Startseite Allgemeines Anordnung gemäß § 17 des Energiesicherungsgesetzes bezüglich der Anteile an der Rosneft Deutschland GmbH und der RN Refining & Marketing GmbH
Allgemeines

Anordnung gemäß § 17 des Energiesicherungsgesetzes bezüglich der Anteile an der Rosneft Deutschland GmbH und der RN Refining & Marketing GmbH

geralt (CC0), Pixabay
Teilen

Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Anordnung
gemäß § 17 des Energiesicherungsgesetzes
bezüglich der Anteile an der Rosneft Deutschland GmbH
und der RN Refining & Marketing GmbH

Vom 14. September 2022

Hiermit wird auf der Grundlage des § 17 Absatz 1 bis 5 und Absatz 8 des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) Folgendes angeordnet:

1.
Hinsichtlich sämtlicher Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an der Rosneft Deutschland GmbH und der RN Refining & Marketing GmbH wird die Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur bis zum 15. März 2023 nach Maßgabe der nachstehenden Nummern 2 bis 6 angeordnet.
2.
Die Wahrnehmung der Stimmrechte der Gesellschafter der Rosneft Deutschland GmbH und der Gesellschafter der RN Refining & Marketing GmbH wird ausgeschlossen.
3.
Die Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an der Rosneft Deutschland GmbH und die Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an der RN Refining & Marketing GmbH gehen hiermit auf die Bundesnetzagentur über. Die Bundesnetzagentur ist insbesondere berechtigt, Mitglieder der Geschäftsführung abzuberufen und neu zu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen.
4.
Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsführung in Bezug auf das Vermögen der Rosneft Deutschland GmbH und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsführung in Bezug auf das Vermögen der RN Refining & Marketing GmbH wird beschränkt und steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Bundesnetzagentur.
5.
Die Kosten der Treuhandverwaltung in Bezug auf die Rosneft Deutschland GmbH hat die Rosneft Deutschland GmbH zu tragen. Sie hat auf Verlangen der Bundesnetzagentur hierauf Vorschüsse zu leisten.
6.
Die Kosten der Treuhandverwaltung in Bezug auf die RN Refining & Marketing GmbH hat die RN Refining & Marketing GmbH zu tragen. Sie hat auf Verlangen der Bundesnetzagentur hierauf Vorschüsse zu leisten.

