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Anordnung gemäß § 17a des Energiesicherungsgesetzes bezüglich der SEFE Securing Energy for Europe GmbH

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Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Anordnung
gemäß § 17a des Energiesicherungsgesetzes
bezüglich der SEFE Securing Energy for Europe GmbH

Vom 14. November 2022

Hiermit wird auf der Grundlage des § 17a Absatz 1 bis 3 und des § 29 Absatz 2 Satz 2 des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) Folgendes angeordnet:

1.
Die bestehenden Gewinn- und Kapitalrücklagen (zum 31. Oktober 2022 in Höhe von rund 1 028 950 000 Euro) der SEFE Securing Energy for Europe GmbH mit Sitz in Berlin, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 36569 B, werden aufgelöst und zur Verminderung des auszugleichenden Bilanzverlusts verwandt.
2.
Nach dem Eintritt der Rechtswirkungen nach Nummer 1 wird das Stammkapital der SEFE Securing Energy for Europe GmbH von 225 595 000 Euro um 225 595 000 Euro auf 0 Euro und der Nennbetrag des einzigen Geschäftsanteils mit der laufenden Nummer 1 von 225 595 000 Euro auf 0 Euro herabgesetzt.
3.

Kapitalerhöhung nach dem Eintritt der Rechtswirkungen nach Nummer 2:

a)
Das Stammkapital der SEFE Securing Energy for Europe GmbH wird von 0 Euro um 225 595 000 Euro auf 225 595 000 Euro erhöht, und zwar durch Bildung eines neuen Geschäftsanteils im Nennbetrag von 225 595 000 Euro (laufende Nummer 2).
b)
Der neue Geschäftsanteil wird zum Nennwert ausgegeben.
c)
Zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils wird die SEEHG Securing Energy for Europe Holding GmbH mit Sitz in Berlin, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 242490 B, zugelassen. Die Einlage auf den neuen Geschäftsanteil ist in voller Höhe in bar zu erbringen. Das Bezugsrecht des bisherigen Gesellschafters der SEFE wird ausgeschlossen.
4.
Das Stammkapital in Höhe von 225 595 000 Euro ist von Amts wegen unverzüglich in das Handelsregister der SEFE Securing Energy for Europe GmbH einzutragen. Die Kapitalerhöhung nach Nummer 3 wird mit Veröffentlichung dieser Anordnung im Bundesanzeiger wirksam, auch Dritten gegenüber. Die Eintragung in das Handelsregister ist nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung.
5.
§ 106 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Nummer 9a sowie § 109a des Betriebsverfassungsgesetzes finden keine Anwendung auf die Übernahme des neuen Geschäftsanteils nach Nummer 3 Buchstabe c dieser Anordnung.
6.
Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen finden keine Anwendung auf den Bund.
7.
Rechtshandlungen, die im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung stehen, können nicht zu Lasten des Bundes und der von ihm errichteten Körperschaften, Anstalten und Sondervermögen sowie der ihm nahestehenden Personen oder sonstigen von ihm mittelbar oder unmittelbar abhängigen Unternehmen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung und des Anfechtungsgesetzes angefochten werden. Die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich vergleichbare Forderungen, insbesondere § 39 Absatz 1 Nummer 5 der Insolvenzordnung, gelten nicht zu Lasten des Bundes und der von ihm errichteten Körperschaften, Anstalten und Sondervermögen sowie der ihm nahestehenden Personen oder sonstigen von ihm mittelbar oder unmittelbar abhängigen Unternehmen.
8.
Die Übernahme der Beteiligung durch die SEEHG Securing Energy for Europe Holding GmbH im Rahmen der Kapitalerhöhung nach Nummer 3 sowie die Umstrukturierung, Veränderung oder Veräußerung dieser Beteiligung stellen keinen wichtigen Grund zur Kündigung eines Schuldverhältnisses dar und führen auch nicht zu einer automatischen Beendigung von Schuldverhältnissen. Entgegenstehende vertragliche Bestimmungen sind unwirksam. Die Vereinbarung von Abfindungs- oder Entschädigungsansprüchen in Anstellungsverträgen von Organmitgliedern oder in sonstigen Dienstverträgen des Unternehmens ist unwirksam, soweit die Vereinbarung Ansprüche für den Fall einer Vertragsbeendigung aus Anlass der Übernahme der Beteiligung durch die SEEHG Securing Energy for Europe Holding GmbH im Rahmen der Kapitalerhöhung nach Nummer 3, aus Anlass einer Veränderung der Höhe dieser Beteiligung oder aus Anlass der Wahrnehmung von Rechten aus dieser Beteiligung gewähren würde.
9.
Die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage bleibt vorbehalten.

