Die German Property Group (GPG) steht erneut im Rampenlicht – dieses Mal jedoch nicht aufgrund ihrer Versprechen, historische Immobilien zu restaurieren, sondern wegen eines mutmaßlichen Anlageskandals von enormem Ausmaß. Die Staatsanwaltschaft Hannover hat Anklage gegen den ehemaligen Geschäftsführer Charles Smethurst erhoben. Der Vorwurf: gewerbsmäßiger Betrug in 27 Fällen, davon in 22 Fällen mit besonders großem Vermögensverlust. Der Gesamtschaden wird auf über 56 Millionen Euro geschätzt.
Denkmalgeschützte Immobilien als Köder für Anleger
Seit 2008 sammelte Smethurst unter dem Namen Dolphin Trust, später German Property Group, Kapital von Investoren, insbesondere aus dem Ausland, ein. Die Unternehmensstrategie schien vielversprechend: Der Erwerb, die Sanierung und der anschließende gewinnbringende Verkauf denkmalgeschützter Immobilien in Deutschland sollten Anlegern Renditen von bis zu 15 Prozent pro Jahr sichern. Statt der versprochenen Sanierungsarbeiten verfielen jedoch viele der gekauften Objekte. Namhafte Beispiele sind das Schloss Dwasieden auf Rügen und die ehemalige Klinik Ost in Flensburg, die über Jahre hinweg ungenutzt blieben.
Um die Anleger zu beruhigen, ließ die GPG hohe Beträge als Sicherheit im Grundbuch der baufälligen Immobilien eintragen. Diese Werte überstiegen in vielen Fällen jedoch den tatsächlichen Immobilienwert bei Weitem. Die Ermittler vermuten, dass mit den Mitteln neuer Anleger ältere Verbindlichkeiten beglichen wurden – ein Vorgehen, das an ein klassisches Schneeballsystem erinnert.
Bamberger Immobilien im Fokus: „Roter Ochse“ und „Sound N Arts“
Zwei Immobilien in Bamberg sind besonders betroffen. Der „Rote Ochse“, ein denkmalgeschütztes Gebäude in der Unteren Königstraße, gehört noch immer zur Insolvenzmasse der GPG. Die Stadt Bamberg hat ein Vorkaufsrecht vereinbart und hofft, das Objekt nach Abschluss der rechtlichen Verfahren erwerben zu können.
Das zweite Objekt, das ehemalige „Sound N Arts“ in der Sandstraße, konnte die Stadt kurz vor der Insolvenz der GPG erwerben. Die aus mehreren Gebäudeteilen bestehende Immobilie ist seit 2019 aufgrund statischer Probleme gesperrt. Geplant ist, das Gebäude zu einem Kulturzentrum mit Musikclub, Gastronomie und Wohnräumen umzubauen. Die Sanierung wird durch das Bundesförderprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ gefördert.
Lange Ermittlungen und unbeantwortete Fragen
Trotz offensichtlicher Missstände blieben die Behörden lange Zeit untätig. Über Jahre hinweg wurden für die rund 200 Gesellschaften der GPG keine Jahresabschlüsse erstellt, was lediglich zu Ordnungsgeldern führte, ohne das Unternehmen tatsächlich zu kontrollieren. Die Insolvenz 2019 brachte den Skandal schließlich ans Licht.
Interne Dokumente, die NDR, BR, BBC und die „Süddeutsche Zeitung“ einsehen konnten, legen nahe, dass erhebliche Anlegergelder in die Geschäfte von Smethursts Ehefrau geflossen sein sollen – ein Vorwurf, den sie bestreitet. Schätzungen zufolge sollen zwischen 15.000 und 25.000 Anleger, überwiegend aus Asien und Großbritannien, insgesamt über eine Milliarde Euro in die German Property Group investiert haben. Der Verbleib eines Großteils dieser Gelder ist nach wie vor ungeklärt.
Anklage als Hoffnungsschimmer für geschädigte Anleger
Nach vier Jahren intensiver Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Hannover die Anklage nun an die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim übergeben. Der Hamburger Anwalt Jan Erik Spangenberg, der über 100 betroffene Anleger aus Asien und Osteuropa vertritt, begrüßt diesen Schritt. Er kritisiert jedoch, dass sich die Anklage nur auf einen Schaden von 56 Millionen Euro bezieht, obwohl der tatsächliche Verlust deutlich höher liegen dürfte. Viele Geschädigte hoffen nun auf eine zügige gerichtliche Aufarbeitung, die ihnen zumindest eine teilweise Entschädigung bringen könnte.
Ausblick: Gerichtliche Aufarbeitung und Zukunft der Immobilien
Die bevorstehende gerichtliche Auseinandersetzung könnte Klarheit über den Verbleib der Anlegergelder und die Hintergründe des mutmaßlichen Betrugs bringen. Sollten die Vorwürfe vor Gericht bestätigt werden, könnte dies auch den Weg für zivilrechtliche Ansprüche gegen die verantwortlichen Personen ebnen.
Für die betroffenen denkmalgeschützten Immobilien, insbesondere in Bamberg, bieten sich durch die geplanten Sanierungen neue Perspektiven. Die Stadt Bamberg hat die Chance, die historischen Gebäude zu retten und ihnen eine neue kulturelle Bedeutung zu verleihen. Damit könnte aus dem Skandal letztlich doch noch etwas Positives für die betroffenen Kommunen entstehen.
Die Anklage gegen den ehemaligen Geschäftsführer der German Property Group ist ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung eines der größten Anlageskandale Deutschlands. Sie zeigt aber auch, wie dringend Verbesserungen in der Aufsicht über Finanzinvestitionen und den Schutz von Anlegern notwendig sind.
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