Begründung

I. Sachverhalt

1.
Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH
Die Rosneft Deutschland GmbH mit Sitz in Berlin ist eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 184025 B („Rosneft Deutschland“). Ihre unmittelbare Gesellschafterin ist die Rosneft Holdings Ltd. S.A. in Luxemburg, ihre mittelbare Gesellschafterin die Rosneft Foreign Projects LLC mit Sitz in der Russischen Föderation.
Rosneft Deutschland ist laut dem Handelsregisterauszug in den Geschäftsbereichen Einkauf, Logistik, Lagerung, Verarbeitung und Vertrieb sowie Handel mit Rohöl, Ölprodukten, Flüssiggas, Trockengas, Erdölchemie/​Petro­chemie, Elektroenergie und anderen Produkten aus der Erdölverarbeitung, Quoten für CO2 sowie Marketing, Einkauf und Vertrieb von Dienstleistungen in der Erdöl- und Gasindustrie und Einzelhandel mit Treibstoffen, Betreiben von Tankstellen und Erwerben und Veräußern von Beteiligungen im Energie-Sektor tätig.
Zusammen mit der RN Refining & Marketing GmbH ist Rosneft Deutschland mit einer Verarbeitungsmenge von mehreren Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland. Die beiden Unternehmen vereinen knapp 12 % der gesamten Erdölverarbeitungskapazität in Deutschland auf sich.
Rosneft Deutschland hält Beteiligungen an der PCK Raffinerie GmbH in Schwedt/​Oder, an der Bayernoil Raffineriegesellschaft mbH, an der Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG und an verschiedenen Ölleitungen in Deutschland (Deutsche Transalpine Oelleitung GmbH), in Österreich (Transalpine Ölleitung in Österreich GmbH), in Italien (Soc IT per I’Oléodotto Transalpino SpA) und in Frankreich (Société du pipeline Sud-Européen SA).
Rosneft Deutschland lässt in den Raffinerien der PCK Raffinerie GmbH in Schwedt/​Oder („PCK-Raffinerie“), der Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG („MiRO-Raffinerie“) in Karlsruhe und der Bayernoil Raffineriegesellschaft mbH („Bayernoil-Raffinerie“) in Ingolstadt Erdöl verarbeiten und ist ihrem Anteil an der jeweiligen Raffinerie und dem dort verarbeiteten Erdöl entsprechend auch für den Vertrieb der in den Raffinerien produzierten Mineralölprodukte verantwortlich.
Die RN Refining & Marketing GmbH mit Sitz in Berlin ist eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 167578 B („RN Refining & Marketing“). Einzige Gesellschafterin ist die Rosneft Foreign Projects LLC mit Sitz in der Russischen Föderation. Die Rosneft Foreign Project LLC hält demnach sämtliche Anteile an der RN Refining Marketing (unmittelbar) und an Rosneft Deutschland (mittelbar über Rosneft Holding Ltd. S.A.).
Die RN Refining & Marketing ist laut dem Handelsregisterauszug in den Geschäftsbereichen Einkauf, Logistik, Lagerung, Verarbeitung und Vertrieb von Rohöl, Ölprodukten, Flüssiggas, Trockengas, Erdölchemie/​Petrochemie, Elektroenergie und anderen Produkten aus der Erdölverarbeitung, Quoten für CO2 sowie Marketing, Einkauf und Vertrieb von Dienstleistungen in der Erdölindustrie und der Einzelhandel mit Treibstoffen, das Betreiben von Tankstellen und das Erwerben und Veräußern von Beteiligungen im Energie-Sektor tätig. RN Refining & Marketing unterstützt zudem als Servicegesellschaft die Rosneft Deutschland mit standardisierten administrativen Leistungen im Bereich Controlling, Buchhaltung und Berichtswesen sowie des Managements von Liquidität und Kreditrisiken.
Die RN Refining & Marketing führt laut Einfuhrkontrollmeldungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mehrere Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr nach Deutschland ein. Mehr als die Hälfte des Erdöls wird aus der Russischen Föderation eingeführt, im Berichtsmonat Juni 2022 rund 835 000 Tonnen Rohöl im Wert von rund 535 Millionen Euro. Rosneft Deutschland ist einziger Kunde der RN Refining & Marketing und bezieht im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags die oben genannten Leistungen.
