Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hat angekündigt, rund acht Prozent ihrer Belegschaft abzubauen. In einem Schreiben an die Mitarbeitenden erklärte AP-Chefin Daisy Veerasingham, dies sei ein „notwendiger Schritt“, um auf den „Wandel im Mediensektor“ zu reagieren. Denn nichts signalisiert besser, dass man mit den Herausforderungen der Zukunft umgehen kann, als erst mal ein paar Dutzend Leute zu entlassen.
Veerasingham versuchte, die Hiobsbotschaft in positives Manager-Deutsch zu verpacken: „Es wird Abfindungsangebote geben“ – was wohl bedeutet, dass man den Betroffenen zum Abschied noch einen freundlichen Händedruck und einen Karton für den Schreibtischinhalt anbietet. Wie viele Arbeitsplätze oder Journalist genau betroffen sind? Dazu gab es natürlich keine konkreten Zahlen. Warum auch, das ist schließlich nur ein kleiner „Wandel“.
„Insgesamt betrifft der Abbau acht Prozent unserer Belegschaft“, schrieb Veerasingham, und beruhigte gleich hinterher: „Weniger als die Hälfte davon im Nachrichtenbereich.“ Na dann, alles halb so wild! Schließlich kann die Welt sicher auch mit 187.000 statt 375.000 Nachrichtenberichten auskommen – man will ja den Lesern nicht zu viel zumuten.
Krise? Welche Krise?
Die Medienbranche steht bekanntermaßen unter Druck, aber AP ist kein kleines Stadtmagazin, das von Anzeigen lebt, sondern eine der drei großen internationalen Nachrichtenagenturen. Doch auch Giganten spüren, wenn ihnen Kunden davonlaufen. Die Medienkonzerne Gannett und McClatchy haben ihre Abos bei AP gekündigt, was spürbare finanzielle Lücken hinterließ. Aber keine Sorge, AP wird laut Veerasingham weiterhin in allen 50 US-Bundesstaaten vertreten sein – vermutlich mit je einem Journalisten und einer Kamera-Drohne.
„Wandel im Mediensektor“ – die Mutter aller Ausreden
Natürlich durfte in Veerasinghams Schreiben die altbewährte Phrase vom „Wandel im Mediensektor“ nicht fehlen. Das ist der Satz, den Führungskräfte in der Medienbranche immer dann hervorzaubern, wenn die Kassen leer sind, die Anzeigenkunden abspringen und der nächste Sparkurs eingeläutet wird. So ein Wandel ist wirklich praktisch – niemand weiß so genau, was damit gemeint ist, aber er rechtfertigt alles: Entlassungen, Sparmaßnahmen und die nächste Runde schlecht bezahlter Freelancer-Jobs.
Die Demokratie braucht AP – AP braucht weniger Mitarbeitende?
Besonders charmant ist, dass AP gerade in den USA eine zentrale Rolle spielt. Bei Wahlen, wenn die Welt auf die Stimmenauszählung wartet, liefert AP in Rekordzeit zuverlässige Prognosen. Dass das auch künftig mit einer kleineren Belegschaft funktioniert, ist wohl Teil des neuen „Wandels“. Vielleicht macht man es ja bald per Losverfahren oder mit einer magischen Achtkugel: „Wer hat gewonnen? Antwort unklar, bitte später erneut fragen.“
Gute Nacht, Qualitätsjournalismus!
Es ist schon beeindruckend, wie routiniert der Kahlschlag im Journalismus mittlerweile abläuft. Während die Welt mehr denn je auf verlässliche Informationen angewiesen ist, wird die Belegschaft weiter ausgedünnt. Aber hey, zumindest wird AP weiterhin Fotos, Videos und Berichte liefern – nur eben vielleicht etwas weniger. Immerhin, im Zeitalter der Informationsflut hat ja niemand danach gefragt, besser informiert zu werden. Weniger ist mehr, oder?
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