Seit der breiten öffentlichen Diskussion über Bürgerbeteiligungsmodelle, Crowdfunding und Start-up-Finanzierungen werden zunehmend Finanzierungen in Form von Nachrangdarlehen angeboten. Einerseits, weil qualifizierte Nachrangdarlehen keine konzessionspflichtige Finanzdienstleistung darstellen, andererseits, weil sie so ausgestattet werden konnten, dass sie nicht als Veranlagung einzustufen sind, wodurch diese bisher auch nicht unter die Prospektpflicht fielen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sieht darin eine Lücke im Verbraucherschutz und hat daher jüngst die diesbezügliche Rechtsprechung präzisiert, wodurch Nachrangdarlehen nun grundsätzlich als Veranlagung einzustufen sind und damit der Prospektpflicht unterliegen. Bereits platzierte Nachrangdarlehen sind von dieser neuen Auslegung nicht betroffen.
Folgende Argumente werden für die Einstufung als Veranlagung vorgebracht:
- Bei alter Rechtsauslegung entsteht eine Verbraucherschutzlücke bei Nachrangdarlehen mit einem Finanzierungsvolumen von mehr als € 1,5 Mio., weil es da keine gesetzlichen Transparenz- und Informationspflichten gibt.
- Der Gesetzgeber wolle, dass immer zumindest eines der beiden Anlegerschutzkonzepte (1. „Konzessionspflicht – Aufsicht – Einlagensicherung“ oder 2. „KMG/AltFG – Prospektpflicht“) angewendet wird.
- Das Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) schließt Nachrangdarlehen explizit ein und definiert sie als Veranlagung.
Die präzisierte Rechtsauslegung stellt nun sicher, dass auch bei Nachrangdarlehen eine abgestufte und durchgehende Transparenz- und Informationspflicht besteht:
- Unter € 100.000 Finanzierungsvolumen: Es gilt die generelle Ausnahme von der Prospektpflicht
- € 100.000 bis € 1,5 Mio.: Informationsblatt gemäß AltFG
- € 1,5 Mio. bis € 5 Mio.: Vereinfachter Prospekt gemäß Schema F KMG
- Über € 5 Mio.: voller Veranlagungsprospekt gemäß KMG
„Die neue Rechtsauslegung stellt einerseits einen konsistenten Schutz der Anleger und Verbraucher sicher und gibt andererseits den Unternehmen Rechtssicherheit“, so der Vorstand der FMA, Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller: „Der gesetzlich verpflichtende Prospekt stellt dem Anleger standardisiert ein angemessenes Mindestmaß an Informationen zur Verfügung, wobei der Emittent sowohl beim Fehlen des Prospektes als auch für falsche oder irreführende Angaben haftet. Das schließt Rücktrittsrechte des Anlegers als auch Schadenersatz ein. Die Werbung für das Angebot darf überdies nicht irreführend sein, muss den Hinweis auf den Prospekt enthalten und muss mit dem Prospekt im Einklang stehen.“
Die FMA wird auf die ihr bekannten Anbieter, soweit ihr das möglich ist, auch aktiv zugehen, um die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf die Aufnahme etwaiger neuer Finanzierungen in dieser Rechtsform zu erläutern. Da diese Finanzierungsform aber nicht ihrer direkten Aufsicht untersteht, hat sie keine Informationen über alle österreichweiten Anbieter. Die FMA lädt Anbieter, die eine Finanzierung mittels Nachrangdarlehen planen, ein, ihr Finanzierungsmodell im Lichte der neuen Rechtsauslegung zu prüfen.
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