften, GmbH-An- teile, GbR-Anteile sowie stille Beteiligungen etc. (außer Aktien)
    2. Geschlossene Publikums-AIF, u. a. Beteiligungen an Sachwerte oder ÖPP-Projektgesellschaften
    3. Direktinvestments
    4. Offene Spezial-AIF, insbesondere Single-Hedge-Fonds
    5. Geschlossene Spezial-AIF, insbesondere Private-Equity-Fonds
    6. Genussrechte und andere hybride Anleiheformen
    7. Orderschuldverschreibungen
    8. Nachrangdarlehen
    9. Partiarischen Darlehen
    10. „Schrottimmobilien“
    11. Gold- oder Edelmetallsparpläne
    12. Crowdfunding
    13. Kauf-und-Rückvermietungs-Verträge/Rückmietverkauf (Sale-and-Lea- se-Back)
    14. Kryptowährungen?
  2. Wie hat sich die für Anlegerinnen und Anleger erwerbbare Anzahl der unter Frage 1 a-n) aufgeführten Finanzinstrumente, Vermögensanlagen und Investitionsmöglichkeiten in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (bitte für jedes Jahr und jedes Finanzinstrument einzeln aufführen; sofern es begriffliche Änderungen gegeben hat, bitte die Anzahl des äquivalenten Finanzin- struments benennen, z. B. „geschlossener Investmentfonds“ bis 2013, ab dann „geschlossener Publikums-AIF )?
  1. Wie hat sich – um einen Vergleich zu Finanzinstrumenten des Grauen Kapitalmarkts ziehen zu können – die für Anlegerinnen und Anleger erwerbbare Anzahl der folgenden Produkte der kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (bitte für jedes Jahr und jedes Produkt einzeln aufführen):
    1. Riester-Produkte (bitte aufgliedern nach Riester-Banksparplänen, Ries- ter-Investmentfondssparplänen, Riester-Rentenversicherungen, Riester- Bausparverträgen)
    2. Kapitallebens- und private Rentenversicherungen
    3. Fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen
    4. Produkte der „Neuen Klassik“?
  2. Wie viele fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen wurden in den vergangenen zehn Jahren von Versicherern, die nicht ihren Sitz in Deutschland, sondern z. B. in Liechtenstein, Luxemburg oder Großbritannien, haben, in Deutschland vertrieben (bitte einzeln nach Jahr und nach jeweiligem Land des Emittenten aufgliedern)?
  3. Wie hat sich – um einen Vergleich zu Finanzinstrumenten des Grauen Kapi- talmarkts ziehen zu können – die für Anlegerinnen und Anleger erwerbbare Anzahl der folgenden Finanzinstrumente in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (bitte für jedes Jahr und jedes Finanzinstrument einzeln auffüh- ren):
    1. OGAW, offene Investmentfonds
    2. Offene Publikums-AIF (bitte aufgliedern nach aa) Gemischten AIF
    3. bb) Sonstigen AIF
    4. cc) Dach-Hedge-Fonds und
    5. dd) Immobilien-Sondervermögen/OIF)?
  4. Wie hoch sind die jährlichen finanziellen Verluste von Anlegerinnen und Anlegern in Deutschland durch Produkte des Grauen Kapitalmarkts bzw. durch den Erwerb entsprechender Finanzinstrumente, die – bis zu den im Einleitungstext angesprochenen Regulierungen – aus Sicht der Bundesregie- rung zum Grauen Kapitalmarkt gehörten (bitte ab 2008 bis heute für jedes Jahr in Euro einzeln aufgliedern zum einen nach der BaFin-Aufzählung der Instrumente des Grauen Kapitalmarkts (www.bade/DE/Verbraucher/ GeldanlageWertpapiere/Investieren/GrauerKapitalmarkt/grauer_kapitalmarkt_ node.html), zum anderen bitte ab 2008 bis heute für jedes Jahr in Euro ein- zeln aufgliedern nach den Finanzinstrumenten/Investitionsmöglichkeiten, wie sie unter Frage 1 a-n aufgeführt sind)?
