Man könnte fast meinen, Jakob Kreidl, ehemaliger Landrat und Meister des luxuriösen Amtslebens, hätte einfach nur Pech gehabt: Er trat ein Amt an, das mit einer „langjährigen Tradition“ von Verwaltungsratsreisen in die schicksten Ecken Europas gesegnet war. Österreich, die Schweiz, Interlaken – und das alles mit Ehefrauen und Rahmenprogramm. Doch wie heißt es so schön? Irgendwann ist Schluss mit lustig – oder in diesem Fall: Schluss mit teuer.
Die große Geburtstagsparty, die alles ins Rollen brachte
Das Fass zum Überlaufen brachte jedoch nicht die Reisen selbst, sondern Kreidls pompöser 60. Geburtstag. 120.000 Euro soll die Feier in einem Museum gekostet haben, inklusive Prominenz und wohlwollendem Schulterklopfen. Doch statt Applaus hagelte es Anzeigen. Denn wer so feiert, zieht eben auch neugierige Blicke auf sich – und die führten zur Entdeckung der sündhaft teuren Reisen.
Kreidl wurde schließlich im Mai 2022 wegen Untreue in 21 Fällen zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Eine Strafe, die er mit 200 Sozialstunden und etwas Nachhilfe in Bescheidenheit abarbeitete – zumindest auf dem Papier. Doch die Sache mit dem Ruhegehalt musste noch geklärt werden.
„Das war gängige Praxis“: Kreidls verzweifeltes Mantra
Vor Gericht setzte Kreidl auf die Taktik, die schon so manchen schiefgelaufenen Plan rechtfertigen sollte: „Das war doch immer so!“ Er erklärte, dass er einfach die Tradition seines Vorgängers übernommen habe – denn wer würde sich schon trauen, solch „eingeführte Rituale“ infrage zu stellen?
Fachbezogene Sitzungen in Fünf-Sterne-Hotels, Seilbahn-Experten für das kränkelnde Sudelfeld und Infos zur Hypo-Alpe-Adria – Kreidl bemühte sich, den Nutzen der Reisen hervorzuheben. Und wenn andere Sparkassen ihre Verwaltungsräte nach Paris oder Prag schicken konnten, warum sollte er nicht ins Stubaital fahren?
Die silberne Dose: Geschenke, die man einfach nicht ablehnen kann
Dann war da noch die Sache mit den Geschenken. Laut Kreidl hatte der großzügige Ex-Sparkassenchef Georg Bromme ihm eine silberne Aufbewahrungsdose für schlappe 1.000 Euro überreicht. Doch statt sich zu bedanken und sie abzulehnen, nahm Kreidl sie pflichtbewusst an – schließlich hätte Bromme es „als Affront aufgefasst“, wenn er sie zurückgewiesen hätte. Wer kann da schon widersprechen?
„Keine Prüfstelle hat etwas gesagt!“
Was Kreidl besonders ärgerte, war die mangelnde Kritik von Kontrollorganen. „Niemand hat mich darauf hingewiesen!“ klagte er vor Gericht. Weder die Sparkassenaufsicht noch die Regierung von Oberbayern hatten ein Problem mit den Ausgaben signalisiert. Natürlich, weil jeder Beamte davon ausgeht, dass ein Landrat eigenständig zwischen „Dienst“ und „Luxusurlaub“ unterscheiden kann.
Das Verwaltungsgericht hat genug
Die Vorsitzende Richterin ließ sich von Kreidls Argumenten jedoch nicht beeindrucken. „Es wäre zu erwarten gewesen, dass Sie sagen: Sorry, das darf ich nicht“, stellte Oberlandesanwalt Kirchmaier klar. Besonders die Wahl der Fünf-Sterne-Hotels und die überbordenden Geschenke fielen dem Gericht negativ auf. Die Verteidigung, die Hotels seien wegen ihrer „Tagungsräume“ ausgewählt worden, sorgte eher für ein müdes Lächeln.
Am Ende entschied das Gericht, dass Kreidls Verhalten ein „dienstliches Vergehen“ darstellt und entzog ihm sein Ruhegehalt. Der angerichtete Schaden: knapp 200.000 Euro. Davon hatte Kreidl 15.000 Euro zurückgezahlt, den Rest übernahm der Versicherer der Sparkasse – wahrscheinlich mit einem Seufzer.
Fazit: Von der „gängigen Praxis“ zum schlechten Beispiel
Jakob Kreidl ist ein Lehrstück für all jene, die glauben, dass Tradition jede Entscheidung rechtfertigt. Fünf-Sterne-Reisen, silberne Dosen und eine Geburtstagsfeier für 120.000 Euro mögen nach „gängiger Praxis“ klingen – aber irgendwann holt einen die Realität ein.
Vielleicht hätte Kreidl in all den Jahren doch lieber ein bisschen „fachbezogene Weiterbildung“ im Bereich Compliance gemacht. Das wäre sicherlich günstiger gewesen – und hätte ihm vielleicht sein Ruhegehalt erhalten.
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