Mit Urteil vom 15. Mai 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH VIII ZR 226/22), dass einem deutschen Verbraucher, der zu Anlagezwecken einen Vertrag mit einem schweizerischen Unternehmen über Fernkommunikationsmittel geschlossen hat, nach deutschen Regeln ein Widerrufsrecht zustand. Da eine Widerrufsbelehrung seinerzeit nicht erteilt wurde, konnte der Verbraucher nach mehr als zehn Jahren noch widerrufen und die Rückabwicklung der geleisteten Beträge verlangen.
Es ging um Kaufverträge über Teakbäume („Teakinvestment“), um nach Jahren mit dem Verkauf dieser Bäume Rendite zu erzielen. Dazu bot die Verkäuferin an, die Bäume zu bewirtschaften, zu ernten und schließlich weiterzuverkaufen. Der Käufer investierte in den Jahren 2010 und 2013 in mehrere Hundert Teakbäume, was ihn rund 80.000,00 EUR kostete. In den Vertragsbedingungen wurde vereinbart, dass das Vertragswerk Schweizer Recht bzw. der ordentlichen Gerichtsbarkeit am Sitz der Beklagten in der Schweiz unterstehe. Der Käufer widerrief spätestens in 2020 seine Verträge.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass dem Käufer die Rückabwicklung zustehe aufgrund der Rechtsfolgen des immer noch möglichen Widerrufs. Dies richtet sich nach deutschem Recht gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO (Verbraucherverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat). Nach deutschem Recht war eine Belehrung über das Widerrufsrecht zu erteilen, was unterblieb, weshalb ein Widerruf auch in 2020 noch möglich war, was zu einem Rückgewährschuldverhältnis führt.
Denn bei den vorliegenden Verträgen handelte es sich um Finanzdienstleistungsverträge im Sinne des § 312b Abs. 1 S. 2 BGB aF: „Der Begriff der Finanzdienstleistung ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine Geldanlage nur vorliegt, wenn Anlageobjekt ausschließlich Finanzinstrumente sind. Der deutsche Gesetzgeber hat die Definition der Finanzdienstleistung aus Art. 2 Buchst. b RL 2002/65/EG (Finanzdienstleistungsfernabsatzrichtlinie) übernommen, so dass für die Ausfüllung des Begriffs auf das unionsrechtliche Verständnis zurückzugreifen ist. Zwar stellten nach dem ursprünglichen Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission Direktinvestitionen in Sachgüter keine Finanzdienstleistung dar. Im weiteren europäischen Gesetzgebungsverfahren wurde der Begriff der Finanzdienstleistung jedoch bewusst weit gefasst und erstreckt sich nunmehr auch auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Geldanlage.“
Vorliegend bestand nach der Gesamtkonzeption des „Teakinvestments“ die aus der Sicht des Verbrauchers wesentliche Leistung ersichtlich nicht in der für einen reinen Erwerb von Sachgütern charakteristischen Verschaffung des Eigentums an den Bäumen, sondern in den zur Realisierung einer Rendite aus dem Investment bei lebensnaher Betrachtung erforderlichen Dienstleistungen der Beklagten, insbesondere der Verwertung der Bäume am Ende der Vertragslaufzeit.
Daniel Blazek, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, BEMK Rechtsanwälte PartGmbB, 15. Mai 2024
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