Begründung

I. Sachverhalt

1.
SEFE Securing Energy for Europe GmbH
Die SEFE Securing Energy for Europe GmbH mit Sitz in Berlin ist eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 36569 B („SEFE“). Ihre Gesellschafter sind in der Russischen Föderation ansässig. Bis zum 20. Juni 2022 firmierte SEFE unter der Firma Gazprom Germania GmbH.
Gegenstand der SEFE ist laut dem Handelsregisterauszug der Erwerb, die Verwaltung und Veräußerung von Beteiligungen an Unternehmen, namentlich von Unternehmen, die auf dem Gebiet des Importes und Exportes von Gas, des Vertriebs von Gas sowie der Planung, des Baus und der Nutzung von Gasanlagen tätig sind.
2.
Bedeutung der SEFE für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie
Im Jahr 2021 vertrieb die SEFE über ihre Tochtergesellschaften Wingas GmbH, WIEH GmbH und SEFE Energy Ltd. (ehemals Gazprom Marketing & Trading Retail Ltd.) mehrere Milliarden Kubikmeter Erdgas an europäische Kunden. Ihre Tochtergesellschaft Wingas GmbH gehört zu den größten Erdgasversorgern in der Bundesrepublik Deutschland. Sie beliefert insbesondere Stadtwerke, regionale Gasversorger, Industriekunden und Kraftwerke. Über die Tochtergesellschaft SEFE Marketing & Trading Ltd. („SEFE M&T“) (ehemals Gazprom Marketing & Trading Ltd.) werden weltweit Erdgas, Flüssigerdgas und Flüssiggas bezogen und gehandelt. Sie sichert der Wingas GmbH den notwendigen Marktzugang. Über Tochtergesellschaften betreibt die SEFE Gasnetze. Die Tochtergesellschaft Astora GmbH betreibt Erdgasspeicher, die ungefähr ein Fünftel der in Deutschland vorhandenen Speicherkapazität ausmachen.
3.
Eigentümersituation der SEFE
Nach der letzten im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste der Gesellschaft vom 25. März 2022 ist Gazprom export business services LLC, eingetragen im russischen einheitlichen staatlichen Register der juristischen Personen unter Hauptregistrierungsnummer (OGRN) 1217800000791 (mittlerweile firmierend unter Palmary Business Services LLC) („GPEBS“), mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 225 595 000 Euro, laufende Nummer 1, die alleinige Gesellschafterin der SEFE.
Am 25. März 2022 hat die Gazprom export LLC, eingetragen im russischen einheitlichen staatlichen Register der juristischen Personen unter Hauptregistrierungsnummer (OGRN) 1027739898284 („GPE“), als Alleingesellschafterin der SEFE ihren Geschäftsanteil an der SEFE an die GPEBS übertragen. Laut einem Registerauszug aus dem russischen Handelsregister vom 1. April 2022 wurden zum 31. März 2022 0,1 % der Anteile an der GPEBS an die Joint Stock Company Palmary übertragen. Die restlichen 99,9 % der Anteile an GPEBS befinden sich nach Auskunft der vormaligen Gazprom Germania bei der GPEBS selbst. Mit Eröffnungsbescheid vom 11. Mai 2022 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das sektorübergreifende Investitionsprüfungsverfahren gemäß den §§ 55 ff. Außenwirtschaftsverordnung (AWV) eröffnet. Die Erwerbe sind nach § 15 Absatz 3 Außenwirtschaftsgesetz schwebend unwirksam.
Unabhängig vom Ausgang des Investitionsprüferverfahrens steht sowohl die GPEBS als auch die GPE wirtschaftlich im Eigentum einer in Russland ansässigen Gesellschaft. Dies führt dazu, dass die Geschäftspartner der SEFE mit einer Kündigung der Geschäftsbeziehungen drohen und keine neuen Geschäfte eingehen.
4.
Treuhandanordnung vom 17. Juni 2022
SEFE steht auf Grund der Anordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 17. Juni 2022 (BAnz AT 17.06.2022 B15) unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Die Treuhandverwaltung ist auf das Energiesicherungsgesetz gestützt und ist befristet bis zum 15. Dezember 2022.
