Forderung der Union nach Zurückweisungen von Geflüchteten an der deutschen Grenze sorgt weiterhin für Spannungen innerhalb der Regierungskoalition auf Bundesebene. Dabei wird vor allem die Rolle von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisiert. Der grüne Europaabgeordnete Erik Marquardt verlangte in der Debatte mehr Führungsstärke seitens Scholz: „Er muss aufpassen, dass er nicht den Eindruck erweckt, im Sekretariat von (CDU-Chef, Anm.) Friedrich Merz zu sitzen. Ich würde mir da Führung wünschen,“ äußerte sich Marquardt gegenüber der Funke-Mediengruppe.
Ultimatum der Union
Am Dienstag fanden Gespräche zwischen der Bundesregierung, der Union als größter Oppositionsfraktion und den Bundesländern zum Thema Migration und innere Sicherheit statt. Im Anschluss stellte CDU-Chef Friedrich Merz klar, dass die Union und die von CDU und CSU regierten Länder nur dann weitere Verhandlungen führen würden, wenn es zu Zurückweisungen von Geflüchteten an den deutschen Grenzen komme. Merz setzte der Bundesregierung eine Frist bis Dienstag für eine „verbindliche Erklärung“.
FDP kritisiert öffentliche Debatte
Der Vorsitzende der FDP, Christian Lindner, zeigte sich besorgt über die öffentliche Positionierung der Grünen: „Ich bedauere, dass sich die Grünen jetzt schon öffentlich, obwohl es laufende Gespräche gibt, gegen die Zurückweisung an den deutschen Grenzen ausgesprochen haben. Das ist nicht hilfreich für die Gespräche, die die Regierung mit den Ländern und der CDU-Opposition führt,“ sagte Lindner in einem Interview mit der ARD.
Debatte über Migrationspolitik spitzt sich zu
Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung (77 Prozent) eine grundlegende Reform der Asyl- und Flüchtlingspolitik für notwendig hält. Nur 18 Prozent der Befragten im ARD-Deutschlandtrend sehen keine Notwendigkeit für eine solche Wende.
Rechtliche Aspekte der Zurückweisungen
Die Frage, ob Zurückweisungen von Geflüchteten an den deutschen Grenzen im Einklang mit dem Grundgesetz stehen, ist rechtlich komplex. Das Grundgesetz garantiert in Artikel 16a das Asylrecht. Allerdings wird dieses Recht durch europäische und nationale Regelungen, wie die Dublin-Verordnung, eingeschränkt, welche bestimmen, dass der Asylantrag in dem EU-Land gestellt werden muss, das zuerst betreten wurde. Zurückweisungen wären jedoch nur dann rechtlich möglich, wenn die Geflüchteten aus einem sicheren Drittstaat kommen und bereits Schutz in einem anderen Land der EU beantragt haben. Solche Maßnahmen dürfen zudem nicht gegen die in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Schutzmechanismen oder das Verbot der Zurückweisung in unsichere Länder (Non-Refoulement-Prinzip) verstoßen. Eine pauschale Zurückweisung an der Grenze könnte daher gegen diese internationalen und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen und müsste sorgfältig geprüft werden.
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