Antrag in einem Statusverfahren

Published On: Donnerstag, 12.05.2022By

Landgericht München I

STEPHAN BECKER
RECHTSANWALT

Landgericht München I
Lenbachplatz 7
80333 München

25. April 2022

In Sachen
Seis u. a. /​Aufsichtsrat der Fa. Kraftanlagen Energies & Services GmbH u.a.
5 HK O 3143/​22

zeige ich an, ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert, dass ich die Antragsgegnerin zu 2.) vertrete. Ich beziehe mich auf die Verfügung des Landgerichts München vom 04.04.2022 und nehme für die Antragsgegnerin zu 2.) zum Antrag der Antragsteller vom 15.03.2022 wie folgt Stellung und stelle folgenden Antrag:

1.

Der Antrag der Antragsteller vom 15.03.2022 wird zurückgewiesen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Zusammensetzung und Größe des Aufsichtsrats der Kraftanlagen Energies & Services GmbH wie in der Bekanntmachung des Unternehmens vom 15.02.2022 nach den Regelungen des Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG) i.V.m. den einschlägigen Normen des Aktiengesetzes (AktG) zu erfolgen hat und somit aus zwei Mitgliedern, die von der Gesellschafterversammlung zu wählen sind und einem Mitglied, das von den Arbeitnehmern zu wählen ist, bestehen wird.

Begründung:

A. Zulässigkeit des Antrags

1.

Der Antrag gegen die Antragsgegner zu 1.) – hier den Aufsichtsrat – ist unzulässig und von Amts wegen abzuweisen.

Parteien des Statusverfahrens sind nur die Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführung, die zur Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG verpflichtet ist, sowie die in § 97 AktG genannten jeweiligen Antragsberechtigten. Nicht Partei des folgenden gerichtlichen Verfahrens ist der Aufsichtsrat der betroffenen Gesellschaft selbst. Der Aufsichtsrat ist lediglich rechtlich „betroffen“. Die Vertretungsregelung des § 25 MitbestG i.V.m. § 112 AktG findet im Verfahren nach § 99 AktG damit keine Anwendung.

Sofern der Antrag diesbezüglich nicht bereits von Amts wegen abzuweisen ist, stellen wir auch für den Antragsgegnern zu 1.), hilfsweise, sofern prozessual überhaupt zulässig, im Wege der Nebenintervention (§ 66 ZPO), vorsorglich einen entsprechenden Abweisung santrag, entsprechend unseres Antrags zu 1.).

2.

Der Antrag gegen die Antragsgegnerin zu 2.), die Kraftanlagen Energies & Services GmbH, ist zulässig, aber unbegründet.

B. Begründetheit des Antrags

Der Antrag der Antragsteller ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

1. Zum Sachverhalt

Die Antragsgegnerin zu 2.), eine GmbH, verfügte bisher über einen nach den Regeln des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz) zusammengesetzten Aufsichtsrat mit insgesamt 12 Mitgliedern, jeweils sechs aus den Anteilseignern und sechs von den Arbeitnehmern.

Am 15.02.2022 machte die Geschäftsführung der Antragsgegnerin zu 2.) im Bundesanzeiger bekannt, dass ihrer Ansicht nach der Aufsichtsrat nicht mehr gesetzmäßig zusammengesetzt ist, da die Gesellschaft weniger als 2.000 Arbeitnehmer beschäftige und der Aufsichtsrat daher nach den Regeln des Gesetzes über die Drittelbeteiligung zusammenzusetzen ist.

Drei Mitglieder des Aufsichtsrats haben mit Schriftsatz vom 15.03.2022 das zuständige Gericht angerufen und begehren die Feststellung, dass die Zusammensetzung und Größe des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin zu 2.) wie bisher nach den Regeln des Mitbestimmungsgesetzes zu erfolgen habe.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass nach Auffassung der Antragsteller der Konzern mit 2.105,3 sogenannten „Full time employees“ in der Planung zum 31.12.2021 rechnete und zum Jahresende 2021 sich eine Beschäftigtenzahl von 1.794,4 ergeben soll. Von dem Verlust aus dem Weggang der Kraftanlagen Nuclear Technology bedingten 307 Beschäftigten hätten 10-15 Beschäftigte einem Betriebsübergang widersprochen, sodass diese weiterhin bei der Antragsgegnerin zu 2.) beschäftigt seien.