  5. Wie hoch sind die jährlichen finanziellen Verluste von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland durch Produkte der kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge und bei Verbraucherfinanzen (bitte ab 2008 für jedes Jahr in Euro einzeln aufgliedern nach jeweiligen Verlusten bei/durch Riester- Produkten, Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen, fondsgebun- denen Lebens- und Rentenversicherungen, OGAW/offene Investmentfonds, offene Publikums-AIF, Zinsen auf Dispositionskredite, Nichteinräumung von Sondertilgungsmöglichkeiten bei privater Immobilienfinanzierung, Restschuldversicherungen , orientiert an der Studie von Prof. Dr. Oehler, Die Verbraucherwirklichkeit: Mehr als 50 Milliarden Euro Schäden jährlich bei Altersvorsorge und Verbraucherfinanzen., Dez. 2012)?
  1. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu der Schätzung der Stiftung Warentest, auf die sich Prof. Oehler in oben genannter Studie bezieht, wonach Anlegerinnen und Anleger jährlich mindestens 30 Milliarden Euro nur am Grauen Kapitalmarkt verlieren (bitte begründen), und inwieweit kann die Bundesregierung diese Zahl bestätigen?
  2. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu der Schätzung des Bundeskri- minalamtes aus dem Jahr 2017, wonach Anlegerinnen und Anleger jährlich über 20 Milliarden Euro am Grauen Kapitalmarkt verlieren (br.de, Grauer Kapitalmarkt boomt, August 2017; bitte begründen), und inwieweit kann die Bundesregierung diese Zahl bestätigen?
  3. Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die Unterscheidungsmerkmale zwischen weißem, grauem und schwarzem Kapitalmarkt?
  4. Inwieweit existiert ein Grauer Kapitalmarkt in Deutschland, oder gibt es aus Sicht der Bundesregierung mittlerweile nur noch einen vollständig regulierten weißen und einen schwarzen, illegalen Kapitalmarkt (bitte begründen)?
  5. Wie positioniert sich die Bundesregierung dazu, dass viele Verbraucherschützerinnen und -schützer immer noch vor den Gefahren eines Grauen Kapitalmarkts warnen (vgl. Einleitungstext)?
  6. Wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung infolge des P&R-Skandals ein „stimmiges System“ aussehen, das „Sparer sicher durch den Dschungel riskanter Finanzprodukte führt“ (Handelsblatt, Schützt Anleger endlich vor unseriösen Finanzprodukten!, 20. März 2018)?
  7. Welche neueren Entwicklungen auf dem Grauen Kapitalmarkt bzw. bei hochriskanten bis „unseriösen“ Finanzinstrumenten/Investitionsmöglichkeiten – insbesondere bezüglich der Art/Struktur der angebotenen Finanzinstrumente – sind aus Sicht der Bundesregierung problematisch, und wie ist die- sen Entwicklungen vor allem aus Verbraucherschutzperspektive regulatorisch zu begegnen bzw. welche konkreten Pläne gibt es dafür?
  8. Auf welche Art und Weise kooperiert die Bundesregierung mit der Strafjustiz bei Fällen von Anlagebetrug insbesondere auf dem Grauen Kapitalmarkt?
  9. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Anlagebetrugs gab es in den vergan- genen zehn Jahren in Deutschland, und wie sind diese juristisch abgeschlossen worden (bitte einzeln aufführen; Name Unternehmer/n, Art des Finanzinstruments, Urteilsspruch etc., bitte auch auf das Verhältnis Strafanzeigen

