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Aroundtown SA

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Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Veröffentlichung des Tenors und der wesentlichen Gründe des Befreiungsbescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 15.06.2020 an die Aroundtown SA, 40 Rue de Curè, L-1368 Luxemburg (folgend: „Antragstellerin“):

Bescheid:

1.

Die Antragstellerin wird gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die am 14.02.2020 erfolgte mittelbare Kontrollerlangung an der WCM Beteiligungs- und Grundbesitz-Aktiengesellschaft, Frankfurt am Main, zu veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.

2.

Für die positive Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von den Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG gemäß § 37 WpÜG ist von der Antragstellerin eine Gebühr zu entrichten.

Gründe:

A.

I. Zielgesellschaft

Zielgesellschaft ist die WCM Beteiligungs- und Grundbesitz-Aktiengesellschaft mit Sitz in Frankfurt am Main, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main unter der Handelsregisternummer HRB 55695 (folgend „Zielgesellschaft“).

Das Grundkapital der Zielgesellschaft betrug zum 14.01.2020 EUR 136.802.552,00, eingeteilt in 136.802.552 auf den Inhaber lautende Stückaktien, die unter der ISIN DE000A1X3X33 zum Handel im regulierten Markt (General Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen sind.

Die Zielgesellschaft wies zum 31.12.2019 eine Konzernbilanzsumme in Höhe von EUR 831,5 Mio. aus und erzielte im Geschäftsjahr 2019 Konzernerlöse aus der Objektbewirtschaftung in Höhe von EUR 56,0 Mio. sowie ein Konzernergebnis in Höhe von EUR 19,7 Mio.

II. Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft

126.585.951 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend ca. 92,53% des Grundkapitals und der Stimmrechte) werden zum Datum des Befreiungsantrags gehalten von der TLG IMMOBILIEN AG, mit Sitz in Berlin, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg unter der Handelsregisternummer HRB 16314 B (folgend „TLG„).

Die TLG wies zum 31.12.2019 eine Konzernbilanzsumme in Höhe von EUR 6.902,3 Mio. (Q1/2020: 7.052,1 Mio.) aus und erzielte im Geschäftsjahr 2019 Konzernerlöse aus der Objektbewirtschaftung in Höhe von EUR 282,7 Mio. sowie ein Konzernergebnis in Höhe von EUR 579,2 Mio. Ausweislich des geprüften Einzelabschlusses der TLG zum 31.12.2019 beläuft sich das buchmäßige Aktivvermögen der TLG auf EUR 4.672,0 Mio. Davon beträgt der Buchwert der Beteiligung der TLG an der Zielgesellschaft EUR 381,2 Mio.

Die Antragstellerin hat am 18.12.2019 die Angebotsunterlage für ein Übernahmeangebot an die Aktionäre der TLG (folgend „Angebot„) veröffentlicht. Ausweislich der Veröffentlichung der Antragstellerin vom 13.02.2020 wurde dieses Übernahmeangebot bis zum Ablauf der weiteren Annahmefrist für insgesamt 86.857.831 Aktien der TLG (entsprechend ca. 77,49 % des Grundkapitals und der Stimmrechte der TLG) angenommen. Im Zuge der Abwicklung des Angebots erwarb die Antragstellerin am 14.02.2020 unmittelbar 86.857.831 Aktien der TLG.

III. Antragstellerin

Die Antragstellerin ist eine Aktiengesellschaft nach Luxemburger Recht mit Sitz in Luxemburg, eingetragen im Handels- und Unternehmensregister des Großherzogtums Luxemburg unter B217868. Die Aktien der Antragstellerin sind unter der ISIN LU1673108939 zum Handel am regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen.

IV. Antragstellung

Die Antragstellerin hat mit Schreiben datierend vom 15.01.2020, eingegangen im Original am 16.01.2020, für den Fall des mittelbaren Kontrollerwerbs an der Zielgesellschaft die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG beantragt.

Zur Begründung trägt sie u.a. vor, dass der Buchwert der Beteiligung an der Zielgesellschaft weniger als 20% des buchmäßigen Aktivvermögens der TLG betrage.