5.
SEEHG Securing Energy for Europe Holding GmbH
Die SEEHG Securing Energy for Europe Holding GmbH mit Sitz in Berlin ist eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg – Abteilung B – unter der Nummer HRB 242490 B („SEEHG“). Nach der letzten im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste der Gesellschaft vom 9. November 2022 ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 25 000 Euro, laufende Nummer 1, die alleinige Gesellschafterin der Gesellschaft. Unternehmensgegenstand der SEEHG ist der Erwerb, das Halten und Verwalten von Unternehmensbeteiligungen.
6.
Wirtschaftliche Lage der SEFE und ihrer Tochtergesellschaften
Ausweislich des Zwischenabschlusses zum 31. Oktober 2022 lag das Eigenkapital der SEFE, trotz bestehender Kapital- und Gewinnrücklagen in Höhe von rund 1 028 950 000 Euro bei rund –2 072 822 000 Euro.
Die Eigenkapitalsituation hat sich seit dem 31. Oktober 2022 nicht verbessert.
Es liegt somit eine handelsbilanzielle Überschuldung vor. Das Vorliegen einer handelsbilanziellen Überschuldung indiziert eine rechnerische Überschuldung. Bei Vorliegen einer rechnerischen Überschuldung entfällt eine Insolvenzantragspflicht der SEFE nur, wenn für die SEFE eine positive Fortbestehensprognose besteht. Eine positive Fortbestehensprognose besteht grundsätzlich dann, wenn die SEFE am Markt agieren kann, insbesondere ihre operative Geschäftstätigkeit ungestört ausüben kann und die SEFE extern refinanzierbar ist. Der Treuhänder hat zur Prüfung der Wiederherstellung der operativen Geschäftstätigkeit und der externen Refinanzierbarkeit von SEFE ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben (nachfolgend „Restrukturierungsberater“).
Als zentrale Bedingung für eine Wiederherstellung der ungestörten operativen Geschäftstätigkeit und für externe Refinanzierbarkeit hat der Restrukturierungsberater einen Eigentümerwechsel bei der SEFE identifiziert. Ein Großteil der Geschäftspartner zeigt Zurückhaltung bei der Aufnahme und Forstsetzung von Geschäftsbeziehungen mit der SEFE und ihren Tochtergesellschaften im Zusammenhang mit der Eigentümersituation. Um eine externe Refinanzierbarkeit der SEFE zu erreichen, ist es aber gerade erforderlich, dass die SEFE und ihre Tochtergesellschaften ihre operative Geschäftstätigkeit ungestört ausüben können. Sofern der Eigentümerwechsel bei der SEFE nicht vollzogen wird und die SEFE nicht mit ausreichend Kapital ausgestattet wird, kann keine Wiederherstellung der operativen Geschäftstätigkeit erfolgen und eine externe Refinanzierbarkeit der SEFE aus der operativen Geschäftstätigkeit wird nicht erreicht. Somit läge keine positive Fortbestehensprognose für die SEFE vor. Ohne eine positive Fortbestehensprognose der SEFE droht dieser ein Insolvenzszenario, welches aufgrund der Systemrelevanz der SEFE zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland führen könnte.
Damit SEFE am Markt agieren kann, ist nach sachverständiger Beurteilung des Restrukturierungsberaters eine bilanzielle Sanierung der SEFE erforderlich. Diese erfordert nach heutigem Stand einen Eigenkapitalbedarf in Höhe von rund 7,7 Milliarden Euro, sofern der Gesellschafter der SEFE von der Bundesrepublik Deutschland gehalten wird und in Höhe eines noch höheren Milliardenbetrags, sofern der Gesellschafter der SEFE ein privater Dritter ist, der vom Markt akzeptiert wird. Daher sind weitere Kapitalmaßnahmen notwendig, um die SEFE mit dem erforderlichen