– Ermittlungsverfahren eingehen)?

  1. Wie viele dieser Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren bezogen sich davon auf Finanzinstrumente oder Vermögensanlagen aus dem Bereich des Grauen Kapitalmarkts wie den unter Frage 1a-n) aufgeführten (bitte getrennt nach Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren sowie getrennt nach 1a-n) auffüh- ren)?
  2. Wie viele Strafanzeigen wegen Anlagebetrugs oder Fehlberatung gab es in Deutschland seit Oktober 2008 gegen Lehman Brothers oder Kreditinstitute bzw. Vermittler, die Lehman-Zertifikate verkauften (bitte jeweils getrennt nach Jahr, Anlagebetrug oder Fehlberatung, Kreditinstitut oder Vermittler aufführen)?
  3. In wie vielen Fällen davon kam es in Deutschland seit 2008 zu einem Ermitt- lungsverfahren durch Strafverfolgungsbehörden wegen Anlagebetrugs oder Fehlberatung (bitte jeweils getrennt aufführen)?

In wie vielen Fällen davon wurden Anlegerinnen und Anleger seit 2008 bei Anlagebetrug oder Fehlberatung im Zusammenhang mit dem Verkauf von Lehman-Zertifikaten entschädigt (vgl. BGH Az XI ZR 169/13 u. 480/13; bitte jeweils getrennt aufführen)?

 

  1. Was macht aus Sicht der Bundesregierung angesichts der beschriebenen Risiken des Grauen Kapitalmarkts dessen Attraktivität aus sind ihr Unter- suchungen bekannt, die für entsprechende Anlagen derart höhere realisierte Renditen festgestellt haben, dass diese in der Gesamtheit die beschriebenen Risiken bzw. realisierten Verluste rechtfertigen?
  2. Inwieweit führt die Bundesregierung die Entscheidungen von Anlegerinnen und Anlegern, sich für Anlagen am Grauen Kapitalmarkt zu entscheiden, primär auf eine mangelhafte, unsachgemäße bis hin zu betrügerische Anlageberatung einerseits zurück, und inwieweit sind es andererseits die mit gewisser Wahrscheinlichkeit oder spekulativ unterstellten erreichbaren hohen Renditeziele („Gier“)?
  3. Wenn mangelhafte, unsachgemäße bis hin zur betrügerischen Anlageberatung wesentliche Gründe für Anlageentscheidungen am Grauen Kapitalmarkt sind, wieweit sieht die Bundesregierung die Strukturen, in denen derartig fragwürdige bis illegale Anlageberatung erfolgt, als einen Teil organisierter Kriminalität an?

Welche gesetzlichen Folgen sind daraus zu ziehen?

  1. Welche Finanzvertriebe Vermögensverwaltungen, die in den vergange- nen zehn Jahren mithilfe eines Schneeballsystems bzw. Ponzi-Systems in Deutschland arbeiteten und Geld einwarben, sind der Bundesregierung be- kannt (bitte nach Jahren geordnet einzeln mit Name des Emittenten, Art des vertriebenen Finanzinstruments bzw. der Investitionsmöglichkeit, Anzahl der Anlegerinnen und Anleger, finanzieller Schaden für die Anlegerinnen und Anleger etc. aufführen)?
  2. Inwieweit geht die Bundesregierung ebenfalls davon aus, dass im Falle der P&R-Pleite ein Schneeballsystem dahinterstand (vgl. Frankfurter Rundschau, P&R betrieb Schneeballsystem, 26. Juli 2018)?
  3. Wie positioniert sich die Bundesregierung zum Picam-Anlageskandal, hinter dem auch ein Schneeballsystem vermutet wird (vgl. Handelsblatt, Anleger getäuscht?

Marionettenspiele beim Finanzanbieter Picam, 22. Juli 2018)?

  1. Welche verbraucherschutzrechtlichen Vorkehrungen sind aus Sicht der Bundesregierung europaweit und in Deutschland zu treffen, damit sich ein Anlageskandal wie bei Picam nicht wiederholt?
  2. Welche Rolle spielen nach Auffassung der Bundesregierung Verbriefungsplattformen innerhalb des Picam-Skandals, grundsätzlich innerhalb von Schneeballsystemen sowie grundsätzlich innerhalb des Grauen Kapital- markts?
  3. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung eine weitere Regulierung von Verbriefungsplattformen, und welche Regulierungsschritte befürwortet sie, auch wenn diese Verbriefungen derzeit grundsätzlich im europäischen Bin- nenmarkt grenzüberschreitend ohne besondere Erlaubnis verkauft werden dürfen (bitte begründen)?
  4. Wie viele „grüne“/nachhaltige Finanzinstrumente Investitionsmöglich- keiten werden nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in Deutschland vertrieben bzw. Anlegerinnen und Anlegern offeriert (bitte nach einzelnen Finanzinstrumenten etc. aufgliedern), und wie hat sich die Anzahl/das Ange- bot „grüner“/nachhaltiger Finanzinstrumente in den vergangenen zehn Jah- ren in Deutschland entwickelt (bitte für jedes Jahr einzeln aufgegliedert nach den jeweiligen Finanzinstrumenten etc. aufführen)?
  1. Inwieweit sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass im Bereich „grüne“, nachhaltige oder Öko-Investments ein neuer Zweig des Grauen Kapital markts entsteht und dynamisch wächst?
  2. Welche regulatorischen Vorkehrungen sind angesichts zunehmender Insol- venzen bei Geldanlagen im „grünen“ Nachhaltigkeitsbereich (vgl. Verbraucherzentrale Hamburg, siehe Einleitungstext) notwendig?