Ferner behaupten die Antragsteller, die Antragsgegnerin zu 2.) beschäftige ca. 200 Leiharbeitnehmer, die im Konzern beschäftigt werden und ebenfalls für den Schwellenwert von 2.000 Mitarbeitern mitzuzählen seien.

Durch weitere Firmenakquisitionen sollen nach Auffassung der Antragsteller weitere ca. 250 Beschäftigte hinzugewonnen werden können, wobei 200 Beschäftigte bereits auf eine in Rede stehende Firma aus Frankfurt am Main zurückgeführt werden sollen, für die es bereits unterzeichnete Vorverträge gäbe.

Die Antragsteller gehen daher davon aus, dass der Konzern weiterhin über 2.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, sodass die im Mitbestimmungsgesetz festgelegte Mindestanzahl erreicht werde und daher auch weiterhin diese Grundlage für die Bildung und die Größe des Aufsichtsrats sei.

Tatsächlich war und ist die Antragsgegnerin zu 2.) bei der Zahl ihrer Beschäftigten auch unter Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern und geplanten Konzernerweiterungen von den vom Mitbestimmungsgesetz geforderten 2.000 regelmäßig beschäftigten Mitarbeitern weit entfernt und wird diese Zahl auch nach der vorliegenden Planung nicht übersteigen. Damit ist der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 2.) nach den Regeln des Gesetzes über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zu besetzen.

Der von den Antragstellern geschilderte Sachverhalt hinsichtlich der Beschäftigtenzahl trifft nicht zu, da diese deutlich unter 2.000 regelmäßig Beschäftigten lag und liegt. Demzufolge kann auch der Aufsichtsrat nicht nach dem Mitbestimmungsgesetz gebildet werden, sondern ist zwingend nach dem Drittelbeteiligungsgesetz zu bilden. Hierzu im Einzelnen:

a. Der deutsche Konzernverbund:

Der deutsche Konzernverbund der Kraftanlagen Energies & Services GmbH bestand bis zum 30.12.2021 aus der Kraftanlagen Energies & Services GmbH als (deutsche) Konzernmutter sowie den nachfolgenden deutschen Tochtergesellschaften:

ECM Ingenieur-Gesellschaft für Energie- und Umwelttechnik GmbH

FINOW Rohrsysteme GmbH

GAH Pensions GmbH

IA Tech GmbH

Jakob Ebling, Heizung, Lüftung, Sanitär Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Kraftanlagen Heidelberg GmbH

Kraftanlagen Service GmbH

Die Kraftanlagen Heidelberg GmbH (geplante 240 Mitarbeiter) und die Kraftanlagen Service GmbH (geplante 54 Mitarbeiter) wurden per 30.12.2021 an die Bouygues Construction Services Nucléaires S.A.S. mit Sitz in Frankreich veräußert. Neben der Antragsgegnerin zu 2.) als Muttergesellschaft gehören daher seit 31.12.2021 nur noch fünf Unternehmen dem deutschen Konzernverbund an.

Neben den deutschen Gesellschaften gibt es noch ausländische Tochtergesellschaften, die dem Gesamtkonzern der Antragsgegnerin zu 2.) angehören:

b. Rumänien:

Kraftanlagen Romania S.R.L. mit 303,8 Mitarbeitern

IPIP S.A. mit 148,4 Mitarbeitern

c. Schweiz:

Die Diamond Lite S.A. i.L. mit Sitz in der Schweiz ist in Liquidation und hat keine Mitarbeiter mehr.

d. Österreich

In Österreich werden bei der im österreichischen Firmenbuch unter FN 226272 d eingetragenen Zweigniederlassung aktuell 40 Mitarbeiter beschäftigt.

