Die Versorgungslage mit Medikamenten in Deutschland spitzt sich erneut zu, wie aktuelle Daten und Expertenaussagen belegen. Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, zeichnete in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ ein besorgniserregendes Bild der Situation: „Ein Ende der Lieferprobleme ist nicht absehbar.“
Besonders alarmierend ist die Knappheit bei Antibiotika, einer Medikamentengruppe, die in der bevorstehenden kalten Jahreszeit mit vermehrten Atemwegsinfektionen von zentraler Bedeutung ist. „Besondere Sorgen bereitet uns, dass jetzt schon sehr viele Antibiotika nicht lieferbar sind. Und die kalte Jahreszeit mit vielen Atemwegsinfektionen hat noch gar nicht begonnen,“ warnte Preis.
Die Dimension des Problems wird durch aktuelle Statistiken verdeutlicht: Derzeit sind etwa 500 Medikamente als nicht lieferbar gekennzeichnet. Diese Zahl umfasst ein breites Spektrum an Arzneimitteln, von gängigen Schmerzmitteln bis hin zu spezialisierten Präparaten für chronische Erkrankungen.
Experten führen die anhaltenden Engpässe auf eine Vielzahl von Faktoren zurück:
- Globale Lieferketten: Die Abhängigkeit von Wirkstoffproduzenten in Asien macht das System anfällig für Störungen.
- Produktionsengpässe: Pandemiebedingte Verzögerungen und Qualitätsprobleme in Produktionsstätten führen zu Ausfällen.
- Gestiegene Nachfrage: Der demographische Wandel und die Zunahme chronischer Erkrankungen erhöhen den Bedarf an Medikamenten.
- Wirtschaftliche Faktoren: Preisdruck und geringe Margen machen die Produktion bestimmter Medikamente unattraktiv für Pharmaunternehmen.
Das Bundesgesundheitsministerium hat bereits Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern. Dazu gehören gesetzliche Änderungen zur Erhöhung der Lagerbestände und finanzielle Anreize für die Produktion kritischer Medikamente in Europa. Trotz dieser Bemühungen warnen Experten, dass eine kurzfristige Lösung unwahrscheinlich ist.
Apotheker und Ärzte raten Patienten, frühzeitig Rezepte einzulösen und bei chronischen Erkrankungen vorausschauend zu planen. Gleichzeitig arbeiten Gesundheitsbehörden an Strategien, um die Verfügbarkeit alternativer Präparate zu verbessern und die Verteilung knapper Ressourcen zu optimieren.
Die anhaltende Arzneimittelknappheit unterstreicht die Notwendigkeit einer langfristigen, europäischen Strategie zur Sicherung der Medikamentenversorgung. Experten fordern eine Neuausrichtung der Produktions- und Lieferketten sowie verstärkte Forschungsanstrengungen, um die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten zu reduzieren und die Versorgungssicherheit nachhaltig zu verbessern.
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