Welche gesetzlichen Maßnahmen sollen in dieser Legislaturperiode diesbe- züglich getroffen werden?

  1. Welche Verbesserungen insbesondere verbraucherschutzrechtlicher Art sind im Anwendungsbereich des Kapitalanlagegesetzbuches notwendig?
  2. Welche Verbesserungen insbesondere verbraucherschutzrechtlicher Art sind im Anwendungsbereich des Vermögensanlagengesetzes notwendig?
  3. Welche Verbesserungen insbesondere verbraucherschutzrechtlicher Art sind im Bereich des Kleinanlegerschutz(gesetz)es notwendig?
  4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Evaluation des Kleinanlegerschutzgesetzes, die vor gut einem Jahr vorgelegt wurde?

An welchen Stellen ist aus Sicht der Bundesregierung regulatorisch nachzu- justieren bzw. welche Finanzmarkt-Bereiche sollten besonders im Blick blei- ben und warum?

  1. Welche Verbesserungen bzw. Regulierungen insbesondere im Bereich des finanziellen Verbraucherschutzes möchte die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode anregen bzw. umsetzen?
  2. Inwieweit sorgt die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Finanzauf- sicht BaFin künftig dafür, dass im Gegensatz zum Fall P&R Warnungen bei Finanzinstrumenten bzw. Vermögensanlagen schneller aufgenommen und entsprechend reagiert wird/werden kann (bitte begründen)?
  3. Wie sind die Kontrolle und Aufsicht der Finanzaufsicht BaFin speziell für den Bereich der Vermögensanlagen und geschlossenen AIF strukturiert und organisiert?

Inwieweit unterscheidet sich diese Tätigkeit beispielsweise von der Aufsicht bezüglich Unternehmen, die Bankgeschäfte ohne Erlaubnis betreiben und die die BaFin regelmäßig und sehr schnell zur sofortigen Einstellung und Ab- wicklung des Einlagengeschäfts auffordert?