2. Vortrag der Antragsteller und tatsächliche Mitarbeiterzahlen

Die Antragssteller beziehen sich in ihrem Antrag auf eine Planung zum 31.12.2021 mit 2.105,3 Vollzeitmitarbeitern, wobei davon auszugehen ist, dass sie diese Zahl aus einer Präsentation der Geschäftsführung für den Aufsichtsrat vom 08.12.2021 entnommen haben:

Personalwesen 2021

Erfolge 2021

Digitalisierte Personalakte abgeschlossen

Mobiles Arbeiten gestartet und in vollem Gange

Mentoring-Programm gestartet

Talentmanagement-Prozess BY gestartet

Chorus-Einführung abgeschlossen

Welcome Day Führungskräftetreffen organisiert und digitalisiert

Lehrlingsausbildung (Funktionen, Prozesse, Verantwortlichkeit) auf neuesten Stand gebracht

Pensions-Vereinbarungen für Führungskräfte eingeführt

Betriebliche Altersversorgung in Ordnung gebracht

Kraftanlagen Café gestartet (digitaler Treffpunkt für jedermann, inklusive Vorträgen zu interessanten Innovationsthemen)

Integration von neu erworbenen Unternehmen

Data as per Oktober 2021 Business Unit (FTE) Budget 2021
Business Unit (FTE) White Collar Blue Collar Total White Collar Blue Collar Total
KP-Energy 153,46 27,37 180,83 KP-Energy 136,6 26 189,6
KP 146,08 27,37 173,45 KP 152 26 178
IA-Tech 7,38 0 7,38 IA-Tech 11,6 0 11,6
KI — Industrial Plants 419,35 418,71 838,06 KI – Industrial Plants 438,8 538,7 977,9
KI 119,01 328,46 447,47 KI 111 373,7 484,7
KARO 88,37 90,25 178,82 KARO 138,8 165 303,8
IPIP 119,25 9 119,25 IPIP 148 0 148,4
ECM 92,72 0 92,72 ECM 41 0 41
KG Building Technology 125,91 294,5 420,41 KG Building Technology 186,6 325,5 512,1
KG 96,58 237,5 334,06 KG 139,5 238,5 378,1
Ebling 39,35 57 86,35 Ebling 19 55 74
KF – Fabrication 24,84 30 54,84 KF – Fabrikation 28 32 60
KN – Nuclear Technology 136,86 169,15 306,03 KN – Nuclear Technology 144 165 307,9
KN 129,16 101,25 230,41 KN 137 104 240,6
KKI 2,15 10,00 12,15 KKI 3 10 13
KAS 5,57 57,90 63,47 KAS 4 51 54,3
Holding & Intraco 124,06 34 158,06 Holding & Intraco 117,8 0 117,8
KA Group 984,5 973,7 1958,2 KA Group 1078,8 1087,2 2105,3

7,42% Fluktuationsrate Stand Oktober 2021 (6,69% im Jahr 2020)

51 Auszubildende (+ ca. 25% gegenüber Actu 1)

218 derzeit offene Stellen

Beweis:

1.

Auszug aus der Präsentation der Geschäftsführung für den Aufsichtsrat vom 08.12.2021 als Anlage AG1

2.

Parteivernehmung der Geschäftsführung, Herr Joachim Gessner, hilfsweise dessen Anhörung, zu laden über die Antragsgegnerin zu 2.)

3.

Zeugnis des Abteilungsleiters Personaldisposition, Herr Christoph Haindl, zu laden über die Antragsgegnerin zu 2.)

4.

Zeugnis des Abteilungsleiters Abrechnung, Herr Matthias Gronau, zu laden über die Antragsgegnerin zu 2.)

Richtig ist, dass diese Zahlen dem Aufsichtsrat in der Sitzung am 08.12.2021 seitens der Geschäftsführung der Gesellschaft vorgestellt wurden. Die Zahl von (geplanten) 2.105,3 Mitarbeitern bezieht sich jedoch auf den europäischen Gesamtkonzernverbund und nicht allein auf die Antragsgegnerin zu 2.), sodass diese Zahl nicht Grundlage der Schwellenwertberechnung sein kann, die sich gemäß den Vorgaben des MitbestG nur auf den deutschen Konzernverbund bezieht.

