Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will sicherstellen, dass kapitalbildende Lebensversicherungen Kundinnen und Kunden einen angemessenen Nutzen bieten und Interessenkonflikte beim Vertrieb dieser Produkte vermieden werden. Sie stellt daher bis Mitte Januar 2023 den Entwurf eines „Merkblatt(s) zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ zur Konsultation.
Produktfreigabeverfahren im Fokus
Der Schwerpunkt des Konsultationsentwurfs liegt auf dem Produktfreigabeverfahren. Dabei geht es darum, dass die Versicherer den Kundennutzen ihrer Produkte gewährleisten und die hierfür gesetzlich vorgegebenen Prozesse einrichten (§ 23 Abs. 1a bis 1c Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), Delegierte Verordnung 2017/2358). Damit Altersvorsorgeprodukte einen angemessenen Kundennutzen haben, müssen sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit über ihre Laufzeit hinweg einen realen Anlageerfolg erzielen, also eine Rendite nach Kosten, die oberhalb einer begründeten Inflationserwartung liegt. Dies müssen die Versicherer bei der Produktprüfung sicherstellen.
Die im Konsultationsentwurf dargestellten Vorgaben zur Vertriebsvergütung (§ 48a VAG, Delegierte Verordnung 2017/2359) haben den Zweck, Fehlanreize im Vertrieb zu vermeiden. Zum Beispiel können zu hohe Vermittlerprovisionen einer ergebnisoffenen Information und Beratung der Versicherungsnehmer im Wege stehen.
Risikobasierte Aufsicht
In ihrem Entwurf erläutert die BaFin auch ihren risikoorientierten Aufsichtsansatz. Danach wird die Aufsicht vor allem die Versicherer näher prüfen, bei denen die Effektivkosten der kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukte im Branchenvergleich deutlich erhöht sind. Das sollen laut Entwurf die Unternehmen sein, deren Hauptverkaufsprodukte Effektivkosten im oberen Viertel (oberhalb des 75%-Quantils) der Branchenwerte aufweisen.
Näher prüfen wird die BaFin auch die Versicherungsunternehmen, die durch hohe Aufwendungen für Versicherungsvermittler auffallen. Dabei soll es vor allem um hohe Abschlussprovisionen gehen. Nach dem geplanten Merkblatt sollen Aufwendungen dann als hoch gelten, wenn sie im oberen Viertel (oberhalb des 75%-Quantils) der Branchenwerte liegen.
Bei Bedarf wird die BaFin ergänzende Kriterien heranziehen, etwa die Stornoquote oder Rückvergütungen an Vertriebspartner durch Fondsgesellschaften. Im Einzelfall werden Versicherer auch aufgrund anderer Auffälligkeiten näher geprüft.
Adressatenkreis
Das „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ richtet sich an in- und ausländische Lebensversicherungsunternehmen, die der Aufsicht der BaFin unterliegen, in den Anwendungsbereich der Versicherungsvertriebsrichtlinie (Insurance Distribution Directive – IDD) fallen und kapitalbildende Lebensversicherungsprodukte anbieten. Die BaFin zeigt den Lebensversicherern in dem Merkblatt auf, was sie bei diesen Produkten bei der Umsetzung der Vorgaben der IDD zu berücksichtigen haben.
Die Inhalte des Entwurfs stehen im Einklang mit den Arbeiten der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) zum Thema Product Oversight and Governance (POG) und knüpfen daran an.
Konsultationsfrist
Stellungnahmen zum Entwurf können bis zum 15. Januar 2023 per E-Mail an Konsultation-08-22@bafin.de eingereicht werden.
Kommentar hinterlassen