RN Refining & Marketing ist mit 66,7 % an der AET Raffineriebeteiligungsgesellschaft mbH beteiligt, die ihrerseits 25 % an der PCK Raffinerie GmbH hält. Rosneft Deutschland, die 37,5 % an der PCK-Raffinerie hält, und die mit ihr verbundene RN Refining & Marketing halten demnach die Mehrheit der Anteile an der PCK-Raffinerie. Im Jahr 2021 stellte die PCK-Raffinerie rund 10,3 Millionen Tonnen Erdölprodukte her, davon rund 3,7 Millionen Tonnen Dieselkraftstoff. Die technischen Voraussetzungen der PCK-Raffinerie ermöglichen nur die Verarbeitung einer begrenzten Zahl spezieller Mineralölsorten.
2.
Wirtschaftliche Lage
Die im Markt bestehenden Unsicherheiten über die sanktionsrechtliche Behandlung von Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing führen dazu, dass sich Vertragspartner sowohl von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing selbst als auch von Unternehmen, an denen diese beteiligt sind, lösen und die Abwicklung verbleibender Vertragsverhältnisse erheblichen Verzögerungen unterliegt.
Die Ablehnung der Bereitstellung von betriebsnotwendigen Dienstleistungen für die Rosneft Deutschland und die RN Refining & Marketing erfolgte bereits in der Vergangenheit und tritt nunmehr in zunehmender Häufigkeit auf. Mehrere große IT-Dienstleister sowie Dienstleister im Zahlungsverkehr haben ihre Kooperation mit Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing sowie mit Unternehmen, an denen diese beteiligt sind, eingestellt oder angekündigt, dass sie die Fortsetzung der für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Dienstleistungen vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Gesellschafterstruktur nicht fortsetzen wollen. Ausgehende Zahlungen von der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing werden aus denselben Gründen teilweise nur verzögert ausgeführt. Warenkreditversicherungen werden nicht mehr abgeschlossen. Die Versorgung mit Hilfs- und Betriebsstoffen ist nur noch unzureichend möglich und wird in absehbarer Zeit zu einem Herunterfahren insbesondere der PCK-Raffinerie, an der Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing die Mehrheit halten, führen. Problematisch ist auch die Belieferung mit Ersatzteilen. Alternative Bezugsquellen sind nicht ersichtlich. Dies führt zu erheblichen Mehrkosten für die jeweiligen Raffinerien und Beteiligungsgesellschaften und beeinträchtigt den Geschäftsbetrieb auch und gerade in Bezug auf kritische Betriebsprozesse. Auch die verpflichtende Durchführung der Jahresabschlussprüfung der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing wurde seitens ihrer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abgelehnt.
Die Verbindung mit der sanktionierten russischen Rosneft ruft sowohl bei den Belegschaften von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing als auch bei der Belegschaft der PCK Raffinerie GmbH Abwanderungstendenzen hervor. Es ist in der gegenwärtigen Situation zu erwarten, dass zentrale Unternehmensbereiche nicht mehr besetzt werden können.
Aus dem Gesellschafterkreis der Bayernoil-Raffinerie ist bekannt, dass Rosneft Deutschland aufgrund des durch Overcompliance geprägten Verhaltens ihrer Dienstleister, namentlich Speditionsunternehmen und Kreditinstituten, zum einen nicht in der Lage ist, bereits verarbeitete Rohölprodukte aus den Lagern der Bayernoil-Raffinerie abzutransportieren, sodass es dort auch für die übrigen Gesellschafter zu erheblichen Engpässen bei der Zwischenlagerung ihrer Produktionsanteile kommt. Dies wiederum zieht eine Drosselung der Produktionskapazitäten nach sich. Gleichzeitig kommt Rosneft Deutschland ihren Belieferungsverpflichtungen mit Rohöl nicht nach. Dadurch werden weitere Produktionseinschränkungen provoziert, da die Mitgesellschafter den Ausfall von Rohöllieferungen durch Rosneft Deutschland nicht durchgängig durch die Übernahme weiterer Kapazitäten auffangen können. Die angespannte Versorgungslage mit Mineralölprodukten im süddeutschen Raum wird dadurch verschärft.