In der präsentierten Mitarbeiterzahl inkludiert sind also auch die (geplanten) 303,8 Mitarbeiter der Kraftanlagen Romania S.R.L. sowie die (geplanten) 148,4 Mitarbeiter der IPIP S.A. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in Rumänien.

Rechnet man die rumänischen Mitarbeiter heraus, verbleiben für den allein maßgeblichen deutschen Konzernverbund geplante 1.653,1 Mitarbeiter.

Die ausschließlich in Österreich eingesetzten Mitarbeiter wurden bei der Berechnung bisher zu Recht nicht berücksichtigt.

Bei der Berechnung der maßgeblichen Anzahl der Mitarbeiter eines Unternehmens für die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG besteht und daher ein paritätisch zu besetzender Aufsichtsrat zu bilden ist, sind in ausländischen Betriebstätten beschäftigte Arbeitnehmer nicht mitzuzählen. Die maßgebliche Anzahl ermittelt sich allein aus den im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern (vgl. u.a. h.M: Das Urteil des LG Hamburg vom 06.02.2018 – Az.: 403 HKO 131/​17).

Das LG Hamburg hat entschieden, dass für den in § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG genannten Schwellenwert von 2.000 Arbeitnehmern allein die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer maßgeblich sind. Dies folge bereits aus dem Territorialitätsprinzip, wonach Arbeitnehmer, die in ausländischen Betriebsstätten inländischer Unternehmen oder in ausländischen Betriebsstätten ausländischer Tochtergesellschaften beschäftigt werden, nicht vom Anwendungsbereich deutscher Normen erfasst werden.

Ferner spreche auch der Zweck des Mitbestimmungsgesetzes, das eine gleichberechtigte und gleichgewichtige Teilnahme von Anteilseignern und Arbeitnehmern an den Entscheidungsprozessen im Unternehmen bewirken solle, für keine andere Auslegung. Denn für dieses Ziel sei es nicht maßgeblich, ob die Arbeitnehmer ausländischer Betriebsstätten mitgezählt würden. Vielmehr spreche der Umstand, dass im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer bei den Wahlen zum Aufsichtsrat nicht wahlberechtigt sind, dafür, sie auch nicht für die Schwellenwerte zu berücksichtigen; es sei inkonsequent, im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer zwar zur Ermittlung des Schwellenwertes heranzuziehen, diese dann aber von der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat auszuschließen. Auch aus Gründen des europäischen Rechts sei eine Berücksichtigung der im Ausland tätigen Konzernmitarbeiter bei der Berechnung der Schwellenwerte nicht geboten.

Für die herrschende Auffassung, dass ausländische Arbeitnehmer bei der Berechnung des Schwellenwerts des § 1 Abs. 1 MitbestG nicht mitzuzählen sind, die auch das LG Hamburg mit der zitierten aktuellen Entscheidung teilt, spricht ferner ein Urteil des EuGH vom 18.07.2017 (C-566/​15 – Erzberger gegen TUI AG). Der EuGH hat nach Vorlage durch das Kammergericht Berlin bezüglich der verwandten Frage nach dem aktiven und passiven Wahlrecht von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern bei Wahlen der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat die entsprechenden Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes für europarechtskonform erklärt und damit das Territorialitätsprinzip bestätigt.

Das Urteil des LG Hamburg festigt, wie zuletzt auch das OLG Frankfurt a.M. (25.05.2018 – 21 W 32/​18), die vorzugswürdige herrschende Auffassung. Das OLG Frankfurt hat in der genannten Entscheidung die Rechtsbeschwerde zum BGH nicht zugelassen, da keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der herrschenden Auffassung bestünden und die Rechtsfrage auch nicht klärungsbedürftig sei. Eine höchstrichterliche Entscheidung des BGH zur endgültigen Klärung ist deshalb derzeit kaum zu erwarten, sodass die bisherige Rechtsprechung hierzu bereits eindeutig ist.

