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Beamte müssen Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen prüfen – Disziplinarmaßnahmen nur bei Vorsatz zulässig

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Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat am 5. Dezember 2024 entschieden, dass Beamte verpflichtet sind, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen ihrer dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Eine Disziplinarmaßnahme ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Beamte vorsätzlich gegen diese Pflicht verstößt.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin, eine verbeamtete Lehrerin im Dienst des Landes Schleswig-Holstein, erhielt aufgrund einer Erhöhung ihres wöchentlichen Unterrichtsumfangs ab Februar 2016 eine entsprechend angepasste Besoldung. Diese Erhöhung hätte nach Juli 2016 wieder reduziert werden müssen, da sich ihr Unterrichtsvolumen danach nicht mehr verändert hatte. Aufgrund eines Buchungsfehlers wurde jedoch bis Mai 2018 weiterhin die höhere Besoldung ausgezahlt, wodurch eine Überzahlung von etwa 16.000 Euro brutto entstand.

Das Dienstleistungszentrum des Landes Schleswig-Holstein bemerkte den Fehler erst zwei Jahre später und begann, den Rückforderungsbetrag durch Einbehalt von Teilen der laufenden Bezüge der Klägerin zurückzufordern.

Im August 2020 sprach der Dienstherr der Klägerin eine Disziplinarmaßnahme in Form eines Verweises aus. Die Begründung: Die Klägerin habe ihre Pflicht verletzt, die Besoldungsmitteilungen zu überprüfen und die Überzahlung zu melden.

Instanzenzug

  1. Verwaltungsgericht Schleswig: Das Verwaltungsgericht hob die Disziplinarverfügung auf.
  2. Oberverwaltungsgericht Schleswig: Auf Berufung des Dienstherrn hin änderte das OVG die Entscheidung und wies die Klage der Lehrerin ab. Es argumentierte, dass die Klägerin ihre Dienstpflichten grob fahrlässig verletzt habe, da sie keine Überprüfung ihrer Bezüge vorgenommen habe, obwohl eine Reduzierung des Beschäftigungsumfangs erfolgt war.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht hob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf und wies die Berufung des Beklagten zurück. In seiner Begründung stellte das Gericht wesentliche Grundsätze zu den Pflichten von Beamten und den Voraussetzungen für Disziplinarmaßnahmen klar:

  1. Pflicht zur Überprüfung von Besoldungsmitteilungen:
    Aufgrund des besonderen beamtenrechtlichen Treueverhältnisses sind Beamte verpflichtet, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen ihrer dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf Richtigkeit zu prüfen. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Dienstpflicht, ist jedoch nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt.
  2. Disziplinarmaßnahmen nur bei Vorsatz:
    Eine disziplinarrechtliche Ahndung ist nur dann zulässig, wenn der Beamte vorsätzlich gegen seine Dienstpflicht verstößt. Grobe Fahrlässigkeit reicht nicht aus, um eine disziplinarrechtliche Sanktion zu rechtfertigen.
  3. Erkundigungspflicht bei offensichtlichen Fehlern:
    Eine besondere Erkundigungspflicht besteht nur dann, wenn die Besoldungshöhe offenkundig fehlerhaft ist, beispielsweise bei einer Abweichung von 20 % oder mehr. Im vorliegenden Fall lag keine solche offensichtliche Abweichung vor. Die Klägerin hatte daher keinen Anlass, ihre Bezüge zu hinterfragen.
  4. Einzelfallprüfung:
    Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, ist stets im Einzelfall zu beurteilen. Die bloße Existenz eines Buchungsfehlers oder einer Überzahlung reicht nicht aus, um einen Beamten für die Folgen haftbar zu machen, wenn die Fehlerhaftigkeit der Besoldung nicht eindeutig erkennbar ist.

Fazit

Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass Beamte zwar grundsätzlich verpflichtet sind, ihre Besoldung bei Änderungen ihrer Verhältnisse zu überprüfen, eine Disziplinarmaßnahme jedoch nur bei vorsätzlicher Pflichtverletzung gerechtfertigt ist. Da im vorliegenden Fall keine offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Besoldung vorlag und kein Vorsatz nachgewiesen werden konnte, war die Disziplinarmaßnahme unrechtmäßig.

Urteilsdaten

  • BVerwG 2 C 3.24 – Urteil vom 05. Dezember 2024
  • Vorinstanzen:
    • Oberverwaltungsgericht Schleswig, OVG 14 LB 2/23 – Urteil vom 04. Oktober 2023
    • Verwaltungsgericht Schleswig, VG 17 A 7/20 – Urteil vom 16. März 2023

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