3.
Betrieb der PCK-Raffinerie
Die PCK-Raffinerie in Schwedt wird gegenwärtig über eine Pipeline mit Erdöl aus Russland versorgt. Angesichts des hohen Risikos einer möglichen Reduzierung oder vollständigen Einstellung russischer Öllieferungen ist es zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit erforderlich, dass die PCK-Raffinerie nicht mehr von der Belieferung mit russischem Erdöl abhängig ist. Die Lage auf dem Gasmarkt zeigt, dass auf eine vertragsgemäße Belieferung mit fossilen Energieträgern durch Unternehmen mit Sitz in Russland nicht vertraut werden kann und ein kurzfristiger Ausfall jederzeit droht. Die Umstellung auf andere Erdöllieferanten sowie die Sicherstellung der ausreichenden Versorgung der PCK-Raffinerie durch diese Lieferanten erfordern unter anderem eine unverzügliche Ertüchtigung der Hafeninfrastruktur in Rostock und der Pipeline von Rostock nach Schwedt, um die Anlieferung der benötigten Rohölmengen sicherzustellen.
Darüber hinaus benötigt die PCK-Raffinerie auch zusätzliche Öllieferungen über eine Pipeline vom Hafen Danzig (Republik Polen), um über der erforderlichen Mindestlast betrieben werden zu können und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere während der Ertüchtigungsarbeiten an der Pipeline von Rostock nach Schwedt. Eine Versorgung der PCK-Raffinerie über eine polnische Pipeline ist nach Angaben der polnischen Regierung erst denkbar, wenn die in der Russischen Föderation ansässigen Gesellschafter der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing nicht mehr an den beiden Gesellschaften beteiligt sind. Solange die in der Russischen Föderation ansässigen Gesellschafter einen bestimmenden Einfluss auf die Rosneft Deutschland und die RN Refining & Marketing ausüben können, wäre es öffentlichen Auftraggebern nach dem 10. Oktober 2022 zudem verboten, noch Vertragsverhältnisse mit den beiden Gesellschaften zu unterhalten (Artikel 5k der Verordnung (EU) Nr. 833/​2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ABl. L 229 vom 31.7.2014, S. 1).
Ein Ausfall des Betriebs der PCK-Raffinerie hätte zur Folge, dass die bundesweite Versorgung mit Erdölprodukten – und demnach mit lebenswichtigen Gütern – beeinträchtigt und insbesondere im Nordosten Deutschlands gefährdet wäre. Die dortigen (gewerblichen) Verbraucher müssten die Ölmengen ersatzweise am Markt beschaffen. Je nach Marktreaktion wäre auf Seiten der Kunden mit hohen Wiederbeschaffungskosten für die nächsten Monate zu rechnen. Der gesteigerte Finanzierungsbedarf würde möglicherweise zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen auf Seiten der Industriekunden führen. Erdölprodukte müssten aus anderen Raffinerien in Deutschland herangeführt werden. Aufgrund der derzeitigen Auslastung der Schienentransportwege, einer europaweiten Knappheit an verfügbaren Kesselwagen und des eingeschränkten Wasserstraßentransports durch die vorherrschenden Niedrigwasserstände könnte der erwartete Ausfall voraussichtlich nicht ausreichend kompensiert werden. Hinzu kommt, dass auch bei der Total Energies Raffinerie Mitteldeutschland in Leuna im kommenden Jahr mit einer Auslastung von nur rund 75 % zu rechnen ist und somit weitere Produktmengen ausfallen. Ein Ausfall der PCK-Raffinerie hätte neben drohenden Versorgungsengpässen auch Preisspitzen bei Kraftstoffen für gewerbliche und private Verbraucher sowie eine Unterversorgung mit Bitumen insbesondere für den Straßenbau zur Folge. Darüber hinaus wäre konkret die Belieferung des Berliner Flughafens mit Flugbenzin sowie die Versorgung der Stadt Schwedt mit Fernwärme durch die PCK-Raffinerie gefährdet.