Die (geplanten) 240,6 Mitarbeiter der Kraftanlagen Heidelberg GmbH sowie die (geplanten) 54,3 Mitarbeiter der Kraftanlagen Service GmbH sind aufgrund der unstreitigen Veräußerung der beiden Gesellschaften ebenfalls in Abzug zu bringen, sodass sich damit nur noch 1.358,2 Mitarbeiter für den Deutschen Konzernverbund ergeben.

Sofern die Antragsteller behaupten, dass von den 307,9 Beschäftigten der Business Unit „Nuclear Technology“ 10 bis 15 Mitarbeiter abzuziehen seien, da diese Mitarbeiter dem Betriebsübergang widersprochen hätten und weiterhin Beschäftigte der Kraftanlagen Energies & Services GmbH seien, so wurden diese bei der Berechnung der Antragsgegnerin zu 2.) schon gar nicht berücksichtigt, da sie im Unternehmen verblieben.

Es wird klargestellt, dass zu der Business Unit „Nuclear Technology“ die beiden oben genannten verkauften Gesellschaften gehören, nämlich die Kraftanlagen Heidelberg GmbH und die Kraftanlagen Service GmbH. Zu dieser Business Unit zählen auch des Weiteren die in der vorgelegten Präsentation genannten 13 Mitarbeiter des „KKI“.

Geplant war ursprünglich, den Betrieb, dem die 13 Mitarbeiter des KKI angehören, in den Betrieb der Kraftanlagen Heidelberg GmbH einzubringen, sodass diese dann auch aus dem Betrieb ausgeschieden wären. Davon nahm man jedoch Abstand. Zu einem Betriebsübergang ist es für diese 13 Mitarbeiter daher gar nicht gekommen. Richtig ist also allein, dass die 13 KKI-Mitarbeiter weiterhin dem deutschen Konzernverbund der Kraftanlagen Energies & Services GmbH zuzurechnen sind.

Beweis:
wie vor

Damit liegt die auf Grundlage der Präsentation errechnete bzw. geplante Mitarbeiterzahl des maßgeblichen deutschen Konzernverbundes, d.h. ohne Berücksichtigung der beiden rumänischen, der österreichischen Zweigniederlassung und der veräußerten Tochtergesellschaften, bei lediglich 1.358,2 Mitarbeitern.

Die Antragsgegnerin zu 2.) hat – losgelöst von den abstrakten geplanten Mitarbeiterzahlen, die der Präsentation zugrunde lagen – die konkreten Zahlen noch einmal von der Personalabteilung prüfen und aufbereiten lassen.

Diese stimmen fast exakt mit den soeben errechneten Werten überein. Denn mit Stand 31.12.2021 waren nach der vorgesehenen Planung tatsächlich 1.357 zu berücksichtigende Mitarbeiter im deutschen Konzern beschäftigt, und zwar unabhängig von ihrem tatsächlichen Beschäftigungsumfang, sowie zwei Schüler/​Praktikanten und ein Werkstudent.

Bei dieser Auflistung wurden die 60 Mitarbeiter der FINOW Rohrsysteme GmbH, die zum damaligen Zeitpunkt noch verkauft werden sollte, deren Verkauf in der Folgezeit aber scheiterte, bereits ausgenommen und gesondert aufgeführt, sodass tatsächlich 1.417 Mitarbeiter beschäftigt waren und sind.

Die Geschäftsführung ging bei der Bekanntmachung vom 15.02.2022 von den maßgeblichen und heute (noch) aktuellen Zahlen aus, nämlich von 1.417 Mitarbeitern, die direkt für die deutschen Unternehmen der Antragsgegnerin zu 2.) tätig sind. Lediglich in der Präsentation wurden die ggf. ab 30.04.2022 nicht mehr für die Antragsgegnerin zu 2.) tätigen Mitarbeiter der FINOW Rohrsysteme GmbH bereits rausgerechnet. Klarstellend weisen wir darauf hin, dass die Anzahl der Mitarbeiter nicht über den Beschäftigungsgrad, sondern über die Headcounts ermittelt wird.

Beweis:

1.

Wie vor

2.

