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AOC die Stadtentwickler – „Unser Versprechen: Nachhaltig gute Rendite“ Ein Versprechen das Anlegern wie der blanke Hohn vorkommen muss

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: „Anleihegläubiger müssen schnell handeln und realistisch bleiben“

Frage: Herr Reime, die AOC – Die Stadtentwickler GmbH hat Insolvenz angemeldet. Was bedeutet das konkret für die Anleihegläubiger des Unternehmens?

Jens Reime: Für Anleihegläubiger ist eine Insolvenzanmeldung immer eine kritische Situation, da ihre Rückzahlung in vielen Fällen gefährdet ist. Anleihegläubiger stehen oft in der Rangfolge der Gläubiger nicht ganz oben, was bedeutet, dass andere Gläubiger – wie Banken oder Lieferanten – zuerst bedient werden könnten. In einem Verfahren in Eigenverwaltung, wie es AOC anstrebt, bleibt das Management im Amt und versucht, das Unternehmen zu sanieren. Das bedeutet für die Gläubiger jedoch, dass sie zunächst abwarten müssen, wie erfolgreich dieser Restrukturierungsversuch verlaufen wird.

Frage: Welche Schritte sollten Anleihegläubiger jetzt unternehmen?

Jens Reime: Anleihegläubiger sollten zunächst prüfen, ob sie ihre Forderungen im Insolvenzverfahren rechtzeitig anmelden können. Sobald das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet wird, haben die Gläubiger eine gewisse Frist, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Wichtig ist, dass sie diese Frist auf keinen Fall verpassen, da sie sonst ihre Ansprüche möglicherweise verlieren. Es empfiehlt sich zudem, sich gegebenenfalls rechtlich beraten zu lassen, um den eigenen Anspruch korrekt anzumelden und die eigene Position bestmöglich zu vertreten.

Frage: Worauf müssen sich Anleihegläubiger realistisch einstellen, was die Rückzahlung betrifft?

Jens Reime: Realistisch betrachtet, müssen Anleihegläubiger damit rechnen, dass sie nur einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Forderung zurückbekommen – wenn überhaupt. Wie viel genau, hängt von mehreren Faktoren ab: dem Erfolg der Eigenverwaltung, dem verbleibenden Vermögen des Unternehmens und wie die Gläubiger im Rang eingeordnet werden. In den meisten Insolvenzverfahren liegt die Rückzahlungsquote für unbesicherte Anleihegläubiger oft nur bei einem geringen Prozentsatz. Es ist auch möglich, dass es mehrere Jahre dauern kann, bis überhaupt Geld fließt.

Frage: AOC hat eine Projektpipeline von etwa einer Milliarde Euro. Welche Chancen ergeben sich daraus für die Anleihegläubiger?

Jens Reime: Die Projektpipeline klingt zunächst vielversprechend, aber es ist wichtig zu beachten, dass dies potenzielles zukünftiges Geschäft ist. Die Frage ist, wie viel davon tatsächlich realisiert und zu Geld gemacht werden kann. Die Tatsache, dass AOC viele bereits verkaufte Projekte hat, kann positiv sein, aber die Umsetzung dieser Projekte steht und fällt mit der weiteren Finanzierung. Sollte es der Unternehmensführung gelingen, eine tragfähige Sanierungslösung zu finden, könnten die Gläubiger davon profitieren – allerdings in der Regel nur zu einem geringen Teil.

Frage: Was halten Sie von der Insolvenz in Eigenverwaltung? Welche Chancen und Risiken bringt diese Form des Verfahrens mit sich?

Jens Reime: Eine Insolvenz in Eigenverwaltung kann durchaus Vorteile haben, vor allem für das Unternehmen selbst, da es die Kontrolle behält und aktiv an seiner Sanierung arbeiten kann. Allerdings bedeutet dies für die Gläubiger, dass sie ein hohes Maß an Vertrauen in die Geschäftsführung setzen müssen, dass diese den richtigen Kurs einschlägt. Die Risiken sind, dass die Restrukturierung misslingen könnte. In diesem Fall könnte das Unternehmen vollständig insolvent werden und die Gläubiger hätten noch weniger Chancen auf Rückzahlungen.

