Der Online-Riese Amazon, bekannt für blitzschnelle Lieferungen, scheint sich bei der ersten Arbeiterbetriebsratswahl in Österreich plötzlich Zeit genommen zu haben – Zeit, um Wahlen infrage zu stellen, die man zuvor sogar begrüßt hatte. Nach der Wahl des ersten Betriebsrats im Juni war offenbar alles in bester Ordnung. Doch nun, kurz vor Weihnachten, hat Amazon beim Landesgericht Korneuburg Klage eingereicht. Der Grund? Laut Amazon ist die Wahl „nicht ordnungsgemäß abgelaufen“. Klingt fast so, als hätte jemand vergessen, ein Retourenetikett für die Demokratie beizulegen.
Ein Lob – und dann die Klage
„Wir arbeiten vertrauensvoll mit dem Betriebsrat zusammen“, betonte eine Unternehmenssprecherin, während man gleichzeitig die Existenz dieses Betriebsrats juristisch anzweifelt. Die Begründung für die Klage: Nicht alle Mitarbeiter hätten an der Wahl teilnehmen oder kandidieren können. Dass diese „Erkenntnis“ erst nach Monaten und nicht etwa während der Einspruchsfrist kam, ist sicherlich purer Zufall – oder vielleicht eine Eingebung von den Konzernzentralen in Deutschland oder den USA?
Gewerkschaft verwundert, aber gelassen
Die Gewerkschaft vida zeigte sich über den plötzlichen Sinneswandel Amazons erstaunt. Horst Pammer, vida-Landesvorsitzender in Niederösterreich, vermutet, dass die Unternehmensführung wohl „eine Korrektur von oben“ erhalten hat. Schließlich hätte es zuvor „ein gutes Einvernehmen“ gegeben. Doch nun scheint Amazon Spitzfindigkeiten auf juristischer Ebene vorzuschieben – etwa so, als würde man die Verpackung eines Pakets reklamieren, das man selbst gepackt hat.
Beschäftigte: Alles in Ordnung – außer für Amazon
Interessanterweise liegen der Gewerkschaft keine Beschwerden von Beschäftigten über die Wahl vor – die einzige Unzufriedenheit kommt aus der Chefetage. Sollte es tatsächlich zu einer Neuwahl kommen, sieht die Gewerkschaft darin keinen wirklichen Unterschied. Allerdings kommt die juristische Offensive „mitten im Weihnachtsgeschäft“ ungelegen. Ein bisschen Timing-Geschick hätte Amazon vielleicht doch aus seinen Logistikprozessen übernehmen können.
Ein Betriebsrat, der Geschichte schreibt
Die Wahl des ersten Arbeiterbetriebsrats in Österreich war ein Meilenstein. Das Team aus neun Mitgliedern vertritt 700 Arbeiterinnen und Arbeiter an Standorten in Wien, Niederösterreich, Kärnten und der Steiermark. Doch während die Betriebsratsmitglieder beginnen, ihre neuen Aufgaben wahrzunehmen, scheint Amazon lieber auf Klagen zu setzen als auf Zusammenarbeit.
Fazit: Demokratie per Expressversand?
Amazon, ein Konzern, der für Präzision und Effizienz bekannt ist, scheint in Sachen Arbeitnehmerrechte ein bisschen Nachhilfe zu brauchen. Vielleicht sollte man den nächsten Prime Day nutzen, um ein Buch über Mitbestimmung zu bestellen – oder zumindest ein Handbuch für besseren Umgang mit gewählten Vertretern. Denn eines steht fest: Die österreichischen Arbeitnehmer werden ihre Interessen sicher nicht so leicht zurückschicken wie ein ungewolltes Weihnachtsgeschenk.
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