Eigenkapital auszustatten. Da der bestehende materiell-rechtliche Gesellschafter, die GPE, mitgeteilt hat, dass sie davon ausgeht, dass sie nicht mehr Gesellschafterin der SEFE ist, ist nicht von ihr zu erwarten, dass sie der SEFE Eigenkapital zuführt. Auch von der Listengesellschafterin, der GPEBS, ist nicht zu erwarten, dass diese neues Kapital zuführt, da diese mit Datum vom 1. April 2022 einen Beschluss gefasst hat, in dem sie die Geschäftsführung angewiesen hat, die SEFE abzuwickeln. Daher muss die Eigentümersituation der SEFE gelöst und die SEFE durch den neuen Gesellschafter oder einen Dritten mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet werden. Eine adäquate Kapitalausstattung durch den neuen Gesellschafter oder einen Dritten kann durch eine echte Erhöhung des Stammkapitals, eine Einbringung in die Rücklagen, einen qualifizierten Rangrücktritt der KfW auf bestehende Darlehensforderungen in dem zur Verfügung gestellten Finanzierungsrahmen (vgl. Anordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 17. Juni 2022 (BAnz AT 17.06.2022 B15), eine stille Beteiligung oder eine Kombination der vorstehenden Maßnahmen erreicht werden. Bereitschaft zu weiteren Rekapitalisierungsmaßnahmen besteht aber erst, wenn ein Eigentümerwechsel bei der SEFE stattgefunden hat.
Die Beteiligung des bisherigen Gesellschafters hindert die SEFE darüber hinaus auch an einer wirtschaftlichen Teilnahme am Markt. Die Compliance-Vorgaben der Geschäftspartner der SEFE in den Bereichen Handel, Vertrieb und bei den Banken erlauben trotz der bestehenden Treuhandverwaltung vielfach keine Aufnahmen von Geschäftsbeziehungen mit der SEFE aufgrund ihrer unklaren Eigentümersituation. Dies ist vorrangig dadurch begründet, dass die Treuhandanordnung bis zum 15. Dezember 2022 befristet ist. Zwar hat das Office of Foreign Assets Control des Department of the Treasury der Vereinigten Staaten von Amerika am 2. Mai 2022 und am 14. Juli 2022 eine die SEFE betreffende Ausnahmegenehmigung für das Eingehen von Geschäftsbeziehungen erteilt; auch diese Ausnahmegenehmigung ist jedoch bis zum 16. Dezember 2022 befristet, sodass Vertragspartner weiterhin von einer vertraglichen Bindung mit der SEFE absehen. Auch die Clearing-Banken, welche für den Handel am Markt erforderlich sind, verweigern die Durchführung größerer Transaktionen. Die Citi Bank droht ohne die Klärung der Eigentümerfrage mit einer Beendigung der Geschäftsbeziehungen zum Jahresende 2022. Dadurch würde die SEFE M&T den Zugang zu Handelsbörsen verlieren, was weitreichende Konsequenzen für den Geschäftsbetrieb der SEFE und ihrer Tochtergesellschaften hätte. Daneben droht ohne eine Lösung der Eigentümerfrage die Anwendung zusätzlicher Sanktionen anderer Staaten gegenüber der SEFE und die wirtschaftliche Teilnahme am Markt wird weiter erschwert.
Eine Vielzahl von Tochtergesellschaften der SEFE, welche mit der SEFE und ihrer Geschäftstätigkeit eng verflochten sind, weisen ebenfalls jedenfalls einen teilweisen Verbrauch ihres Stammkapitals auf. Besonders betroffen sind die ausländischen Tochtergesellschaften der SEFE M&T (SEFE M&T Singapore PTE. Ltd. und Gazprom Global LNG Ltd.), welche signifikante Verluste aus Hedgegeschäften tragen müssen. In Deutschland ansässige Tochtergesellschaften übertragen ihre Gewinne und Verluste direkt an die SEFE, das Stamm- und Eigenkapital der in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaften bleibt somit konstant, wohingegen sich die Eigenkapitalsituation der SEFE bei Verlusten der Tochtergesellschaften verschlechtert.

