Umweltbundesamt
Bekanntmachung
der Allgemeinverfügung zur Ablehnung der Anerkennung
isländischer Herkunftsnachweise gemäß § 36 der Herkunfts- und
Regionalnachweis-Durchführungsverordnung
Nach § 36 Absatz 1 der Herkunfts- und Regionalnachweis-Durchführungsverordnung (HkRNDV) erkennt die Registerverwaltung Herkunftsnachweise für Strom aus erneuerbaren Energien aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aus anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder aus Drittländern an, wenn die Europäische Union mit diesem Drittland ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von in der Europäischen Union ausgestellten Herkunftsnachweisen und in diesem Drittland eingerichteten kompatiblen Herkunftsnachweissystemen geschlossen hat und Energie direkt ein- oder ausgeführt wird und wenn keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit, der Zuverlässigkeit oder der Wahrhaftigkeit des Herkunftsnachweises bestehen.
Allgemeinverfügung
Das Umweltbundesamt erlässt folgende Allgemeinverfügung:
Die Anerkennung von Herkunftsnachweisen, die in Island für Strom aus erneuerbaren Energien ausgestellt wurden, wird abgelehnt.
Die Regelung ist befristet bis zum 31. August 2023.
Begründung:
Mit Beschluss vom 27. April 2022 hat der Vorstand der Association of Issuing Bodies (AIB), der europäischen Vereinigung der ausstellenden Stellen für Herkunftsnachweise, entschieden, dass das isländische Herkunftsnachweisregister von der elektronischen und automatisierten Schnittstelle der AIB so getrennt wird, dass keine Herkunftsnachweise das isländische Register verlassen können.
Hintergrund ist der Abschlussbericht des von der AIB eingerichteten sogenannten Compliance Assessment Panel. Dieses Ad hoc-Untersuchungsgremium berichtet von starken Indizien dafür, dass es durch die Praxis in Island zur Doppelzählung erneuerbarer Eigenschaften für Strom kommt. Für Strommengen aus erneuerbarer Erzeugung werden Herkunftsnachweise ausgestellt und exportiert. Zusätzlich werden dieselben erneuerbaren Energiemengen in der isländischen Stromkennzeichnung verwendet.* Hierdurch verstößt der isländische Registerführer Landsnet gegen seine Verpflichtungen als AIB-Mitglied nach den Regeln des European Energy Certificate System (EECS-Rules).
Aus deutscher Perspektive kann aufgrund der Tatsachen, die in dem Compliance Assessment ermittelt und von Landsnet bestätigt wurden, Doppelzählung nicht ausgeschlossen werden. Die einem isländischen Herkunftsnachweis zugrunde liegende Strommenge wird trotz dessen Exports in Island gegebenenfalls auch einem Letztverbraucher als erneuerbar in der Stromkennzeichnung ausgewiesen. Dies begründet Zweifel an der Richtigkeit, Zuverlässigkeit und Wahrhaftigkeit isländischer Herkunftsnachweise nach § 36 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 HkRNDV.
Die AIB hat gegenüber Landsnet eine sogenannte Rectification Order (Anordnung zur Berichtigung) erlassen mit Frist bis zum 1. August 2023. Ziel ist es, dass Landsnet die nach den EECS-Rules erforderlichen angemessenen Vorkehrungen trifft, um eine Doppelzählung von erneuerbaren Eigenschaften im Stromkennzeichnungssystem Islands und Europas zu verhindern. Die Ablehnung der Anerkennung wird daher bis zum 31. August 2023 befristet. Bis dahin ist zu prüfen, ob die von Landsnet ergriffenen Maßnahmen die Zweifel an der Richtigkeit, Zuverlässigkeit und Wahrhaftigkeit isländischer Herkunftsnachweise ausräumen können.
Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die sofortige Vollziehung der in Abschnitt I verfügten Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Absatz 2 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.
Begründung:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung beruht auf § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war im öffentlichen Interesse erforderlich. Die Ablehnung der Anerkennung von Herkunftsnachweisen hat unmittelbare Auswirkungen auf die Importierbarkeit in das Herkunftsnachweisregister und die Verwendung dieser Herkunftsnachweise für die Stromkennzeichnung in Deutschland. Die Maßnahme der AIB verhindert nicht den Import isländischer Herkunftsnachweise über andere Register nach Deutschland. Um diese Lücke zu schließen, bedarf es der sofortigen und effektiven Ablehnung der weiteren Anerkennung isländischer Herkunftsnachweise. Nur so kann in Deutschland einer Doppelzählung von erneuerbarem Strom aus Island wirksam vorgebeugt werden. Dies dient der Sicherstellung der Richtigkeit, Zuverlässigkeit und Wahrhaftigkeit der Herkunftsnachweise und der Ausweisung von Strom aus erneuerbaren Energien gegenüber den Letztverbrauchern. Damit ist sie auch im Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern an der Richtigkeit und der Glaubhaftigkeit der Stromkennzeichnung.
Das öffentliche Interesse, die Allgemeinverfügung für sofort vollziehbar zu erklären, ist somit höher zu bewerten, als das Interesse an einer aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs. Mögliche Klage- und Berufungsverfahren können sich über mehrere Jahre hinziehen, sodass der effektive Schutz der vorgenannten Rechtsgüter ohne Sofortvollzug nicht gewährleistet werden kann. Daher hat die sofortige Vollziehung ausnahmsweise Vorrang vor dem Abwarten bis zur Unanfechtbarkeit unserer Verfügung.
Hinweis:
Auf Grund der Anordnung der sofortigen Vollziehung hat ein Widerspruch oder eine Klage gegen die Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung.
Bekanntgabe
Die Allgemeinverfügung wird mit Bekanntgabe wirksam. Die Bekanntgabe erfolgt, abweichend von § 41 Absatz 4 Satz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger.
Begründung:
Die rechtzeitige Wirksamkeit der Anordnung kann nur so sichergestellt werden. Dies dient der Rechtssicherheit und dem Vertrauen in die Richtigkeit des Registerbetriebs.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht Halle (Saale) erhoben werden.
Umweltbundesamt
Im Auftrag
Jürgen Landgrebe
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- Pressemitteilung der AIB vom 27. April 2023, https://www.aib-net.org/sites/default/files/assets/news-events/press-releases/2023/
AIB-2023-BD-05-02%20press%20release%20compliance%20assessment%20Iceland%20%28final%29.pdf.
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