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Mehr als zwei Drittel der Widerrufsbelehrungen in Immobiliardarlehensverträgen sind fehlerhaft und damit unwirksam.

Das ergab unsere ersten Überprüfung der Widerrufsbelehrungen seit Anfang 2013. In den vergangenen Monaten haben wir sogar rund 80 Prozent der uns vorliegenden Immobiliendarlehensverträge wegen falscher Widerrufsbelehrungen beanstandet. Rund ein Drittel der Belehrungen war so fehlerhaft, dass Verbraucher sehr gute Aussichten hatten, ihre Forderungen erfolgreich vor Gericht durchzusetzen.

Ehe Sie einen Darlehensvertrag widerrufen, sollten Sie zwei wesentliche Punkte beachten:

1. In den meisten Fällen müssen Sie davon ausgehen, dass Sie Ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen müssen. Deshalb sollten Sie zunächst prüfen, ob Sie eine Rechtsschutz-Versicherung haben, die die Kosten für ein solches Verfahren übernimmt. Ansonsten tragen Sie privat das Risiko und die Kosten.

2. Nur wenn Sie die nachfolgenden Entscheidungsmerkmale alle verneinen können, besteht eine Chance auf den Widerruf Ihrer Darlehensverträge.

In folgenden Fällen ist unseres Erachtens kein Widerruf des Vertrages möglich bzw. mit Risiken behaftet, da es eine nicht einheitliche Rechtsprechung dazu gibt:

– Ihr Darlehensvertrag ist vor 2002 abgeschlossen worden.

– Ihr Darlehensvertrag ist zwischen 2002 und 2005 abgeschlossen worden und ein Widerrufsrecht wurde schriftlich ausgeschlossen.

– Sie haben Ihren Darlehensvertrag vor Ablauf der Zinsbindung gekündigt und die Restschuld sowie eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt. Hier gibt es unterschiedliche Urteile von Gerichten, die einen Widerruf eines gekündigten Vertrages bejahen aber auch verneinen.

– Ihr Darlehensvertrag ist nach 2002 und vor 2011 abgeschlossen worden und Sie haben eine Widerrufsbelehrung erhalten, die den jeweils geltenden Musterbelehrungen entsprachen und die Widerrufsfrist in Gang gesetzt haben.

– Ihre Ansprüche bei bereits abgelösten Krediten sind möglicherweise verjährt.

Sofern diese Punkte auf Ihre Vertragssituation nicht zutreffen kann sich eine Überprüfung Ihres Vertrages auf die Widerrufsbelehrung durchaus lohnen. Sie sollten dies aber in einer Verbraucherzentrale oder durch eine im Bank- und Kreditwesen versierte Kanzlei tun.

Hintergrundinformation: In der Tat ist dies eine bisher wenig beachtete Möglichkeit, um die bei vorzeitiger Ablösung fällig werdende Entschädigung herum zu kommen. Seit 2002 gibt es ein geändertes Widerrufsrecht nach

§ 495 BGB auch für Immobiliendarlehen. Dieses Recht steht dem Kreditnehmer für die Dauer von zwei Wochen nach Abgabe seiner Willenserklärung zu.

Die zweiwöchige Frist wird in Lauf gesetzt, wenn der Kreditnehmer über sein Recht zum Widerruf durch eine deutlich gestaltete Belehrung in Textform in Kenntnis gesetzt worden ist. Fehlt eine solche Belehrung, ist sie falsch oder unvollständig, ist die 2-Wochen-Frist nicht in Gang gesetzt. Der Kreditnehmer hat praktisch ein „ewiges“ Widerrufsrecht. Anders gesagt: Auch ein Vertrag, der schon jahrelang läuft oder sogar schon vorzeitig zzgl. einer Vorfälligkeitsentschädigung zurückgezahlt wurde, kann dann noch widerrufen werden.

Was passiert bei einem erfolgreichen Widerruf? Der führt zu einem Rückabwicklungsverhältnis. Der Verbraucher schuldet die Rückzahlung des Darlehens und marktübliche Zinsen. Das Kreditinstitut schuldet die gezahlten Raten plus eventueller Sonderzahlungen. Eine Entschädigung darf dabei nicht berechnet werden.

Diese komplexe Prüfung kann zu dem Ergebnis führen, dass Ihre Widerrufsbelehrung nicht korrekt war. In diesem Fall können wir Ihnen nur dringend raten, mit erfahrener juristischer Hilfe die Durchsetzung Ihrer Ansprüche prüfen zu lassen. Dabei kann Ihnen die Verbraucherzentrale aber leider nicht helfen, denn meist wird es zu einer Auseinandersetzung vor Gericht führen. Eine Vorprüfung durch die Verbraucherzentralen kann nicht im Rahmen einer Überprüfung der Vorfälligkeitsentschädigung erfolgen, da der Aufwand wesentlich höher ist. Wir müssen Ihnen deshalb für eine solche Vorprüfung eine Gebühr in Höhe von 70,- Euro berechnen. Dazu benötigen wir eine formlose Einzugsermächtigung gemäß Anlage. Falls Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt worden sind, bliebe dann immer noch die Möglichkeit einer Überprüfung der geforderten Vorfälligkeitsentschädigung.

Mit unserem schriftlichen Ergebnis können Sie dann eine im Bankrecht erfahrene juristische Unterstützung in Ihrer Nähe aufsuchen und eine gerichtliche Durchsetzung Ihrer Ansprüche vornehmen.

Quelle:VZ Berlin

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