II. Rechtliche Würdigung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kann gemäß § 17a Absatz 1 bis 3 EnSiG durch einen Verwaltungsakt bei einem als Kapitalgesellschaft verfassten Unternehmen, das nach § 17 Absatz 3 Satz 1 EnSiG unter Treuhandverwaltung gestellt ist, Kapitalmaßnahmen anordnen, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne Kapitalmaßnahmen der Betrieb des Unternehmens gemäß seiner Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie nicht fortgeführt werden kann.

1.
SEFE ist eine Kapitalgesellschaft und unter Treuhandverwaltung gestellt
SEFE ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind Kapitalgesellschaften. Durch die Anordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 17. Juni 2022 ist die SEFE nach § 17 Absatz 3 Satz 1 EnSiG unter Treuhandverwaltung gestellt.
2.
Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie
Die Geschäftstätigkeit der SEFE und ihrer Tochtergesellschaften ist für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie erforderlich. Ihre Tochtergesellschaft Wingas GmbH gehört zu den größten Erdgasversorgern insbesondere der Stadtwerke, regionaler Gasversorger, Industriekunden und Kraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland. Über die Tochtergesellschaft SEFE M&T werden weltweit Erdgas, Flüssigerdgas und Flüssiggas bezogen und gehandelt. Sie sichert der Wingas GmbH den notwendigen Marktzugang. Über Tochtergesellschaften betreibt die SEFE Gasnetze. Die Tochtergesellschaft Astora GmbH betreibt Erdgasspeicher, die ungefähr ein Fünftel der in Deutschland vorhandenen Speicherkapazität ausmachen. Ein Ausfall der SEFE würde auf Grund operativer und finanzieller Verflechtungen eine unmittelbare Gefahr für das Geschäft der einzelnen Tochtergesellschaften mit sich bringen und somit eine Gefahr für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie und für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit darstellen.
3.
Gefahr der Nichtfortführung des Betriebs von SEFE
Ohne Kapitalmaßnahmen nach § 17a EnSiG wird die SEFE ihre dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen können. Dadurch droht eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit. Ohne einen Eigentümerwechsel hätte SEFE keine positive Fortbestehensprognose und müsste die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Der bestehende Gesellschafter der SEFE weigert sich, die SEFE mit ausreichend Kapital auszustatten und Geschäftspartner sind nicht bereit, aufgrund der bisherigen Eigentümerstruktur die Geschäftsbeziehungen mit der SEFE fortzuführen. Ohne einen Eigentümerwechsel besteht keine Bereitschaft zur Zuführung weiteren Kapitals und die Rückkehr zum regulären Geschäftsbetrieb ist nicht möglich. Der SEFE droht daher die Pflicht zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens mit unkontrollierbaren Auswirkungen auf die SEFE und deren Tochtergesellschaften. Ein Insolvenzverfahren wäre mit der Beendigung bestehender Fixgeschäfte verbunden, die mit erheblichen Folgen für die Versorgungssicherheit verbunden wäre. Ferner ist eine Anpassung oder Erhöhung der Bankenfinanzierung der SEFE aufgrund ihrer bilanziellen Situation und aufgrund der bisherigen Eigentümerstruktur nur unter erheblich erschwerten Bedingungen möglich. Eine Anpassung oder Erhöhung der Finanzierung der SEFE ist jedoch erforderlich, da die SEFE Ersatzbeschaffungen zu erheblich höheren Preisen tätigen muss und zur Befüllung ihr zustehender Gasspeicherkapazitäten ebenfalls Gas und LNG auf dem Spotmarkt erwerben muss.