Excel-Tabelle aller Beschäftigter des Deutschen Konzernverbunds (ohne Namen, aber mit Personalnummer, Buchungskreis, Abteilung, Mitarbeitergruppe, Mitarbeiterkreis, BsGrd und Personalteilbereich) sowie Übersicht als Anlagenkonvolut AG 2 (in 3 Teilen)

In der offensichtlich für das hiesige Verfahren zugrunde liegenden Präsentation machte die Geschäftsführung im Übrigen auch darauf aufmerksam, dass eine immer größere Fluktuation bei den Mitarbeitern auftritt und auch Personalmangel herrscht. So heißt es u.a. in der Präsentation auch wie folgt:

Zunehmende Knappheit
an Ressourcen und Personal und steigende Fluktuation

Beweis:
wie vor

Natürlich versucht sich die Antragsgegnerin zu 2.) und der gesamte Konzernverbund, sich auf der Homepage und gegenüber potenziellen Kunden größtmöglich darzustellen, weshalb auch die Angaben auf der Homepage davon zeugen, dass man natürlich dort die Gesamtkonzernbeschäftigten angibt und nicht etwa nur die (für das hiesige Verfahren aber allein maßgeblichen Beschäftigten) aus Deutschland.

Auch werden auf der Homepage zahlreiche Stellen ausgeschrieben, insgesamt aktuell 214, wobei diese auch Werkstudenten und Praktikanten beinhalten. Etliche Ausschreibungen sind jedoch erforderlich geworden, um ausscheidende Mitarbeiter zu ersetzen und es können sich auch bereits bei der Antragsgegnerin zu 2.) Beschäftigte intern auf die meisten Stellen bewerben. Insgesamt ist aufgrund der schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt und der bereits auch mit der in der Präsentation aufgezeigten Fluktuationsrate von 7,42 % ersichtlich, dass selbst diese Vielzahl an Stellenausschreibungen nicht zu einer signifikanten Steigerung der Mitarbeiterzahl in absehbarer Zeit führen kann. Denn 7,42 % von aktuell 1.417 Mitarbeitern sind über 105 Mitarbeiter, die voraussichtlich im Rahmen der zu erwartenden Fluktuation das Unternehmen in absehbarer Zeit verlassen werden, sodass selbst eine Nachbesetzung von 105 Mitarbeitern den Weggang gerade einmal ausgleichen würde. Die Erfahrung in den letzten Monaten hat gezeigt, dass die Stellen oft über Monate oder sogar Jahre unbesetzt bleiben, weil keine geeigneten Bewerber vorliegen. Es gibt nicht wenige Stellen, die schon deutlich über 1 Jahr unbesetzt sind, sodass auch in absehbarer Zeit leider nicht zu erwarten ist, dass es zu einer signifikanten Steigerung der Mitarbeiterzahl kommen kann.

Beweis:
wie vor

Damit lag die maßgebliche Anzahl der Mitarbeiter tatsächlich bei 1.417 Mitarbeitern und nicht, wie die Antragsteller behaupten, bei 1.794,4, da die Antragsteller, entgegen der ständigen Rechtsprechung, die ausländischen Mitarbeiter noch mit eingerechnet hatten. Selbst bei Neueinstellungen im laufenden Jahr ist zu berücksichtigen, dass voraussichtlich ungefähr gleich viele Mitarbeiter das Unternehmen verlassen werden, sodass der Personalbestand auch unter Berücksichtigung der aktuellen Ausschreibungen und Stellengesuche voraussichtlich in den nächsten Jahren annähernd gleichbleibend sein wird.

Beweis:
wie vor

3. Leiharbeitnehmer

Die Behauptung, die Antragsgegnerin zu 2.) beschäftige ca. 200 Leiharbeitnehmer, trifft zu und wird hiermit unstreitig gestellt.

Aber selbst wann man als Grundwert, wie dargestellt, von 1.417 Mitarbeitern ausgeht und diesem 200 Leiharbeitnehmer hinzurechnet, kommt man im Ergebnis auf knapp über 1.600 regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer. Damit wird der Schwellenwert von 2.000 weiterhin nicht annähernd erreicht und der Anwendungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes nicht eröffnet.