B.

Dem Antrag war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.

I. Zulässigkeit

Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist er fristgerecht gestellt.

Gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-AngebVO kann ein Antrag nach § 37 WpÜG schon vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft und innerhalb von sieben Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Bieter Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass er die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat. Da die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine Kontrolle an der Zielgesellschaft hatte (unten B II.1.), ist der Antrag fristgerecht gestellt worden.

Da Anträge gemäß § 45 Satz 1 WpÜG schriftlich zu erfolgen haben und der Befreiungsantrag der Antragstellerin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht am 16.01.2020 per Post zugegangen ist, wurde dieser zulässigerweise und fristgerecht gestellt.

II. Begründetheit

Die Antragstellerin ist nach Abwägung ihrer Interessen gegenüber den Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO im Hinblick auf die Erlangung der Kontrolle an der Zielgesellschaft am 14.02.2020 von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu befreien.

Der Befreiungsgrund nach § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO als Konkretisierung von § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG (Buchwertbefreiung) setzt zum Einen voraus, dass die Antragstellerin die Kontrolle über die Zielgesellschaft im Wege der Erlangung der Kontrolle über eine Gesellschaft im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO erlangt. Möglich ist ein solcher mittelbarer Kontrollerwerb, wenn die Antragstellerin die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft erwirbt, so dass diese zu ihrer Tochtergesellschaft im Sinne von § 2 Abs. 6 WpÜG wird. In diesem Fall werden der Antragstellerin die von der Gesellschaft gehaltenen Stimmrechte in der Zielgesellschaft gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 WpÜG zugerechnet. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, ob es sich bei der Gesellschaft um eine Zielgesellschaft im Sinne des WpÜG handelt (Versteegen in Kölner Kommentar WpÜG, § 37 Anh. – § 9 AngebVO Rn. 50 f).

Zum Anderen setzt der Befreiungsgrund nach § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO als Konkretisierung von § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG (Buchwertbefreiung) voraus, dass der Buchwert der Beteiligung an der Zielgesellschaft weniger als 20% des buchmäßigen Aktivvermögens der Gesellschaft beträgt.

1. Kontrollerwerb der Antragstellerin

Gesellschaft im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO ist vorliegend die TLG, denn diese hält 126.585.951 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend ca. 92,53% des Grundkapitals und der Stimmrechte) und hat damit die unmittelbare Kontrolle i.S.v. § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.

Mit Abwicklung des Angebots am 14.02.2020 hat die Antragstellerin unmittelbar 86.857.831 Aktien der TLG erworben, so dass diese Tochterunternehmen der Antragstellerin gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 HGB, § 17 AktG ist. Die von der TLG gehaltenen Stimmrechte an der Zielgesellschaft sind der Antragstellerin damit nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG in voller Höhe zuzurechnen, so dass die Antragstellerin die mittelbare Kontrolle i.S.v. § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangt hat.

2. Buchwertverhältnis

Bei der vorliegenden mittelbaren Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft durch die Antragstellerin handelt es sich um eine in § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO umschriebene Konstellation.

Nach der gesetzgeberischen Wertung ist ein Antragsteller befreiungswürdig, wenn der Buchwert der Beteiligung, den die Zielgesellschaft bei der vom Bieter unmittelbar erworbenen Gesellschaft (hier: TLG) hat, weniger als 20 % des buchmäßigen Aktivvermögens der unmittelbar erworbenen Gesellschaft beträgt. Der Gesetzgeber geht in diesem Fall im Rahmen einer typisierten Betrachtung davon aus, dass der Kontrollerwerb an der Zielgesellschaft – anders als an der Gesellschaft, an der der Bieter die unmittelbare Kontrolle erworben hat – regelmäßig nicht das eigentliche Ziel des Erwerbs, sondern lediglich dessen mittelbare Folge ist. Tritt der Wert der Zielgesellschaft gegenüber dem Gesamtwert der Gesellschaft, an der der Bieter die Kontrolle erworben hat, wirtschaftlich in den Hintergrund, bestünde bei einer uneingeschränkten Angebotspflicht die Gefahr, dass das Ziel des WpÜG, Übernahmen weder zu fördern, noch zu behindern, konterkariert wird (Reg. Begr. BT-Drs. 14/7034 S. 82).

