Die deutsche Theologin Gunda Werner hat in einem Gespräch mit dem Portal Katholisch.de ihre Bedenken zur jüngsten Verlautbarung des Vatikans, „Dignitas infinita“, geäußert, in der es um die Würde des Menschen geht. Werner, eine renommierte Dogmatikerin an der Ruhr-Universität Bochum, bemängelte einen Mangel an Selbstkritik in der Erklärung und wies auf eine historische Diskrepanz hin: Die Kirche habe sich lange nicht universell zur Menschenwürde bekannt, sondern vielmehr eine geschlechtsspezifische Würde hervorgehoben.
Werner lobte zwar, dass das Dokument moderne Probleme wie digitale Gewalt, Gewalt gegen Frauen und Menschenhandel anspricht, kritisierte jedoch die oberflächliche Behandlung von Themen wie sexueller Gewalt. Sie bemängelte, dass interne Strukturen, die Missbrauch fördern könnten, unerwähnt bleiben und eine introspektive Wendung fehlt.
Die Theologin hob hervor, dass das Dokument zwar Gleichberechtigung und gleiche Chancen fordert, jedoch die ironische Diskrepanz innerhalb der Kirche selbst ignoriert. Ebenso kritisierte sie die inkonsistenten Aussagen zu LGBTQ+-Personen, die einerseits vor staatlicher Verfolgung geschützt, andererseits aber intern diskriminiert werden.
Werner hinterfragte zudem die Zielsetzung des Lehramts bezüglich Gendertheorien und warnte vor einem kolonialistischen Ansatz in der Debatte, der die globalen Diskussionen über Diversität und Selbstidentifikation untergräbt.
Jana Bennett von der University of Dayton und Francis DeBernardo, Direktor von „New Ways Ministry“, äußerten ebenfalls Bedenken. Während Bennett die mangelnde Tiefgründigkeit in spezifischen Themenbereichen bemängelte, kritisierte DeBernardo die unzureichende Anwendung des Würdebegriffs auf LGBTQ+-Personen.
David Cloutier von der Catholic University of America wertete das Dokument als wichtigen Beitrag nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, betonte jedoch die Notwendigkeit, Missverständnisse rund um den Begriff der Würde zu klären. Ein Sprecher der US-Bischofskonferenz begrüßte das Dokument als Bekräftigung der langjährigen kirchlichen Lehre zur Achtung der menschlichen Würde.
Insgesamt zeigt die Reaktion auf „Dignitas infinita“ eine Mischung aus Anerkennung für die Ansprache aktueller Themen und Kritik an der fehlenden Reflexion und Konsistenz in der kirchlichen Haltung.
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