4. Bemühungen zu „M&A-Aktivitäten“ und perspektivische Entwicklung der Mitarbeiterzahl

Es trifft zwar zu, dass künftige M&A-Aktivitäten Gegenstand der Erörterung in der Sitzung des Aufsichtsrates am 08.12.2021 waren. Die Präsentation selbst zeigt jedoch, dass praktisch alle in 2021 angestrebten M&A-Aktivitäten nicht verwirklicht werden konnten:

M&A Aktivitäten

Potentielle Akquistionsziele 20 vorgeschlagene Angebote sind bei KA seit Anfang des Jahres eingegangen

1 Transaktion wurde abgeschlossen (Kiel Engineering)

1 Zielobjekt wurde vom E&S Management nicht validiert (Kryotec)

1 Zielobjekt ist derzeit „auf Eis“ gelegt (Robur)

1 Vorschlag ist in Bearbeitung, siehe Project Peak

Weitere Vorschläge wurden vom zuständigen Management nach ersten Analysen abgelehnt.

Projekt « PEAK »

NBO am 29.10.21 übergeben

Management Präsentation mit der GF von PEAK und KA sowie DC am 10.11.21

Q&A-Prozess und Analyse der Dokumente im Datenraum in Arbeit

Expert Sessions zu Finanzen und Business am 22.11.21 in Vorbereitung auf die Finalisierung des verbindlichen Angebots

Projektteam bei KA:

JG, AWE, ON (PM), CW (PMO) zusätzlich zu den M&A Ressourcen bei BYCN und BYES

Ansprechpartner für weitere Themen (Legal, HR, IT…) auf Seiten KA und BYCN/​BYES benannt und involviert

Beweis:
wie vor, insbesondere Parteivernahme von Joachim Gessner, hilfsweise dessen Anhörung, b.b.

Gleiches gilt im Übrigen für das in der Präsentation genannten Projekt „Peak“, was gleichfalls durch den Gesellschafter der Kraftanlagen Energies & Services GmbH abgesagt worden ist.

Beweis:
wie vor

Unzutreffend ist die Behauptung, man werde zukünftig 250 neue Mitarbeiter über einen Unternehmenskauf hinzubekommen. Was das genannte Unternehmen aus Frankfurt am Main betrifft, so ist zu konstatieren, dass es hier bis dato nicht einmal ein sog. „Non-binding Offer“ (NBO) seitens der Antragsgegnerin zu 2.) gibt und es daher momentan unklar ist, ob der Kauf überhaupt zustande kommt.

Natürlich beabsichtigt die Antragsgegnerin zu 2.) grundsätzlich, sich weiterhin auch durch Unternehmensan- und -verkäufe weiterzuentwickeln und bestmöglich aufzustellen. Derzeit hat sie 2 bis 3 Unternehmen im Fokus, wobei noch vollkommen unklar ist, ob sie diese tatsächlich akquiriert und wie viele Mitarbeiter tatsächlich durch Betriebsübergang zu Mitarbeitern des Deutschen Konzerns der Antragsgegnerin zu 2.) werden.

Es jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin zu 2.) in absehbarer Zeit die von den Antragstellern behaupteten weiteren 250 Mitarbeiter gewinnen kann, sondern maximal ca. 100 Mitarbeiter, weil die avisierten Unternehmen deutlich kleiner sind oder nur sogenannte Asset-Deals (Teilkäufe) angestrebt werden und erfahrungsgemäß nicht alle Mitarbeiter einem Betriebsübergang nicht widersprechen.

Dies haben auch die Auswertungen der letzten Jahre der Unternehmensentwicklung gezeigt.

Beweis:
Wie vor

5. Organisches Wachstum der Antragsgegnerin zu 2.)

Es ist perspektivisch damit zu rechnen, dass aufgrund des angespannten Personalmarktes maximal mit einem Netto-Zuwachs (Neueinstellungen abzgl. Abgänge und Verrentungen sowie aus Unternehmenszu- und -verkäufen) von insgesamt ca. 100 Mitarbeitern gerechnet werden kann.

