Ein aktuelles Urteil des österreichischen Obersten Gerichtshofs (OGH) sorgt derzeit für Aufsehen und könnte auch für Deutschland wegweisend sein. Das Höchstgericht entschied, dass bereits die Beteiligung an einem Shitstorm gegen eine Einzelperson für die Teilnehmenden teuer werden kann.
Im konkreten Fall ging es um einen Polizisten, der während einer Demonstration gegen CoV-Maßnahmen im Jahr 2021 fotografiert und gefilmt wurde. In einem anschließenden Facebook-Posting wurden ihm fälschlicherweise Übergriffe auf einen älteren Mann unterstellt. Das Posting wurde vielfach geteilt, und der Polizist konnte 406 beteiligte Personen ausfindig machen. Einer davon war der Beklagte, der einen Screenshot des Postings geteilt hatte, ohne den Wahrheitsgehalt zu prüfen.
Der OGH urteilte, dass der Beklagte für den gesamten immateriellen Schaden, der dem Polizisten durch den Shitstorm entstanden ist, aufkommen muss. Das Gericht stellte fest, dass ein Shitstorm gerade dadurch definiert werde, dass sich viele Menschen daran beteiligen und die Wirkung umso heftiger sei, je mehr Personen involviert sind. Daher sei es gerechtfertigt, dass Betroffene den gesamten Schaden von einem einzelnen Beteiligten fordern können.
Expertinnen wie die Medienanwältin Maria Windhager und die Journalistin Ingrid Brodnig sehen in dem Urteil eine „kleine Sensation“ und ein wichtiges Signal für Betroffene von Shitstorms. Sie gehen davon aus, dass die Entscheidung eine abschreckende Wirkung haben und zu mehr Bewusstseinsbildung führen könnte. Menschen müssten sich in Zukunft genauer überlegen, was sie posten und teilen, da ihnen sonst rechtliche Konsequenzen drohen.
Ob dieses wegweisende Urteil aus Österreich auch ein Beispiel für Deutschland sein kann, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich sind die Rechtssysteme beider Länder zwar ähnlich, dennoch müsste ein vergleichbarer Fall erst vor deutschen Gerichten verhandelt werden. Sollte die Rechtsprechung jedoch in eine ähnliche Richtung gehen, könnte dies auch hierzulande zu einem Umdenken im Umgang mit Shitstorms und Hass im Netz führen. Betroffene hätten dann bessere Möglichkeiten, sich gegen die Angriffe zur Wehr zu setzen und Schadensersatz einzufordern. Zugleich würde deutlich, dass jede einzelne Person, die sich an einem Shitstorm beteiligt, eine Mitverantwortung trägt und mit Konsequenzen rechnen muss.
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