Nach dem Sturz des langjährigen syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat US-Präsident Joe Biden am Sonntag eine klare Forderung erhoben: Assad müsse sich für die schweren Verbrechen verantworten, die während seiner Herrschaft begangen wurden. In einer Rede in Washington sprach Biden von „Hunderttausenden unschuldigen Syrern“, die „misshandelt, gefoltert und getötet“ wurden, und betonte, dass eine strafrechtliche Aufarbeitung dieser Gräueltaten notwendig sei. „Wir dürfen nicht zulassen, dass diejenigen, die derartig unmenschliche Verbrechen begangen haben, ungestraft davonkommen“, erklärte der Präsident.
Biden nannte den Sturz des Assad-Regimes eine „historische Zäsur“, die die Chance biete, das syrische Volk von jahrzehntelanger Unterdrückung und Gewalt zu befreien. Seine Botschaft richtete sich auch an die internationale Gemeinschaft: Er forderte, die Verantwortung für die Aufarbeitung der Verbrechen gemeinsam zu tragen und die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen.
Amnesty International: Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen gefordert
Auch die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International rief dazu auf, die Verantwortlichen für die massiven Menschenrechtsverletzungen während Assads Herrschaft zur Rechenschaft zu ziehen. Die Generalsekretärin von Amnesty, Agnes Callamard, forderte am Sonntag konkrete Schritte: „Es ist unabdingbar, Ermittlungen gegen alle Verdächtigen einzuleiten, denen Verstöße gegen das Völkerrecht und andere schwere Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt werden.“ Sollte es ausreichende Beweise geben, müsse Anklage erhoben werden.
Callamard betonte, dass die Aufarbeitung der Verbrechen nicht nur ein Zeichen an die Welt sei, sondern vor allem den Opfern Gerechtigkeit bringen müsse. Dabei mahnte sie jedoch, dass die Prozesse „fair und unabhängig“ geführt werden sollten. Sie lehnte die Verhängung der Todesstrafe entschieden ab: „Gerechtigkeit darf nicht mit Vergeltung verwechselt werden.“ Vielmehr sei es wichtig, eine Zukunft zu schaffen, die auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde basiere.
Eine historische Chance für Syrien
Die Generalsekretärin hob hervor, dass der Sturz des Assad-Regimes eine „historische Gelegenheit“ biete, die jahrzehntelangen Menschenrechtsverletzungen in Syrien zu beenden und einen Neuanfang einzuleiten. In einem eindringlichen Appell rief sie die syrischen Regierungsgegner dazu auf, „sich von der Gewalt der Vergangenheit zu lösen“ und eine neue Ära der Versöhnung und Gerechtigkeit einzuläuten.
„Der Weg in eine bessere Zukunft für Syrien führt nicht über Rache, sondern über die konsequente Einhaltung der Menschenrechte“, erklärte Callamard. Die internationale Gemeinschaft müsse nun zusammenarbeiten, um sowohl die Täter vor Gericht zu bringen als auch den Opfern eine Stimme zu geben. Dieser Moment sei nicht nur eine Chance für Syrien, sondern ein Signal an alle autoritären Regime weltweit, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemals ungestraft bleiben dürften.
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