Die Kapitalmaßnahmen in den Nummern 1 bis 3 führen zu einem vollständigen Eigentümerwechsel bei der SEFE. Durch die Kapitalherabsetzung auf 0 Euro verliert der bisherige Gesellschafter der SEFE seine Gesellschafterstellung. Durch die Kapitalerhöhung unter Zulassung der SEEHG, einer Gesellschaft vollständig im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, wird die SEEHG als neue Gesellschafterin der SEFE aufgenommen und es findet ein vollständiger Eigentümerwechsel statt. Die angeordneten Kapitalmaßnahmen und der damit verbundene Eigentümerwechsel führen nach sachverständiger Beurteilung des Restrukturierungsberaters dazu, dass eingetretene Verluste der SEFE ausgeglichen und die bestehende Unterbilanz beseitigt werden können.
4.
Inhalt der Kapitalmaßnahmen
Die bundeseigene SEEHG hat bereits am 11. November 2022 notariell beglaubigt die Übernahme des neuen Anteils an der SEFE erklärt. Mit der Anordnung werden nunmehr die zum 31. Oktober 2022 bestehenden Gewinn- und Kapitalrücklagen aufgelöst, um den bestehenden Bilanzverlust zu vermindern. Mit Auflösung dieser Gewinn- und Kapitalrücklagen bestehen keine Rücklagen mehr, die über zehn Prozent des nach der Herabsetzung verbleibenden Stammkapitals hinausgehen. Die Herabsetzung des Stammkapitals erfolgt auf 0 Euro, um den vollständigen Eigentümerwechsel zu erreichen. Zeitgleich erfolgt eine Kapitalerhöhung auf 225 595 000 Euro. Bei der Kapitalerhöhung werden die Bezugsrechte des bisherigen Gesellschafters der SEFE ausgeschlossen. Die SEEHG wird zur Übernahme der neuen Anteile an der SEFE zugelassen. Dadurch findet ein vollständiger Wechsel des Gesellschafters statt. Dieser Gesellschafterwechsel ist aufgrund der Einschränkungen der SEFE, am Markt zu agieren, erforderlich. Mit einem Stammkapital in Höhe von 225 595 000 Euro konnte die SEFE in der Vergangenheit am Markt agieren, weshalb eine Erhöhung des Stammkapitals auf 225 595 000 Euro nach der Herabsetzung erforderlich aber auch ausreichend ist.
5.
Verhältnismäßigkeit
Die Anordnung ist verhältnismäßig. Der Gesellschafter der SEFE nimmt die erforderliche Sanierung der SEFE nicht aus eigenen Mitteln vor. Die angeordneten Kapitalmaßnahmen verfolgen daher den legitimen Zweck der Sicherung der Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Die Maßnahmen sind auch geeignet, die Sicherung der Versorgungssicherheit zu fördern, da eine Insolvenz der SEFE verhindert wird und ein Agieren der SEFE am Markt möglich bleibt. Es besteht kein milderes Mittel, da eine Sanierung der SEFE durch den Gesellschafter nicht vorgenommen wurde. Die Sicherung der Energieversorgung dient dem Wohl der Allgemeinheit und geht den privaten Interessen der Anteilseigner vor. Deshalb ist die Anordnung auch im engeren Sinn verhältnismäßig.
6.
Entschädigung
Die Kapitalmaßnahmen in den Nummern 1 bis 3 stellen eine Administrativenteignung im Sinne von Artikel 14 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes dar. Die Höhe der Entschädigung für die Kapitalmaßnahmen nach den Nummern 1 bis 3 wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen gesondert bekannt gemacht (§ 17a Absatz 6 Satz 6 EnSiG).
7.
Anhörung
Eine Anhörung wurde gegenüber der SEFE, der Gazprom Export LLC und der Palmary Business Services LLC (ehemals Gazprom export business services LLC) durchgeführt.
8.
Handelsregister
Die Kapitalmaßnahmen nach den Nummern 2 bis 3 sind von Amts wegen unverzüglich in das Handelsregister einzutragen.
9.
Anwendbare Vorschriften
Nach § 29 Absatz 2 Satz 2 EnSiG finden die Regelungen nach § 29 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7, Nummer 10, Nummer 12, Nummer 13 und Nummer 14 EnSiG Anwendung.

Dieser Verwaltungsakt wird mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam (§ 17a Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 17 Absatz 3 Satz 3 und 4 EnSiG) und ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 17a Absatz 8 Satz 1 EnSiG).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, Klage erhoben werden.

Berlin, den 14. November 2022

Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz

Im Auftrag
Thomas Solbach

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