Auf der Jahrespressekonferenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Frankfurt am Main betonte BaFin-Präsident Mark Branson die Notwendigkeit, die Regulierungslandschaft zu vereinfachen, um die Finanzierung der grünen und digitalen Transformation der europäischen Wirtschaft zu unterstützen, ohne dabei die Stabilität des Finanzsystems zu gefährden. „Die Einführung weicherer Kapitalanforderungen würde nur den Grundstein für eine weitere Finanzkrise legen“, warnte Branson am 14. Mai.
Laut Branson hängt der Erfolg eines einheitlichen europäischen Finanzsystems maßgeblich davon ab, ob es stabil, integer und vertrauenswürdig ist. Dafür seien drei zentrale Faktoren entscheidend: Die Beibehaltung einer starken Regulierungskalibrierung, eine Reduzierung der Regulierungskomplexität und eine größere Proportionalität sowie die Förderung einer europaweiten Aufsichtskonvergenz, die durchgängig hohe Qualitätsstandards gewährleistet.
Branson lehnt die zunehmend populären Forderungen nach einer Lockerung der Solvenzanforderungen entschieden ab. Stattdessen spricht er sich für eine systematische Vereinfachung der europäischen Regelwerke aus, um Überlappungen zu eliminieren und die Regelungen zu entschlacken. Diese Ansicht vertieft er, indem er betont, dass auch die Aufsichtspraktiken der BaFin gestrafft werden könnten, um Effizienz zu steigern, ohne die Sicherheit zu kompromittieren.
Die derzeitige Komplexität der Regulierung sieht Branson als hinderlich, insbesondere für junge und kleinere Unternehmen, die am Markt Fuß fassen wollen. Hier empfiehlt er, möglicherweise dem britischen Beispiel eines „Strong-and-Simple-Regime“ zu folgen, das eine weniger detaillierte, prinzipienbasierte Regulierung vorsieht. Dies würde der Aufsicht ermöglichen, flexibler auf neue Risiken und Marktentwicklungen zu reagieren, erfordert allerdings ein einheitliches Verständnis der Regulierungsauslegung innerhalb Europas.
Zudem warnt Branson vor einem „Race to the Bottom“ im Standortwettbewerb, bei dem Länder durch besonders nachsichtige Aufsichtsstandards Unternehmen anlocken könnten. Er fordert stattdessen, dass die europäischen Aufsichtsbehörden, einschließlich der EBA, EIOPA und ESMA, die nationalen Behörden stärker zur Rechenschaft ziehen und bei Bedarf eingreifen sollten.
Abschließend spricht sich Branson für eine mögliche Zentralisierung der Finanzaufsicht auf europäischer Ebene aus, besonders bei systemrelevanten, grenzüberschreitend tätigen Unternehmen. Eine solche Zentralisierung sei jedoch nur dann sinnvoll, wenn sie effektiver und effizienter als nationale Ansätze gestaltet werden könne. Dabei müsse sichergestellt sein, dass Aufsicht, Abwicklung und Haftung auf derselben Ebene angesiedelt sind, um Effizienzverluste zu vermeiden.
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