Die Antragsgegnerin zu 2.) beabsichtigt somit, weder in Zukunft größere Unternehmenszukäufe zu tätigen. Noch plant die Gesellschaft künftig, organisch die Mitarbeiterzahl signifikant weiter zu erhöhen, so dass der Schwellenwert von 2.000 regelmäßig beschäftigten Mitarbeitern auch in den nächsten, bereits überschaubar zu planenden drei Jahren, nicht überschritten werden wird.

Beweis:
wie vor

C. Rechtliche Würdigung

Der Antrag der Antragsteller ist unbegründet und zurückzuweisen. Denn die erforderliche Mitarbeiterzahl von 2.000 regelmäßig beschäftigten Mitarbeitern für das Mitbestimmungsgesetz ist nicht erreicht und wird auch in absehbarere Zeit nicht erreicht werden.

Der Aufsichtsrat ist daher nicht nach dem Mitbestimmungsgesetz, sondern nach den Regelungen des Drittelbeteiligungsgesetzes zu bilden, wie in der Bekanntmachung vom 15.02.2022 dargelegt. Dem Antrag der Antragsgegnerin zu 2.) ist daher stattzugeben.

Die Antragsteller haben nicht dargetan, dass im Unternehmen der Kraftanlagen Energies & Services GmbH gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG „in der Regel mehr als 2.000 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer beschäftigt werden.“

Die Antragsgegnerin zu 2.) beschäftigt „in der Regel“ und inklusive zu berücksichtigender 200 Leiharbeitnehmer aktuell nur rund ca. 1.600 Mitarbeiter, so dass der vorgenannte Schwellenwert nicht überschritten wird.

Dieser Schwellenwert wird auch nicht in den nächsten Jahren überschritten werden, selbst wenn das Unternehmen maximal weitere 100 Beschäftigte in den nächsten zwei bis drei Jahren hinzugewinnen könnte, was als „Best-Case-Szenario“ geplant ist und für sich genommen sogar nur eine Planung bzw. Erwartung darstellt, die nach h.M. gar nicht zu berücksichtigen ist.

Denn Entwicklungen und Planungen können nur herangezogen werden, wenn diese feststehen; bloße Erwartungen und Absichten reichen nicht aus, wobei es entgegen der Behauptung der Antragsteller nicht einmal unterzeichnete Vorverträge gibt, sodass aktuell keine Unternehmenskäufe konkret anstehen (statt aller: Raiser/​Veil/​Jacobs, Mitbestimmungsgesetz und Drittelbeteiligungsgesetz, 6. Aufl. 2015, § 1 Rn. 20).

Beweis:
Wie vor

Der Antrag der Antragsteller vom 15.03.2022 ist zurückzuweisen und festzustellen, dass sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht mehr nach dem Mitbestimmungsgesetz, sondern aus dem Drittelbeteiligungsgesetz ergibt.

Es wird beantragt den Antragstellern nach § 99 Abs. 6 S. 1 AktG die Gerichtskosten aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen, weil der Antrag gegen den Antragsgegner zu 1.) offensichtlich unzulässig und gegen die Antragsgegnerin zu 2.) offensichtlich unbegründet war, da für die Antragsteller schon nach der Präsentation der Geschäftsführung hätte ersichtlich sein müssen, dass eine Mitarbeiterzahl von ca. 2.000 Mitarbeitern nur unter Einberechnung der ausländischen Unternehmen für den Gesamtkonzern anzunehmen ist, die deutschen Konzerngesellschaften aber mehrere hundert Mitarbeiter unterhalb des Schwellenwertes von 2.000 Mitarbeitern lagen und liegen (nämlich bei ca. 1.400), erst recht nach dem unstreitigen Unternehmensverkauf und zwar auch unter Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer (und damit bei ca. 1.600 Mitarbeitern).

Beweis:
Wie vor

Sollte das Gericht weiteren Vortrag für erforderlich erachten wird höflich um entsprechenden Hinweis gebeten.

Nur per beA. Nur an das Gericht.

 

Stephan Becker
Rechtsanwalt

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