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BaFin: Stabile Anlage

camellia_sasanqua (CC0), Pixabay
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(BaFinJournal) Investments in Infrastrukturprojekte werden bei Versicherern immer beliebter. Über Chancen und aktuelle Herausforderungen tauschte sich die BaFin mit verschiedenen Versicherungsgesellschaften aus.

Auch wenn die Marktzinsen zuletzt gestiegen sind: Das Niedrigzinsumfeld hat die Märkte nach wie vor fest im Griff. Versicherungsunternehmen versuchen daher zunehmend, ihre Gelder rentabel in anderen als den klassischen Kapitalanlagen anzulegen – etwa in Infrastrukturprojekten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Finanzierung erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarparks oder von Straßen, Gas- und Stromnetzen.

Solche Anlagen weisen Charakteristika auf, die für Versicherer vorteilhaft sind, unter anderem lange Laufzeiten und eine vergleichsweise hohe Verzinsung. Allerdings sind die Investitionen teils sehr komplex und bringen besondere Herausforderungen an das Risikomanagement mit sich. Die BaFin hat im November und Dezember 2021 Gespräche mit Versicherern geführt, die hohe Infrastruktur-Volumina aufweisen und anstreben, diese weiter auszubauen. Ziel des Austauschs war es, einen Einblick in unterschiedliche Anlagestrategien zu erhalten und herauszufinden, wie Unternehmen die Risiken managen wollen. Anlass der Gespräche waren insbesondere die Ergebnisse der Ende 2020 durchgeführten „Search for Yield“-Umfrage (siehe Infokasten).

Auf einen Blick:„Search for Yield“-Abfrage der BaFin

2010 hatten die deutschen Versicherungsunternehmen nur 0,7 Prozent ihrer Kapitalanlagen in Infrastrukturprojekte investiert. 2019 waren es bereits zwei Prozent, für 2021 planten die Unternehmen eine weitere Steigerung auf rund drei Prozent. Das legte die Auswertung der „Search for Yield“-Abfrage der BaFin offen, mit der die Aufsicht Ende 2020 untersuchte, welche Strategien Versicherer bei der Suche nach Rendite (Search für Yield) wählen. Der Trend scheint danach vorgezeichnet, Infrastruktur ist als Assetklasse etabliert.

Ende 2021 tauschte sich die BaFin intensiv mit einigen ausgewählten Versicherungsunternehmen aus. Ziel der Gespräche war es, die neuesten Daten zu Art und Volumen der Investments zu erhalten.

Was Infrastrukturanlagen für Versicherer attraktiv macht

Die Befragung zeigte: Infrastrukturanlagen kommen den Bedürfnissen von Versicherungsunternehmen in vielerlei Hinsicht entgegen. In Zeiten niedriger Zinsen ermöglichen sie mehr als eine Ertragsstabilisierung: Denn sie stellen Renditen in Aussicht, die mitunter deutlich über denen herkömmlicher Anleihen mit vergleichbarem Risikoprofil liegen.

Zudem weisen Infrastrukturprojekte häufig sehr lange Laufzeiten auf und passen damit sehr gut zum Geschäftsmodell insbesondere der Lebensversicherer. Die Versicherer profitieren von einer tendenziell krisenresistenten Wertentwicklung. Im Vergleich zu traditionellen Anlageklassen punkten sie zudem mit einer niedrigen Volatilität und einer bezüglich der Wertentwicklung verringerten Korrelation. Versicherer bevorzugen Anlagen mit begrenztem Risiko und stabilen Cashflows. Dafür nehmen sie – derzeit – auch die erhöhte Illiquidität der Anlagen in Kauf.

Anlageformen weisen deutlich unterschiedliche Risikoprofile auf

Entscheidend für die Beurteilung des Risikos und die Investitionsentscheidung ist die Projektphase des zu finanzierenden Infrastrukturprojekts. Der weit überwiegende Anlagenteil der Versicherer entfällt auf den Bereich „Brownfield“. Das sind Infrastrukturprojekte, die bereits operativ tätig sind und Erträge erwirtschaften. Investitionen in „Greenfield“-Projekte, die sich noch in der Entwicklungsphase befinden, machen einen geringen Anteil aus. Sie sind mit größerer Unsicherheit behaftet. Risiken können beispielsweise in der Projektentwicklung, beim Bau und aufgrund der Nachfrageunsicherheit entstehen.

