Am 12. August 2013 ist das Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen (Trennbankengesetz) verkündet worden. Artikel 3 und 4 enthalten Bestimmungen, die für die Geschäftsleiter von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen von Bedeutung sind.
Beide Artikel treten am 2. Januar 2014 in Kraft und ergänzen das Kreditwesengesetz (KWG) und das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).
Die Artikel konkretisieren bestimmte Pflichten, die Geschäftsleiter aufgrund ihrer Gesamtverantwortung bei der Schaffung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation einhalten müssen. Zudem führen sie erstmals strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten ein. Diese greifen, wenn Geschäftsleiter ihre Pflichten nicht erfüllen.
Konkrete Sicherstellungspflichten
Artikel 3 und 4 des Trennbankengesetzes formulieren konkrete Sicherstellungspflichten, die Geschäftsleiter in Bezug auf die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation zu beachten haben (§ 25c Absatz 4a und 4b KWG, § 64a Absatz 7 VAG). Sie sind für die Schaffung der Strategien, Prozesse, Verfahren, Funktionen und Konzepte verantwortlich, die das Gesetz explizit aufführt. Diese Pflichten sind für eine angemessene Geschäftsorganisation und ein wirksames Risikomanagement so essenziell, dass es die Stabilität des Instituts beziehungsweise Unternehmens gefährden kann, wenn sie verletzt werden.
Die Anforderungen ergänzen die Regelungen des KWG und des VAG zur ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation (§ 25a Absatz 1 KWG und § 64a Absatz 1 VAG), die für das Institut beziehungsweise das Unternehmen gelten, um Sorgfaltspflichten, die sich konkret an die Geschäftsleiter richten. Inhaltlich orientieren sich diese Pflichten an den organisatorischen Anforderungen an die Geschäftsleitung, die bereits in KWG und VAG niedergelegt sind und in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Banken (MaRisk (BA)) beziehungsweise von Versicherern (MaRisk (VA)) konkretisiert werden. Diese werden nun in Gesetzesrang erhoben.
Aktuelle Regelungen
Derzeit gibt es nur unzureichende Möglichkeiten, Geschäftsleiter eines Instituts oder Unternehmens strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, wenn das Unternehmen durch Missmanagement in eine finanzielle Schieflage geraten ist. Pflichtverletzungen bei der Schaffung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und insbesondere eines angemessenen Risikomanagements werden bisher nur aufsichtsrechtlich sanktioniert. Sie können jedoch nicht nur die Stabilität des einzelnen Instituts beziehungsweise Unternehmens, sondern des gesamten Finanzsystems gefährden.
Die konkreten Anforderungen an die Geschäftsorganisation sind von Institut zu Institut und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Die Sicherstellungspflichten der Geschäftsleiter sind daher – was die jeweilige Anforderungstiefe anbelangt – ebenfalls individuell auszulegen. Nur dies wird dem Grundsatz der Proportionalität gerecht.
Stellt die BaFin fest, dass Geschäftsleiter ihre Pflichten nicht erfüllen, kann sie gemäß § 25c Absatz 4c KWG beziehungsweise § 64a Absatz 8 VAG anordnen, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die festgestellten Mängel innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen.
Strafrechtliche Sanktionierung von Missständen
Artikel 3 und 4 des Trennbankengesetzes schaffen darüber hinaus die Möglichkeit, Geschäftsleiter bei Verletzungen ihrer Sorgfaltspflichten strafrechtlich zu sanktionieren (§ 54a KWG beziehungsweise § 142 VAG). Die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit liegen vor, wenn ein Geschäftsleiter vorsätzlich und schuldhaft gegen eine Sorgfaltspflicht nach § 25c Absatz 4a oder 4b KWG beziehungsweise § 64a Absatz 7 VAG verstößt und hierdurch zumindest fahrlässig bewirkt, dass
- das Institut, das übergeordnete Unternehmen oder ein gruppenangehöriges Institut in seinem Bestand gefährdet wird1) (§ 54a Absatz 1 und 2 KWG) beziehungsweise
- das Unternehmen zahlungsunfähig wird oder in die Überschuldung gerät2) (§ 142 Absatz 1 und 2 VAG) oder
- das Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung nur abwenden kann, indem es staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Anspruch nimmt (§ 142 Absatz 1 und 2 VAG).
Der Geschäftsleiter ist allerdings nur dann strafbar, wenn die BaFin zuvor eine vollziehbare Anordnung nach § 25c Absatz 4c KWG beziehungsweise § 64a Absatz 8 VAG erlassen und er dieser zuwidergehandelt hat. Dies ist Strafausschließungsgrund nach § 54a Absatz 3 KWG beziehungsweise § 142 Absatz 3 VAG. Der Geschäftsleiter kann also nur strafrechtlich sanktioniert werden, wenn die Schieflage des Instituts oder des Unternehmens daraus resultiert, dass er die Anordnung der BaFin nicht befolgt hat.
Strafrahmen
Wenn ein Geschäftsleiter die finanzielle Schieflage vorsätzlich herbeigeführt hat, kann er zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder zu einer Geldstrafe verurteilt werden.
Hat ein Geschäftsleiter die Bestandsgefährdung beziehungsweise die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung fahrlässig herbeigeführt, wird er mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe sanktioniert. Gleiches gilt, wenn er fahrlässig herbeigeführt hat, dass die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung des Unternehmens nur dank staatlicher Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union abgewendet werden konnte.
Fußnoten
1) Definition Bestandsgefährdung: § 48b Absatz 1 KWG.
2) Definition Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung: § 17 Absatz 2 und § 19 Absatz 2 Insolvenzordnung.
Quelle:BaFin
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