  1. In welcher Art und Weise ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Finanzaufsicht BaFin im Rahmen ihrer Aufgabe des kollektiven Verbraucherschutzes insbesondere im Bereich des Grauen Kapitalmarkts tätig?
  2. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu einer Erweiterung der Befug- nisse der Finanzaufsicht BaFin hinsichtlich eines Eingreifens gegenüber Ver- antwortlichen im Falle eines Anlagebetruges?
  3. Wie positioniert sich die Bundesregierung im Speziellen zur Einführung ei- ner kollektiver Rechtssicherung durch die Finanzaufsicht BaFin, gemäß der die BaFin unter anderem von den betroffenen Unternehmen Dokumente verlangen und Maßnahmen anordnen kann (bis hin zu Vorschlägen zur Scha- densregulierung), die zur Wahrung der Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern notwendig sind, wobei diese Maßnahmen die Verjährung der Ansprüche hemmen (nicht mit einer Sammelklage zu verwechseln) (vgl. Antrag Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Finanzaufsicht nach Anlagepleiten zum Schutz von Verbraucherinteressen stärken, Bundestagsdrucksache 18/8609)?
  1. Inwieweit sollte die Finanzaufsicht BaFin neben der formellen Prüfung der Verkaufsprospekte auf Erfüllung der gesetzlich geforderten Mindestangaben und auf einen verständlichen und kohärenten Prospektinhalt ebenso ein (umfassendes) inhaltliches, materielles Prüfungsrecht hinsichtlich der in den Verkaufsprospekten dargelegten Anlagevehikel und -ziele bekommen (bitte begründen)?
  2. Inwieweit erachtet es die Bundesregierung als sinnvoll und geboten, regel- mäßige, zum Beispiel zweijährliche, Tragfähigkeitsgutachten durch die Fi- nanzaufsicht BaFin (und nicht durch externe Wirtschaftsprüfer) bei Finan- zinstrumenten und Vermögensanlagen (u. U. ab einem bestimmten Finanz- volumen) verpflichtend einzuführen und somit das formelle Prüfungsrecht der BaFin zu erweitern?
  3. Inwieweit sieht es die Bundesregierung als geboten an, nicht nur isoliert ei- nen Prospekt auf Widersprüche in sich abzugleichen, sondern auch eine BaFin- Prüfung auf Kohärenz zwischen unterschiedlichen Prospekten (für ganz ähnliche oder gleiche Finanzinstrumente, z. B. bei den Direktinvest- ments P&R Container 6001, 6002, 6003 und 6004) eines einzelnen Emitten- ten künftig in die Prospektprüfung zu integrieren?
  4. Inwieweit sieht es die Bundesregierung als sinnvoll und geboten an, Anlege- rinnen und Anlegern bei grenzüberschreitenden Finanzangeboten auf ihr Verlangen hin das Recht auf eine vollständige Übersetzung des Prospekts in die Amtssprache des Ziellandes zu gewähren, damit in einem Schadensfall nicht die Anlegerin oder der Anleger den Prospekt auf eigene (meist sehr hohe) Kosten übersetzen lassen muss?
  5. Inwieweit führt nach Kenntnis der Bundesregierung die Finanzaufsicht BaFin eine regelmäßige Marktbeobachtung durch, um ihr 2015 geschaffenes Produktinterventionsrecht gemäß § 4b WpHG sachgerecht auszuüben?

Wie sieht diese Marktbeobachtung genau aus?

  1. Wie unterscheidet sich die Marktbeobachtung der Finanzaufsicht BaFin von der der Finanzmarktwächter der Verbraucherzentralen?

An welchen Punkten gibt es Überschneidungen?

  1. In wie vielen und welchen Fällen hat der Finanzmarktwächter der Verbrau- cherzentralen seit seiner Gründung die Finanzaufsicht BaFin über Verwer- fungen am Kapitalmarkt informiert (bitte einzeln aufführen), und in welchen Fällen reagierte die Finanzaufsicht BaFin auf welche Weise (bitte einzeln aufführen)?
  2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Finanzaufsicht BaFin von einer präventiven Produktintervention Gebrauch macht, wonach sie Verbote und Beschränkungen bereits vor Beginn der Vermarktung, des Vertriebs oder des Verkaufs aussprechen und damit an jeder Stelle der Wert- schöpfungskette und des Produkt- beziehungsweise Vertriebsprozesses ein- greifen kann?
  3. In welchen Fällen hat die Finanzaufsicht BaFin bisher das Produktinterven- tionsrecht angewandt, mit welcher Begründung und welchem Ergebnis (bitte die Fälle einzeln aufführen)?
  4. Inwieweit und an welchen konkreten Punkten sollte eine präventive Produkt- intervention nach Auffassung der Bundesregierung verbessert, weiterentwi- ckelt und der Anwendungsbereich ausgedehnt werden?
  1. Wie positioniert sich die Bundesregierung – vor dem Hintergrund eines bereits existierenden präventiven Produktinterventionsrechts – zu der Forderung nach einer öffentlich-rechtlichen Zulassungsbehörde für Finanzinstrumente aller Art auf nationaler und europäischer Ebene, die eine obligatorische, präventive Zulassungsprüfung entlang volkswirtschaftlicher sowie verbraucherschutzrelevanter Kriterien durchführt („Finanz-TÜV“; Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Eckpunkte zur Ausgestaltung eines Finanz-TÜV, Juni 2016, www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/Positionspapiere/ 2016/positionspapier-ak-finanz-tu-v-rk.pdf)?

