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Aufgaben eines genossenschaftlichen Prüfverbandes

Arya_W_Putra (CC0), Pixabay
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Ein genossenschaftlicher Prüfverband ist eine Institution, die die wirtschaftliche und rechtliche Überprüfung von Genossenschaften übernimmt. Diese Verbände sind zentrale Elemente der genossenschaftlichen Struktur und dienen dazu, die Interessen der Mitglieder zu schützen und die Genossenschaften zu stärken. Die Prüfverbände werden in Deutschland vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) oder von regionalen Genossenschaftsverbänden organisiert.

Die wichtigsten Aufgaben eines genossenschaftlichen Prüfverbandes sind:

Regelmäßige Prüfung der Genossenschaften
Genossenschaften in Deutschland sind gesetzlich verpflichtet, regelmäßig geprüft zu werden. Die Prüfungen können jährlich oder in bestimmten Abständen stattfinden, abhängig von der Größe und Art der Genossenschaft. Bei großen Genossenschaften (z. B. mit einer Bilanzsumme über 2 Mio. Euro) ist eine jährliche Prüfung verpflichtend, während kleinere Genossenschaften in längeren Intervallen geprüft werden.
Die Prüfung umfasst die wirtschaftliche Situation, Finanzlage und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften der Genossenschaft. Der Prüfverband überprüft auch die satzungsgemäße Verwendung von Mitgliedsbeiträgen und die Einhaltung des Genossenschaftsgesetzes.

Beratung und Unterstützung
Neben der Prüfung bietet der Prüfverband den Genossenschaften Beratung und Unterstützung in betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen. Dazu gehört die Unterstützung bei der Erstellung des Jahresabschlusses, Fragen zur steuerlichen Behandlung und Beratung bei strategischen Entscheidungen.
Auch bei der Gründung einer neuen Genossenschaft spielt der Prüfverband eine wichtige Rolle, da er den Gründungsprozess begleitet und die Satzung prüft.

Schutz der Mitgliederinteressen
Durch die regelmäßige Prüfung stellt der Prüfverband sicher, dass die Genossenschaft wirtschaftlich gesund ist und keine finanziellen Risiken für die Mitglieder bestehen. Er sorgt dafür, dass die Mitgliederbeiträge und das Eigenkapital der Genossenschaft korrekt verwaltet werden und keine betrügerischen Handlungen stattfinden.
Sollte eine Genossenschaft wirtschaftliche Probleme haben oder Missmanagement betreiben, ist der Prüfverband verpflichtet, dies zu melden und Maßnahmen zu ergreifen, um die Genossenschaft zu stabilisieren.

Prüfung auf Satzungstreue und Gesetzeskonformität
Der Prüfverband überprüft auch, ob die Genossenschaft satzungsgemäß arbeitet und die gesetzlichen Vorschriften einhält. Das bedeutet, dass sie überprüfen, ob die Genossenschaft die Interessen der Mitglieder vertritt und in Übereinstimmung mit dem Genossenschaftsgesetz (GenG) handelt.

Aufsicht und Rechtsstellung des Prüfverbandes

Die Aufsicht über die genossenschaftlichen Prüfverbände liegt beim Bundesministerium der Justiz (BMJ). Die Prüfverbände müssen dem Ministerium gegenüber nachweisen, dass sie die Prüfungen ordnungsgemäß und gemäß den gesetzlichen Vorschriften durchführen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Prüfverbände unabhängig und unparteiisch arbeiten und ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen.
Haftung des Prüfverbandes bei fehlerhaften Prüfungen

Die Frage der Haftung eines Prüfverbandes ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich gilt:

Haftung bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz
Ein Prüfverband haftet in der Regel dann, wenn ihm grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachgewiesen werden kann. Das bedeutet, wenn der Prüfverband wesentliche Probleme in der Genossenschaft absichtlich übersieht oder trotz offensichtlicher Hinweise auf Probleme keine ordnungsgemäße Prüfung durchführt, kann er haftbar gemacht werden.
Zum Beispiel: Wenn ein Prüfverband in einer Genossenschaft keine Bilanzprüfung durchführt und die Genossenschaft dann aufgrund von Missmanagement Insolvenz anmeldet, könnte der Prüfverband haftbar gemacht werden, wenn nachweisbar ist, dass er seine Prüfpflicht grob fahrlässig verletzt hat.

Begrenzte Haftung bei einfacher Fahrlässigkeit
Bei einfacher Fahrlässigkeit ist die Haftung des Prüfverbandes normalerweise ausgeschlossen. Das bedeutet, wenn kleine Fehler oder unwesentliche Prüfaspekte übersehen wurden, die nicht unmittelbar zu einem Schaden führen, haftet der Prüfverband in der Regel nicht.
Der Gesetzgeber hat diesen Haftungsschutz eingeführt, um die Prüfverbände nicht zu stark zu belasten und ihre Arbeit zu erleichtern. Prüfverbände sollen im Wesentlichen als Unterstützer und Berater der Genossenschaften fungieren und nicht durch übermäßige Haftungsrisiken eingeschränkt werden.

Rechtliche Konsequenzen bei Schäden für Mitglieder
Wenn durch eine unzureichende Prüfung ein Schaden für die Mitglieder entsteht, beispielsweise durch Insolvenz oder Vermögensverlust, könnten betroffene Mitglieder den Prüfverband verklagen. Der Prüfverband haftet jedoch nur, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine grobe Pflichtverletzung des Verbandes zurückzuführen ist.
Eine Haftung für alle entstandenen Schäden, wie sie z. B. eine Bank bei einer Fehlberatung übernimmt, besteht für den Prüfverband nicht in dieser Form.

Haftungsgrenze durch Versicherungen
Viele Prüfverbände schließen Berufshaftpflichtversicherungen ab, die für Fälle von grober Fahrlässigkeit einspringen können. Diese Versicherungen decken Schadensersatzansprüche ab, die durch Fehler in der Prüfung entstanden sind. Die Versicherungen schützen den Prüfverband vor zu hohen Haftungsrisiken und stellen sicher, dass mögliche Schadensansprüche beglichen werden können.

Zusammenfassung

Ein genossenschaftlicher Prüfverband erfüllt wichtige Aufgaben, indem er Genossenschaften prüft, deren wirtschaftliche Lage bewertet und sicherstellt, dass Gesetze und Satzungen eingehalten werden. Er steht unter der Aufsicht des Bundesministeriums der Justiz und hat eine große Verantwortung für die wirtschaftliche Gesundheit der Genossenschaften und den Schutz der Mitglieder.

In puncto Haftung gilt, dass der Prüfverband grundsätzlich nicht für jede Unregelmäßigkeit oder jeden Schaden haftet. Er haftet vor allem bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, wenn er wesentliche Mängel absichtlich oder grob fahrlässig übersieht. Durch eine Berufshaftpflichtversicherung sind Prüfverbände meist gegen große Schadensfälle abgesichert. Eine generelle Haftung für alle Schäden ist jedoch ausgeschlossen, um den Prüfverband nicht übermäßig zu belasten.

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