Kennen Sie Alexander Alexandrowitsch Friedmann? Falls nicht, keine Bange. Aber wir können heute noch viel von ihm lernen!
Friedmann wurde am 4. Juni 1888 in Sankt Petersburg geboren und starb am 16. September 1925 in Leningrad an Typhus. So unscheinbar Friedmann wirkte, umso hartnäckiger war sein Widerstand gegen die Auffassung des Zeitgeistes in seiner Wissenschaft. Ja sogar gegen einen Titan seines Faches: Albert Einstein.
Albert Einstein entwickelte 1915 die Allgemeine Relativitätstheorie, welche 1916 aus der Taufe gehoben wurde und sich mit den Beziehungen von Raum und Zeit beschäftigt (in Wahrheit arbeitete er aber mehr als 10 Jahre daran).
Über sehr interessante, gedankliche Zugänge legte Friedmann die Möglichkeit eines dynamischen Universums nahe. Einstein, wie auch viele andere, lehnten dies zunächst ab, da man lieber ein stationäres Universum bevorzugte.
Nachdem aber einige Jahre später die Expansion des Universums bewiesen war, soll Einstein seinen Zugang zur Sache als „größte Eselei seines Lebens“ bezeichnet haben. Wahrscheinlicher ist, abgesehen von der Tatsache der Richtigkeit Friedmanns, dass ihm dies von George Gamow (ebenfalls Physiker) in den Mund gelegt wurde. Wie auch immer.
Für herausragende Leistungen wurde in der Akademie der Wissenschaften der UdSSR der Friedmann-Preis ins Leben gerufen und seine Gleichungen sind von fundamentaler Bedeutung für kosmologische Berechnungen.
Eine psychologisch vielleicht aber viel höhere Leistung besteht darin, dass Friedmann sich nicht abschrecken ließ seine Gedanken zu veröffentlichen. Es muss für ihn kein Leichtes gewesen sein. Sein Buch umfasste aber anfangs kaum eine Auflage von wenigen hundert Büchern.
In der heutigen Zeit sind eigene Gedanken im akademischen Establishment kaum erwünscht. Wer außerhalb des Zeitgeistes denkt bekommt entweder keine Gelder, keine Stelle oder verliert seinen Job. Geforscht wird was vorgegeben ist.
Einige Universitätsrektoren schreiben heute ihren Wissenschaftlern sogar mindestens zwei Hauptforschungsgebiete vor, auf welchen zu publizieren und zu forschen ist! Auch auf anderen Bildungsebenen verhält es sich so. Wer selbstständig denkt passt nicht ins System. Er ist Systemschwierig!
Eine Ausrede ist schnell parat, um den Kollegen nicht mehr zu beauftragen. Es werden oft die absurdesten Vorwürfe herausgeholt, um zu diskreditieren.
Der Druck wird noch größer durch Studenten, welche zufriedengestellt werden müssen und für die Uni/Bildung Gelder bringen. Bildung verkommt zu einer Bildungsschleuse, durch die jeder hindurchgedrückt wird (auch die Japaner hätten schon lange gerne eckige Bananen, um diese besser verpacken zu können).
Willfährige Kollegenschaft, Intrigen oder ein militanter Konformismus machen den Wissenschaftscocktail gänzlich ungenießbar und generieren ein toxisches Biotop für freien Geist.
So ähnlich ist es in vielen Arbeitsbereichen. Die allermeisten bleiben nicht, weil sie wollen oder ihnen ihre Arbeit so gut gefällt, sondern weil sie müssen und es keine Alternativen gibt. Oft hängen ganze Familien daran. Doch macht uns das glücklicher? Wohl eher nicht. Frustration, Depression bis hin zum Suizid sind keine seltenen Berufsbegleiter.
Friedmann, wie andere auch, widerstand dem Druck und war ähnlich den Lachsen. Durch das Schwimmen gegen den Strom erreichen sie ihre Laichplätze und generieren neues Leben. Es lohnt sich auch heute noch der Natur zuzuschauen!
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