An welchen Punkten aus diesem Finanz-TÜV-Konzept will die Bundesre- gierung in ihrer weiteren Arbeit anknüpfen und in welcher Form?

  1. Wie bewertet die Bundesregierung ein dem Finanz-TÜV ähnliches Verfah- ren in Indien, bei dem die Reserve Bank of India als Kontrollbehörde Finan- zinstrumente schrittweise erst dann zulässt, nachdem Fachleute der Bank das Finanzinstrument analysiert und verstanden haben oder nachdem Stellung- nahmen von Aktionärinnen und Aktionären, Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftlern, Finanzinstitutionen und nichtprofessionellen Kleinanlegerin- nen und Kleinanlegern eingeholt wurden (vgl. Shri G. Padmanabhan, Responsible Innovation in Finance, rbi.org.in/scripts/BS_Speeches View.aspx?Id=696, 18. Juni 2012, und Epstein/Crotty: Controlling Danger- ous Financial Products through A Financial Pre-Cautionary Principle, in: Ekonomiaz Nr. 72, 2009, S. 275ff.)?
  2. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung für eine Weiterentwicklung des Rechts auf Produktintervention hin zu einem umfassenden materiellen Prü- fungsrecht durch die Finanzaufsicht BaFin?
  3. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung für eine Weiterentwicklung des Rechts auf Produktintervention hin zu einem Finanz-TÜV?

Berlin, den 15. August 2018

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

1 Komment

  • Was für schwachsinnige Fragen! Aber es erklärt sich wenn man sieht von wem diese Fragen gestellt werden. Ich dachte wir leben in der „freien Marktwirtschaft“. Lassen wir den normalen „kleinen“ Menschen keine Möglichkeit mehr ihr Geld mit Risiko (aber mit der Chance auf Gewinne) zu investieren. Lassen wir den Staat alles regulieren und damit auch bestimmen wohin das Geld der Kleinanleger fließt. Trocknen wir den Markt aus, auf dem sich kleine, mittelständische, neue und erfahrene Firmen mit kreativen (ggf. riskanten) Ideen außer halb der „weißen“ Bankenwelt finanzieren können, oder in denen Firmen ihr Wachstum finanzieren wenn sie kein Geld von den „renomierten“ Instituten erhalten. Der Staat soll es dann richten. Willkommen im Kommunismus!
    Können wir nicht einfach mal grundlegend davon ausgehen, dass jeder erwachsene und geschäftsfähige Mensch in diesem Land selbst ein Gehirn hat und selbst entscheiden kann, und darf wo und wie er sein Geld investiert? Keine Frage jeder muss wachsam sein, der „graue Kapitalmarkt“ ist gefährlich, denn dieser ungeregelte Markt stellt die Normalform des Kapitalmarktes dar. Kapitalismus eben.
    Wer hat denn aber die ganze Welt schon in verschiedene Finanzkrisen gestürzt?! Der deutsche „graue Kapitalmarkt“? Oder doch die so gelobten regulierten und kontrollierten Banken? Diese Banken wurden und werden dann mit dem Geld der Steuerzahler (Kleinanleger) gerettet, weils sie „systemimmanent“ sind! Hat der graue Kapitalmarkt in Deutschland kummuliert so viel finanziellen Schaden angerichtet, wie das Retten der Banken den deutschen Steuerzahler schon gekostet hat? Wie viele von den verantwortlichen Bankern und Politikern in den Bankenvorständen sind strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden? Diese Fragen würden mich mal interessieren!
    Und zu guter letzt: Vor krimineller Energie kann keine Regulierung der Welt schützen. Kein Prospekt, kein Wirtschaftsprüfer, keine Strafandrohung, keine staatliche Aufsichtsbehörde, kein Finaz TÜV, keine Beschneidung von Vertriebswegen etc. Davor das Investments schief gehen, kann übrigens auch keiner schützen.
    Ich gebe zu, etwas überspitzt formuliert, aber die obigen Fragen der Partei mit den wenigen Wählerstimmen sind es auch.

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