II. Rechtliche Würdigung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kann gemäß § 17 Absatz 1 bis 5 und Absatz 8 EnSiG durch einen Verwaltungsakt ein Unternehmen, das selbst oder durch verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes Kritische Infrastrukturen im Sinne von § 2 Absatz 10 des BSI-Gesetzes (BSIG) im Sektor Energie betreibt, unter Treuhandverwaltung stellen, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung das Unternehmen seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.

1.
Kritische Infrastrukturen
Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing betreiben kritische Infrastrukturen im Sinne von § 17 Absatz 1 EnSiG. Nach § 2 Absatz 10 BSIG in Verbindung mit § 2 Absatz 6 und Anhang 1 Teil 3 Spalte B Nummer 3.4 der BSI-Kritisverordnung (BSI-KritisV) ist der Mineralölhandel eine Kritische Infrastruktur. Rosneft Deutschland ist unter anderem im Mineralölhandel tätig, den sie durch Tochtergesellschaften betreibt. Die Schwellenwerte von 4 400 000 Tonnen/​Jahr (abgewickeltes Erdöl) und 420 000 Tonnen/​Jahr (abgewickelter Kraftstoff) werden überschritten.
Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing sind aufgrund ihrer gemeinsamen Muttergesellschaft, der Rosneft Foreign Projects LLC, verbundene Unternehmen. Sie betreiben durch ihre Tochtergesellschaft PCK Raffinerie GmbH eine Raffinerie, die ihrerseits zur Kritischen Infrastruktur im Sinne von § 17 Absatz 1 EnSiG gehört; Raffinerien sind nach § 2 Absatz 10 BSIG in Verbindung mit § 2 Absatz 6 und Anhang 1 Teil 3 Spalte B Nummer 3.1.2 der BSI-KritisV ebenfalls eine Kritische Infrastruktur. Der Schwellenwert von 420 000 Tonnen/​Jahr (erzeugter Kraftstoff) wird überschritten.
Darüber hinaus ist Rosneft Deutschland über die Beteiligungen an den Raffinerien Bayernoil-Raffinerie und der MiRO-Raffinerie an weiteren Kritischen Infrastrukturen beteiligt.
2.
Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie
Die Geschäftstätigkeit von Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing ist für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit erforderlich. Rosneft Deutschland ist durch den Umfang seiner Ölhandelsgeschäfte und verschiedener Beteiligungen an Raffinerien und Ölleitungen ein zentrales Unternehmen der Ölversorgung in Deutschland. Die gemeinsam von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing betriebene PCK-Raffinerie gehört zu den größten Raffineriebetrieben in der Bundesrepublik Deutschland. Durch deren Raffinerie in Schwedt wird eine Grundversorgung des Nordostens Deutschlands und des Berliner Flughafens mit Mineralölprodukten sichergestellt. Die Einschränkungen der Produktion bei der Bayernoil-Raffinerie aufgrund von Minderlieferungen, verzögerter Zahlung von Frachtkosten oder der Einschränkung von Zwischenlagerkapazität drohen auch Versorgungsengpässe im süddeutschen Raum hervorzurufen und somit die bereits angespannte Versorgungslage überregional zu verschlechtern.
3.
Drohende Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit und Absicherung durch Treuhandverwaltung
Ohne eine Treuhandverwaltung nach § 17 EnSiG werden Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing ihre dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht länger erfüllen können. Dadurch droht eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit.
Durch das Verhalten der Vertragspartner der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing droht unmittelbar eine erhebliche Beeinträchtigung des Betriebs der beiden Unternehmen. Gleiches gilt für die drohende Abwanderung der Mitarbeiter der Rosneft Deutschland und der RN Refining & Marketing sowie bei der PCK Raffinerie GmbH. Dadurch wird die Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit der PCK Raffinerie GmbH in Frage gestellt.
Die hier angeordnete Treuhandverwaltung wird dazu führen, dass Vertragspartner der Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing ihr Vertrauen zurückgewinnen und ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen. Die Abwanderungstendenzen in den jeweiligen Belegschaften können gestoppt werden. Die Treuhandverwaltung wird auch dazu führen, dass sich die Lagerkapazitäten regulieren lassen und dadurch der Betrieb der Bayernoil-Raffinerie stabilisiert wird.