Als buchmäßiges Aktivvermögen sind die in § 266 Abs. 2 HGB mit den Buchstaben A und B bezeichneten Positionen anzusehen. Dies umfasst das Anlage- und Umlaufvermögen, nicht jedoch die mit dem Buchstaben C bezeichneten Rechnungsabgrenzungsposten und Bilanzierungshilfen.

Ausweislich des geprüften Einzelabschlusses der TLG zum 31.12.2019 beläuft sich der Buchwert der Beteiligung der TLG an der Zielgesellschaft auf EUR 381,2 Mio. Das buchmäßige Aktivvermögen der TLG beträgt EUR 4.672,0 Mio., nach Abzug der Rechnungsabgrenzungsposten EUR 4.641,9 Mio.

Der Buchwert der Zielgesellschaft entspricht somit rund 8,2 % des buchmäßigen Aktivvermögens der TM KG zum 31.12.2019.

Allerdings ist der Wert des Aktivvermögens nach dem Jahresabschluss nur als Indiz heranzuziehen; maßgeblich ist der Buchwert zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zwischengesellschaft Tochterunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG der Antragstellerin wurde und die Antragstellerin deshalb die mittelbare Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat (Versteegen, in: Kölner Kommentar WpÜG, § 37 Anh.-§ 9 AngebVO Rn. 53).

Anhaltspunkte dafür, dass sich das buchwertmäßige Aktivvermögen der TLG und der maßgebliche Buchwert der (mittelbaren) Beteiligung an der Zielgesellschaft in dem Zeitraum nach dem 31.12.2019 bis zum Erwerb der TLG durch die Antragstellerin am 14.02.2020 verändert haben, bestehen jedoch nicht. Insbesondere spricht auch die leichte Erhöhung der Konzernbilanzsumme der TLG zum 31.03.2020 (EUR 7.052 Mio.) gegenüber dem 31.12.2019 (EUR 6.902,3 Mio.) nicht für eine Verringerung des Aktivvermögens der TLG und eine damit einhergehende Erhöhung des Buchwertanteils der Zielgesellschaft.

Die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 S. 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO liegen danach vor.

3. Ermessensabwägung

Die Erteilung der Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 S. 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO liegt im Ermessen der BaFin. Im Rahmen der danach erforderlichen Ermessensabwägung ist auch zu untersuchen, ob sich aus sonstigen Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es der Antragstellerin darauf ankam, gerade auch die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erlangen. Oftmals spiegelt der Buchwert die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung der Zielgesellschaft nicht zutreffend wieder (Strunk/Salomon/Holst in: Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, Aktuelle Entwicklungen im Übernahmerecht S. 42).

Vorliegend sind derartige Anhaltspunkte aber nicht ersichtlich. Vielmehr spricht auch das Verhältnis von Finanzkennzahlen zwischen der Zielgesellschaft einerseits und der TLG andererseits (Bilanzsumme: EUR 831,5 Mio. zu EUR 6.902,3 Mio., Erlöse aus der Objektbewirtschaftung: EUR 56,0 Mio. zu EUR 282,7 Mio., Gewinn: EUR 19,7 Mio. zu EUR 579,2 Mio.) für eine untergeordnete Bedeutung der Zielgesellschaft im Verhältnis zur TLG.

Vor diesem Hintergrund ist daher von einem geringen wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Zielgesellschaft auszugehen.

Anhaltpunkte dafür, dass das Interesse außenstehender Aktionäre an der Abgabe eines Pflichtangebots das Interesse der Antragstellerin an der Vermeidung eines zeit- und kostenintensiven Pflichtangebotsverfahrens dennoch überwiegt, sind nicht ersichtlich. Aus dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebVO ist ein besonderes Gewicht der Interessen der Antragstellerin zu folgern, denn der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber hat insoweit die Interessenabwägung in Teilen antizipiert.

 

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