Zudem ergab die Befragung der BaFin, dass insbesondere Lebensversicherer weitestgehend in „Core“-Anlagen investieren. Dabei handelt es sich oft um Projekte, meist im „Brownfield“-Stadium, die Monopolcharakter aufweisen. Vielfach sind sie staatlich reguliert und definieren sich durch sehr lange Laufzeiten, dies kommt insbesondere im Versorgungssektor vor. Anlagen des „Core Plus“-Segments sind hingegen risikoreicher und seltener – häufig handelt es sich um „Core“-Projekte, die mit Maßnahmen wie Modernisierungen zusammenhängen. Nur vereinzelt und in sehr geringer Beimischung finden sich „Opportunistic“-Anlagen, die noch risikoreicher sind. Der Fokus liegt hier nicht auf stabilen Einnahmen; vielmehr wird auf die Wertsteigerung der Anteile gesetzt.

Zwar handelt es sich bei Infrastrukturinvestitionen überwiegend um Fremdkapitaltitel, doch auch Eigenkapital-Investitionen machen mittlerweile einen bedeutenden Anteil aus. Während größere (Lebens-) Versicherer die Infrastrukturanlagen sowohl im Direkt- als auch im Fondsbestand halten, beschränken sich kleinere Versicherer nahezu ausschließlich auf Fonds. Gerade bei Eigenkapitalinvestments greifen die Versicherer aufgrund der erhöhten Komplexität und Risiken gern auf das Know-how der Asset-Managerinnen und -Manager zurück. Selbst wenn Unternehmen die Mitarbeiterkapazitäten stetig erhöhen, können sie das erforderliche Spezialwissen kaum vorhalten. Denn sich ändernde technische und rechtliche Rahmenbedingungen führen zu immer vielfältigeren Investitionsmöglichkeiten.

Neue Erfahrungswerte und kommende Herausforderungen

Eine Erfahrung, über die alle befragten Unternehmen gleichermaßen berichteten, ist, dass der Markt für Infrastrukturinvestitionen wächst. Denn viele Unternehmen aus Energie, Telekommunikation, Versorgung und Straßenbau benötigen Investorenmittel, um ihre Projekte zu realisieren. Die Nachfrage nimmt jedoch ebenfalls zu – und zwar stärker als das Angebot.

Erschwerend kommt hinzu, dass neue Projekte tendenziell weniger attraktiv und rentabel sind. Das ist vor allem im Sektor der erneuerbaren Energien zu beobachten, denn die besten Plätze für Solar- und Windkraft sind belegt. Die Folge: Für das gleiche Risikoprofil zahlen Emittenten geringere Renditen. Investoren müssen daher – wenn sie auf den vertrauten deutschen und westeuropäischen Märkten ihre Investitionsmöglichkeiten ausgeschöpft haben –den regionalen Fokus beispielsweise auf andere europäische und nordamerikanische Projekte erweitern. Bei Investitionen in Fonds wird im Vergleich zu Direktinvestitionen nochmals breiter gestreut und auch in Schwellenländern investiert; immerhin geht das mit zunehmender Diversifikation einher.

Eine weitere Herausforderung: Projektanbieter fordern zunehmend höhere Mindestvolumina. Das stellt für viele Investoren, besonders im „Core“- und „Core Plus“-Sektor, zunehmend eine Eintrittsbarriere dar und erschwert die Anlage in konservative Strategien – vor allem in regulierte „Brownfield“-Projekte.

Anforderungen an das Risikomanagement

Investitionen in Infrastruktur stellen aufgrund ihrer Heterogenität, Komplexität und Illiquidität besondere Herausforderungen an das Risikomanagement. Wichtig ist, dass der Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht nach § 124 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gewahrt bleibt. Das lässt sich nur durch eine umfassende Prüfung vor dem Erwerb und eine genaue Beobachtung sowie laufende Kontrolle und Betreuung danach sicherstellen.

Versicherer müssen dabei unter anderem die Leitlinie 28 zum Governance-System („Bewertung nicht alltäglicher Anlagetätigkeiten“) der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) beachten. Da Infrastrukturinvestitionen in der Regel schwierig zu bewertende, komplexe Produkte im Sinne der EIOPA-Leitlinie 33 sind, sollten Versicherer geeignete Verfahren implementieren, um sie zu managen, zu überwachen und zu steuern. Zum Thema Infrastrukturinvestitionen und dem damit verbundenen Umgang mit Risiken hat die BaFin eine Auslegungsentscheidung veröffentlicht.

BaFin verfolgt Entwicklung genau

Die BaFin beobachtet die Entwicklung des Infrastrukturmarktes genau. Bei der für die zweite Jahreshälfte 2022 vorgesehenen Aktualisierung der „Search for Yield“-Abfrage sollen erneut Daten zu Infrastrukturanlagen abgefragt werden. Dabei will die BaFin untersuchen, ob Versicherer bei Infrastrukturanlagen zunehmend höhere Risiken eingehen.

Verfasst von

Olaf Schmitz
Referat VA 25 – Grundsatz Kapitalanlage

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