Frage: Wie sollten sich Anleihegläubiger im laufenden Verfahren verhalten?

Jens Reime: Anleihegläubiger sollten ihre Rechte aktiv wahrnehmen und das Verfahren aufmerksam verfolgen. Das bedeutet, regelmäßig Informationen über den Fortgang des Verfahrens einzuholen und eventuell an Gläubigerversammlungen teilzunehmen. Außerdem könnte es sinnvoll sein, sich mit anderen Anleihegläubigern zu organisieren und eine gemeinsame Vertretung zu wählen, um die eigenen Interessen stärker durchzusetzen. Falls möglich, sollten sie auch erwägen, sich durch einen Gläubigerausschuss vertreten zu lassen, um auf Augenhöhe mit dem Unternehmen zu verhandeln.

Frage: Gibt es alternative Optionen für Anleihegläubiger, sollten sie über einen Verkauf der Anleihen nachdenken?

Jens Reime: Der Verkauf von Anleihen in der Insolvenzphase ist in der Regel schwierig und oft nur zu einem erheblichen Abschlag möglich. Es gibt spezialisierte Investoren, die sogenannte „Distressed Assets“ aufkaufen, aber der Preis wird meist sehr niedrig sein. Gläubiger sollten daher genau abwägen, ob sie den Verkauf in Betracht ziehen oder abwarten, wie sich das Insolvenzverfahren entwickelt. In jedem Fall ist das eine individuelle Entscheidung, die auf den jeweiligen Umständen und der eigenen Risikobereitschaft basiert.

Frage: Was ist Ihre Einschätzung zum weiteren Verlauf der Insolvenz? Gibt es Anzeichen für eine erfolgreiche Sanierung?

Jens Reime: Es ist schwer zu sagen, ob die Sanierung erfolgreich verlaufen wird. AOC hat zwar einige wichtige Projekte in der Pipeline, aber die Schwierigkeiten der gesamten Bau- und Immobilienbranche – wie der drastische Zinsanstieg und die Zurückhaltung der Banken bei der Finanzierung – dürfen nicht unterschätzt werden. Es wird entscheidend sein, wie gut das Unternehmen diese Probleme managen kann und ob es gelingt, das Vertrauen der Gläubiger und Investoren zu wahren. Die Lage bleibt unsicher, und es gibt keine Garantie für einen positiven Ausgang.

Frage: Was raten Sie den Anleihegläubigern abschließend?

Jens Reime: Ich rate den Anleihegläubigern, schnell zu handeln und sich umfassend rechtlich beraten zu lassen. Die rechtzeitige Anmeldung der Forderungen ist der erste Schritt, aber darüber hinaus sollten sie das Verfahren aktiv begleiten. Es ist wichtig, die eigenen Interessen durchzusetzen, sei es durch Teilnahme an Gläubigerversammlungen oder durch die Bildung einer gemeinsamen Interessenvertretung. Zudem sollten sie sich auf eine lange Verfahrensdauer einstellen und damit rechnen, dass es möglicherweise nur zu einer teilweisen Rückzahlung kommt.

Frage: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre aufschlussreichen Antworten.

Jens Reime: Sehr gern.


Dieses Interview bietet einen Einblick in die komplexe Situation der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren der AOC. Rechtsanwalt Jens Reime betont die Wichtigkeit, schnell zu handeln, Forderungen korrekt anzumelden und realistisch zu bleiben, was mögliche Rückzahlungen betrifft. Anleihegläubiger stehen vor einer herausfordernden Zeit, in der Geduld und strategisches Vorgehen entscheidend sein werden.

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