Die Abschaffung der EEG-Umlage ist am Mittwoch Thema einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie gewesen. Die Sachverständigen nahmen Stellung zu einem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP „zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher“ (20/1025).
Mit dem Gesetz soll nach dem Willen der Fraktionen eine spürbare Entlastung der Verbraucher bei den Stromkosten erreicht werden. Zu diesem Zweck soll die EEG-Umlage früher als zunächst geplant bereits zum 1. Juli 2022 auf null abgesenkt werden. Um sicherzustellen, dass die Entlastung unterjährig auch tatsächlich ab dem 1. Juli 2022 an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird, sollen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz vorgenommen werden.
Grundsätzlich signalisierten die sieben geladenen Sachverständigen unter klimapolitischen Gesichtspunkten durchgehend Zustimmung zu dem Gesetzentwurf der Koalition, mahnten aber an verschiedenen Stellen Konkretisierungen, Änderungen und Verschärfungen an. Tenor: Die Abschaffung der EEG-Umlage ist ein richtiger erster Schritt, weitere sollten zügig folgen.
Thorsten Müller von der Stiftung Umweltenergierecht stellte eingangs fest, dass abweichend von bisherigen EEG-Reformüberlegungen es diesmal das zentrale Anliegen des Gesetzgebers sei, dass „eine spürbare Entlastung von Letztverbrauchern bei den Stromkosten erreicht“ wird und diese „allein und ausschließlich“ von der Maßnahme profitieren. Allerdings seien ausgerechnet die Regelungen zur Erreichung dieses Ziels nicht zielführend, sagte Müller. Laut Entwurf bestehe eine Verpflichtung zur Anpassung der vertraglich vereinbarten Strombezugspreise nämlich nur dann, wenn die EEG-Umlage in die jeweilige Preiskalkulation eingeflossen ist. Dies könne dazu führen, dass letztlich doch die Stromlieferanten und nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren. Zudem lasse sich das als sich als interner Prozess auch nicht transparent nachvollziehen. Ein Punkt, den auch Martin Winkler, Wissenschaftlicher Leiter der Clearingstelle EEG|KWKG, stark machte.
Paula Hahn vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeigte sich zuversichtlich, dass ein dämpfender Effekt bei den Preisen erzielt werden könne. Kritisch merkte sie aber an, dass durch die Neuregelungen für bereits bestehende Verträge ohne Preisanpassungsrecht ein – wenn auch befristeter – erheblicher Eingriff in die Vertragsfreiheit stattfinde. Der BDEW sehe zudem das Verbot, die Preise aus anderen Gründen als der verfügten Umlagensenkung zum 1. Juli 2022 anzupassen, sehr kritisch. Im Zuge der deutlichen Preissteigerungen an den Großhandelsmärkten wachse auch die Notwendigkeit der Energieversorger, diese Marktbewegungen in den Tarifen abzubilden.
Dieses sogenannte Saldierungsverbot monierte auch Ingbert Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die verpflichtende Senkung der Strompreise am 1. Juli mit dem gleichzeitigen Verbot einer Saldierung mit anderen Belastungen und Kosten lehne der VKU daher als nicht zielführenden, gesetzlichen Eingriff in die Vertragsautonomie und die nach kaufmännisch-wirtschaftlichen Grundsätzen erfolgende Preiskalkulation ab.
Für Thorsten Lenck von der Agora Energiewende eigne sich die Verpflichtung der Stromlieferanten, ihren Strompreis zum Stichtag zu mindern und den Senkungsbetrag transparent auf der Stromrechnung auszuweisen, um die Senkung bei Haushalten und Unternehmen ankommen zu lassen. Die Regelung verhindere jedoch nicht, dass Stromlieferanten ihren Strompreis vor oder nach dem Stichtag erhöhen und angesichts der stark gestiegenen Börsenstrompreise zur Margenvergrößerung nutzten. Daher, so seine Forderung, sollte die EEG-Umlagesenkung mit einer Informationskampagne verbunden werden, die Stromverbraucherinnen und – verbraucher über die EEG-Umlagesenkung und ihre Rechte zum Lieferantenwechsel informiere, um so den Wettbewerbsdruck zwischen den Anbietern hoch zu halten.
In der Beobachtung von Manuel Frondel vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung haben die hohen Energiepreise für die Politik die Dringlichkeit massiv erhöht, die Steuer- und Abgabenlast auf den Strompreis zu verringern. Diese Last mache bei privaten Verbrauchern derzeit über 50 Prozent des Strompreises aus. Dabei sei fragwürdig, dass für energie- und klimapolitische Maßnahmen die Stromverbraucher aufkommen müssen, statt dass diese aus dem Staatshaushalt finanziert würden. Da einkommensschwache Haushalte einen höheren Anteil ihres Einkommens zur Deckung ihres Stromverbrauchs auszugeben haben als wohlhabende, hätten sie in Relation zu ihrem Einkommen aktuell sogar einen höheren Beitrag zur Finanzierung von Maßnahmen wie der Förderung der Erneuerbaren via EEG-Umlage zu leisten als einkommensstarke. Dieselbe Kritik gelte für sämtliche weiteren Abgaben auf den Strompreis, etwa die Offshore-Umlage zur Finanzierung des Netzanschlusses von Offshore-Windparks oder die KWKG-Umlage.
Für deren Abschaffung mittels eines „Keine-Umlagen-Gesetzes“ inklusive einer Verringerung der Stromsteuer auf den EU-Mindestsatz plädierte Matthias Dümpelmann von der 8KU GmbH, einer Kooperation acht kommunaler Energieversorgungsunternehmen.
Für Dümpelmann stellt die beabsichtigte Absenkung der Umlage auf null einen primär preispolitisch richtigen Schritt dar, der aber auch energiewirtschaftlich vernünftig sei – nicht in erster Linie, weil hiermit Strom günstiger werde gegenüber anderen Optionen, was einige der Sachverständige als Pluspunkt herausstellten, sondern weil die derzeitige Struktur der Energiebepreisung dysfunktional sei.
Wenn Wettbewerb über Preise funktionieren solle, dann müssten die Elemente der Preisbildung nach vergleichbaren Strukturen bestimmt werden. Energiepreise sollten deshalb definiert sein über die Elemente Erzeugung (also Anlagen plus Energieträger), Netz (allgemeiner: Logistik) und Klimakosten (insbesondere CO2), so Dümpelmanns Vorschlag.
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