Eine für die Versorgungssicherheit erforderliche Umstellung der Ölbelieferung der PCK-Raffinerie auf nichtrussisches Öl kann ohne eine Treuhandverwaltung nach § 17 EnSiG nicht erreicht werden. Die hier angeordnete Treuhandverwaltung führt dazu, dass die Verbindung von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing zu ihren Gesellschaftern unterbrochen wird und eröffnet eine Ausweitung der Versorgungsmöglichkeiten mit nichtrussischem Öl. Die zukünftige Belieferung der PCK-Raffinerie kann über eine verstärkte Inanspruchnahme des Hafens Rostock und der Pipeline von Rostock nach Schwedt, eine Zulieferung aus Danzig oder durch den Einkauf von Öl aus anderen Herkunftsländern erfolgen. Denkbar und wahrscheinlich ist eine Kombination der verschiedenen Handlungsoptionen. Angesichts des eigenen wirtschaftlichen Interesses der russischen Konzernobergesellschaft an der Fortführung einer Belieferung mit russischem Öl ist nicht damit zu rechnen, dass der russische Gesellschafter einer Umstellung der Ölversorgung und den damit verbundenen Investitionen zustimmen wird. Nach gegenwärtigem Sachstand ist damit zu rechnen, dass die Umstellung der Belieferung der PCK-Raffinerie innerhalb von sechs Monaten erfolgen kann und auch danach eine weitere Belieferung der PCK-Raffinerie über die verschiedenen vorgenannten Belieferungswege sichergestellt sein wird.
4.
Verhältnismäßigkeit
Die Anordnung ist verhältnismäßig. Sie ist zur Abwehr der konkreten Gefahr, dass Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing ihre dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen werden, geeignet, weil zu erwarten ist, dass Vertragspartner ihre Geschäftsbeziehungen mit Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing aufgrund der Treuhandverwaltung nach dem Energiesicherungsgesetz fortsetzen oder wiederaufnehmen werden. Dadurch kann ein wirtschaftlicher Ausfall von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing mit weitreichenden Folgen für die Versorgungssicherheit verhindert werden. Dies sichert auch den Betrieb der Raffinerien Bayernoil und Miro sowie der von Rosneft Deutschland anteilig gehaltenen Ölleitungen ab, da durch die Anordnung der Treuhandverwaltung die durch Overcompliance hervorgerufenen Beeinträchtigungen in der Belieferung und dem Abtransport von Rohöl und verarbeitetem Rohöl, insbesondere bei der Raffinerie Bayernoil, kurzfristig beseitigt und der Produktionsbetrieb stabilisiert werden kann. Zugleich wird der Betrieb der PCK-Raffinerie gesichert und es werden Voraussetzungen für eine Belieferung der PCK-Raffinerie mit nichtrussischem Erdöl geschaffen. Die Anordnung ist auch erforderlich. Mildere und gleich geeignete Mittel stehen nicht zur Verfügung. Eine Treuhandanordnung über die PCK Raffinerie GmbH wäre nicht in gleichem Maße geeignet, weil hierdurch die weiteren Beteiligungen von Rosneft Deutschland nicht ausreichend abgesichert werden könnten. Die Anordnung ist zudem angemessen. Die Schwere des temporären Eingriffs steht in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck, die Versorgungssicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Die Sicherung der Energieversorgung dient dem Wohle der Allgemeinheit und geht den privaten Interessen der Anteilseigner vor. Dies gilt insbesondere angesichts der herausragenden Bedeutung von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing sowie der PCK Raffinerie GmbH als Teil der Kritischen Infrastruktur für die Ölversorgung in Deutschland. Deshalb – und mit Blick auf die dargelegten positiven Effekte für den Geschäftsbetrieb – betrifft dies auch die Kostentragungspflicht von Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing gemäß der Nummern 5 und 6 dieser Anordnung.
5.
Anhörung
Von einer vorherigen Anhörung war gemäß § 28 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes im öffentlichen Interesse abzusehen.

Dieser Verwaltungsakt wird mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam (§ 17 Absatz 3 Satz 3 und 4 EnSiG) und ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 17 Absatz 6 Satz 1 EnSiG).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, Klage erhoben werden.

Berlin, den 14. September 2022

Der Bundesminister
für Wirtschaft und Klimaschutz

In Vertretung
Udo Philipp

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

Werbung mit „Anti-Kater“-Zusatz für Lebensmittel verboten: Oberlandesgericht Frankfurt am Main setzt Grenzen

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einer aktuellen Entscheidung die...

Allgemeines

Urteil im Staatsschutzverfahren: Ehepaar wegen Unterstützung des IS zu Bewährungsstrafen verurteilt

Am 22. November 2024 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter...

Allgemeines

Handelskrieg 2.0

Mit Donald Trump, der kurz vor seiner Rückkehr ins Weiße Haus steht,...

Allgemeines

Moin

Regierungsbildung mit BSW in Thüringen beschlossen In Thüringen haben CDU, SPD und...