Wer kennt das nicht. Des Öfteren haben Kapitalanleger Post von einem ominösen Anlegerschutzverein bzw. einem ominösen Anlegerschutzanawalt unaufgefordert Post im Briefkasten. Mandantenfängerei nennt man so was. Die Adressen holt man sich aus dem Handelsregister und aus dem Grundbuch bei Immobilienkäufern. Obligatorisch in solchen Schreiben ist es Angst und Hoffnung zu verbreiten. Angst vor dem was der Kunden abgeschlossen hat, und Hoffnung das das ja alles „reparabel“ sei, wenn man nur den Anlegerschutzverein oder den Anlegerschutzanwalt beauftrage „das wieder in Ordnung zu bringen“. Aber muss man, wenn man solch einen Rechtsanwalt den man über diese Art und Weg kennenlernt überhaupt ein Honorar bezahlen? Nein, sagt ein Bericht von Rechtsanwalt Nittel. Nittel betreibt damit natürlich auch eine Art „Kollegenschelte“. Trotzdem interessant der Bericht:
Das Amtsgericht Weilheim hat die Klage einer Kanzlei abgewiesen, die von einem Anleger in einem Filmfonds die Zahlung von Vergütung beanspruchte. Das Mandat war durch eines dieser Massenschreiben zustande gekommen, die derzeit die Briefkästen von Anlegern überfluten.
Bereits des Öfteren haben wir uns dazu geäußert, was von unverlangten „Informationsschreiben“ zu halten ist, die diverse Rechtsanwaltskanzleien massenhaft verschicken.
Wir haben u.a. hier darauf hingewiesen, dass solche Rundschreiben problematisch sein können. Sie haben, auch wenn sie zumeist möglichst neutral gehalten sind, vielfach ausschließlich werblichen Charakter. Den Menschen wird in Form einer Umfrage suggeriert, man sei an ihren Erfahrungen interessiert und könne – bei Bedarf – auch helfen. Der Bedarf wird regelmäßig auch gleich selbst geschaffen, indem etwa auf drohende Verjährung von Schadensersatzansprüchen hingewiesen wird.
Amtsgericht Weilheim: Anwaltsvertrag ist nichtig!
Mit Urteil vom 09.07.2012 hat Amtsgericht Weilheim (rechtskräftig) die Klage einer Kanzlei abgewiesen, die von einem Anleger in einem Filmfonds die Zahlung von Vergütung beanspruchte. Das Mandat war durch eines dieser Massenschreiben zustande gekommen, die derzeit die Briefkästen von Anlegern überfluten; allerdings stammen diese nicht nur von Rechtsanwälten sondern auch Anlegerschutzgemeinschaften, -vereinen und ähnlichen Gebilden.
Das Amtsgericht begründete die Klageabweisung damit, dass das Mandat durch unzulässige Werbung zustande gekommen sei. § 43b BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) verbiete die Werbung um einen Auftrag im Einzelfall. Genau das sei dadurch geschehen, dass ein Schreiben an viele Gesellschafter eines Fonds versandt wurde, darin auf eine drohende Verjährung hingewiesen wurde und Interesse an weiteren Informationen geweckt werden sollte. „Aus der Formulierung des Schreibens selbst (…) und des weiteren Vorgehens“ sei klar ersichtlich, dass es hier um die Begründung eines Mandats gehen sollte, urteilte das Gericht. Das werde auch durch die Teilnahme an einer dort angedachten Interessengemeinschaft nicht in Frage gestellt, im Gegenteil.
Ernste Konsequenzen für die betroffenen Anleger drohen!
Bereits des Öfteren mussten sich Gerichte mit der Werbepraxis von Rechtsanwälten befassen. Dies veranlasste u.a. die Rechtsanwaltskammer München darauf hinzuweisen. Es ist jedoch nicht so wichtig, dass die jeweiligen Rechtsanwälte hier einen berufsrechtlichen Verstoß begangen haben, dem Ansehen der Rechtsanwälte schaden oder die Mandanten dann die Vergütung nicht zu zahlen haben.
Viel wichtiger ist, dass das Zustandekommen der Mandate durch solche Massenrundschreiben natürlich nicht unbemerkt bleibt. So wenden sich natürlich auch Anleger an ihre Berater, um zu erfahren, was sie davon halten sollen.
Aus unserer Sicht steht zu befürchten, dass künftig sich diejenigen Berater (seien es Banken, Sparkassen oder unabhängige Finanzdienstleister), die dann auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, darauf berufen können und werden, dass das Mandat des Rechtsanwalts wegen Nichtigkeit gar nicht bestehe. In Informationsdiensten der Beraterbranche wird dazu bereits aufgerufen.
Insbesondere dann, wenn es tatsächlich um die Hemmung der Verjährung von derlei Ansprüchen geht, kann diese Einrede für den betroffenen Anleger katastrophale Folgen haben: etwaige Maßnahmen wie Klageerhebung, Stellung eines Güteantrags oder Beschwerde bei einer Ombudsstelle können schlicht unwirksam sein. Es besteht unseres Erachtens nach sogar die Gefahr, dass eine solche Einrede erst in der zweiten Instanz erhoben werden kann, wenn der Anleger womöglich schon zuvor ein Urteil zu seinen Gunsten erreichen konnte.
Konsequenz: der Anspruch, sei er auch noch so berechtigt, kann nicht mehr geltend gemacht werden! Da hilft es wenig, dass die Rechtsanwälte von Gesetzes wegen über eine BerufsHaftpflichtversicherung verfügen müssen, denn diese zahlt regelmäßig auch nicht freiwillig. Überdies dürfte sich dann auch die Frage stellen, ob sie bei vorsätzlichen Verstößen wie massenhafter Werbung um Einzelmandate überhaupt eintrittspflichtig ist.
Anleger sollten prüfen!
Anleger, die aufgrund von solchen Massenrundschreiben einer Kanzlei – meist aufgrund der sorgfältig geschaffenen Verunsicherung – ihr Vertrauen geschenkt haben, sollten unbedingt prüfen, ob sie an dem von ihnen erteilten Auftrag festhalten wollen. Sofern sie ihre Entscheidung in Frage stellen, steht ihnen das Recht zur fristlosen Kündigung gem. § 627 Abs. 1 BGB zu. Allerdings sollten Sie zuvor den Rat eines Anwalts ihres Vertrauens – sinnvoller Weise sollte der natürlich im Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert sein – einholen, der auf die dabei zu beachtenden Gesichtspunkte hinweist.
Kommentar hinterlassen