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Analyse der Bilanz der Tomorrow GmbH aus Anlegersicht: Chancen und Risiken

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Analyse der Bilanz der Tomorrow GmbH aus Anlegersicht: Chancen und Risiken

Die Tomorrow GmbH präsentiert im Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2021 eine Bilanz, die aus Sicht potenzieller Investoren erhebliche Risiken, aber auch mögliche Chancen aufzeigt. Das Unternehmen befindet sich noch in einer Aufbauphase und operiert in einem Wachstumsmarkt (nachhaltiges Smartphone-Banking). Dennoch sind die aktuellen Finanzkennzahlen ein Warnsignal für jeden potenziellen Anleger. Nachfolgend eine detaillierte Analyse.


1. Zentrale Kennzahlen und Entwicklung

Aktiva:

  • Das Anlagevermögen ist mit 30.233 EUR äußerst gering und hat sich im Vergleich zum Vorjahr (57.980 EUR) fast halbiert. Dies deutet darauf hin, dass die Tomorrow GmbH kaum Investitionen in langfristige Sachwerte tätigt. Das Unternehmen setzt primär auf ein digitalisiertes Geschäftsmodell, das keine großen physischen Vermögenswerte benötigt.
  • Das Umlaufvermögen ist hingegen massiv gestiegen – von 5,8 Mio. EUR (2020) auf 13,6 Mio. EUR (2021). Dieser Anstieg ist fast ausschließlich auf den gestiegenen Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten zurückzuführen (12,8 Mio. EUR vs. 5,7 Mio. EUR). Dies deutet darauf hin, dass die Tomorrow GmbH in diesem Zeitraum erfolgreich Kapital eingeworben hat, um ihre Geschäftstätigkeit zu finanzieren.

Passiva:

  • Das Unternehmen weist kein Eigenkapital aus, was aus Anlegersicht ein hohes Risiko darstellt. Die Gesellschaft hat mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 19,7 Mio. EUR (Vorjahr: 2,7 Mio. EUR) eine sehr kritische Finanzlage erreicht.
  • Die Verbindlichkeiten haben sich fast vervierfacht, von 8,6 Mio. EUR (2020) auf 33,3 Mio. EUR (2021). Diese Verbindlichkeiten bestehen überwiegend aus langfristigen Darlehen (Wandeldarlehen und andere Finanzierungsinstrumente) mit einer Laufzeit von über einem Jahr. Gegenüber Gesellschaftern bestehen Verbindlichkeiten von rund 7 Mio. EUR, was die Abhängigkeit von Investoren unterstreicht.

Ergebnisse:

  • Der Jahresfehlbetrag hat sich deutlich erhöht – von 7,2 Mio. EUR (2020) auf 17,1 Mio. EUR (2021). Das deutet auf hohe operative Verluste hin, die zeigen, dass das Geschäftsmodell derzeit nicht profitabel ist.
  • Der kumulierte Verlust beträgt mittlerweile 19,7 Mio. EUR, was bedeutet, dass die Tomorrow GmbH noch keinen nachhaltigen Weg in die Gewinnzone gefunden hat. Das Unternehmen befindet sich weiterhin in der Aufbauphase, wie auch im Anhang betont wird.

2. Chancen aus Sicht eines Anlegers

  • Innovatives Geschäftsmodell: Die Tomorrow GmbH operiert in einem zukunftsweisenden Markt (nachhaltiges Banking). Mit über 100.000 Kundinnen und Kunden und einem digitalen Ansatz adressiert sie gesellschaftliche Trends wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
  • Wachstumspotenzial: Der hohe Kassenbestand von 12,8 Mio. EUR (Stand 2021) zeigt, dass das Unternehmen in der Lage ist, Kapital von Investoren zu beschaffen. Das deutet auf Vertrauen vonseiten bestehender Gesellschafter und Anleger hin.
  • Hohe Kunden- und Investorenzahlen: Mit über 10.000 Crowdinvestorinnen und Crowdinvestoren und bisherigen Kapitalzuflüssen von über 14 Mio. EUR hat sich Tomorrow als Vorreiter im Bereich privater Crowdinvestments positioniert.
  • Wachsendes Team: Die Mitarbeiterzahl hat sich von durchschnittlich 47,25 (2020) auf 83,75 (2021) fast verdoppelt. Dies könnte auf eine Expansion und den Aufbau neuer Kapazitäten hindeuten.

3. Risiken und Warnsignale

Totalverlustrisiko:

  • Das fehlende Eigenkapital ist ein zentrales Risiko. Die Gesellschaft befindet sich in einer äußerst fragilen finanziellen Lage und könnte ohne weiteres externes Kapital zahlungsunfähig werden. Für Investoren besteht ein klares Totalverlustrisiko, da Genussrechte Nachrangcharakter besitzen. Im Falle einer Insolvenz würde das Kapital der Anleger wahrscheinlich vollständig verloren gehen.

Hohe operative Verluste:

  • Der Jahresfehlbetrag von 17,1 Mio. EUR zeigt, dass das Unternehmen stark defizitär arbeitet. Es ist unklar, wie lange es dauern wird, bis ein profitables Geschäftsmodell etabliert ist.

Abhängigkeit von Investoren:

  • Im Anhang wird explizit darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft ohne weitere finanzielle Unterstützung nicht bestehen kann. Dies bedeutet, dass die Zukunft der Tomorrow GmbH stark von der Bereitschaft externer Geldgeber abhängt, weiteres Kapital bereitzustellen.

Langfristige Verbindlichkeiten:

  • Der Großteil der Verbindlichkeiten (über 30 Mio. EUR) hat eine Laufzeit von mehr als einem Jahr, was die finanzielle Belastung durch Zinszahlungen und Tilgungsverpflichtungen in den kommenden Jahren erhöht.

Wettbewerbsdruck:

  • Als Nicht-Bank ist Tomorrow stark von der Kooperation mit der Solaris SE abhängig, die die Banklizenz stellt. Sollten sich die regulatorischen Anforderungen oder die Beziehung zur Solaris SE ändern, könnte das Geschäftsmodell gefährdet sein.

4. Fazit aus Anlegersicht

Die Tomorrow GmbH bietet Chancen für Anleger, die an die Vision eines nachhaltigen Finanzdienstleisters glauben und bereit sind, ein hohes Risiko einzugehen. Das Unternehmen hat sich erfolgreich als Innovator im Bereich des Smartphone-Bankings positioniert und zeigt Wachstum beim Kundenstamm sowie bei der Kapitalbeschaffung.

Dennoch überwiegen aktuell die Risiken. Die finanzielle Lage ist kritisch: Hohe operative Verluste, eine vollständige Abhängigkeit von externen Investoren und das fehlende Eigenkapital machen das Investment in die Genussrechte zu einem spekulativen Engagement mit Totalverlustrisiko. Anleger sollten sich bewusst sein, dass sie nicht nur auf eine zukünftige Profitabilität des Unternehmens setzen, sondern auch darauf vertrauen, dass es weiterhin Kapitalzuflüsse geben wird, um den laufenden Geschäftsbetrieb zu finanzieren.

Für risikobereite Anleger mit einem Interesse an nachhaltigen Investitionen kann die Tomorrow GmbH eine Überlegung wert sein – allerdings sollte nur Kapital investiert werden, dessen Verlust finanziell verkraftbar ist.

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